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| | | OLG Köln | | | Urteil vom 24.10.2014 | | | 6 U 211/13 | | | Kinderstube | | | JurPC Web-Dok. 103/2015 | | | | |
| | | Leitsatz: | | | 1. Wird eine mit einem Titel einer Druckzeitschrift
verwechslungsfähige Bezeichnung für einen
Internetauftritt verwendet, so besteht grundsätzlich
keine unmittelbare Verwechslungsgefahr, solange es sich
nicht um einen bekannten Zeitschriftentitel
handelt. 2. Zu den Voraussetzungen, unter denen die
Bezeichnung eines Internetauftritts eine
markenmäßige Verwendung eines geschützten
Zeichens darstellt. 3. Liegen einem einheitlichen
Unterlassungsantrag mehrere Ansprüche im Sinne von
§ 45 Abs. 1 Satz 2 GKG zugrunde, ist der Streitwert
für den Hauptanspruch festzusetzen und für die
hilfsweise geltend gemachten Ansprüche angemessen zu
erhöhen (Anschluss an BGH, WRP 2014, 192 Tz. 9). Hat
die Klage in einem solchen Fall erst mit einem Hilfsantrag
Erfolg, so ist der Kläger mit einem der Erhöhung
entsprechenden Anteil an den Kosten zu
beteiligen. | | Gründe: | | | (anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen
gemäß § 540 Abs. 1 ZPO) | Abs. 1 | | I. | Abs. 2 | | Die Klägerin gibt nach den Feststellungen im
unstreitigen Tatbestand des landgerichtlichen Urteils seit Mai 2009
unter dem Titel „Kinderstube" eine Zeitschrift zum Thema
Gesundheitserziehung in der Familie heraus. Die Zeitschrift erschien
seit Mai 2009 bis Herbst 2012 vierteljährlich und erscheint
seitdem halbjährlich; das Deckblatt der Ausgabe 01/2013 ist als
Anlage K 1 (Bl. 1 Anlagenheft) vorgelegt worden. In der
Berufungsinstanz hat die Beklagte darauf verwiesen, dass sie bereits
erstinstanzlich diesen Umstand mit Nichtwissen bestritten habe. Im
Internet bietet die Klägerin unter der Domain
www.kinderstube-sachsen.de ein Ratgeber-Portal mit dem Titel
„Kinderstube" zu Fragen rund um Gesundheit, Freizeit, Wissen,
Entwicklung etc. von Kindern an (Anlagen K 2, Bl. 2 Anlagenheft, und
B 1, Bl. 16 Anlagenheft). | Abs. 3 | | Die Klägerin ist Inhaberin der Wort-/Bildmarken
„Kinderstube" | Abs. 4 | | | Abs. 5 | | Nr. 30 2009 006 490, angemeldet am 4. 2. 2009 und
eingetragen am 28. 5. 2009, die Schutz für die Klassen 41
(Erziehung, Ausbildung, Unterhaltung; Publikation von
Druckerzeugnissen (auch in elektronischer Form), ausgenommen
für Werbezwecke, Verfassen von Texten (ausgenommen für
Werbezwecke)) sowie 42 (wissenschaftliche Dienstleistungen)
beansprucht sowie | Abs. 6 | | | Abs. 7 | | Nr. 30 2012 061 147, angemeldet am 27. 11. 2012 und
eingetragen am 4. 3. 2013, die Schutz für die Klassen 41
(Erziehung; Ausbildung; Unterhaltung; sportliche und kulturelle
Aktivitäten) und 42 (wissenschaftliche Dienstleistungen)
beansprucht. | Abs. 8 | | Die Beklagte gehört zur Mediengruppe RTL
Deutschland, in der sie mit dem Bereich Internet befasst ist. Sie
betreibt die Internetpräsentation „frauenzimmer.de",
über die seit November 2012 die Internetpräsentation
„Kinder STUBE" erreichbar ist. Die Seite wird auch über
die im Oktober 2012 registrierte Domain „kinderstube.de"
erreicht. Die Internetpräsentation beschäftigt sich mit
Themen rund um die Kinderstube, nämlich Kinderwunsch,
Schwangerschaft, Baby, Gesundheit, Erziehung, Vornamen, Familien
usw. Wegen der Einzelheiten, insbesondere der Ausgestaltung des
Titels wird auf die Anlagen K 5 (Bl. 8 ff. Anlagenheft), wie sie
auch in den Tenor eingeblendet ist, sowie B 2 (Bl. 17 Anlagenheft)
verwiesen. | Abs. 9 | | Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, die sich
gegenüberstehenden Kennzeichnungen seien
verwechslungsfähig. Sie hat ihre Ansprüche auf
Unterlassung und Erstattung der Abmahnkosten in erster Linie auf den
Zeitschriftentitel „Kinderstube", hilfsweise auf die Marke Nr.
30 3012 061 147 und weiter hilfsweise auf die Marke Nr. 30 2009 0006
490 gestützt. | Abs. 10 | | Die Klägerin hat beantragt, | Abs. 11 | | der Beklagten unter Androhung der gesetzlichen
Ordnungsmittel zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr den
Begriff „Kinderstube" als Titel eines Internet-Portals mit
Informationen zu Themen wie Gesundheit, Kinderwunsch,
Schwangerschaft, Baby, Vornamen, Kindergrößenrechner zu
verwenden, wie aus der Anlage K 5 ersichtlich, | Abs. 12 | | sowie die Beklagte zu verurteilen, an sie 933,00 EUR
nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem
Basiszinssatz seit dem 25.6.2013 zu zahlen. | Abs. 13 | | Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. | Abs. 14 | | Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, es bestehe keine
Verwechslungsgefahr. Dabei sei zu berücksichtigen, dass es sich
bei dem Titel „Kinderstube" um den einer Print-Zeitschrift
handele, so dass hinsichtlich ihres Internetportals keine
Verwechslungsgefahr entstehen könne. Auch aus der Domain
„kinderstube-sachsen.de" und dem Titel ihres eigenen
Internetportals könne die Klägerin keine Rechte ableiten.
Markenrechtliche Ansprüche würden nicht bestehen, da
„Kinderstube" beschreibend sei und die Marken nur in ihrer
graphischen Ausgestaltung Schutz genießen würden.
Insoweit bestehe aber wegen der abweichenden Gestaltung ihrer Seiten
keine Verwechslungsgefahr. | Abs. 15 | | Das Landgericht hat der Klage antragsgemäß
stattgegeben und zur Begründung ausgeführt, die
Bezeichnung „Kinderstube" sei als Zeitschriftentitel
schutzfähig. Der Umstand, dass die Beklagte unter dieser
Bezeichnung ein Internetportal betreibe, stehe den Ansprüchen
der Klägerin nicht entgegen, da diese selber ein Internetportal
betreibe, auf das in der Zeitschrift auch verwiesen werde und das
seinerseits auf die Zeitschrift verweise. Der Titel werde daher als
einheitlicher Werktitel der Druck- und Onlineausgabe verstanden.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Urteil des Landgerichts
verwiesen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). | Abs. 16 | | Mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten und
begründeten Berufung verfolgt die Beklagte weiter das Ziel der
Klageabweisung. Zur Begründung trägt sie vor, das
Landgericht habe die zeitlichen Abläufe nicht genügend
beachtet. Die Klägerin behaupte ein Erscheinen ihrer
Zeitschrift seit Mai 2009 (was sie, die Beklagte, wie bereits
erstinstanzlich mit Nichtwissen bestreite). Im Oktober 2012 habe
dann die Beklagte die Domain „kinderstube.de" registrieren
lassen, seit November 2012 sei ihr Internetportal „Kinder
STUBE" erreichbar. Erst später habe die Klägerin ihre
Domain „kinderstube-sachsen.de" registrieren lassen; ihr
Portal sei erst im Dezember 2012 eröffnet worden. Aus dieser
nachfolgenden Registrierung könne sie daher keine erweiterten
Rechte hinsichtlich des Titelschutzes herleiten. Zu
berücksichtigen sei auch, dass es sich bei dem Internetportal
„kinderstube-sachsen.de" gerade nicht um eine inhaltlich
identische Wiedergabe des Zeitschrifteninhalts, also gerade nicht um
eine „Online-Ausgabe" handele, sondern dort würden
eigenständige Inhalte präsentiert. Im Übrigen
wiederholt und vertieft die Beklagte ihren erstinstanzlichen
Vortrag. | Abs. 17 | | Die Beklagte beantragt, unter Abänderung des
landgerichtlichen Urteils die Klage abzuweisen. | Abs. 18 | | Die Klägerin beantragt, die Berufung
zurückzuweisen. | Abs. 19 | | Sie verteidigte das Urteil des Landgerichts unter
Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags.
Insbesondere verweist sie darauf, dass sie ihr Internetportal
bereits in der Ausgabe 3/2012 beworben habe. In der mündlichen
Verhandlung vor dem Senat hat sie vorgetragen, ihr Internetportal
sei am 8. 11. 2012 online gegangen. Im Übrigen hat sie ihre
Ansprüche weiter hilfsweise (an vierter Stelle) auch auf den
Titel „Kinderstube" ihres Intenetportals gestützt. | Abs. 20 | | II. | Abs. 21 | | Die zulässige Berufung hat nur insoweit Erfolg, als
die Klage zwar nicht aus dem in erster Linie geltend gemachten
Titelschutzrecht, wohl aber aus dem hilfsweise geltend gemachten
Recht aus der Marke Nr. 30 2012 061 147 Erfolg hat. | Abs. 22 | | 1. Ein Anspruch aus § 15 Abs. 2 und 4 MarkenG
besteht im Ergebnis nicht. | Abs. 23 | | a) Bei der Bezeichnung „Kinderstube" handelt es
sich, wie das Landgericht zutreffend festgestellt hat, um den
schutzfähigen Titel der Zeitschrift der Klägerin im Sinn
des § 5 Abs. 3 MarkenG, was die Beklagte im Ergebnis nicht in
Abrede stellt, auch wenn sie meint, aufgrund des beschreibenden
Charakters sei der Schutzumfang nur gering. | Abs. 24 | | Die Beklagte bestreitet mit Nichtwissen, dass die
Klägerin ihre Zeitschrift schon seit Mai 2009 herausgibt. Das
Landgericht hat dies im Tatbestand als unstreitig festgestellt und
in den Entscheidungsgründen dazu ausgeführt, nachdem die
Klägerin einen Zeitschriftenartikel (Anlage K 8, Bl. 18
Anlagenheft) vorgelegt habe, in dem über das erstmalige
Erscheinen der Zeitschrift „Kinderstube" berichtet worden sei,
habe sich die Beklagte dazu nicht mehr geäußert, so dass
dies als unstreitig anzusehen sei. Ein
Tatbestandsberichtigungsantrag ist seitens der Beklagten nicht
gestellt worden. Aufgrund des Artikels K 8, zu dem sich die Beklagte
auch in der Berufung nicht weiter äußert, kann im
Übrigen das Erscheinen ab Mai 2009 als erwiesen angesehen
werden. | Abs. 25 | | b) aa) Die Beklagte hat die Bezeichnung
„Kinderstube" auch in titelverletzender Weise benutzt. Nach
der Darstellung im Tatbestand des landgerichtlichen Urteils hatte
die Beklagte die Domain „kinderstube.de" registriert. Bei
Eingabe dieses Namens wurde der Nutzer auf die Seite
„frauenzimmer.de/kinderstube" weitergeleitet, auf der die
Beklagte dann die Inhalte unter der Überschrift „Kinder
STUBE" (auf zwei Zeilen verteilt, wobei „Kinder" in einer Art
Schreibschrift wiedergegeben war) präsentierte. In der
mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der
Prozessbevollmächtigte der Klägerin erklärt, dass die
Klägerin die Verwendung des Domainnamens „kinderstube.de"
nicht als Verletzung ihrer Rechte beanstande; sie wende sich
ausschließlich gegen den Gebrauch dieser Bezeichnung auf der
Internetseite der Beklagten. | Abs. 26 | | bb) In der Bezeichnung des Internetangebots
„Kinder STUBE" liegt eine titelmäßige Benutzung.
Auch der nachgeordnete Name einer Internetseite kann einen
titelmäßigen Gebrauch darstellen, wenn der Verkehr darin
ein Zeichen zur Unterscheidung eines Werkes von einem anderen und
nicht nur eine Adressbezeichnung oder eine reine Inhaltsbeschreibung
sieht (vgl. BGH, GRUR 2010, 156 Tz. 20 – Eifel-Zeitung; Senat,
Urt. v. 5. 9. 2014 – 6 U 205/13 – Wetter-App). Die
Bezeichnung „Kinderstube" für ein Informationsangebot
für Eltern zu Themen im Zusammenhang mit Kindern ist –
wie noch darzulegen sein wird – nicht glatt beschreibend, auch
wenn sie einen beschreibenden Anklang aufweist. Vor diesem
Hintergrund bestehen keine Bedenken, den Ausdruck „Kinder
STUBE" als titelmäßige Verwendung des Begriffs
„Kinderstube" anzusehen. Der Umstand, dass es sich dabei nur
um einen Teil des Internetangebots der Beklagten (unter
„frauenzimmer.de") handelt, steht dem nicht entgegen. Ebenso,
wie auch der Titel einer Rubrik oder ein Untertitel Werktitelschutz
genießen kann (BGH, GRUR 2010, 156 Tz. 15 –
Eifel-Zeitung), stellt die Verwendung des Ausdrucks
„Kinderstube" als Bezeichnung eines thematisch
selbständigen Teils eines Internetangebots in Form einer
Unterseite eine titelmäßige Verwendung dar. Dabei ist
auch zu berücksichtigen, dass der Verkehr über die Domain
„kinderstube.de" direkt auf diese Seite geleitet wird, was die
Selbständigkeit der Bezeichnung „Kinderstube"
hervorhebt. | Abs. 27 | | c) Es fehlt aber an einer Verwechslungsgefahr. | Abs. 28 | | aa) Bei der Prüfung der Verwechslungsgefahr eines
Werktitels ist von dem allgemeinen kennzeichenrechtlichen Grundsatz
einer Wechselwirkung zwischen allen in Betracht kommenden Faktoren
auszugehen, insbesondere der Ähnlichkeit der Titel und der
Werknähe sowie der Kennzeichnungskraft des älteren Titels.
Für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr zwischen
Zeitschriftentiteln kommt es auch auf die Marktverhältnisse,
insbesondere auf Charakter und Erscheinungsbild der Zeitschriften
an; Gegenstand, Aufmachung, Erscheinungsweise und Vertriebsform
haben ebenfalls Einfluss auf die Verwechslungsgefahr (BGH, GRUR
2002, 176 – Auto Magazin). | Abs. 29 | | Werktitel im Sinn des § 5 Abs. 3 MarkenG dienen
allerdings grundsätzlich nur der Unterscheidung eines Werkes
von anderen, ohne einen Hinweis auf den Hersteller oder Inhaber des
Werkes und damit auf eine bestimmte betriebliche Herkunft zu
enthalten. Sie sind daher in der Regel nur gegen eine unmittelbare
Verwechslungsgefahr im engeren Sinne geschützt. Es muss demnach
für eine Verletzung der Titelschutzrechte die Gefahr bestehen,
dass der Verkehr den einen Titel für den anderen hält,
dass also ein nicht nur unerheblicher Teil des angesprochenen
Verkehrs als Folge der Identität oder Ähnlichkeit der
beiden verwendeten Bezeichnungen über die Identität der
bezeichneten Werke irrt (BGH, GRUR 2005, 264, 265 f. – Das
Telefon-Sparbuch m. w. N.). Nur ausnahmsweise kann davon ausgegangen
werden, dass der Verkehr mit einem Werktitel gleichzeitig auch die
Vorstellung einer bestimmten betrieblichen Herkunft verbindet.
Lediglich bei bekannten Titeln regelmäßig erscheinender
periodischer Druckschriften oder auch bei (Fernseh-) Filmserien kann
dies angenommen werden, da die Bekanntheit eines solchen Titels und
das regelmäßige Erscheinen im selben Verlag die
Schlussfolgerung nahelegen können, dass der Titel im Verkehr
jedenfalls teilweise auch als Hinweis auf die betriebliche Herkunft
verstanden wird (BGH a. a. O. S. 266; NJW 2003, 1867, 1868 –
Winnetou). Nur in diesem Fall wird der Titel auch gegen die Gefahr
mittelbarer Verwechslungen geschützt, das heißt gegen die
Annahme, dass beide Werke aus dem gleichen oder miteinander
verbundenen Unternehmen stammen (Senat, ZUM-RD 2002, 210 = juris Tz.
35 – modern LIVING; Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 3. Aufl.
2010, § 15 Rn. 156). | Abs. 30 | | Im vorliegenden Fall kann nicht angenommen werden, dass
die Voraussetzungen für diesen erweiterten Schutz vorliegen.
Die Klägerin beruft sich selber nicht auf eine besondere
Bekanntheit ihrer Zeitschrift, Zahlen zur Verkehrsbekanntheit werden
nicht vorgetragen. Die Zeitschrift erscheint inzwischen nur noch
halbjährlich, wird lediglich in einem Bundesland verteilt, und
dort nur über Apotheken und Kinderärzte. Bei dieser
Sachlage kann nicht davon ausgegangen werden, dass die
Voraussetzungen für eine herkunftshinweisende Funktion des
Titels vorliegen. | Abs. 31 | | bb) Der Titel „Kinderstube" weist zumindest
unterdurchschnittliche Kennzeichnungskraft auf. Er ist, entgegen der
Ansicht der Beklagten, nicht glatt beschreibend. Das Fehlen
jeglicher Unterscheidungskraft ist anzunehmen, wenn die
Wortbestandteile einer Bezeichnung einen beschreibenden
Begriffsinhalt enthalten, der für den in Frage stehendenden
Gegenstand ohne Weiteres und ohne Unklarheiten als solcher erfasst
wird. Bei derartigen beschreibenden Angaben gibt es keinen
tatsächlichen Anhaltspunkt, dass der Verkehr sie als
Unterscheidungsmittel versteht. Auch Angaben, die sich auf
Umstände beziehen, die den bezeichneten Gegenstand selbst nicht
unmittelbar betreffen, fehlt die Unterscheidungskraft, wenn durch
die Angabe ein enger beschreibender Bezug zu dem bezeichneten
Gegenstand hergestellt wird und deshalb die Annahme gerechtfertigt
ist, dass der Verkehr den beschreibenden Begriffsinhalt als solchen
ohne Weiteres und ohne Unklarheiten erfasst und in der Bezeichnung
nicht ein Unterscheidungsmittel sieht (BGH, GRUR 2014, 569 Tz. 14
– HOT). | Abs. 32 | | Ein derartiger Bezug kann für „Kinderstube"
für eine Zeitschrift, die sich mit Fragen um Schwangerschaft,
Kindererziehung und verwandte Themen befasst, nicht angenommen
werden. Im heutigen Sprachgebrauch wird „Kinderstube" nicht
mehr im ursprünglichen Sinn als „Kinderzimmer", sondern
fast nur noch im Zusammenhang „gute/schlechte Kinderstube" als
Hinweis auf die Erziehung verstanden, wobei auch dieser Ausdruck
mittlerweile im allgemeinen Sprachgebrauch etwas altertümlich
wirkt. | Abs. 33 | | Als Titel einer Zeitschrift, in der Beiträge zu den
Themenbereichen Kinder und Schwangerschaft veröffentlicht
werden, hat er daher zwar einen beschreibenden Anklang. Bereits die
Verwendung des Begriffs, der nach seinem natürlichen Sinngehalt
üblicherweise als gute/schlechte Erziehung oder allenfalls als
Kinderzimmer verstanden werden kann, für eine Zeitschrift
stellt aber die Übertragung des Sinngehalts dieses Begriffs auf
einen ihm von seiner natürlichen Wortbedeutung her an sich
nicht zuzuordnenden Gegenstand dar. Ferner erschöpft sich der
Sinngehalt auch nicht in der reinen Wiedergabe des Inhalts der
Zeitschrift. Dieser ist nicht auf Themen wie Gestaltung und
Einrichtung von Kinderzimmern oder Erziehung beschränkt,
sondern geht darüber weit hinaus. Der Titel ist damit als
leicht ironisch anmutende Bezeichnung des Themenbereichs einer
Zeitschrift, die sich mit Kindern im weitesten Sinne befasst, in
einem übertragenen Sinn gebraucht. In diesem Gebrauch ist die
Bezeichnung durchaus ungewöhnlich und daher von originärer
Unterscheidungskraft (vgl. Senat, GRUR 1997, 663, 664 –
FAMILY). Lediglich infolge des verbleibenden beschreibenden Anklangs
ist von unterdurchschnittlicher Kennzeichnungskraft auszugehen. | Abs. 34 | | Die Beklagte hat zwar darauf verwiesen, dass eine Suche
im Internet nach „Kinderstube" zu einer Vielzahl von Treffern
führt. Da sie aber nicht darlegt, auf welche Angebote diese
Treffer verweisen, ist eine Schwächung des Begriffs
„Kinderstube" im Hinblick auf Zeitschriftentitel nicht
dargelegt. Aus diesem Grund ist auch die Zurückweisung des
Antrags auf Eintragung einer Marke „Kinderstube Hamburg"
unerheblich, da nicht ersichtlich ist, für welche
Waren/Dienstleistungen die Anmeldung erfolgt ist. Als Bezeichnung
beispielsweise einer Kindertagesstätte hätte
„Kinderstube" einen deutlich stärker beschreibenden
Charakter als für eine Zeitschrift. | Abs. 35 | | cc) Es fehlt aber an der erforderlichen Ähnlichkeit
der bezeichneten Werke. Selbst bei Zeichenidentität kann die
– allein relevante – unmittelbare Verwechslungsgefahr
ausgeschlossen sein, wenn es sich um unterschiedliche Werkarten
handelt, bei denen nicht anzunehmen ist, dass ein relevanter Teil
des Verkehrs das eine Werk für das andere hält. In einem
solchen Fall besteht nur dann unmittelbare Verwechslungsgefahr, wenn
der angesprochene Verbraucher das angegriffene Werk für das
Werk mit dem geschützten Titel in anderer Werkform hält
(BGH, GRUR 2005, 264, 266 – Das Telefon-Sparbuch). | Abs. 36 | | Entgegen der Ansicht des Landgerichts, das die
Verwechslungsgefahr auch unter Hinweis auf den Internetauftritt der
Klägerin angenommen hat, kann dieser nicht in die Betrachtung
einbezogen werden. Als Werke stehen sich die Druckzeitschrift der
Klägerin und das Internetangebot der Beklagten gegenüber.
Entgegen der Ansicht der Klägerin kann nicht von einem
einheitlichen Werk „Kinderstube", bestehend aus Zeitschrift
und Internetportal, ausgegangen werden. Bei einem Internetportal und
einer gedruckten Zeitschrift handelt es sich nach der
Verkehrsanschauung um unterschiedliche Werkkategorien (LG
Düsseldorf, GRUR-RR 2003, 11, 12 – versicherungsrecht.de;
bestätigt durch OLG Düsseldorf, MMR 2003, 177 f.). Dies
gilt auch nach heutigem Maßstab jedenfalls dann, wenn es sich
bei dem Internetangebot ersichtlich nicht um die reine
Online-Ausgabe einer Zeitschrift handelt. Das ist aber bei dem
Angebot der Klägerin nicht der Fall; nach dem Ausdruck K 9 (Bl.
20 Anlagenheft) werden unter „kinderstube-sachsen.de"
„Leseproben" und zusätzliche Informationen angeboten, so
dass die Inhalte nicht deckungsgleich sind. Aus Sicht der
angesprochenen Verkehrskreise handelt es sich daher bei der
Zeitschrift und dem Internetportal nicht um ein einheitliches Werk.
Sowohl die Zeitschrift als auch der Internet-Auftritt können
eigenständig und unabhängig voneinander genutzt werden.
Sie sprechen ferner nicht vollständig deckungsgleiche
Verkehrskreise an: Die Druckausgabe erreicht allein Nutzer im
Zuständigkeitsbereich der Klägerin, die dort Apotheken und
Kinderärzte aufsuchen. Das Onlineportal wendet sich dagegen an
alle an den dort angebotenen Themen Interessierte, die sich
Informationen über das Internet verschaffen. Im Ergebnis
handelt es sich daher um unterschiedliche Werke im Sinn des § 5
Abs. 3 MarkenG; eine einheitliche Betrachtung verbietet sich. | Abs. 37 | | Unmittelbare Verwechslungsgefahr zwischen der
Zeitschrift der Klägerin und dem Angebot der Beklagten
könnte daher nur dann entstehen, wenn der angesprochenen
Verkehr Anlass hätten, das Angebot der Beklagten für die
Online-Ausgabe der Zeitschrift der Klägerin zu halten.
Dafür bestehen aber keine Anhaltspunkte. In den vorgelegten
Unterlagen zum Angebot der Beklagten fehlt jeder Hinweis auf eine
Druckausgabe. Auch die äußere Gestaltung lässt nicht
darauf schließen, dass es sich lediglich um die Online-Ausgabe
einer gedruckten Zeitschrift handelt. Der angesprochene Verkehr wird
daher in dem Angebot nichts anderes als eines der verbreiteten
Internet-Ratgeberportale sehen. Auch ein Leser, dem die Zeitschrift
der Klägerin bekannt ist, wird das Angebot der Beklagten nicht
als deren Online-Ausgabe ansehen; er wird nur einen Zusammenhang
zwischen den Herausgebern der Zeitschrift und den Verantwortlichen
des Portals vermuten. Gegen eine derartige mittelbare
Verwechslungsgefahr wird aber ein Werktitel über § 15 Abs.
2 MarkenG grundsätzlich nicht geschützt. | Abs. 38 | | 2. Die Klage ist aber im Hinblick auf die in zweiter
Linie geltend gemachten Rechte aus der Marke Nr. 30 2012 061 147
begründet. | Abs. 39 | | a) aa) Die Marke ist zwar erst am 27. 11. 2012 beim DPMA
zur Eintragung angemeldet worden und kann daher Schutz erst ab
diesem Zeitpunkt beanspruchen (§ 6 Abs. 2 MarkenG). Die Domain
„kinderstube.de" ist seit Oktober 2012 registriert, das
Internetangebot der Beklagten ist nach dem – unwidersprochenen
– Vortrag der Klägerin (Bl. 27 d. A.) seit dem 29. 11.
2012 erreichbar. Grundsätzlich kann den Rechten aus einer Marke
im Verletzungsprozess das Recht aus einem
prioritätsälteren Kennzeichen einredeweise
entgegengehalten werden (BGH, GRUR 2004, 512, 513 –
Leysieffer; GRUR 2009, 1055 Tz. 52 – airdsl); das gilt auch
für Unternehmenskennzeichen und Werktitel (Ingerl/Rohnke,
Markengesetz, 3. Aufl. 2010, § 14 Rn. 32). | Abs. 40 | | Allein die Registrierung einer Domain stellt allerdings
noch keine Verwendung des registrierten Zeichens im
geschäftlichen Verkehr dar (BGH, GRUR 2005, 687, 688 f. –
weltonline.de) und ist daher auch nicht geeignet, die Priorität
von aus der Domain abgeleiteten Rechten zu begründen. Eine
Parallele zu § 6 Abs. 2 MarkenG ist insoweit nicht
möglich. Anders als bei der Eintragung im Register, auf deren
Zeitpunkt der Anmelder keinen Einfluss hat, liegt die Freischaltung
eines Internetauftritts allein im Verantwortungsbereich des
Betreibers. Maßgeblich ist im vorliegenden Fall daher die
Freischaltung des Internetangebots der Beklagten, die am 29. 11. und
damit zwei Tage nach der Anmeldung der Marke der Klägerin
erfolgt ist. Die Beklagte kann sich damit nicht auf ein
gegenüber der Marke der Klägerin
prioritätsälteres Recht berufen. | Abs. 41 | | bb) Soweit sich die Beklagte in der Berufungsinstanz
darauf berufen hat, die Bereitstellung eines Internet-Portals mit
Informationen zu Kindern falle nicht unter die Klasse 41 der
Nizza-Klassifikation, für die die Marken der Klägerin
eingetragen sind, sondern unter Klasse 38, so trifft dies nicht zu:
Die Klasse 38 enthält Telekommunikationsdienste,
Computerkommunikations- und Internetzugriffsdienste, umfasst daher
den technischen Aspekt des Betriebs eines Internetportals. Der
redaktionelle Betrieb eines Portals zum Thema Kinder ist dagegen
zutreffend mit der Klasse 41 „Erziehung" erfasst. Zwar wird im
Dienstleistungsverzeichnis, anders als in dem der älteren Marke
(Nr. 30 3009 006 490), die „Publikation von Druckerzeugnissen
(auch in elektronischer Form)" nicht mehr genannt. Dies dürfte
aber auf die aktuelle Fassung der Nizza-Klassifikation
zurückzuführen sein, die diese Dienstleistung nicht
separat aufführt. | Abs. 42 | | b) Entgegen der Ansicht der Beklagten hat sie die
Bezeichnung „Kinder STUBE" auf ihrer Internetseite
markenmäßig benutzt. Auch die Verwendung als Werktitel
ist nur bei eindeutig inhaltsbeschreibenden Titeln nicht
markenmäßig (Ingerl/Rohnke, MarkenG, 3. Aufl. 2010,
§ 14 Rn. 167). Allerdings hat der Bundesgerichtshof früher
vertreten, die Annahme markenmäßiger Benutzung bei
Verwendung eines Zeichens als Werktitel sei (wie bei dem Vorgehen
aus einem solchen Titel) nur bei bekannten Titeln möglich, da
der Titel nur dann herkunftshinweisende Funktion habe (GRUR 1994,
908, 910 – WIR IM SÜDWESTEN; Büscher, in:
Büscher/Dittmer/Schiwy, Gewerblicher Rechtsschutz, 2. Aufl.
2011, § 14 MarkenG Rn. 146). Diese Einschränkung des
Schutzes der Marke gegenüber der Verwendung als Werktitel ist
kritisch zu sehen (OLG Hamburg, GRUR-RR 2008, 296, 297 –
Heimwerker Test; OLG Naumburg, GRUR-RR 2011, 127, 128 –
SUPERillu/illu der Frau; Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Aufl.
2012, § 14 Rn. 175). Diese Frage bedarf im vorliegenden Fall
aber keiner Entscheidung, da die Beklagte „Kinder STUBE" nicht
rein titelmäßig benutzt. | Abs. 43 | | Maßgeblich für diese Frage ist, wie der
Verkehr die – allein von der Klägerin beanstandete
– Verwendung der Bezeichnung „Kinder STUBE" auf der
Interseite versteht. Für die Benutzung eines Domainnamens ist
anerkannt, dass in ihr eine kennzeichenmäßige Verwendung
liegen kann, wenn der Verkehr darin keine bloße
Adressbezeichnung, sondern den Hinweis auf das Unternehmen oder auf
die betriebliche Herkunft von Waren oder Dienstleistungen sieht.
Domainnamen, die zu einer aktiven, im geschäftlichen Verkehr
verwendeten Homepage führen, kommt in der Regel neben der
Adressfunktion eine kennzeichnende Funktion zu (BGH, GRUR 2009, 1055
Tz. 49 – airdsl; m. w. N.; GRUR 2013, 638 Tz. 27 –
Völkl; Ingerl/Rohnke, MarkenG, 3. Aufl. 2010, nach § 15
Rn. 117). Die von der Beklagten herangezogenen Entscheidungen (OLG
Hamburg, GRUR-RR 2012, 154 – Luxor und KG, K&R 2014, 206
– Stadt Land Fluss) betreffen die Verwendung von
beschreibenden Begriffen als Werktitel eines Computerspiels
beziehungsweise einer App und lassen sich auf den vorliegenden Fall
nicht übertragen, da „Kinderstube" – wie dargelegt
– nicht rein beschreibend ist. | Abs. 44 | | Im vorliegenden Fall ist zu berücksichtigen, dass
die Beklagte nicht nur „Kinder STUBE" als Bezeichnung auf der
Internetseite verwendet, sondern auch den Domainnamen
„kinderstube.de". Das Verständnis der Bezeichnung
„Kinder STUBE" kann nicht isoliert von dem Umstand ermittelt
werden, dass ein inhaltsgleicher Begriff als Domainname verwendet
wird, auch wenn die Klägerin diese Verwendung als solche nicht
als Verletzung beanstandet. Entsprechend den dargestellten
Grundsätzen ist davon auszugehen, dass der angesprochene
Verkehr den Domainnamen als Hinweis auf die betriebliche Herkunft
der unter dieser Domain vorgehaltenen Dienstleistungsangebote
(Kindergrößenrechner, Informationen zu den Themen
Kinderwunsch, Schwangerschaft, Kindererziehung usw.) verstehen wird.
Es liegt daher fern, dass er die inhaltsgleiche Bezeichnung
„Kinder STUBE" allein als Werktitel zur Bezeichnung der dort
vorgehaltenen Inhalte ansehen wird. | Abs. 45 | | c) aa) Die Frage der Verwechslungsgefahr im Sinne von
§ 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG ist unter Heranziehung aller
relevanten Umstände des Einzelfalls vorzunehmen. Dabei besteht
eine Wechselwirkung zwischen den in Betracht zu ziehenden Faktoren,
so der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke
sowie der Identität oder der Ähnlichkeit der sich
gegenüber stehenden Zeichen und der Identität oder der
Ähnlichkeit der mit ihnen gekennzeichneten Waren oder
Dienstleistungen, so dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit
der Zeichen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der
Waren oder Dienstleistungen oder durch eine gesteigerte
Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann
und umgekehrt. Bei dieser umfassenden Beurteilung der
Verwechslungsgefahr ist auf den durch die Zeichen hervorgerufenen
Gesamteindruck abzustellen, wobei insbesondere ihre
unterscheidungskräftigen und dominierenden Elemente zu
berücksichtigen sind (EuGH, GRUR 1998, 922 Tz. 17 f. –
Canon; GRUR Int. 2009, 911 Tz. 31 – Waterford Wedgwood; BGH,
GRUR 2011, 826 Tz. 11 – Enzymax/Enzymix; GRUR 2012, 1040 Tz.
25 – pjur/pure; GRUR 2013, 833 Tz. 30 – Culinaria/Villa
Culinaria; Senat, GRUR-RR 2012, 336, 337 – SUPERTOTO). | Abs. 46 | | bb) Die Wortbildmarke genießt jedenfalls
unterdurchschnittliche Kennzeichnungskraft. Bereits hier ist
wiederum darauf hinzuweisen, dass „Kinderstube" für die
hier in Rede stehenden Dienstleistungen (Informationen über
Kindererziehung und verwandte Themen) nicht als glatt beschreibend
gewertet werden kann. Die graphische Ausgestaltung des Zeichens
beschränkt sich auf eine an Schreibschrift erinnernde
Schrifttype; ein zusätzliches graphisches Element ist lediglich
der i-Punkt, der als „Smiley" (J) gestaltet ist. Aber auch bei
dem „Smiley" handelt es sich um ein sehr häufig, in den
verschiedensten Kontexten eingesetztes Gestaltungselement, das nicht
geeignet ist, den Schriftzug aus dem Bereich des Alltäglichen
herauszuheben. Daher erscheint es auch zweifelhaft, ob allein diese
graphische Gestaltung die Eintragungsfähigkeit begründen
könnte, wenn der Wortbestandteil tatsächlich glatt
beschreibend wäre (vgl. BGH, GRUR 2014, 872 = WRP 2014, 1062
Tz. 32 ff. – Gute Laune Drops). Die Bildelemente treten hinter
den Wortbestandteil zurück, so dass im Hinblick auf den
beschreibenden Anklang nur von unterdurchschnittlicher
Kennzeichnungskraft auszugehen ist. | Abs. 47 | | cc) Klägerin und Beklagte bieten auf ihren
Internetportalen identische Dienstleistungen an. | Abs. 48 | | dd) Es besteht hohe Zeichenähnlichkeit. Da
„Kinderstube" nicht glatt beschreibend ist, liegt entgegen der
Ansicht der Beklagten keiner der Fälle vor, in denen allein die
graphische Ausgestaltung des Zeichens seine Schutzfähigkeit
begründet, und in denen daher allein die bildliche
Übereinstimmung eine Zeichenverletzung begründen kann
(dazu Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 3. Aufl. 2010, § 14 Rn.
913). Die abweichende graphische Ausgestaltung genügt vielmehr
im Gegenteil nicht, um die Zeichenähnlichkeit zu verneinen. In
bildlicher Hinsicht wird sich der Verkehr in der Regel an dem
Wortbestandteil einer Wort-/Bildmarke orientieren, wenn es sich bei
den Bildbestandteilen um eine nichtssagende oder geläufige und
nicht ins Gewicht fallende Verzierung handelt (BGH, GRUR 2008, 903
Tz. 24 – SIERRA ANTIGUO), wie es hier der Fall ist. | Abs. 49 | | Begrifflich sind die Zeichen identisch
(„Kinderstube"), und auch bei dem klanglichen Vergleich ist
von dem Erfahrungssatz auszugehen, dass bei einer Kombination von
Wort und Bild in der Marke der Verkehr sich regelmäßig an
dem Wortbestandteil orientiert, wenn er kennzeichnungskräftig
ist, weil der Wortbestandteil einer solchen Marke die einfachste
Möglichkeit der Benennung bietet (BGH, GRUR 2008, 903 Tz. 25
– SIERRA ANTIGUO). | Abs. 50 | | ee) Im Ergebnis stoßen daher mindestens
unterdurchschnittliche Kennzeichnungskraft,
Dienstleistungsidentität und hohe Zeichenähnlichkeit
hinsichtlich Klang, Schriftbild und Sinngehalt aufeinander. Bei
dieser Sachlage ist im Rahmen der gebotenen Gesamtabwägung von
Verwechslungsgefahr auszugehen. Der angesprochene Verkehr wird
zumindest annehmen, dass zwischen den Verantwortlichen des
Internetauftritts der Beklagten und dem Inhaber des Zeichens der
Klägerin wirtschaftliche Verbindungen bestehen. | Abs. 51 | | d) Ein Freihaltebedürfnis im Sinn des § 23 Nr.
2 MarkenG ist nicht zu erkennen. | Abs. 52 | | 3. Auf die weiter hilfsweise geltend gemachte Marke Nr.
30 3009 006 490 kommt es daher nicht an. Gleiches gilt für das
Titelschutzrecht im Hinblick auf die Internetseite der Klägerin
„kinderstube-sachsen.de", so dass hinsichtlich der streitigen
Priorität dieses Rechts keine Feststellungen zu treffen
sind. | Abs. 53 | | 4. Die Nebenansprüche (Abmahnkosten) werden seitens
der Beklagten in der Berufung nicht beanstandet, so dass insoweit
zunächst auf die Ausführungen in dem landgerichtlichen
Urteil verwiesen werden kann. Der Umstand, dass der Anspruch der
Klägerin nicht aus dem Werktitel, sondern der Marke
begründet ist, erfordert grundsätzlich keine abweichende
Beurteilung, da die markenrechtlichen Ansprüche bereits in der
Abmahnung (Anlage K 6, Bl. 11 ff. d. A.) hilfsweise geltend gemacht
worden sind. Die Abmahnkosten sind lediglich entsprechend der auch
für das vorliegende Verfahren ausgeurteilten Kostenquote um 17
% zu reduzieren. | Abs. 54 | | 5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 S.
1 ZPO, da die Klägerin lediglich mit dem hilfsweise geltend
gemachten Anspruch durchdringt. Liegen einem einheitlichen
Unterlassungsantrag mehrere Ansprüche im Sinne von § 45
Abs. 1 Satz 2 GKG zugrunde, die zusammenzurechnen sind, hat keine
schematische Erhöhung des Streitwerts zu erfolgen. Vielmehr ist
der Streitwert für den Hauptanspruch festzusetzen und für
die hilfsweise geltend gemachten Ansprüche ist der Streitwert
angemessen zu erhöhen. Dabei ist bei einem einheitlichen
Unterlassungsantrag zu berücksichtigen, dass der Angriffsfaktor
im Regelfall unverändert und deshalb eine Vervielfachung des
Streitwerts des Hauptanspruchs grundsätzlich nicht
gerechtfertigt ist (BGH, WRP 2014, 192 Tz. 9). Im vorliegenden Fall
erscheint angesichts der unterschiedlichen Schutzrichtung und
–reichweite von Werktitel einerseits, eingetragener Marke
andererseits die Erhöhung des ursprünglich auf 25.000 EUR
festgesetzten Streitwerts – für beide Instanzen –
auf 30.000 EUR angezeigt. Bei der Bildung der Kostenquote ist
gleichermaßen zu berücksichtigen, dass die Klägerin
ihr wirtschaftliches Interesse an der Untersagung des beanstandeten
Verhaltens durchgesetzt hat. Es wäre daher nicht
gerechtfertigt, sie allein wegen des Umstandes, dass sie mit einem
von zweien zur Entscheidung gestellten Schutzrechten unterlegen ist,
schematisch mit der Hälfte der Kosten zu belasten. | Abs. 55 | | Die Entscheidung über die vorläufige
Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. | Abs. 56 | | Der Senat hat die Revision im Hinblick auf die
grundsätzlichen Fragen der Reichweite des Werktitelschutzes bei
der Kombination von Druckerzeugnissen und Internetauftritten sowie
der markenmäßigen Verwendung von geschützten
Bezeichnungen auf Internetseiten zugelassen. | Abs. 57 | | Der Streitwert wird für beide Instanzen auf 30.000
EUR festgesetzt. | Abs. 58 |
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| | | (online seit: 24.06.2015) | | | |
| | | Zitiervorschlag: Autor, Titel, JurPC Web-Dok,
Abs. | |