JurPC Web-Dok. 47/2024 - DOI 10.7328/jurpcb202439348

LG Hamburg

Urteil vom 15.02.2024

310 O 221/23

Fiktives Lizenzhonorar bei Nutzung von Fotografien

JurPC Web-Dok. 47/2024, Abs. 1 - 70


Leitsatz (der Redaktion):

Ein geltend gemachter Lizenzschaden in Höhe von 915,- Euro pro Bild zuzüglich eines 100 %igen Zuschlags für die unterlassene Urheberbenennung ist nicht zu beanstanden, wenn der Kläger durch Vorlage entsprechender Rechnungen belegt, dass die von der MFM empfohlenen Honorare tatsächlich am Markt für seine Fotografien durchgesetzt werden können. Diese Empfehlungen weisen bereits für eine dreijährige Nutzung auf einer Homepage unter Urhebernennung ein Honorar von 915,- Euro aus. Diese Honorarhöhe erscheint dabei im Hinblick auf die unstreitige professionelle Qualität der streitgegenständlichen Bilder auch angemessen. Für die unterlassene Urheberbenennung rechtfertigt sich ein 100 %iger Zuschlag auf das üblicherweise zu zahlende Honorar.

Tatbestand:

Der Kläger nimmt die Beklagte wegen urheberrechtsverletzender Nutzung von ihm gefertigter Fotografien auf Zahlung eines fiktiven Lizenzhonorars und auf Aufwendungsersatz in Anspruch.Abs. 1
Der Kläger ist Berufsfotograf. Die Beklagte bietet Leistungen im Bereich Messebau, Pressevorstellungen, Events und Grafiken an. Ihre Leistungen und Produkte bewirbt die Beklagte über ihre Website unter www. k..de.Abs. 2
Die Beklagte erstellte im Jahr 2019 für die B. S. GmbH deren Messestand auf der internationalen Möbelmesse 2019 in K. (Rechnung Anlage B2). Der Kläger fertigte im Auftrag der B. S. GmbH Fotografien dieses Messestands (Fotoserie „B. @...“).Abs. 3
Mit Rechnung vom 09.02.2019 (Anlage B1) stellte der Kläger der B. S. GmbH seine Leistungen in Rechnung. Die Rechnung wies u.a. die folgenden Rechnungspositionen aus:Abs. 4
„Fotoproduktion & Basis-Bildnutzungsrechte 3,00 x 1.300,00 € 3.900,00 €Abs. 5
Das Honorar beinhaltet:Abs. 6
• Basis-Bildnutzungsrechte für den AuftraggeberAbs. 7
• Ganztägige Fotoproduktion vor Ort, ca. 20-30Abs. 8
MotiveAbs. 9
• Detaillierte Vorbesprechung und PlanungAbs. 10
Erweiterte Bildnutzungsrechte für Presse & PR 3,00 x 650,00 € 0,00 €Abs. 11
Bildnutzungsrechte zur Weitergabe der Motive anAbs. 12
beliebige Presse- und PR-Publikationen. OhneAbs. 13
Berechnung.Abs. 14
Bildaufbereitung & Basisretusche je MotivAbs. 15
(…)“ Abs. 16
Auf der Rückseite der Rechnung fanden sich folgende ergänzende Ausführungen:Abs. 17
„Anmerkungen zur Rechnung RG-2019-012 vom 09.02.2019Abs. 18
Allgemeine GeschäftsbedingungenAbs. 19
Meine AGB sind unter www. p..com/agb einsehbar und Bestandteil des Auftrages.Abs. 20
Fotoproduktion und BildnutzungsrechteAbs. 21
Die Fotoproduktion umfasst die Aufnahme der vom Auftraggeber gewünschten Motiven sowie die zur Verwendung dieser Bilder notwendige Einräumung von Basis-Bildnutzungsrechten. Diese Gesamtleistung wird als Pauschale jeweils für einen Produktionstag (ca. 8h) oder einen halben Produktionstag (ca. 4h) berechnet.Abs. 22
Einräumung von Basis-BildnutzungsrechtenAbs. 23
Dem Auftraggeber wird ein einfaches, nicht-exklusives Bildnutzungsrecht zur zeitlich und räumlich uneingeschränkten Verwendung der jeweiligen Aufnahmen eingeräumt. Dies umfasst die Veröffentlichung in eigenen Medien wie beispielsweise Website. Broschüren, Vorträge, Präsentationen oder Social Media Accounts wie Facebook und Instagram. Die Weitergabe der Aufnahmen an Dritte ist in den Basis-Bildnutzungsrechten nicht enthalten. Dies ist jedoch über die nachfolgenden erweiterten Bildnutzungsrechte möglich.Abs. 24
Erweiterte Bildnutzungsrechte für Presse und PRAbs. 25
In Erweiterung zu den Basis-Bildnutzungsrechten ist eine Weitergabe der Aufnahmen an beliebige Presse- und PR-Medien wie CUBE, Stylus, AIT, Baunetz und Archidaily sowie Medien der täglichen Berichterstattung möglich. Diese erweiterte Nutzung der Aufnahmen wird mit 50 % des Produktionshonorars berechnet und vereinfacht die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des Auftraggebers durch beispielsweise schnelle Reaktionen auf kurzfristige Publikationsanfragen.Abs. 26
Erweiterte Bildnutzungsrechte für ProjektpartnerAbs. 27
Die Basis-Bildnutzungsrechte und gegebenenfalls die erweiterten Bildnutzungsrechte für Presse und PR werden zusätzlich jeweils einem weiteren Projektpartner eingeräumt. Dies wird je Unternehmen mit 50 % des Produktionshonorars berechnet.Abs. 28
Namensnennung & Nutzung durch den UrheberAbs. 29
Bei der Publikation von Aufnahmen sind diese mit eindeutig zuzuordnender Urhebernennung (©p..com) zu versehen. Dem Urheber bleibt das Recht der kommerziellen Nutzung an den Bildaufnahmen vorbehalten.Abs. 30
(…)“ Abs. 31
Die Beklagte verwendete mindestens seit dem 16.10.2019 fünf der vom Kläger von dem Messestand gefertigten Fotoaufnahmen in ihrem Internetauftritt auf www. k..de zu werblichen Zwecken (Anlage K3). Eine Nennung des Klägers als Urheber der Fotografien erfolgte dabei nicht.Abs. 32
Mitte des Jahres 2022 stellte der Kläger diese Nutzung fest. Nachdem er der Beklagten zunächst vergeblich eine Nachlizenzierung der Bilder angeboten hatte, ließ er sie mit anwaltlichem Schreiben vom 18.10.2022 (Anlage K4) abmahnen, wobei er zugleich ein fiktives Lizenzhonorar von insgesamt 9.150,- € sowie Erstattung von Dokumentationskosten der Firma R. in Höhe von 110,- € netto sowie von Abmahnkosten in Höhe von 2.474,61 € brutto verlangte.Abs. 33
Auf die Abmahnung hin gab die Beklagte unter dem 27.10.2022 eine strafbewehrte Unterlassungserklärung (Anlage K5) ab, die der Kläger mit anwaltlichem Schreiben vom 08.11.2022 annahm. Eine Zahlung leistete die Beklagte nicht, auch nicht nachdem der Kläger den Ausgleich der Forderungen mit Schreiben vom 08.11.2022 unter Fristsetzung bis zum 23.11.2022 angemahnt hatte.Abs. 34
Der Kläger verfolgt mit seiner Klage die bereits vorgerichtlich geltend gemachten Zahlungsansprüche wegen unberechtigter Verwendung seiner Fotografien durch die Beklagte weiter.Abs. 35
Die Beklagte habe weder durch ihn unmittelbar – insoweit unstreitig – noch über die B. S. GmbH – insoweit streitig – ein Recht zur Vervielfältigung und öffentlichen Zugänglichmachung der von der Beklagten auf ihrer Webseite eingestellten Bilder erhalten. Nachdem der Kläger insoweit in der Klage zunächst noch vorgetragen hatte, der B. S. GmbH gar kein Recht zur Weitergabe der Bilder an Dritte eingeräumt zu haben (Klageschrift S. 4), hat er dies in der Folge dahingehend korrigiert, dass er der B. S. GmbH ausweislich der Rechnung in Anlage B1 nur „Basis-Bildnutzungsrechte“ – d.h. einfache, nicht-exklusive Nutzungsrechte an dem Bildmaterial zur Nutzung im eigenen Unternehmen – sowie „erweiterte Bildnutzungsrechte für Presse & PR“ – d.h. Bildnutzungsrechte zur Weitergabe an Presse- und PR-Publikationen – eingeräumt habe. Ein Recht zur Weitergabe auch an Projektpartner, die grundsätzlich möglich gewesen wäre, habe die B. S. GmbH hingegen – wie sich aus der Rechnung in Anlage B1 ergebe – nicht erworben. Bei der Beklagten handele es sich aber – insoweit unstreitig – um kein Presse- oder PR-Unternehmen.Abs. 36
Zudem habe er gegenüber der B. S. GmbH nicht auf sein Urheberbenennungsrecht verzichtet.Abs. 37
Aufgrund der unberechtigten Nutzung stehe ihm ein Schadensersatzanspruch sowie ein Bereicherungsausgleich in Höhe der (bereits vorgerichtlich geltend gemachten) 9.150,- € zu (= 915,- € pro Bild zuzüglich eines Zuschlags von 100 % für die unterlassene Urheberbenennung). Der Kläger verweist insoweit auf eine eigene am Markt durchgesetzte Lizenzierungspraxis entsprechend den Honorarempfehlungen der Mittelstandsgemeinschaft Foto-Marketing (MFM) (Rechnungen in Anlagen K6 bis K11).Abs. 38
Zudem begehrt der Kläger eine Verzinsung des Lizenzschadens in Höhe von neun Prozentpunkten über Basiszins ab Beginn der Verletzungshandlung im Wege der Lizenzanalogie. Hätten die Parteien einen Lizenzvertrag geschlossen, wäre das Honorar nach den AGB des Klägers (Anlage K14, dort Ziff. 2.2.5) mit Ablieferung der Bilder fällig gewesen.Abs. 39
Darüber hinaus verlangt der Kläger Erstattung vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten, berechnet mit 1,5 Gebühren nach einem Gegenstandswert von 59.150,- € sowie Erstattung von Dokumentationskosten der Firma R. in Höhe von 110,- € netto (Rechnung in Anlage K13), jeweils zuzüglich Verzugszinsen ab 24.11.2022.Abs. 40
Der Kläger beantragt,Abs. 41
1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 9.150,- € zuzüglich Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 16.10.2019 zu zahlen;Abs. 42
2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 2.201,79 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 24.11.2022 zu zahlen;Abs. 43
3. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 382,82 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 24.11.2022 zu zahlen.Abs. 44
Die Beklagte beantragt,Abs. 45
die Klage abzuweisen.Abs. 46
Die Beklagte bestreitet eine unberechtigte Nutzung der fünf Fotografien auf ihrer Webseite. Nach den auf der Rückseite der der B. S. GmbH erteilten Rechnung (Anlage B1) abgedruckten Allgemeinen Geschäftsbedingungen habe der Kläger der B. S. GmbH das Recht zur Weitergabe der Aufnahmen (auch) an Projektpartner eingeräumt. Der Umstand, dass eine solche erweiterte Nutzung in der Rechnung selbst nicht explizit genannt wurde, führe nicht dazu, dass dieses (im Rahmen der AGB eingeräumte) Nutzungsrecht ausgeschlossen sei. Allenfalls sei die B. S. GmbH, nicht aber die Beklagte, gegenüber dem Kläger zur Entrichtung des insoweit aufgeführten weiteren Honorars von 50 % des Produktionshonorars verpflichtet. Zudem seien die Bilder von der Beklagten tatsächlich zu PR-Zwecken entsprechend der – zuletzt unstreitigen – erweiterten Nutzungseinräumung für Presse und PR genutzt worden.Abs. 47
Jedenfalls liege – auch bei Anwendung des gebotenen strengen Maßstabes – kein Verschulden der Beklagten vor. Nach der Messe hätten die Beklagte und die B. S. GmbH gemeinsam beschlossen, den Messeauftritt bei einem Wettbewerb einzureichen. Zu diesem Zweck seien die streitgegenständlichen Bilder vom damaligen Marketingleiter der B. S. GmbH an die Beklagte u.a. mit dem „Auftrag“ weitergeleitet worden, diese auf ihrer Homepage zu veröffentlichen. Der Beklagten sei dabei unbekannt gewesen, dass die streitgegenständlichen Fotos nicht durch die B. S. GmbH selber hergestellt bzw. nicht deren Eigentum gewesen seien. Weder sei der Beklagten im Rahmen dieser Weiterleitung mitgeteilt worden, dass die Fotografien durch einen externen Fotografen hergestellt worden waren, noch habe die B. S. GmbH selbst im Rahmen ihrer eigenen Nutzung der Fotografien eine Urhebernennung zu den Bildern angebracht.Abs. 48
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Parteivortrags wird auf die zur Akte gelangten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.Abs. 49

Entscheidungsgründe:

I.Abs. 50
Die zulässige Klage ist vollumfänglich begründet. Dem Kläger stehen gegen die Beklagten die geltend gemachten Ansprüche auf Zahlung eines fiktiven Lizenzhonorars sowie auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten zu.Abs. 51
1. Die Beklagte hat die fünf streitgegenständlichen Fotos durch Einstellung auf ihrer Internetseite ohne die erforderliche Zustimmung des Klägers als deren Urheber i.S.d. § 19a UrhG öffentlich zugänglich gemacht und i.S.d. § 16 UrhG vervielfältigt. Eine Zustimmung zu einer solchen Nutzung durch die Beklagte hat der Kläger insbesondere nicht im Rahmen der Nutzungseinräumung gegenüber der B. S. GmbH erklärt.Abs. 52
Der Umfang der der B. S. GmbH an den in deren Auftrag erstellten Fotografien eingeräumten Nutzungsrechte ergibt sich bei verständiger Würdigung allein aus den auf der Vorderseite der hierüber erstellten Rechnung (Anlage B1) aufgeführten Positionen, während die Ausführungen auf der Rückseite dieser Rechnung lediglich die vom Kläger grundsätzlich angebotenen Nutzungspakete näher definieren, ohne diese unabhängig vom konkret vereinbarten Leistungsumfang dem jeweiligen Kunden einzuräumen. Damit beschränkten sich die von der B. S. GmbH erworbenen Nutzungsrechte auf die „Basis-Bildnutzungsrechte“ ‒ in den Erläuterungen auf der Rückseite der Rechnung definiert als einfaches, nicht-exklusives Bildnutzungsrecht zur zeitlich und räumlich uneingeschränkten Verwendung durch den Auftraggeber selbst ‒ sowie „erweiterte Bildnutzungsrechte für Presse & PR“ ‒ in den Erläuterungen auf der Rückseite der Rechnung definiert als Recht zur Weitergabe der Aufnahmen an beliebige Presse- und PR-Medien. Ein Recht zur Weitergabe der Bilder an Projektpartner hat die B. S. GmbH hingegen nicht erworben.Abs. 53
Bei der Beklagten handelt es sich unstreitig nicht um ein Presse- oder PR-Unternehmen. Allein der Umstand, dass sie die Bilder zu eigenen PR-Zwecken genutzt hat, genügt dafür ersichtlich nicht.Abs. 54
2. Die Beklagte schuldet dem Kläger für die streitgegenständlichen Verletzungshandlungen ein fiktives Lizenzhonorar in Höhe von 9.150,- € nebst Zinsen sowie Erstattung der für die ausgesprochene vorgerichtliche Abmahnung sowie die Dokumentation des Verstoßes angefallenen Kosten.Abs. 55
a) Der Anspruch auf Zahlung eines fiktiven Lizenzhonorars in der geltend gemachten Höhe ergibt sich aus § 97 Abs. 2 UrhG und § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 BGB i.V.m. § 102a UrhG.Abs. 56
aa) Der Anspruch auf Zahlung eines fiktiven Lizenzhonorars bei unberechtigter Nutzung eines urheberrechtlich geschützten Werks ergibt sich verschuldensunabhängig bereits unter dem Gesichtspunkt der Eingriffskondiktion, § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 BGB i.V.m. § 102a UrhG. Darüber hinaus ist der Beklagten aber auch ein Verschuldensvorwurf i.S.d. § 97 Abs. 2 S. 1 UrhG zu machen. Es entspricht der verkehrsüblichen Sorgfaltspflicht bei Umgang mit urheberrechtlich geschützten Werken, dass man die Berechtigung zur Nutzung eines Werks prüft und sich darüber Gewissheit verschafft (BGH, Urt. v. 18.03.1960, Az. I ZR 75/58 – Eisrevue II, Rn. 41 f. (juris)). Dass die Beklagte ihre Berechtigung zur Nutzung der streitgegenständlichen Fotografien in diesem Sinne geprüft habe, trägt sie selber bereits nicht vor. Sie beruft sich vielmehr allein darauf, dass sie seitens der B. S. GmbH im Rahmen der Weitergabe der Bilder nicht explizit auf die Urheberschaft des Klägers hingewiesen worden sei. Dies genügt zur Wahrung der insoweit anzuwendenden Sorgfaltsanforderungen ersichtlich nicht.Abs. 57
bb) Der klägerseits geltend gemachte Lizenzschaden in Höhe von 915,- € pro Bild zuzüglich eines 100 %igen Zuschlags für die unterlassene Urheberbenennung ist der Höhe nach nicht zu beanstanden. Die Beklagte ist dieser Berechnung – auch nach gerade zu diesem Zweck erteiltem Hinweis (vgl. Bl. 32 a.E.) – nicht entgegen getreten. Im Übrigen hat der Kläger durch Vorlage entsprechender Rechnungen (Anlagen K6-K11) auch belegt, die von der MFM empfohlenen Honorare (Anlage K12) tatsächlich am Markt für seine Fotografien durchsetzen zu können. Diese weisen bereits für eine dreijährige Nutzung auf einer Homepage unter Urhebernennung ein Honorar von 915,- € aus. Die entsprechende Honorarhöhe erscheint dabei im Hinblick auf die unstreitige professionelle Qualität der streitgegenständlichen Bilder auch für diese durchaus angemessen. Für die unterlassene Urheberbenennung rechtfertigt sich schließlich ein 100 %iger Zuschlag auf das üblicherweise zu zahlende Honorar (BGH, Urt. v. 15.01.2015, Az. I ZR 148/13 – Motorradteile, Rn. 36 ff. (juris)).Abs. 58
cc) Das fiktive Lizenzhonorar ist seit Nutzungsbeginn mit neun Prozentpunkten über Basiszins zu verzinsen. Nach den im Rahmen der Schadensbemessung anzuwendenden Grundsätzen der Lizenzanalogie muss sich der Verletzer so behandeln lassen, als habe er eine vertragliche Lizenz zu angemessenen Bedingungen am Klageschutzrecht erworben. Träfe daher den vertraglichen Lizenznehmer bei verspäteter Lizenzzahlung eine gesetzlich oder vertraglich begründete Verzinsungspflicht, so muss diese Zinspflicht auch für den Verletzer gelten (BGH, Urt. v. 24.11.1981, Az. X ZR 36/80 – Fersenabstützvorrichtung, Rn. 49 (juris)). Der Kläger hat vorliegend unter Vorlage seiner AGB schlüssig dargelegt, bei Lizenzierung seiner Fotos eine Fälligkeit des Lizenzhonorars mit Überlassung der lizenzierten Fotografie zu vereinbaren. Die Beklagte wäre damit bei Nichtzahlung ohne Mahnung nach § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB in Verzug geraten. Da es sich insoweit um eine Entgeltforderung gehandelt hätte, beläuft sich die Zinshöhe nach § 288 Abs. 2 BGB auf neun Prozentpunkte über Basiszins.Abs. 59
b) Der Anspruch auf Erstattung der für die (berechtigterweise) ausgesprochene Abmahnung angefallenen Kosten ergibt sich in der geltend gemachten Höhe aus § 97a Abs. 3 UrhG.Abs. 60
Der insoweit angesetzte Gegenstandswert von 10.000- € pro Bild für den Unterlassungsanspruch erscheint angemessen. Der Bundesgerichtshof hat bei einer gewerblichen Nutzung eines einfachen Fotos ohne kompositorische Inszenierung, wie es ohne Weiteres im Wege eines Schnappschusses hätte erstellt werden können, im Wege des öffentlich Zugänglichmachens i.S.v. § 19a UrhG einen Unterlassungswert in Höhe von 6.000,- € in der Hauptsache nicht beanstandet (BGH, Urt. v. 13.09.2018, Az. I ZR 187/17 – Sportwagenfoto). Die streitgegenständlichen Fotografien heben sich von einem bloßen Schnappschuss insbesondere durch eine sorgfältige Ausschnittwahl und präzise Ausleuchtung deutlich erkennbar als hochprofessionelle Aufnahmen ab.Abs. 61
Auch der Ansatz einer 1,5-fachen Gebühr ist nicht zu beanstanden. Zum einen erscheint der Ansatz einer 1,5-fachen Gebühr im Hinblick darauf, dass es sich beim Urheberrecht um eine Spezialmaterie handelt, durchaus angemessen. Zum anderen ist die Unbilligkeit nach § 14 Abs. 1 S. 3 RVG im gerichtlichen Verfahren nur auf Rüge zu prüfen (BGH, Urt. v. 17.09.2015, Az. IX ZR 280/14, Rn. 26 (juris)); eine solche Rüge wurde beklagtenseits nicht erhoben.Abs. 62
Soweit die vorgerichtlich angefallenen Kosten auf die gerichtlich geltend gemachten Ansprüche entfallen, erfolgt eine Anrechnung auf die Verfahrensgebühr nach Ziff. 3100 VV-RVG. Insoweit ist, wie beantragt, eine gesonderte Tenorierung veranlasst.Abs. 63
Der Anspruch auf Verzinsung des entsprechenden Betrags ergibt sich aus § 288 Abs. 1, § 286 Abs. 1 BGB. Die Beklagte ist mit Ablauf der mit Schreiben vom 08.11.2022 gesetzten Zahlungsfrist in Verzug geraten.Abs. 64
c) Schließlich besteht nach § 97 Abs. 2 UrhG auch der geltend gemacht Anspruch auf Erstattung von Dokumentationskosten der Firma R. in Höhe von 110,- €. Der Kläger durfte die Einschaltung eines Unternehmens zur professionellen Dokumentation des erfolgten Verstoßes als zur Rechtsverfolgung sachdienlich erachten. Einwendungen werden beklagtenseits insoweit auch nicht erhoben.Abs. 65
Der Zinsanspruch folgt auch insoweit aus § 288 Abs. 1, § 286 Abs. 1 BGB.Abs. 66
II.Abs. 67
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeht nach § 709 S. 1 und 2 ZPO.Abs. 68
BeschlussAbs. 69
Der Streitwert wird auf 11.351,79 € festgesetzt.Abs. 70

(online seit: 27.03.2024)
Zitiervorschlag: Gericht, Datum, Aktenzeichen, JurPC Web-Dok, Abs.
Zitiervorschlag: Hamburg, LG, Fiktives Lizenzhonorar bei Nutzung von Fotografien - JurPC-Web-Dok. 0047/2024