| AG Ludwigshafen | |
| Beschluss vom 07.12.2023 | |
| 3d IK 258/23 | |
| Antragstellung im Insolvenzverfahren über beA | |
| JurPC Web-Dok. 4/2024, Abs. 1 - 9 | |
|
| |
| Leitsätze: |
| Bei der Antragstellung im Verbraucherinsolvenzverfahren genügt die Übersendung eingescannter Formulare mit höchstpersönlichen Erklärungen des Schuldners aus einem besonderen Anwaltspostfach (beA) seines Bevollmächtigten nicht den Formanforderungen des § 130a Abs. 3 ZPO i.V.m. § 4 InsO. |
| Gründe: | |
| I. Der Antragsteller verfolgte mit dem Schriftsatz vom 10.07.2023 die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen ebenso wie die Erteilung der Restschuldbefreiung und Gewährung der Kostenstundung. Mit der spätestens am 02.11.2023 zugestellten Verfügung vom 21.07.2023 wurde der Antragsteller darauf hingewiesen, dass sein Antrag teilweise nicht formwirksam ist. Innerhalb der mit der genannten Verfügung gesetzten Frist gelangte keine Stellungnahme zur Akte. | Abs. 1 |
| II. Der Insolvenzantrag unterliegt der Zurückweisung. Der Schuldner hat folgende amtlichen Formularblätter nicht persönlich unterzeichnet, obwohl dort höchstpersönliche Erklärungen abzugeben sind: Hauptblatt, Anlage 4, Anlage 5, Anlage 6. Zwar sind die Formularblätter als eingescanntes Dokument dem anwaltlichen Schriftsatz vom 10.07.2023 beigefügt worden, die Übersendung eingescannter Formulare mit höchstpersönlichen Erklärungen des Schuldners aus einem besonderen Anwaltspostfach (beA) ist jedoch nicht ausreichend. | Abs. 2 |
| Der Schuldner selbst kann seinen Verbraucherinsolvenzantrag elektronisch übermitteln, wenn er die eingescannten Formulare, die in Papierform einer eigenhändigen Unterschrift bedürfen, mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versieht und an das elektronische Postfach des Gerichts übermittelt. Daneben kann er die eingescannten Formulare auch über einen sicheren Übermittlungsweg (§ 130a Abs. 4 ZPO) übersenden. Dann genügt die eingescannte Unterschrift auf den Formularen oder eine einfache Signatur. | Abs. 3 |
| Verfügt der Schuldner nicht über einen sicheren Übermittlungsweg, kommt eine Übermittlung höchstpersönlicher Erklärungen durch einen Rechtsanwalt nur in Betracht, wenn der Schuldner die Formulare mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versieht (Beth, ZInsO 2023, 1469, 1471; D. Müller, RDi 2022, 288, 295; a.A. AG Hamburg, ZVI 2023, 447). | Abs. 4 |
| § 130a Abs. 3 ZPO definiert prozessuale Formanforderungen für die Einreichung elektronischer Dokumente, wenn diese im Falle einer Papiereinreichung einem prozessualen Schriftformerfordernis unterstehen würden. Dazu gehört der Verbraucherinsolvenzantrag ausweislich § 305 Abs. 1 InsO. Der Verbraucherinsolvenzantrag ist auch nicht ausnahmsweise vom Anwendungsbereich des § 130a Abs. 3 ZPO ausgenommen. Er ist weder ein Beweismittel noch eine Anlage. Letztere enthält nicht den erforderlichen Sachvortrag, sondern ergänzt diesen lediglich durch Bezugnahme. Dies ist beim Verbraucherinsolvenzantrag eindeutig nicht der Fall. Die amtlichen Formulare selbst enthalten den notwendigen Sachvortrag, was sich bereits aus dem in § 305 Abs. 5 S. 2 InsO geregelten Nutzungszwang ergibt. | Abs. 5 |
| Bei der elektronischen Einreichung des Verbraucherinsolvenzantrags, muss der Rechtsanwalt mithin die Formvorschrift des § 130a Abs. 3 ZPO beachten. Grundsätzlich sind die amtlichen Formulare mit einer qualifizierten elektronischen Signatur zu versehen oder mit einfacher Signatur auf einem sicheren Übermittlungsweg einzureichen. Dies gilt aber nur, soweit die Formulare nicht vom Schuldner selbst unterzeichnet bzw. verantwortet werden müssen, denn § 130a Abs. 3 ZPO fordert einen Authentizitätsnachweis der verantwortenden Person. Sollen höchstpersönliche Erklärungen des Schuldners übermittelt werden, ist auch bei den Unterschriftserfordernissen des elektronischen Rechtsverkehrs eine Vertretung ausgeschlossen. | Abs. 6 |
| Soweit die Gegenauffassung (AG Hamburg, ZVI 2023, 447) darauf verweist, die verantwortende Person i.S.d. § 130a Abs. 3 ZPO sei bei der Einreichung der Verbraucherinsolvenzformulare der übermittelnde Rechtsanwalt und nicht der Schuldner, kann dem nicht gefolgt werden. Es handelt sich bei den höchstpersönlichen Erklärungen im amtlichen Formularsatz nicht um materiell-rechtliche Erklärungen, sondern um verfahrensrechtliche Erklärungen, deren Form in der InsO (§ 13 Abs. 1 S. 1; § 304 Abs. 1 S. 1; § 305 Abs. 5 InsO; §§ 1 ff. VbrInsFV) geregelt wird. Für die elektronische Übermittlung regelt § 130a Abs. 3 ZPO eine abschließende Sonderregelung, die alle verfahrensrechtlichen Erklärungen umfasst. „Erklärende Person“ einer höchstpersönlichen Erklärung ist selbstredend der Schuldner und nicht der übermittelnde Rechtsanwalt. Folgerichtig kommt eine Zurechnung eines Fehlverhaltens des Verfahrensbevollmächtigten (§ 4 InsO i.V.m. § 85 Abs. 2 ZPO) bei den nach § 305 Abs. 1 Nr. 3 InsO vorzulegenden Verzeichnissen nicht in Betracht (BGH, Beschluss vom 10. Februar 2011 - IX ZB 250/08, ZInsO 2011, 572 Rn. 8). | Abs. 7 |
| III. Der Antrag auf Erteilung der Restschuldbefreiung setzt ebenso wie der Antrag auf Verfahrenskostenstundung einen zulässigen Insolvenzantrag voraus. | Abs. 8 |
| IV. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 4 InsO, 91 ZPO, die Festsetzung des Gegenstandswerts ergibt sich aus § 58 GKG. Sie ergibt sich aus dem Mindestwert. | Abs. 9 |
|
| |
| (online seit: 09.01.2024) | |
| Zitiervorschlag: Gericht, Datum, Aktenzeichen, JurPC Web-Dok, Abs. | |