JurPC Web-Dok. 171/2023 - DOI 10.7328/jurpcb20233812171

VG Freiburg

Beschluss vom 13.11.2023

3 K 1381/23

Anforderungen an eine ordnungsgemäße Aktenführung

JurPC Web-Dok. 171/2023, Abs. 1 - 70


Leitsätze:

Die rechtsstaatlich gebotenen Anforderungen an eine ordnungsgemäße Aktenführung gehen über die Ablage elektronischer Dokumente in einer Datei hinaus.

Die bloße Ablage von Dokumenten in einem Dateiordner beim zuständigen Sachbearbeiter trägt den Erfordernissen ordnungsgemäßer, rechtssicherer Aktenführung schon deshalb nicht ausreichend Rechnung, weil eine - im Verfahrensgang jederzeit zu gewährleistende - Vollständigkeit der Akten und nicht zuletzt eine damit einhergehende personenunabhängige Sachbearbeitung ebenso wenig sichergestellt ist wie eine jederzeitige Akteneinsicht gewährleistet ist.

Gründe:

I.Abs. 1
Die Antragstellerin begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen die Besetzung der Stelle der Präsidentin/des Präsidenten der Hochschule Baden-Württemberg mit dem Beigeladenen.Abs. 2
Die Antragstellerin steht seit August 2015 als Professorin für x an der Hochschule Baden-Württemberg (im Folgenden: Hochschule) im Dienst des Antragsgegners. Mit Wirkung vom 01.08.2018 wurde ihr die Eigenschaft einer Beamtin auf Lebenszeit verliehen. Seit April 2019 bekleidet sie das Amt der x.Abs. 3
Das Ministerium des Inneren, für Digitalisierung und Kommunen Baden-Württemberg (im Folgenden: Ministerium) schrieb mit Datum vom 23.11.2022 den nach Besoldungsgruppe W 3 bewerteten Dienstposten der Präsidentin/des Präsidenten der Hochschule intern landesweit aus. Erläuternd wurde ausgeführt, die Stelle könne aufgrund eines mit der Evaluierung der Hochschule begründeten Planvermerks im Staatshaushaltsplan auch mit einer Beamtin/einem Beamten des Polizeivollzugsdienstes in Besoldungsgruppe B 3 besetzt werden. Die Präsidentin/der Präsident der Hochschule werde vom Ministerium im Einvernehmen mit dem Senat für die Dauer von acht Jahren bestellt. Bewerben könnten sich Professorinnen und Professoren, die der Hochschule hauptberuflich angehörten oder Beamtinnen und Beamte des höheren Polizeivollzugsdiensts aus der Landesverwaltung Baden-Württemberg, die über folgende Berufserfahrung im höheren Polizeivollzugsdienst verfügten: Wahrnehmung einer mindestens nach Besoldungsgruppe A 16 bewerteten Führungsfunktion des höheren Polizeivollzugsdienstes in einem Ministerium oder einer dem Ministerium nachgeordneten Dienststelle oder Einrichtung für den Polizeivollzugsdienst. Von Vorteil seien eine breite Fachkompetenz in polizeilichen Themenfeldern, Erfahrungen im Qualitäts- und Organisationsmanagement und eine hohe Sozialkompetenz. Bei Professorinnen und Professoren erfolge eine Berufung in ein Beamtenverhältnis auf Zeit; das bestehende Beamtenverhältnis ruhe für den Zeitraum der Amtswahrnehmung. Bei Beamtinnen und Beamten des Landes im höheren Polizeivollzugsdienst werde mit der Vergabe des Dienstpostens auch über die künftige Beförderungsmöglichkeit nach Besoldungsgruppe B 3 entschieden, die vollzogen werden solle, sobald die persönlichen Voraussetzungen vorlägen. Frauen würden ausdrücklich zur Bewerbung aufgefordert, schwerbehinderte Menschen bei entsprechender Eignung bevorzugt berücksichtigt.Abs. 4
Es gingen insgesamt zwei Bewerbungen ein: Die der Antragstellerin und die des Beigeladenen. Der Beigeladene steht ebenfalls im Dienst des Antragsgegners, seit Januar 2019 als x (Besoldungsgruppe B 2). Im Rahmen dieser Tätigkeit wurde für ihn zuletzt mit Datum vom 29.07.2021 eine Regelbeurteilung (Beurteilungszeitraum 01.07.2019 bis 30.06.2021) mit dem Gesamturteil 4,25 Punkte erstellt. Von März 2016 bis Ende 2018 war der Beigeladene x und befand sich im Statusamt eines Leitenden Kriminaldirektors (A 16).Abs. 5
Mit Datum vom 22.12.2022 gab der frühere Präsident der Hochschule aus Anlass der Bewerbung der Antragstellerin eine ausführliche dienstliche Äußerung über ihre Tätigkeit als x für den Zeitraum 01.04.2018 bis 30.11.2022 ab und kam zu dem Gesamturteil: „Aufgrund der oben beschriebenen Leistungen, Eigenschaften und Fähigkeiten ist Frau Professorin x sehr gut geeignet, herausragende Führungsfunktionen innerhalb der Hochschule wahrzunehmen. Sie übertraf im zu berücksichtigenden Zeitraum die Leistungserwartungen stets deutlich, wobei gelegentlich herausragende Leistungen gezeigt wurden, und setzte Ihre Kenntnisse und Fähigkeiten für alle Seiten gewinnbringend ein“. Die Landespolizeipräsidentin kam auf der Grundlage der dienstlichen Äußerung unter dem 23.12.2022 zu folgender Leistungseinschätzung: „Die Beschreibung der gezeigten Leistungen von Frau Professorin x weist sehr schlüssig auf ein Beurteilungsergebnis von 13 Punkten hin. Das Ergebnis der Leistungsbeurteilung wird daher durch eine Gesamtwürdigung unter Berücksichtigung der Bewertung der einzelnen Leistungsmerkmale auf 13 Punkte festgelegt. Die Befähigungsbeurteilung mit überwiegend besonders stark ausgeprägten Befähigungsmerkmalen stützt diese Bewertung. Ich teile darüber hinaus die Einschätzung des Präsidenten der Hochschule bezüglich der Eignung von Frau Professorin x zur Übernahme herausragender Führungsfunktionen innerhalb der Hochschule.“Abs. 6
Am 28.02.2023 fanden jeweils strukturierte Auswahlgespräche mit der Antragstellerin und dem Beigeladenen statt.Abs. 7
Der in der Folge erstellte Auswahlvermerk vom 06.03.2023 kam zu dem Ergebnis, dass der Beigeladene die Anforderungen der zu besetzenden Stelle in besonderem Maß erfülle und unter Berücksichtigung der dienstlichen Äußerungen bzw. Beurteilungen sowie der aufgrund der strukturierten Auswahlgespräche gewonnenen zusätzlichen Erkenntnisse im Rahmen einer Gesamtabwägung dahingehend eindeutig besser als die Antragstellerin geeignet sei. Der leichte Bewertungsvorsprung des Beigeladenen habe sich im Rahmen der Auswahlgespräche deutlich bestätigt. Der entsprechende Vorschlag für die Auswahlentscheidung zugunsten des Beigeladenen wurde von der Hausspitze des Ministeriums gebilligt.Abs. 8
Am 23.03.2023 wurde die Antragstellerin fernmündlich vom Ministerium darüber informiert, dass ihre Bewerbung - vorbehaltlich der Herstellung des Einvernehmens des Senats der Hochschule - abschlägig verbeschieden worden sei.Abs. 9
Das Ministerium wandte sich mit Schreiben vom selben Tag an den Vorsitzenden des Senats der Hochschule und bat um Herstellung des Einvernehmens zur Bestellung des Beigeladenen zum neuen Präsidenten der Hochschule. Der Senat beriet die Angelegenheit erstmals in einer Sitzung am 18.04.2023 und erbat sodann im Rahmen eines Fragenkatalogs weitere Informationen und um Anwesenheit eines Vertreters des Ministeriums und des Beigeladenen, der anders als die Antragstellerin im Senat nicht bekannt sei, bei einer weiteren Senatssitzung am 09.05.2023. In dieser Sitzung erteilte der Senat sein Einvernehmen zur Bestellung des Beigeladenen zum neuen Präsidenten der Hochschule und teilte dies dem Ministerium mit Schreiben vom 10.05.2023 mit.Abs. 10
Das Ministerium teilte der Antragstellerin mit Schreiben vom 11.05.2023 mit, dass die Auswahlentscheidung gemäß Art. 33 Abs. 2 GG erfolgt sei. Zur Erläuterung wurde ausgeführt, eine abschließende Entscheidung nach Aktenlage sei nicht möglich gewesen. Die Beurteilung bzw. dienstlichen Äußerungen der Bewerbenden stammten aus unterschiedlichen Besoldungs- und Beurteilungssystemen und seien im Weg einer wertenden Betrachtung vergleichbar gemacht worden. Im Ergebnis sei hierbei kein signifikanter Beurteilungsvorsprung eines Bewerbenden erkennbar gewesen. Aufgrund der Beurteilungshistorie sowie der Vorverwendungen der Bewerbenden habe lediglich ein kleiner Leistungsvorsprung zugunsten des Beigeladenen angenommen werden können. Um eine breitere Basis für eine sachgerechte Auswahl zu schaffen und eine abschließende Entscheidung treffen zu können, seien deshalb zusätzliche Erkenntnisse heranzuziehen und eine nähere Vergleichbarkeit unter Würdigung der Persönlichkeiten der Bewerbenden herzustellen gewesen. Aus diesem Grund seien strukturierte Auswahlgespräche durchgeführt worden. Die Auswahlkommission sei einstimmig zu dem Ergebnis gekommen, dass der Beigeladene die Anforderungen der zu besetzenden Stelle in besonderem Maß erfülle und unter Berücksichtigung der dienstlichen Äußerungen bzw. Beurteilung sowie der aufgrund des strukturierten Auswahlgesprächs gewonnenen zusätzlichen Erkenntnisse im Rahmen einer Gesamtabwägung besser als die Antragstellerin geeignet sei. Insofern habe sich der nach Aktenlage festgestellte leichte Bewertungsvorsprung des Beigeladenen im Rahmen der Auswahlgespräche bestätigt.Abs. 11
Die Antragstellerin legte am 12.05.2023 Widerspruch gegen die Auswahlentscheidung ein.Abs. 12
Am 15.05.2023 hat die Antragstellerin den vorliegenden Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt, mit dem sie geltend macht, wegen verschiedener formeller und materieller Mängel des Auswahlverfahrens sei ihr aus Art. 33 Abs. 2 GG resultierender Bewerbungsverfahrensanspruch verletzt worden. Es spreche sehr viel dafür, dass ihre Bewerbung ohne diese Rechtsmängel Erfolg gehabt hätte. Die Rechtsmängel beträfen insbesondere die Ausschreibung der umstrittenen Stelle, die unzulässige Vorfestlegung des Antragsgegners auf den Beigeladenen als künftigen Präsidenten der Hochschule, die Beurteilung und den Beurteilungsvergleich der beiden Bewerber sowie die Durchführung und Bewertung des strukturierten Auswahlgesprächs.Abs. 13
Die Antragstellerin beantragt,Abs. 14
dem Antragsgegner im Weg der einstweiligen Anordnung zu untersagen, das Amt der Präsidentin/des Präsidenten der Hochschule Baden-Württemberg mit dem Beigeladenen zu besetzen, solange nicht über ihre Bewerbung bestandskräftig entschieden worden ist.Abs. 15
Der Antragsgegner beantragt,Abs. 16
den Antrag abzulehnen.Abs. 17
Zur Begründung wird ausgeführt, für die Auswahlentscheidung sei zur Vergleichbarmachung der Beurteilungen bzw. dienstlichen Äußerungen im ersten Schritt die Wertigkeit der Statusämter der Bewerbenden verglichen worden. Nach diesem Vergleich habe kein signifikanter Vorsprung für die Antragstellerin oder den Beigeladenen festgestellt werden können. Aufgrund der Beurteilungshistorie und der Vorverwendungen der Bewerbenden habe lediglich ein leichter, nicht aber entscheidender Leistungs- bzw. Eignungsvorsprung des Beigeladenen ausgemacht werden können. Zum weiteren Eignungsvergleich sei jeweils ein strukturiertes Auswahlgespräch durchgeführt worden, in dem beiden Bewerbenden anhand eines Fragenkatalogs dieselben elf Fragen gestellt worden seien. Hierbei habe es sich um allgemeine Fragen zur Motivation, führungs- und fachspezifische Fragen sowie Fragen zur Hochschule im Speziellen gehandelt. Die Qualität der Antworten sei anhand einer Notenskala bewertet und nach Abschluss der Auswahlgespräche verglichen worden. Im Ergebnis habe der Beigeladene im Rahmen des strukturierten Auswahlgesprächs die Auswahlkommission überzeugt, da seine Antworten im weit überwiegenden Teil deutlich überzeugender ausgefallen seien. Dem Senat seien alle zur Entscheidung notwendigen Informationen vorgelegt worden. Der Beigeladene sei vom Senat zu einer persönlichen Vorstellung eingeladen worden. Die Antragstellerin sei dem Senat aufgrund ihrer Funktion als x bereits bekannt. Anders als die Antragstellerin vortrage, habe es keinerlei Vorfestlegung auf den Beigeladenen gegeben.Abs. 18
Der Beigeladene ist den Ausführungen der Antragstellerin entgegengetreten, hat aber keinen Antrag gestellt.Abs. 19
Dem Gericht liegen die elektronisch geführte Auswahlverfahrensakte und die Personalakte der Antragstellerin (jeweils ein Band) vor. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird hierauf sowie auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.Abs. 20
II.Abs. 21
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat keinen Erfolg.Abs. 22
Nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts der Antragstellerin vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Hierzu hat die Antragstellerin Tatsachen glaubhaft zu machen (§ 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO), aus denen sich ergibt, dass ihr ein Anordnungsanspruch zusteht und dass dieser Anordnungsanspruch in Folge einer Gefährdung durch vorläufige Maßnahmen gesichert werden muss, d. h. eine Eilbedürftigkeit besteht (sog. Anordnungsgrund). Hier ist zwar ein Anordnungsgrund gegeben, es fehlt jedoch am Vorliegen eines Anordnungsanspruchs.Abs. 23
1. Die Antragstellerin hat die tatsächlichen Voraussetzungen für das Vorliegen eines Anordnungsgrunds (nur) glaubhaft gemacht, soweit sie die vorläufige Untersagung der Stellenbesetzung mit dem Beigeladenen begehrt, bevor über ihre Bewerbung erneut entschieden wurde (vgl. dazu, dass eine weitergehende einstweilige Anordnung bis zur bestandskräftigen Entscheidung in der Sache nicht begehrt werden kann VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 10.09.2020 - 4 S 1657/20 -, juris Rn. 10).Abs. 24
Die Präsidentin/der Präsident der Hochschule wird gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 Errichtungsverordnung HfPolBW (im Folgenden: ErV) vom Innenministerium im Einvernehmen mit dem Senat für acht Jahre bestellt. Bei Professorinnen und Professoren erfolgt ausweislich der Ausschreibung eine Berufung in ein Beamtenverhältnis auf Zeit; das bestehende Beamtenverhältnis ruht für den Zeitraum der Amtswahrnehmung. Bei Beamtinnen und Beamten des Landes im höheren Polizeivollzugsdienst wird mit der Vergabe des Dienstpostens auch über die künftige Beförderungsmöglichkeit nach Besoldungsgruppe B 3 entschieden, die vollzogen werden soll, sobald die persönlichen Voraussetzungen vorliegen. Nachdem der Senat der Hochschule sein Einvernehmen erteilt hat, steht eine Bestellung des Beigeladenen unmittelbar bevor.Abs. 25
Bei der streitgegenständlichen Stelle handelt es sich sowohl nach der Stellenausschreibung (vgl. insoweit zum maßgeblichen objektiven Empfängerhorizont potentieller Bewerber BVerwG, Beschlüsse vom 20.06.2013 - 2 VR 1.13 - und vom 08.07.2014 - 2 B 7.14 -, jeweils juris; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 06.06.2017 - 4 S 1055/17 -, VBlBW 2017, 475) als auch nach übereinstimmender Auffassung der Beteiligten um einen Dienstposten (Funktionsstelle), der nach den Grundsätzen des Art. 33 Abs. 2 GG vergeben werden soll. Es handelt sich sowohl für die Antragstellerin als auch für den Beigeladenen um einen höherwertigen Dienstposten mit Statusrelevanz. Für den Beigeladenen wird ausweislich der Stellenausschreibung bereits mit der vorliegenden Auswahlentscheidung eine Beförderungsentscheidung getroffen. Auch für die Antragstellerin, der die Funktionsstelle als Hauptamt übertragen werden soll, liegt eine statusamtsbezogene Entscheidung vor, denn es steht eine Berufung in ein Beamtenverhältnis auf Zeit und damit eine Ernennung im Sinne von § 8 Abs. 1 BeamtStG in Frage (§ 4 Abs. 1 Satz 2, § 6 Abs. 1 ErV i. V. m. § 17 Abs. 2, § 69 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 LHG). Falls sich in einem Hauptsacheverfahren herausstellen sollte, dass die Entscheidung, den streitbefangenen Dienstposten mit dem Beigeladenen zu besetzen, fehlerhaft gewesen ist, kann diese Entscheidung nicht folgenlos rückgängig gemacht werden (vgl. systematisierend zu den unterschiedlichen Fallgestaltungen im Konkurrentenstreit auch Bergmann/Paehlke-Gärtner, Zur Dogmatik des Konkurrentenstreits, NVwZ 2018, 110; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 01.02.2019 - 4 S 2770/18 -, juris Rn. 7 ff., jeweils m. w. N.).Abs. 26
2. Es fehlt jedoch am erforderlichen Anordnungsanspruch. Die Entscheidung des Antragsgegners, die streitgegenständliche Stelle mit dem Beigeladenen zu besetzen, verletzt die Antragstellerin nicht in ihrem Bewerbungsverfahrensanspruch.Abs. 27
Art. 33 Abs. 2 GG gewährt jedem Deutschen ein grundrechtsgleiches Recht auf gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung. Hierfür bedarf es eines dem Bestenauslesegrundsatz des Art. 33 Abs. 2 GG genügenden Auswahlverfahrens auf Grundlage eines rechtmäßigen Leistungsvergleichs. Nach gefestigter Rechtsprechung kann ein abgelehnter Bewerber, der geltend macht, sein Bewerbungsverfahrensanspruch aus Art. 33 Abs. 2 GG sei durch eine fehlerhafte Auswahlentscheidung des Dienstherrn verletzt worden, eine erneute Entscheidung über seine Bewerbung zumindest dann beanspruchen, wenn seine Erfolgsaussichten bei einer erneuten Auswahl offen sind, seine Auswahl also möglich erscheint. Dieser Prüfungsmaßstab ist - wie im Hauptsacheverfahren - auch im Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung anzulegen, wobei die Anforderungen an die Glaubhaftmachung nicht strenger sein dürfen (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 16.12.2015 - 2 BvR 1958/13 -, BVerfGE 141, 58 <juris Rn. 57> und vom 24.09.2002 - 2 BvR 857/02 -; BVerwG, Beschluss vom 20.01.2004 - 2 VR 3.03 -; VGH Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 09.02.2016 - 4 S 2578/15 - und vom 12.08.2015 - 4 S 1405/15 -; alle bei juris). Maßgeblich für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Auswahlentscheidung ist dabei grundsätzlich die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Auswahlentscheidung, denn es kommt insoweit auf die Erwägungen an, die der Dienstherr hierfür in Ausübung seines Auswahlermessens und des ihm vorbehaltenen Beurteilungsspielraums hinsichtlich der Eignung der Kandidaten angestellt hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.01.2012 - 2 A 7.09 -, BVerwGE 141, 361; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 31.07.2012 - 4 S 575/12 -, juris Rn. 19 m. w. N.).Abs. 28
a) Die interne Stellenausschreibung verletzt die Antragstellerin nicht in ihren Rechten.Abs. 29
Zwar mag es unter dem Gesichtspunkt von Art. 33 Abs. 2 GG richtig erscheinen, Stellen grundsätzlich öffentlich auszuschreiben, der Antragstellerin sind durch die lediglich begrenzte Ausschreibung jedoch keine Nachteile entstanden, denn sie ist ohne jede Einschränkung in das Auswahlverfahren einbezogen worden. Es besteht insoweit kein sicherungsfähiger subjektiver Rechtsanspruch auf eine weitergehende Stellenausschreibung. Soweit die Antragstellerin auf §§ 47, 48 Abs. 1 LHG Bezug nimmt, betreffen diese Bestimmungen überdies die Einstellungsvoraussetzungen und Berufungsverfahren von Professorinnen und Professoren, nicht aber die Ausschreibung(spflicht) des Amts der Präsidentin/des Präsidenten der Hochschule.Abs. 30
b) Entgegen der Auffassung der Antragstellerin ist in der Ausschreibung auch kein unzulässiges konstitutives Anforderungsprofil, das aufgrund sachfremder Auswahlerwägungen zur Fehlerhaftigkeit der Auswahlentscheidung führen könnte, aufgestellt worden, vielmehr handelt es sich dort im Wesentlichen um eine bloße Stellenbeschreibung sowie eine sachliche und örtliche Beschränkung des Bewerberkreises. Dementsprechend ist die Antragstellerin auch uneingeschränkt in das Auswahlverfahren aufgenommen worden und kann keine eigene Rechtsverletzung daraus ableiten, dass auch der Beigeladene in das Auswahlverfahren einbezogen wurde (vgl. dazu, dass der Bewerbungsverfahrensanspruch nicht vor Konkurrenz schützt BVerwG, Beschluss vom 06.10.2023 - 2 VR 3.23 -, juris Rn. 37).Abs. 31
Ungeachtet dessen bestehen auch keine Zweifel daran, dass sowohl die Antragstellerin (als Professorin) als auch der Beigeladene (der die Voraussetzungen für die Berufung als hauptberuflich tätige Lehrkraft an der Hochschule erfüllt, § 12 Abs. 4, Abs. 2 Satz 2 ErV) die gesetzlichen Anforderungen für die Bestellung zur Präsidentin bzw. zum Präsidenten der Hochschule erfüllen (§ 6 Abs. 1 Satz 2 ErV).Abs. 32
Soweit sich die Antragstellerin darauf beruft, dass der Hinweis auf die Besoldung nach Besoldungsgruppe B 3 für Bewerber aus dem höheren Polizeivollzugsdienst unzutreffend sei und für Rektoren und Präsidenten von Hochschulen in Baden-Württemberg ausschließlich eine Besoldung nach Besoldungsgruppe W 3 zuzüglich entsprechender Funktionsleistungsbezüge und nicht nach B 3 vorgesehen sei (§ 37 LBesG i. V. m. der Landesbesoldungsordnung W sowie § 38 Abs. 1 Nr. 3 LBesG), sind besoldungsrechtliche Fragen vorliegend nicht maßgeblich. Eine zukünftig ggf. fehlerhafte Besoldung des Beigeladenen nach B 3 anstatt nach W 3 (in einem Beamtenverhältnis auf Zeit) im Fall der (nach § 6 Abs. 1 Satz 1 ErV nur befristeten) Übertragung des streitgegenständlichen Amts verletzt die Antragstellerin nicht in ihrem aus Art. 33 Abs. 2 GG folgenden Bewerbungsverfahrensanspruch.Abs. 33
Der Gesetzgeber hat ungeachtet dessen haushaltsrechtlich im Weg eines Planvermerks im Kapitel 0317 des Staatshaushaltsplans die Möglichkeit eröffnet, den Dienstposten der Präsidentin bzw. des Präsidenten bei der Hochschule auch mit einer Beamtin bzw. einem Beamten des höheren Polizeivollzugsdienstes in Besoldungsgruppe B 3 zu besetzen. In diesem Fall kann die Amtsbezeichnung des Präsidenten bzw. der Präsidentin gem. § 56 Abs. 1 Satz 3 LBG verliehen werden. Auch die Übersicht der Ämter des Polizeivollzugsdienstes in der Anlage zur Laufbahnverordnung-Polizeivollzugsdienst (LVO-PVD in der Fassung vom 07.03.2023) führt das Amt des Präsidenten bei der Hochschule für den Fall auf, dass es ausnahmsweise mit einer Beamtin oder einem Beamten des höheren Polizeivollzugsdienstes in der Besoldungsgruppe B 3 besetzt wird. An einer gesetzlichen Regelung der Besoldung dürfte es vor diesem Hintergrund nicht fehlen.Abs. 34
c) Die Dokumentation der getroffenen Auswahlentscheidung verletzt die Antragstellerin ebenfalls nicht in ihrem Bewerbungsverfahrensanspruch.Abs. 35
Aus Art. 33 Abs. 2 GG i. V. m. Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG folgt die Verpflichtung des Dienstherrn, die seiner Entscheidung zu Grunde liegenden wesentlichen Auswahlerwägungen schriftlich niederzulegen. Nur durch eine schriftliche Fixierung der wesentlichen Auswahlerwägungen - deren Kenntnis sich der unterlegene Bewerber gegebenenfalls durch Akteneinsicht verschaffen kann - wird der Mitbewerber in die Lage versetzt, sachgerecht darüber zu befinden, ob er die Entscheidung des Dienstherrn hinnehmen soll oder ob Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen den Anspruch auf faire und chancengleiche Behandlung seiner Bewerbung bestehen und er gerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch nehmen will. Darüber hinaus eröffnet erst die Dokumentation der maßgeblichen Erwägungen dem Gericht die Möglichkeit, die angegriffene Entscheidung eigenständig nachzuvollziehen. Schließlich stellt die Dokumentation der Auswahlerwägungen sicher, dass die Bewertungsgrundlagen der entscheidenden Stelle vollständig zur Kenntnis gelangt sind; sie erweist sich auf diese Weise als verfahrensbegleitende Absicherung der Einhaltung der Maßstäbe des Art. 33 Abs. 2 GG (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 12.05.2021 - 4 S 4256/20 -, juris Rn. 9 und vom 17.06.2014 - 4 S 494/14 -, juris Rn. 3; BVerfG, Beschlüsse vom 25.11.2015 - 2 BvR 1461/15 -, juris Rn. 14 und vom 09.07.2007 - 2 BvR 206/07 -, juris Rn. 17 ff.; BVerwG, Beschlüsse vom 16.12.2008 - 1 WB 59.08 -, BVerwGE 133, 20 <juris Rn. 35 ff.> und vom 27.01.2010 - 1 WB 52.08 -, BVerwGE 136, 36 <juris Rn. 27 ff.>; Beschluss der Kammer vom 30.04.2020 - 3 K 688/19 -, juris Rn. 21 ff., jeweils m. w. N.).Abs. 36
Auch soweit Verfahrensakten - wie hier - elektronisch geführt werden, gelten dieselben rechtsstaatlichen Anforderungen. Die Behörden sind verpflichtet, den bisherigen wesentlichen sachbezogenen Geschehensablauf objektiv, vollständig, nachvollziehbar und wahrheitsgemäß zu dokumentieren (vgl. zum Gebot der Aktenklarheit, Aktenwahrheit und Aktenvollständigkeit BVerfG, Beschlüsse vom 14.07.2016 - 2 BvR 2474/14 -, juris Rn. 19 ff. und vom 06.06.1983 - 2 BvR 244/83 und 2 BvR 310/83 -, juris Rn. 3 f.; BVerwG, Beschlüsse vom 06.10.2023 - 2 VR 3.23 -, juris Rn. 17 und vom 16.03.1988 - 1 B 153.87 -, juris; VGH Baden-Württemberg, Urteile vom 12.07.2018 - 2 S 143/18 -, juris Rn. 84 und vom 30.07.2014 - 1 S 1352/13 -, juris Rn. 90; s. a. Beschluss der Kammer vom 30.04.2020 - 3 K 688/19 -, juris Rn. 23; Schoch, Informationsfreiheitsgesetz 2. Aufl. 2016, § 2 IFG Rn. 41 ff.; vgl. zu den entsprechenden Anforderungen im Zusammenhang mit der elektronischen Aktenführung Berlit, Elektronische Verwaltungsakten und verwaltungsgerichtliche Kontrolle, NVwZ 2015, 197, jeweils m. w. N.). Insoweit ist durch den Einsatz geeigneter technischer Anwendungen und flankierender organisatorischer Regelungen sicherzustellen, dass auch eine elektronisch geführte Verwaltungsakte alle genannten Anforderungen erfüllt. Entsprechend müssen Entscheidungsabläufe transparent und vollständig dokumentiert werden (vgl. näher zu den entsprechenden Erfordernissen im Rahmen elektronischer Aktenführung § 6 Abs. 3 EGovG BW; s. a. den Bericht der Arbeitsgruppe „Elektronische Verwaltungsakte“, Anforderungen der Verwaltungsgerichtsbarkeit an die Führung elektronischer Verwaltungsakten - eine Orientierungshilfe <Stand 18.02.2011>, Jur-PC 2011, Web.-Dok. 66/2011; vgl. zur elektronischen Aktenführung im Zusammenhang mit der Personalakte auch OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 17.12.2018 - 1 A 203/17 -, NVwZ 2019, 576 mit Anm. Müller; s. a. Rechnungshöfe des Bundes und der Länder, Positionspapier Aktenführung und E-Akte, Stand September 2020, abrufbar unter www.bundesrechnungshof.de; zu Vorstehendem bereits Beschluss der Kammer vom 07.12.2022 - 3 K 2295/22 -, juris Rn. 20). Die rechtstaatlich gebotenen Anforderungen an eine ordnungsgemäße Aktenführung gehen insoweit deutlich über die hier vom Antragsgegner praktizierte Ablage elektronischer Dokumente in einer Datei hinaus (vgl. hierzu auch Ulrich, VBlBW 2023, 404). Die bloße Ablage von Dokumenten in einem Dateiordner beim zuständigen Sachbearbeiter trägt den Erfordernissen ordnungsgemäßer, rechtssicherer Aktenführung schon deshalb nicht ausreichend Rechnung, weil eine - im Verfahrensgang jederzeit zu gewährleistende - Vollständigkeit der Akten und nicht zuletzt eine damit einhergehende personenunabhängige Sachbearbeitung ebensowenig sichergestellt ist wie eine jederzeitige Akteneinsicht gewährleistet ist (vgl. dazu, dass eine nicht ordnungsgemäße Aktenführung im Einzelfall zu einer Beweislastentscheidung gegen die aktenführende Behörde führen kann VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 11.11.1992 - 11 S 2372/91 -, juris Rn. 14 f.; OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 22.12.2000 - 2 L 38/99 -, juris Rn. 52 ff.).Abs. 37
Danach begegnet die vorliegende Aktenführung erheblichen Bedenken. Der Antragsgegner hat auf den Hinweis des Gerichts, dass Zweifel an der ordnungsgemäßen Führung der elektronischen Auswahlverfahrensakte bestünden, weil ausweislich der vorgelegten Akte und der dort hinterlegten technischen Daten Manches dafür spreche, dass die vorgelegte Akte erstmals nach Eingang des vorliegenden Verfahrens bis zur Vorlage der Akte im Juni 2023 „zusammengestellt“ worden sei, ausgeführt, dass die elektronische Erfassung der Vorgänge in der E-Akte tatsächlich nicht unmittelbar parallel zum Auswahlverfahren erfolgt sei. Die Vorgänge (verfahrensrelevanter E-Mailverkehr, Vermerke und Schreiben) seien chronologisch in einem Ordner bei der zuständigen Sachbearbeiterin abgelegt worden, wobei die (schriftlichen) Originalvermerke hierbei digital erfasst worden seien. Hieraus ergebe sich kein Dokumentationsdefizit, da sich aus der chronologischen Aktenführung und den jeweiligen Signaturen erkennen lasse, wer zu welchem Zeitpunkt die wesentlichen (Auswahl-)Entscheidungen getroffen habe. Es werde versichert, dass die vorgelegte Verfahrensakte vollständig sei. Hieraus ergibt sich, dass es zum Zeitpunkt der Auswahlentscheidung keine Auswahlverfahrensakte gab, sondern eine bloße Dokumentensammlung auf dem Computer der Sachbearbeiterin. Eine Akte wurde erst im Hinblick auf das laufende Verfahren zusammengestellt.Abs. 38
Es fehlen jedoch Anhaltspunkte, dass damit eine Verletzung des Bewerbungsverfahrensanspruchs der Antragstellerin einhergehen könnte. Die wesentlichen, die Auswahlentscheidung stützenden Erwägungen sind im Auswahlvermerk dokumentiert. Es ist auch hinreichend zu erkennen, wer zu welchem Zeitpunkt die konkrete Auswahlentscheidung auf welcher tatsächlichen Erkenntnisgrundlage - Auswahlvermerk - getroffen hat (vgl. zu diesem Erfordernis im Einzelnen und m. w. N. Beschluss der Kammer vom 08.10.2018 - 3 K 3258/18 -, juris Rn. 12 ff.). Auch können die Verfahrensschritte des Stellenbesetzungsverfahrens aus der vorgelegten, wenn auch nachträglich erstellten Akte hinreichend nachvollzogen werden. Die Form der Aktenführung ist damit zwar kritikwürdig, weil sie ggf. den Eindruck vermitteln kann, es seien nur ausschnitthaft Bestandteile des Stellenbesetzungsvorgangs vorgelegt worden, allerdings ergeben sich vorliegend auch unter Berücksichtigung des Antragsvorbringens keine Anhaltspunkte dafür, dass Unterlagen fehlen oder eine Zusammenstellung unter Missachtung subjektiver Rechtspositionen der Antragstellerin erfolgt sein könnte und sie an der effektiven Wahrnehmung ihrer Rechte gehindert (gewesen) wäre. Es besteht auch im Hinblick auf die Grundsätze ordnungsgemäßer Aktenführung kein Recht auf ein objektiv-rechtlich fehlerfreies Auswahlverfahren (vgl. BVerwG, Beschluss vom 06.10.2023 - 2 VR 3.23 -, juris Rn. 17; VGH Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 12.05.2021 - 4 S 4256/20 -, juris Rn. 11 ff. und vom 27.07.2022 - 4 S 713/22 -, juris Rn. 6).Abs. 39
d) Soweit sich die Antragstellerin darauf beruft, es habe eine unzulässige Vorfestlegung des Antragsgegners auf den Beigeladenen gegeben, die zu einer Verletzung ihres Bewerbungsverfahrensanspruchs führe, wurde ein Anordnungsanspruch ebenfalls nicht glaubhaft gemacht.Abs. 40
Eine nach § 21 LVwVfG beachtliche „Besorgnis der Befangenheit“ verlangt einen gegenständlichen, vernünftigen Grund, der die Beteiligten von ihrem verobjektivierten Standpunkt aus befürchten lassen kann, dass der Amtsträger nicht unparteiisch sachlich, insbesondere nicht mit der gebotenen Distanz, Unbefangenheit und Objektivität entscheidet, sondern sich von persönlichen Vorurteilen oder sonstigen sachfremden Erwägungen leiten lassen könnte (vgl. zur Anwendung der genannten Grundsätze im Stellenbesetzungsverfahren VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 10.09.2020 - 4 S 1657/20 -, juris Rn. 4 ff. m. w. N.). Gemessen daran besteht vorliegend kein Anlass, von einer begründeten Besorgnis der Befangenheit auszugehen. Es fehlen auch unter Berücksichtigung des Antragsvorbringens konkrete und ggf. weiter klärungsbedürftige Anhaltspunkte, dass die für die Auswahlentscheidung verantwortlichen Stellen das konkrete Auswahlverfahren ergebnisorientiert geführt oder gelenkt haben könnten.Abs. 41
Soweit die Antragstellerin als (angeblich) „polizeibekannt“ vorträgt, man habe dem Beigeladenen im vorangegangenen Auswahlverfahren versprochen, dass er nach der Pensionierung des nunmehr zur Ruhe gesetzten Präsidenten und noch rechtzeitig vor seiner eigenen Versetzung in den Ruhestand als nächster zum Präsidenten der Hochschule bestellt werden solle; bis dahin sei der Beigeladene im x als Vizepräsident „geparkt“ worden, bezieht sie sich schon nicht auf Vorgänge des konkreten Auswahlverfahrens. Dass eine (rechtswidrige) rechtsverbindliche Zusicherung im Sinne von § 38 Abs. 1 LVwVfG, dass der Beigeladene nach dem Ruhestandseintritt des ehemaligen Präsidenten der Hochschule die Leitung der Hochschule übernehmen werde, erteilt wurde, behauptet die Antragstellerin selbst nicht. Der Beigeladene ist dem Vorbringen der Antragstellerin im Übrigen dezidiert entgegengetreten.Abs. 42
Die in der Presse formulierten Gerüchte über die Besetzung von Führungsämtern in Baden-Württemberg (vgl. den Artikel “Neue Präsidenten für das Land“ der Stuttgarter Nachrichten vom 20.09.2021) begründen ebenfalls nicht den Verdacht der Befangenheit der im konkreten Auswahlverfahren zuständigen Personen. Dass es im Vorfeld und unabhängig von konkreten Auswahlverfahren Personalentwicklungsgespräche, Beurteilerkonferenzen und Besprechungen über die Besetzung von in der nächsten Zeit freiwerdenden (zumal) Spitzenpositionen gibt, begründet für sich genommen nicht den Verdacht einer unzulässigen Vorfestlegung, sondern ist Teil einer vorausschauenden Personalplanung. Daran ändert sich nichts dadurch, dass ggf. aufgrund von Indiskretionen Einzelheiten solcher Besprechungen, die außerhalb eines konkreten Auswahlverfahrens geführt wurden, an die Öffentlichkeit gelangen.Abs. 43
Soweit der frühere Präsident der Antragstellerin (vage) ab Juli 2021 kommuniziert haben soll, dass der Beigeladene als künftiger Präsident in Aussicht genommen worden sei, liegt darin keine Tatsache einer Vorfestlegung der zuständigen Personen im Rahmen des späteren Auswahlverfahrens, sondern lediglich der Hinweis auf eine mögliche Konkurrenzsituation.Abs. 44
Soweit die Antragstellerin vorträgt, anlässlich der Senatssitzung am 09.05.2023 habe die Leiterin des Personalreferats des Ministeriums zum Ausdruck gebracht, dass die zu besetzende Stelle des Präsidenten der Hochschule „keine wissenschaftliche“ sei bzw. dass dies „keine Stelle für einen Wissenschaftler“ sei und dass man deshalb an der Besetzung dieser Stelle mit dem Beigeladenen festhalte, liegt diese Äußerung zeitlich nach der im Ministerium bereits getroffenen Auswahlentscheidung (die Unterschrift des Ministers datiert vom 17.03.2023, vgl. Auswahlverfahrensakte S. 721). Auch sind entsprechende Feststellungen im Protokoll der Sitzung (gerade) nicht getroffen worden und der Sachverhalt ist von der Antragstellerin auch sonst nicht glaubhaft gemacht worden. Soweit zum Ausdruck gebracht wurde, dass es sich bei der Wahrnehmung des Präsidentenamts nach Auffassung des Ministeriums in großen Teilen um keine wissenschaftliche, sondern in erster Linie um eine Leitungsaufgabe handelt, begründet dies für sich genommen keinen Verdacht der Voreingenommenheit. Dass sich die zuständigen Stellen bei ihrer Entscheidung von sachwidrigen Erwägungen hätten leiten lassen, ist nicht erkennbar. Auf eine etwaige persönliche Auffassung von Personen, die nicht unmittelbar am Auswahlverfahren beteiligt sind, kommt es in diesem Zusammenhang nicht an.Abs. 45
Die in der Sitzung des Senats vom 09.05.2023 seitens der Vertreterin des Ministeriums geäußerte Annahme, dass die Verweigerung des Einvernehmens ein sachlicher Grund für einen Abbruch des Bewerberverfahrens wäre, führt ebenfalls nicht zu einem Verdacht der Voreingenommenheit, vielmehr ist der Abbruch des Verfahrens nachvollziehbar, wenn der aus Sicht des Ministeriums leistungsstärkere Bewerber nicht ernannt werden kann.Abs. 46
Es besteht auch kein ansatzweise konkreter Verdacht, dass der Beigeladene im Unterschied zur Antragstellerin im Vorfeld des strukturierten Auswahlgesprächs über den Inhalt der gestellten Fragen informiert worden sein könnte (vgl. hierzu auch näher unter f)).Abs. 47
Nachdem sich aus dem Vorbringen der Antragstellerin keine schlüssigen Anhaltspunkte ergeben, dass die im zuständigen Ministerium an der Auswahlentscheidung konkret beteiligten Personen vorfestgelegt gewesen sein könnten und sich entsprechende Anhaltspunkte weder aus dem für die Auswahlentscheidung maßgeblichen Auswahlvermerk noch aus der Auswahlverfahrensakte ergeben, bedurfte es keiner weitergehenden Aufklärung seitens des Gerichts, etwa durch Beiziehung der Personalakte des Beigeladenen.Abs. 48
e) Die von der Antragstellerin gerügten Mängel des Beurteilungsvergleichs zwischen ihr und dem Beigeladenen im Vorschlag für die Auswahlentscheidung führen ebenfalls nicht zum Erfolg des Rechtsschutzantrags.Abs. 49
Der für die Bewerberauswahl maßgebende Leistungsvergleich ist regelmäßig anhand aktueller dienstlicher Beurteilungen vorzunehmen. Deren Eignung als Vergleichsgrundlage setzt jedoch voraus, dass sie inhaltlich aussagekräftig sind. Hierfür ist erforderlich, dass sie die dienstliche Tätigkeit im maßgebenden Beurteilungszeitraum vollständig erfassen, auf zuverlässige Erkenntnisquellen gestützt sind, das zu erwartende Leistungsvermögen in Bezug auf das angestrebte Amt auf der Grundlage der im innegehabten Amt erbrachten Leistungen hinreichend differenziert darstellen sowie auf gleichen Bewertungsmaßstäben beruhen. Maßgebend für den Leistungsvergleich ist in erster Linie das abschließende Gesamturteil, das durch eine Würdigung, Gewichtung und Abwägung der einzelnen leistungsbezogenen Gesichtspunkte zu bilden ist (BVerwG, Beschluss vom 20.06.2013 - 2 VR 1.13 -, juris Rn. 21 m. w. N.). Ob nach ihrem Gesamtergebnis wesentlich gleiche Beurteilungen vorliegen, die einen weiteren Vergleich ermöglichen, richtet sich allerdings nicht allein nach dem formalen Gesamturteil. Vielmehr sind etwaige Unterschiede im Maßstab der Beurteilung der Bewerber zu berücksichtigen. Solche Unterschiede kommen etwa dann in Betracht, wenn sich bei konkurrierenden Bewerbern die dienstlichen Beurteilungen auf unterschiedliche Statusämter beziehen. In jedem Fall kommt es auf die Umstände des Einzelfalls an (vgl. BVerfG, Beschluss vom 04.07.2018 - 2 BvR 1207/18 -, juris m. w. N.).Abs. 50
Mit Blick auf das weite Organisationsermessen des jeweiligen Dienstherrn, wie er das Beurteilungswesen für seine Beamten konkret regelt, können dienstliche Beurteilungen ihre volle Aussagekraft grundsätzlich nur im Binnensystem eines Dienstherrn bei der Auswahl unter seinen Beamten entfalten. Ist dagegen eine Auswahl aus einer heterogenen Gruppe von Bewerbern zu treffen, muss der Dienstherr prüfen, ob und inwieweit auf der Grundlage der vorliegenden Leistungseinschätzungen ein tauglicher Qualifikationsvergleich angestellt werden kann, zu diesem Zweck die dort enthaltenen Aussagen „übersetzen“ und mit Blick auf die unterschiedlichen Zwecke ihrer Erstellung und die dabei angelegten Maßstäbe nach Möglichkeit miteinander „kompatibel“ machen, anschließend auswerten und in der Auswahlentscheidung berücksichtigen. Erst und nur dann, wenn auch danach keine hinreichend verlässliche Grundlage für einen Leistungsvergleich besteht oder anhand der Beurteilungen, soweit sie vergleichbar sind, ein Qualifikationsgleichstand der Bewerber angenommen werden kann, ist zur Feststellung ihrer Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung Raum für den Rückgriff auf weitere Hilfsmittel (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 22.06.2021 - 4 S 720/21 -, juris Rn. 30 ff. m. w. N.; Beschuss der Kammer vom 07.12.2022 - 3 K 2295/22 -, juris Rn. 42; vgl. zu den Anforderungen an die Herstellung der Vergleichbarkeit im Zusammenhang mit Arbeitszeugnissen auch Hessischer VGH, Beschluss vom 29.06.2022 - 1 B 873/22 -, juris).Abs. 51
Hieran gemessen trägt die vorgenommene Auswertung der vorliegenden Bewertungen von Eignung, Leistung und Befähigung der beiden Bewerber den Erfordernissen des Art. 33 Abs. 2 GG im Ergebnis hinreichend Rechnung.Abs. 52
Da das hauptberuflich tätige wissenschaftliche Personal der Hochschule nicht der Beurteilungsverordnung unterfällt (§ 8 Abs. 1 Nr. 3 BeurtVO i. V. m. § 44 LHG), wurde für die Antragstellerin mit Datum vom 22.12.2022 eine anlassbezogene dienstliche Äußerung des damaligen Präsidenten der Hochschule für die Zeit ihrer Tätigkeit als x in Anlehnung an die Beurteilungsverordnung erstellt. Diese wurde mit der für den Beigeladenen zuletzt im Amt des x (Besoldungsgruppe B 2) erstellten Regelbeurteilung zum Stichtag 01.07.2021 in Bezug gesetzt. Nachdem sich danach - auch unter Berücksichtigung der näheren Inhalte der dienstlichen Äußerung bzw. der dienstlichen Beurteilung - kein eindeutiger Leistungsvorsprung ergab, wurden ergänzend die jeweils vorangegangenen „Beurteilungen“ in den dienstliche Äußerungen des damaligen Präsidenten der Hochschule vom 28.06.2018 über den Zeitraum der Tätigkeit des Antragstellerin als x (01.08.2015 bis 31.03.2018) im Statusamt W 2, die aus Anlass der Bewerbung um die Funktion der x erstellt wurde, bzw. die für den Beigeladenen aus Anlass seiner Bewerbung als x erstellte dienstliche Äußerung des x vom 13.09.2018 für den Zeitraum vom 01.02.2015 bis 30.06.2018 herangezogen.Abs. 53
Der Antragsgegner hat rechtsfehlerfrei erkannt, dass eine unmittelbare Vergleichbarkeit der dienstlichen Beurteilung und der dienstlichen Äußerungen nicht besteht und eine Vergleichbarkeit unter Berücksichtigung der jeweiligen Statusämter erst hergestellt werden muss. Die vorgenommene „Umrechnung“ auf der Grundlage individueller Bezügebestandteile vermag dabei allerdings nicht zu überzeugen. Eine entsprechende Anforderung ergibt sich insbesondere nicht aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 14.02.2012 - 2 BvL 4/10 - (BVerfGE 130, 263), das maßgeblich die Frage amtsangemessener Besoldung in der Besoldungsgruppe W 2 betrifft. Die fragwürdige, nicht hinreichend statusamtsbezogene „Umrechnung“ in Abhängigkeit von individuellen und variablen (Funktions-)Leistungsbezügen (§ 38 Abs. 1 LBesG) bzw. von jeweiligen Erfahrungsstufen (vgl. dazu, dass Leistungsbezüge von Hochschullehrern nicht ihr Statusamt betreffen BVerwG, Urteil vom 06.06.2019 - 2 C 18.18 -, juris Rn. 19; Hamburgisches OVG, Beschluss vom 25.03.2022 - 5 Bf 185/20.Z -, juris Rn. 32; vgl. dazu, dass das Statusamt u. a. durch das Endgrundgehalt der Besoldungsgruppe definiert wird BVerwG, Urteil vom 09.05.2019 - 2 C 1.18 -, BVerwGE 165, 305 <juris Rn. 55>; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 10.09.2020 - 4 S 1326/20 -, juris Rn. 13; Urteil vom 04.05.2021 - 2 S 2103/20 -, juris Rn. 126, jeweils m. w. N.), hat sich im Ergebnis jedoch allenfalls zugunsten, nicht aber zu Lasten der Antragstellerin ausgewirkt.Abs. 54
Die Antragstellerin und der Beigeladene hatten, wovon der Antragsgegner im Ergebnis vertretbar zugunsten der Antragstellerin ausgegangen ist, zum Zeitpunkt der Auswahlentscheidung und der letzten und vorletzten „Beurteilungen“ jeweils vergleichbare Statusämter inne. Der Beigeladene befindet sich in einem nach B 2 besoldeten Statusamt, die Antragstellerin ungeachtet der Wahrnehmung des (höherwertigen) Dienstpostens der x im Nebenamt und der damit einhergehenden zusätzlichen Bezügebestandteile weiterhin im Statusamt einer mit W 2 besoldeten Professorin (vgl. hierzu bereits ausführlich den Beschluss der Kammer vom 26.02.2019 - 3 K 6105/18 -). Der Besonderheit der x-stelle ist zugunsten der Antragstellerin dadurch Rechnung getragen worden, dass zu dem landesweiten Besoldungsdurchschnitt in Besoldungsgruppe W 2 die an der Hochschule gewährte Funktionsleistungszulage für die x-funktion addiert wurde. Die so ermittelten Bezüge entsprechen danach in etwa der Besoldung des Beigeladenen im Statusamt eines x in der Besoldungsgruppe B 2. Eine besoldungsmäßige Vergleichbarkeit der von den Beteiligten zuvor innegehabten Statusämter in den Besoldungsgruppen W 2 bzw. A 16 wurde ebenfalls vertretbar angenommen. Zieht man anstelle der konkreten Leistungszulagen an der Hochschule zugunsten der Antragstellerin (wohl) richtigerweise den landesweiten Besoldungsdurchschnitt der W 2 Besoldung heran (das Grundgehalt der W 2-Bezüge liegt deutlich unterhalb der Endstufe der Besoldung nach A 16), zeigt dies nach den unwidersprochenen - hilfsweisen - Berechnungen des Antragsgegners eine besoldungsmäßig ebenfalls bestehende Vergleichbarkeit der im Zeitraum zwischen 2015 und 2018 innegehabten Statusämter der Antragstellerin und des Beigeladenen. Die dienstliche Beurteilung und die jeweiligen dienstlichen Äußerungen konnten deshalb miteinander verglichen werden.Abs. 55
Der Antragsgegner ist vor diesem Hintergrund beanstandungsfrei zu dem Ergebnis gelangt, dass die Gesamtbeurteilungen der aktuellen Regelbeurteilung des Beigeladenen einerseits und der aktuellen dienstlichen Äußerung über die Antragstellerin andererseits als im Wesentlichen gleich eingestuft werden können - beide Bewerber befinden sich danach unter den 15 % leistungsstärksten Beamtinnen bzw. Beamten ihrer Vergleichsgruppe - und eine eindeutige Auswahl zwischen den beiden Bewerbern auch bei einem - im Auswahlvermerk vorgenommenen - inhaltlichen Ausschöpfen der Einzelmerkmale nicht möglich ist. Unter zusätzlicher Berücksichtigung der „Beurteilungshistorie“ wurde jedoch ein kleiner Leistungsvorsprung zugunsten des Beigeladenen angenommen, weil dessen Leistungen in der dienstlichen Äußerung vom 13.09.2018 mit 4,75 Punkten mit Tendenz in Richtung 5,00 Punkte bewertet worden seien. Diese Auslegung erfolgte unter schlüssiger Heranziehung der im Aufbau und nach dem Wortlaut der dienstlichen Äußerung erkennbar aufgegriffenen Maßstäbe der VwV-Beurteilung Pol (vgl. insbesondere den Beschreibungskatalog in Anlage 2). Damit bewegte sich der Beigeladene im Bereich der obersten 5 % der Vergleichsgruppe der Beamtinnen und Beamten in Besoldungsgruppe A 16 (Nr. 5.4.3 VwV-Beurteilung Pol). Die Leistungen der Antragstellerin wurden in der dienstlichen Äußerung vom 28.06.2018 im Gesamturteil hingegen entsprechend der Formulierung in § 4 Abs. 2 Satz 2 Nr. 13 BeurtVO (sinngemäß) mit 13 von 15 möglichen Punkten bewertet. Mit 13 Punkten befindet sich die Antragstellerin im Bereich der obersten 15% der Vergleichsgruppe (§ 5 Abs. 2 BeurtVO). Die dienstliche Äußerung über den Beigeladenen wurde deshalb vertretbar als vergleichsweise etwas, aber nicht entscheidend besser eingeordnet, weshalb mit beiden Bewerbern strukturierte Auswahlgespräche durchgeführt worden sind.Abs. 56
Offen bleiben kann, ob sich die Annahme des Antragsgegners, dass der Beigeladene auch aufgrund der Vorverwendungen (zwei hochrangige Führungsfunktionen innerhalb der Polizei) einen leichten Eignungsvorsprung zur Antragstellerin aufweise, vor dem Hintergrund des Statusamtsbezugs der Auswahlentscheidung (vgl. hierzu etwa BVerwG, Beschluss vom 22.06.2023 - 2 VR 1.23 -, juris Rn. 18 ff. m. w. N.) als tragfähig erweist, denn die getroffene Auswahlentscheidung wurde hierauf nicht tragend, sondern nur ergänzend gestützt (vgl. S. 17 des Auswahlvermerks vom 06.03.2023). Soweit die Antragstellerin geltend macht, sie sei als x mit den Anforderungen der Hochschule im besonderen Maße vertraut, begründet diese Selbsteinschätzung keinen Anhaltspunkt für eine Verletzung des Bewerbungsverfahrensanspruchs.Abs. 57
f) Das durchgeführte strukturierte Auswahlgespräch und die Berücksichtigung der darin gewonnenen Erkenntnisse in der Auswahlentscheidung verletzen den Bewerbungsverfahrensanspruch der Antragstellerin ebenfalls nicht.Abs. 58
Angesichts der - auf der Hand liegenden - Schwierigkeiten, die dienstlichen Beurteilungen bzw. dienstlichen Äußerungen überhaupt sachgerecht miteinander vergleichbar zu machen und des statusamtsbezogen inhomogenen Bewerberfelds und der vertretbar als im Wesentlichen gleichwertig eingeschätzten Beurteilungshistorie begegnet es für sich genommen keinen rechtlichen Bedenken, dass am 28.02.2023 mit beiden - jeweils ohne Zweifel hervorragend qualifizierten - Bewerbern ergänzend ein strukturiertes Auswahlgespräch durchgeführt wurde. Ein solches Gespräch ist in der Rechtsprechung insbesondere dann als zulässiges, leistungsbezogenes Hilfskriterium anerkannt, wenn - wie hier - ein heterogenes Bewerberfeld mit Beurteilungen bzw. dienstlichen Äußerungen aus verschiedenen Besoldungsordnungen sowie unterschiedlichen Beurteilungssystemen vorliegt. Soweit Auswahlgespräche auch als leistungsbezogene Elemente in eine Auswahlentscheidung einfließen sollen, setzt dies allerdings voraus, dass ihre Durchführung den Anforderungen des Art. 33 Abs. 2 GG genügt. Dazu ist es notwendig, dass alle Bewerber tatsächlich die gleiche Chance haben, ihre fachliche und/oder persönliche Eignung unter Beweis zu stellen, dass sie insbesondere in einem formalisierten Rahmen zu gleichen oder vergleichbaren (leistungsbezogenen) Themenkomplexen befragt werden und die Möglichkeit erhalten, in gleichem und ausreichend großem Zeitraum zu antworten, und dass diese Auswahlgespräche - für die Bewerber erkennbar - nach im Vorhinein festgelegten einheitlichen Kriterien und Maßstäben bewertet werden. Erforderlich ist mit Blick auf die Ermöglichung effektiven Rechtsschutzes gemäß Art. 19 Abs. 4 GG weiterhin, dass die wesentlichen Ergebnisse und Auswahlerwägungen schriftlich so dokumentiert werden, dass der unterlegene Bewerber und ggf. das Gericht sie ohne Weiteres nachvollziehen und überprüfen können (vgl. zu den genannten Anforderungen VGH Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 22.06.2021 - 4 S 720/21 -, juris Rn. 36 und vom 01.02.2019 - 4 S 2770/19 -, juris Rn. 15 ff., jeweils m. w. N.). Diesen Anforderungen wurde im konkreten Fall im erforderlichen Maß Genüge getan.Abs. 59
Eine nähere Würdigung der Ergebnisse der Auswahlgespräche findet sich in der ausführlichen Dokumentation in der Auswahlverfahrensakte und im Auswahlvermerk vom 06.03.2023. Eine weitergehende Dokumentationspflicht, insbesondere eine Verpflichtung zur Protokollierung einzelner Antworten, besteht insoweit nicht (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 22.06.2021 - 4 S 720/21 -, juris Rn. 39 und vom 31.10.2019 - 4 S 2420/19 -, juris Rn. 16). Im Rahmen der strukturierten Auswahlgespräche wurden beiden Bewerbern anhand eines Fragenkatalogs dieselben verfahrensbezogenen Fragen gestellt. Im Ergebnis überzeugte der Beigeladene die Auswahlkommission mehr als die Antragstellerin. Dass der Einschätzungsspielraum insoweit überschritten wurde oder der Ablauf der Gespräche nicht offen, fair und sachorientiert erfolgte, ist auch unter Berücksichtigung des Antragsvorbringens nicht ersichtlich. Insbesondere ist nicht zu erkennen, dass der „x Tonfall“ der Antragstellerin - wie sie vorträgt - in irgendeiner Weise negativ berücksichtigt worden sein könnte.Abs. 60
Soweit die Antragstellerin Zweifel an der Einhaltung des Gleichbehandlungsgrundsatzes äußert, weil die Vorsitzende der Auswahlkommission sich versprochen hat, als sie der Antragstellerin zu Beginn des Gesprächs mitgeteilt hat, man stelle ihr die gleichen Fragen, die man auch ihrem Konkurrenten „geschickt, äh auch gestellt“ habe, begründet ein solch ersichtlicher Versprecher für sich genommen keine Anhaltspunkte, dass entgegen der hierzu erfolgten konkreten Äußerungen auf Seiten des Antragsgegners und seitens des Beigeladenen eine Vorabinformation des Beigeladenen stattgefunden haben könnte. Insbesondere gibt das Protokoll zum Auswahlgespräch hierfür keinerlei Anhaltspunkte. Die Vertreterin des Ministeriums hat bei der Anhörung in der Senatssitzung am 09.05.2023 auf entsprechende Frage ausdrücklich erklärt, dass die im strukturierten Auswahlgespräch gestellten Fragen bei beiden Bewerbern identisch und diesen zuvor nicht bekannt gewesen seien. Der Fragenkatalog wurde ausweislich der konkreten Ausführungen des Antragsgegners durch das zuständige Personalreferat im Ministerium erstellt und war lediglich einem kleinen Kreis unmittelbar mit Personalangelegenheiten des höheren Dienstes befasster Personen zugänglich. Der Landespolizeipräsidentin (Vorsitzende der Auswahlkommission) wurde er erst am Tag der strukturierten Auswahlgespräche in schriftlicher Form unmittelbar vor deren Beginn vorgelegt. Anlass für eine weitergehende Aufklärung ergibt sich für die Kammer vor diesem Hintergrund nicht. Die von der Antragstellerin angeregte Einholung einer eidesstattlichen Versicherung der Landespolizeipräsidentin wäre mangels entsprechender Anknüpfungstatsachen eine sachlich nicht gebotene Ermittlung ins Blaue hinein.Abs. 61
Entgegen der Ansicht der Antragstellerin musste auch kein Vertreter der Hochschule bzw. des Senats in den Auswahlgesprächen vertreten sein. Auswählende Stelle ist das Ministerium, nicht die Hochschule. Dem Senat kommt kein Mitwirkungsrecht bei der Auswahlentscheidung zu, vielmehr kann er sein Einvernehmen mit der bereits vorgenommenen Personalauswahl des Ministeriums lediglich erteilen oder versagen (§ 6 Abs. 1 Satz 1 ErV). Auf der Grundlage von § 69 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 LHG gelten insoweit die weitgehend von den allgemeinen Bestimmungen des Landeshochschulgesetzes (vgl. § 18 und § 19 LHG) abweichenden Regelung in § 6, § 4 Abs. 1 Satz 2 und § 7 Abs. 1 ErV.Abs. 62
Nichts Anderes ergibt sich daraus, dass sich in der Neufassung des § 6 Abs. 1 ErV vom 21.01.2021 im Unterschied zu der zuvor geltenden Fassung nicht mehr die Formulierung „Bestätigung“ der Bestellung durch das Ministerium seitens des Senats findet. Die Erteilung des Einvernehmens geht über eine Bestätigung nicht hinaus. Mit der Anpassung des Wortlauts der Verordnung war allein eine sprachliche, nicht aber eine inhaltliche Anpassung an die Begrifflichkeiten des Landeshochschulgesetzes bezweckt (siehe hierzu die Begründung zum Gesetzentwurf zur Änderung der Errichtungsverordnungen der Hochschulen für den öffentlichen Dienst, Stand 01.09.2020, S. 19). § 7 Abs. 1 Satz 1 ErV, wonach der Senat für die Mitwirkung der Hochschule unter anderem an der Bestellung der Präsidentin oder des Präsidenten der Hochschule zuständig ist, begründet für sich genommen keine weitergehenden Beteiligungsrechte des Senats.Abs. 63
g) Der Antragsgegner war - wie ausgeführt - berechtigt, zur weiteren leistungsbezogenen Ausdifferenzierung ein strukturiertes Auswahlgespräch durchzuführen und nicht verpflichtet, die Antragstellerin aufgrund der Unterrepräsentanz von Frauen in den Leitungsämtern des höheren Dienstes auszuwählen.Abs. 64
§ 11 Abs. 1 ChancenG ordnet die vorrangige Berücksichtigung von Frauen in unterrepräsentierten Bereichen ausschließlich unter Wahrung des Vorrangs von Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung nach Art. 33 Abs. 2 GG an. Das Heranziehen der Ergebnisse strukturierter Auswahlgespräche ist jedoch als leistungsbezogenes Ergänzungskriterium als ein dem § 11 Abs. 1 ChancenG vorangeschaltetes und an Art. 33 Abs. 2 GG orientiertes Hilfsmittel zulässig. Da vorliegend eine weitergehende leistungsbezogene Auswahl möglich und nach Art. 33 Abs. 2 GG geboten war, kam eine vorrangige Berücksichtigung der Bewerbung der Antragstellerin nach § 11 Abs. 1 und Abs. 2 ChancenG in Verbindung mit dem Chancengleichheitsplan des Antragsgegners nicht in Betracht.Abs. 65
h) Ohne Erfolg rügt die Antragstellerin schließlich ein fehlerhaftes Verfahren im Senat im Zusammenhang mit der Erteilung des erforderlichen Einvernehmens.Abs. 66
Das Gericht prüft die Auswahlentscheidung am Maßstab des Art. 33 Abs. 2 GG. Das Erfordernis des Einvernehmens des Senats erweitert den Bewerbungsverfahrensanspruch der Antragstellerin insoweit nicht, denn der Senat hat lediglich ein verfahrensmäßiges Beteiligungsrecht, nicht aber ein eigenes „Auswahlermessen“.Abs. 67
Ungeachtet dessen ist auch nicht erkennbar, dass das Verfahren im Senat und der Beschluss des Senats über die Erteilung des Einvernehmens Rechte der Antragstellerin verletzt haben könnte.Abs. 68
Soweit sich die Antragstellerin auf Fragen der Protokollierung der Senatssitzung vom 09.05.2023 beruft, ist eine Verletzung ihres Bewerbungsverfahrensanspruchs nicht dargetan oder sonst ersichtlich. Dem Senat wurden die notwendigen Informationen zur Verfügung gestellt, insbesondere auch die Inhalte und Ergebnisse des strukturierten Auswahlgesprächs. Die Leiterin des Personalreferats im Ministerium stand dem Senat als Berichterstatterin des Ministeriums in der Senatssitzung vom 09.05.2023 zur Verfügung. Soweit der Senat in seiner Sitzung vom 09.05.2023 den Beigeladenen zu einer persönlichen Vorstellung eingeladen hat, handelte es sich bei dem bloßen Kennenlerngespräch nicht um die Vorbereitung einer - dem Senat nicht zukommenden - eigenen und gerichtlich überprüfbaren Auswahlentscheidung anhand der Kriterien des Art. 33 Abs. 2 GG. Nachdem die Antragstellerin den Mitgliedern des Senats aufgrund ihrer Funktion als x bereits bekannt ist, bestand überdies kein Anlass, auch sie zu einem Kennenlerngespräch einzuladen.Abs. 69
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 VwGO. Nachdem der Beigeladene keinen Antrag gestellt hat und damit auch kein Kostenrisiko eingegangen ist (§ 154 Abs. 3 VwGO), erscheint es angemessen, dass er seine außergerichtlichen Kosten selbst trägt.Abs. 70

(online seit: 12.12.2023)
Zitiervorschlag: Gericht, Datum, Aktenzeichen, JurPC Web-Dok, Abs.
Zitiervorschlag: Freiburg, VG, Anforderungen an eine ordnungsgemäße Aktenführung - JurPC-Web-Dok. 0171/2023