JurPC Web-Dok. 142/2023 - DOI 10.7328/jurpcb20233810142

OVG Schleswig-Holstein

Beschluss vom 06.09.2023

3 MB 21/23

Erfolgloser Eilantrag gegen die Verbreitung einer gemeindlichen Pressemitteilung

JurPC Web-Dok. 142/2023, Abs. 1 - 16


Leitsätze (der Redaktion):

1.Gerichtlicher Schutz für die Unterlassung der Verbreitung einer gemeindlichen Pressemitteilung kann nur begehrt werden, wenn die erneute Verbreitung der Pressemitteilung zu befürchten ist.

2. Ein Rechtsschutzbedürfnis ergibt sich auch nicht daraus, dass die Antragsgegnerin nicht auf das Schreiben des Antragstellers reagiert hat, wenn in dem Aufforderungsschreiben gar keine Frist für eine Reaktion gesetzt wurde.

Gründe:

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 17. August 2023 ist zulässig (hierzu I.), aber unbegründet (hierzu II.).Abs. 1
I. Die Beschwerde ist zulässig.Abs. 2
Insbesondere ist unschädlich, dass der Antragsteller in seiner Beschwerdeschrift nicht ausdrücklich die Aufhebung bzw. Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts beantragt hat, sondern nur, der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu untersagen, „folgende Pressemitteilung zu veröffentlichen oder veröffentlichen zu lassen. Dieses Ziel der Beschwerde lässt sich mit hinreichender Bestimmtheit aus dem ausformulierten Antrag, der Beschwerdebegründung und dem Gesetzeswortlaut, wonach die Beschwerde „einen bestimmten Antrag enthalten“ und „die Gründe darlegen (muss), aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist“ (§ 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO) ermitteln, sodass eine ausdrückliche Formulierung des Abänderungsbegehrens entbehrlich ist (vgl. allgemein Beschl. d. Senats v. 23.08.2023 - 3 MB 11/23 -, juris Rn. 3). Das vom Antragsteller wörtlich formulierte Antragsbegehren kann nur erreicht werden, wenn der den Antrag abweisende Beschluss des Verwaltungsgerichts abgeändert wird.Abs. 3
II. Die Beschwerde ist jedoch unbegründet. Die zu ihrer Begründung dargelegten Gründe, die allein Gegenstand der Prüfung durch den Senat sind (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), stellen das Ergebnis des angefochtenen Beschlusses nicht in Frage.Abs. 4
1. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag abgelehnt, weil dieser unzulässig sei. Dem Antragsteller fehle das Rechtsschutzbedürfnis, weil die begehrte Verpflichtung zur Unterlassung der Veröffentlichung der streitgegenständlichen Pressemitteilung ins Leere gehe. Die Veröffentlichung sei schon vor der Antragstellung erfolgt. Eine wiederholte Bekanntgabe sei seitens der Antragsgegnerin nicht beabsichtigt, weil der Zweck der Veröffentlichung aus Sicht der Antragsgegnerin erreicht sei.Abs. 5
2. Aus dem Beschwerdevorbringen ergibt sich nicht, dass zum zur Beurteilung der Sach- und Rechtslage maßgeblichen Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung (vgl. OVG Schleswig, Beschl. v. 02.06.2022 - 4 MB 19/22 -, juris Rn. 13; VGH München, Beschl. v. 18.08.2022 -10 CE 22.1427 u. a. -, juris Rn. 14) ein Rechtsschutzbedürfnis besteht. Dieses fehlt grundsätzlich, wenn die Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes nicht erforderlich ist (vgl. nur VGH München, Beschl. v. 24.01.2018 - 22 CE 17.2457 -, juris Rn. 21; Happ, in: Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 123 Rn. 34). Das ist vorliegend auch unter Berücksichtigung des auf die Begründetheit des Antrags bezogenen Beschwerdevorbringens zu einer Wiederholungsgefahr der Fall, und zwar auch dann, wenn der Antrag des Antragstellers auch auf die Verhinderung zukünftiger Veröffentlichungen der Pressemitteilung gerichtet anzusehen war bzw. ist.Abs. 6
Des gerichtlichen Schutzes für sein Unterlassungsbegehren bedürfte der Antragsteller nur, wenn er die erneute Verbreitung der Pressemitteilung zu befürchten hätte (vgl. zu einer vergleichbaren Konstellation BVerwG, Urt. v. 20.07.1962 - VII C 57.61 -, juris Rn. 20). Die Antragsgegnerin hat aber bereits im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht erklärt, dass für sie kein Anlass für eine wiederholte Veröffentlichung der Pressemitteilung besteht (Schriftsatz vom 14. August 2023, S. 12) und dies im Beschwerdeverfahren wiederholt (Schriftsatz vom 4. September 2023, S. 34).Abs. 7
Ein Rechtsschutzbedürfnis ergibt sich auch nicht daraus, dass die Antragsgegnerin nicht auf das Schreiben des Antragstellers vom 4. August 2023 (Anlage K3 im verwaltungsgerichtlichen Verfahren) reagiert hat. Darin wurde nicht die Abgabe einer Unterlassungserklärung gefordert, sondern mitgeteilt, dass davon ausgegangen werde, dass die Veröffentlichung der Pressemitteilung durch die Antragstellerin „in der vorliegenden Form nunmehr unterlassen“ werde. Dass der Antragsteller keine wie auch immer geartete Reaktion auf sein Schreiben erwarten konnte (und wohl selbst nicht erwartet hat), ergibt sich auch daraus, dass er der Antragsgegnerin auch keine Frist dafür gesetzt hat.Abs. 8
Schließlich ergibt sich ein Rechtsschutzbedürfnis auch nicht aus den vom Antragsteller vorgelegten Äußerungen von Herrn … (dem amtierenden Bürgermeister der Antragsgegnerin) auf dessen Facebook-Profil. Zum einen ist der Antrag des Antragstellers darauf beschränkt, der Antragsgegnerin zu untersagen „folgende Pressemitteilung zu veröffentlichen bzw. veröffentlichen zu lassen“. Die Antragsgegnerin hat mit der als Anlage Bg. 5 vorgelegten eidesstattlichen Versicherung von Herrn … glaubhaft gemacht, dass der vom Antragsteller vorgelegte Facebook-Beitrag (Post), mit dem diese Pressemitteilung tatsächlich verbreitet wurde, von Herrn ...bereits am 9. August 2023 vollständig gelöscht wurde. Ein weiteres Verbreiten der Pressemitteilung durch Herrn … hat der Antragsteller nicht dargelegt.Abs. 9
Außerdem sind die Äußerungen des Bürgermeisters – ebenso wie Presseveröffentlichungen und Äußerungen Dritter in sozialen Netzwerken zum Thema der Pressemitteilung – nicht als amtliche Äußerungen anzusehen, die möglicherweise der Antragsgegnerin zuzurechnen wären. Bei der Beurteilung, ob Äußerungen in sozialen Netzwerken als amtliche Äußerungen zu qualifizieren sind, ist stets eine Würdigung der tatsächlichen Umstände des Einzelfalls erforderlich, wobei eine verobjektivierte Betrachtung zugrunde zu legen ist und ein Amtsbezug aus Inhalt, Form und äußerem Zusammenhang der Aussage folgen kann. Da die Verwendung der Amtsbezeichnung staatlichen Funktionsträgern grundsätzlich auch in außerdienstlichen Zusammenhängen gestattet ist (vgl. § 57 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 des Landesbeamtengesetzes), reicht sie allein als Indiz für die Inanspruchnahme von Amtsautorität nicht aus (vgl. VGH Kassel, Beschl. v. 11.07.2017 - 8 B 1144/17 -, juris Rn. 26).Abs. 10
Davon ausgehend sind die vom Antragsteller vorgelegten Facebook-Posts mit Bezug zum Gegenstand der Pressemitteilung nicht als amtliche Äußerungen anzusehen. Der Umstand, dass Herr … in seinem „Steckbrief“ auf dem Facebook-Account nach einem Aktentaschen-Symbol die Angabe „Bürgermeister (…) / Verwaltungsfachwirt bei Gemeinde Ahrensbök“ gemacht hat, steht dem nicht entgegen. Zum einen ist – wie dargelegt – die Angabe der Amtsbezeichnung auch in außerdienstlichen Zusammenhängen grundsätzlich zulässig. Zum anderen wird durch den Zusammenhang mit dem Aktentaschen-Symbol und der Angabe „Verwaltungsfachwirt“ deutlich, dass es sich um die Angabe des Berufs des Accountinhabers handelt. Darin kann nicht die erforderliche Inanspruchnahme der Amtsautorität des Bürgermeisters für die jeweilige Äußerung auf dem Account gesehen werden. Der Account selbst trägt zudem nur den Namen von Herrn … ohne jegliche Amtsbezeichnung. Die entsprechenden Aktivitäten fanden also nicht unter einer „Nutzeradresse“ statt, die auf das Amt hinwies (zu einer solchen Konstellation StGH Niedersachsen, Urt. v. 24.11.2020 - StGH 6/19 -, juris Rn. 71, 84).Abs. 11
Es ist auch nicht erkennbar, dass sich Herr … für diese Äußerungen der Ressourcen der Antragsgegnerin bedient hätte. Es ist weder vorgetragen, noch ersichtlich, dass der Facebook-Account von der Antragsgegnerin angemeldet wurde oder betrieben und mit Inhalten versorgt wird.Abs. 12
Auch der Inhalt der Äußerungen mit Bezug zum Gegenstand der Pressemitteilung selbst spricht gegen die Annahme, dass diese der Amtsführung als Bürgermeister zuzurechnen sind. In dem mittlerweile gelöschten Post verwendete Herr ...ausdrücklich die Formulierung „in meiner Eigenschaft als Kandidat für die Bürgermeisterwahl“, um sein Vorgehen zu erläutern. In dem auf Seite 10 der Beschwerdeschrift abgedruckten Post zu einem Bürgergespräch heißt es: „Dieses Bürgergespräch organisiere ich privat und nicht die Verwaltung.“. Auch in dem auf Seite 11 der Beschwerdeschrift abgedruckten Post ist nur die Rede von einem zweiten Bewerber, sodass auch diese Äußerung schon ihrem Inhalt nach in der Eigenschaft als Bewerber um das Amt, nicht als Inhaber des Amtes getätigt wurde.Abs. 13
Die genannten Umstände stehen im Übrigen sowohl der Annahme einer für einen Unterlassungsanspruch erforderlichen Wiederholungsgefahr als auch dem Vorliegen eines Anordnungsgrundes entgegenstehen.Abs. 14
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2, § 52 Abs. 2 GKG.Abs. 15
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).Abs. 16

(online seit: 18.10.2023)
Zitiervorschlag: Gericht, Datum, Aktenzeichen, JurPC Web-Dok, Abs.
Zitiervorschlag: OVG Schleswig-Holstein, Erfolgloser Eilantrag gegen die Verbreitung einer gemeindlichen Pressemitteilung - JurPC-Web-Dok. 0142/2023