JurPC Web-Dok. 99/2023 - DOI 10.7328/jurpcb202338799

Hessischer VGH

Beschluss vom 30.06.2023

28 E 803/23.D

Disziplinarrechtliche Durchsuchungsanordnung wegen Inhalten in einem WhatsApp-Chat

JurPC Web-Dok. 99/2023, Abs. 1 - 112


Leitsätze:

1. Inhalte, die in einem Einzelchat zwischen freundschaftlich verbundenen Personen geteilt werden, sind disziplinarisch grundsätzlich nicht von Relevanz (Anschluss an BVerwG, Urteil vom 13. Januar 2022 - 2 WD 4/21 -).

2. Bei Aussagen, die Rückschlüsse auf eine der freiheitlichen demokratischen Grundordnung entgegenstehende Gesinnung zulassen könnten, ist zunächst der objektive Gehalt der Aussage unter Berücksichtigung der Meinungsfreiheit des Äußernden zu ermitteln. Zudem muss für eine Verletzung der Treuepflicht eine entsprechende (subjektive) Gesinnung des Beamten gegeben sein (Anschluss an BVerwG, Urteile vom 28. Januar 2022 - 2 WDB 7/21 -, vom 13. Januar 2022 - 2 WD 4/21 - und Beschluss vom 10. Oktober 2019 - 2 WDB 2/19 -).

Gründe:

I.Abs. 1
Der Antragsgegner wendet sich gegen eine durch den Antragsteller erwirkte Durchsuchungs- und Beschlagnahmeanordnung.Abs. 2
Der Antragsgegner ist Polizeibeamter im Dienst des Antragstellers und beim Polizeipräsidium Nordhessen bei der Polizeistation X... tätig.Abs. 3
Im Rahmen der Durchsicht eines beschlagnahmten Mobiltelefons in einem Strafverfahren gegen den Kollegen des Antragsgegners, PK D., wurden die dortigen Ermittler auf einen WhatsApp-Chat zwischen PK D. und dem Antragsgegner aufmerksam.Abs. 4
Mit Verfügung vom 12. Mai 2023 leitete der Präsident des Polizeipräsidiums Nordhessen gegen den Antragsgegner ein Disziplinarverfahren ein. Der WhatsApp-Chat zwischen PK D. und dem Antragsgegner weise vermehrt rassistische/fremdenfeindliche, homophobe Inhalte sowie Inhalte gegen Menschen mit Behinderung und Menschen, die der LGBTQ+-Community angehörten, auf. Darüber hinaus habe der Antragsgegner dienstliche Dokumente und den Bildschirm seines dienstlichen Computers mit ebenfalls dienstlichen Inhalten fotografiert und diese an den Beschuldigten des Strafverfahrens geschickt.Abs. 5
Der Antragsgegner wurde über die Einleitung des Disziplinarverfahrens zunächst nicht unterrichtet, um die Sachverhaltsaufklärung nicht zu gefährden.Abs. 6
Am 19. Mai 2023 hat der Antragsteller bei dem Verwaltungsgericht Wiesbaden einen Antrag auf Erlass einer Durchsuchungs- und Beschlagnahmeanordnung gestellt.Abs. 7
Zur Begründung hat der Antragsteller im Wesentlichen angegeben, dass gegen den Antragsgegner der Verdacht bestehe, dass er gegen die Treuepflicht aus § 33 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG verstoßen habe. Hinsichtlich der Begründung im Einzelnen wird auf die Antragsschrift vom 12. Mai 2023 Bezug genommen.Abs. 8
Das Verwaltungsgericht Wiesbaden hat mit Beschluss vom 26. Mai 2023 u. a. die Durchsuchung der im Allein- und Mitgewahrsam des Antragsgegners befindlichen Wohn- und Nebenräumen, seiner privat genutzten Kraftfahrtzeuge und seines ihm zur alleinigen Nutzung zugewiesenen Mobiliars in den Diensträumen der Polizeistation X... angeordnet. Es ordnete außerdem die Beschlagnahme von bei der Durchsuchung aufgefundenen schriftlichen Unterlagen, bildlichen Darstellungen, Zeichen und Symbolen an.Abs. 9
Der Beschluss ist dem Antragsgegner am 1. Juni 2023 im Zusammenhang mit der am selben Tag vorgenommenen Durchsuchung durch den Antragsteller zugestellt worden.Abs. 10
Am 9. Juni 2023 hat der Antragsgegner Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Wiesbaden eingelegt.Abs. 11
Der Antragsgegner beantragt sinngemäß,Abs. 12
unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Wiesbaden vom 26. Mai 2023 - 28 C 777/23.WI -Abs. 13
1. die von Seiten des Antragstellers gestellten Anträge abzulehnen,Abs. 14
2. dem Antragsteller im Wege einer Hängeverfügung zunächst und bis zum Abschluss des vorliegenden (Eil-)verfahrens aufzugeben, die Durchsicht der bei ihm sichergestellten Datenträger zu unterlassen,Abs. 15
3. dem Antragsteller im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes aufzugeben, die Durchsicht der bei ihm sichergestellten Datenträger zu unterlassen,Abs. 16
hilfsweise,Abs. 17
die Durchsicht der bei ihm sichergestellten Datenträger auf das erforderliche Mindestmaß zu beschränken und (insoweit) lediglich solche Daten zu sichten, hinsichtlich derer - auf tatsächlichen Anhaltspunkten beruhende - Hinweise bestehen, dass es sich um Kommunikationen handelt, in denen er rassistische, fremdenfeindliche, homophobe oder Inhalte gegen Menschen mit Behinderungen Menschen, die der LGBTQ+Community angehören, teilt,Abs. 18
hilfsweise,Abs. 19
die Durchsicht der bei ihm sichergestellten Datenträger auf das erforderliche Mindestmaß zu beschränken und (insoweit) lediglich solche Kommunikationsdaten zu sichten, in deren Zusammenhang hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der oder die Kommunikationsteilnehmer rassistische, fremdenfeindliche, homophobe oder gegen Menschen mit Behinderungen Menschen, die der LGBTQ+Community angehören, gerichtete Meinungen vertreten.Abs. 20
Der Antragsgegner beantragt,Abs. 21
die Beschwerde zurückzuweisen.Abs. 22
Hinsichtlich des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Schriftsatz des Antragsgegners vom 5. Juni 2023 sowie des Antragstellers vom 15. Juni 2023 Bezug genommen.Abs. 23
II.Abs. 24
Die Beschwerde gegen die Durchsuchungs- und Beschlagnahmeanordnung des Verwaltungsgerichts ist zulässig (1.) und begründet (2.). Über die Anträge zu 2. und 3. sowie die Hilfsanträge brauchte nicht mehr entschieden zu werden (3.).Abs. 25
1. Die Beschwerde mit dem sinngemäßen (Haupt-)Antrag, den Beschluss des Verwaltungsgerichts Wiesbaden vom 26. Mai 2023 aufzuheben und den Antrag des Antragstellers auf Erlass einer Durchsuchungs- und Beschlagnahmeanordnung abzulehnen, ist gemäß § 72 Abs. 1 HDG i. V. m. § 146 Abs. 1 VwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie ist in der vorgeschriebenen Form und innerhalb der Zwei-Wochen-Frist des § 72 Abs. 1 HDG i. V. m. § 147 Abs. 1 Satz 1 VwGO eingelegt worden. Ein besonderes Begründungserfordernis oder eine besondere Frist für die Begründung der Beschwerde - wie sie etwa aus § 146 Abs. 4 VwGO folgt - waren aufgrund des Umkehrschluss aus § 72 Abs. 2 HDG nicht einzuhalten.Abs. 26
Der Beschwerde fehlt zudem nicht das Rechtsschutzbedürfnis, auch wenn die Durchsuchung zwischenzeitlich stattgefunden hat. Der schon vollzogene Beschluss kann noch Wirkung für das weitere Disziplinarverfahren entfalten. Durchsuchung und Beschlagnahme haben sich daher nicht erledigt. Aus diesem Grund kann - wie bei einem entsprechenden Verwaltungsakt - im Falle ihrer Rechtswidrigkeit die Aufhebung der Durchsuchungs- und Beschlagnahmeanordnung und nicht lediglich die Feststellung der Rechtswidrigkeit verlangt werden (vgl. Senatsbeschluss vom 11. Mai 2012 - 28 A 944/21.D -, n. v.; Nds. OVG, Beschluss vom 16. September 2020 - 3 ZD 10/20 -, juris Rn. 3 m. w. N.).Abs. 27
2. Die Beschwerde ist begründet.Abs. 28
Die durch den Beschluss des Verwaltungsgericht Wiesbaden vom 26. Mai 2023 angeordnete Durchsuchung und Beschlagnahme ist rechtswidrig.Abs. 29
Die Voraussetzungen für die Anordnung der Durchsuchung und Beschlagnahme nach § 30 HDG lagen zum maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Beschlusses des Verwaltungsgerichts (vgl. hierzu: BVerwG, Beschluss vom 2. September 2022 - 2 WDB 6/22 -, juris Rn. 20; Bay. VGH, Beschluss vom 9. April 2021 - 16a DC 21.440 -, juris Rn. 9; VGH B-W, Beschluss vom 16. März 2009 - DB 16 S 57/09 -, juris Rn. 7) nicht vor.Abs. 30
Der Senat ist bei der Überprüfung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts - anders als in Beschwerdeverfahren gegen Beschlüsse über eine Aussetzung der vorläufigen Dienstenthebung und der Einbehaltung von Bezügen nach § 68 HDG - aufgrund des Umkehrschlusses aus § 72 Abs. 2 HDG nicht auf die Prüfung der dargelegten Gründe nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt.Abs. 31
Es kann im Ergebnis dahinstehen, ob überhaupt ein ordnungsgemäßer Antrag auf Erlass einer Durchsuchungs- und Beschlagnahmeanordnung vorlag (a). Der Beschluss des Verwaltungsgerichts erweist sich auch unabhängig davon als rechtswidrig (b).Abs. 32
a) Es dürfte bereits an einem ordnungsgemäßen Antrag auf Erlass einer Durchsuchungs- und Beschlagnahmeanordnung fehlen.Abs. 33
Nach § 30 Abs. 1 Satz 1 HDG kann das Verwaltungsgericht auf Antrag durch Beschluss Beschlagnahmen und Durchsuchungen anordnen; § 28 Abs. 4 HDG gilt entsprechend. Durch Verweis auf letztere Vorschrift wird zwar ausdrücklich lediglich verlangt, dass der Antrag durch den Dienstvorgesetzten, ihren allgemeinen Vertretungen oder Angehörigen des öffentlichen Dienstes mit der Befähigung zum Richteramt gestellt werden darf, was vorliegend erfolgt ist.Abs. 34
Darüber hinaus muss der Antrag nach § 30 Abs. 1 Satz 1 HDG zumindest in Grundzügen die Tatsachen schildern, auf welche sich der Antragsteller zur Annahme eines dringenden Verdachts eines Dienstvergehens des Beamten stützt. Dies beruht auf folgenden Erwägungen:Abs. 35
§ 57 Abs. 1 Satz 1 HDG fordert, dass eine (ggf. spätere) Klageschrift u. a. die Tatsachen, in denen ein Dienstvergehen gesehen wird, und die anderen Tatsachen und Beweismittel, die für die Entscheidung bedeutsam sind, geordnet darstellen muss. Das Gericht darf nach § 65 Abs. 2 HDG nur die Handlungen zum Gegenstand der Urteilsfindung machen, die der Beamtin oder dem Beamten in der Klage oder der Nachtragsdisziplinarklage als Dienstvergehen zur Last gelegt werden. Damit dürfen der tatbestandlichen Bejahung eines Dienstvergehens keine Pflichtverletzungen zugrunde gelegt werden, die in der Klageschrift zwar erwähnt werden, nach Auffassung des Dienstherrn jedoch nicht ein Dienstvergehen darstellen. Nicht aufklärbare Zweifel am Umfang der angeschuldigten Dienstpflichtverletzungen gehen zu Lasten des Dienstherrn, davon betroffene Pflichtenverstöße müssen bei der Beurteilung der Handlung als Dienstvergehen außer Betracht bleiben. Die Bindung an die dem Beamten in der Disziplinarklageschrift zur Last gelegten dienstpflichtwidrigen Handlungen bedeutet auch, dass das Gericht weder von Amts wegen die Ermittlungen und Beweiserhebungen auf nicht angeschuldigte Pflichtverletzungen ausdehnen noch die Behörde zur Ausdehnung der Ermittlungen anregen darf (zum Ganzen bzgl. § 60 BDG: Urban, in: Urban/Wittkowski, BDG, 2. Aufl. 2017, § 60 Rn. 12 f. m. w. N.).Abs. 36
Vor diesem Hintergrund sind zwar nicht ebensolche Anforderungen an einen Antrag auf Durchsuchung und Beschlagnahme nach § 30 HDG zu stellen, weil das behördliche Disziplinarverfahren noch nicht abgeschlossen ist und die Maßnahmen gerade der weiteren Sachverhaltsaufklärung dienen sollen. Dennoch müssen der Sachverhalt bzw. die Tatsachen, welche dem Beamten zur Last gelegt werden, hinreichend bekannt sein und dem Gericht im Rahmen des Antrags nach § 30 HDG deutlich vorgetragen werden. Denn § 30 HDG verlangt bereits einen dringenden Verdacht, was einen auf Tatsachen gestützten hohen Grad an Wahrscheinlichkeit bedeutet, dass der Beamte das ihm zur Last gelegte Dienstvergehen begangen hat (vgl. BVerwG, Beschluss vom 9. Mai 2023 - 2 AV 2/23 -, www.bverwg.de Rn. 6; Senatsbeschluss vom 11. Mai 2012 - 28 A 944/21.D -, n. v.; OVG NRW, Beschluss vom 9. Oktober 2019 - 3d E 619/19.BDG -, juris Rn. 12).Abs. 37
Dem wird die Antragsschrift vom 12. Mai 2023, die bei dem Verwaltungsgericht am 19. Mai 2023 eingegangen ist, nicht gerecht.Abs. 38
Darin wird lediglich ausgeführt, dass die erste Sichtung des WhatsApp-Chats zwischen dem Antragsgegner und PK D. den Verdacht begründet habe, dass der Antragsgegner nicht (mehr) auf dem Boden der freiheitlich-demokratischen Grundordnung stehe. Aufgrund dessen sei noch am selben Tag die Auswertung des Chatverlaufes zwischen den beiden Polizeibeamten erfolgt. Disziplinarrechtlich relevante Inhalt seien ab dem 20. Mai 2021 festgestellt worden. Weiter heißt es: „Bezüglich sämtlicher Inhalte sowie versendeter Bilder und Videos wird auf die beigefügten Bilder und den Auswertebericht vom 08.05.2023 verwiesen, die diesem Antrag beigefügt sind“. Es folgt: „Insbesondere handelt es sich um die folgenden Inhalte:…“, woran sich eine Auflistung einzelner Nachrichten und die Beschreibung von Dateien aus der deutlich umfassenderen Anlage zur Antragsschrift anschließt. Die Antragsschrift setzt mit einer „Dienstrechtliche Würdigung“ fort, die sich allein auf die politische Treuepflicht nach § 33 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG bezieht.Abs. 39
Daraus wird nicht hinreichend deutlich, welche Tatsachen im Einzelnen der Antragsteller für einen hinreichenden Tatverdacht eines Dienstvergehens als relevant ansieht. Diese Zweifel gehen zu Lasten des Antragstellers. Es stellt sich die Frage, ob die gesamte beigefügte Auswertung des Chatverlaufs in gedruckter Form oder ggf. die weiteren Dateien auf der beigefügten DVD, von welcher aber in der Antragsschrift keine Rede ist, einen dringenden Tatverdacht begründen sollen. Insofern würde sich aber die nochmalige Auflistung einzelner Nachrichten und die Beschreibung bestimmter Dateien in der Antragsschrift nicht erschließen. Auch wenn die Auflistung mit „Insbesondere“ eingeleitet wird, erscheint es ebenso gut möglich, dass der Antragsgegner allein diese im Einzelnen aufgelisteten Sachverhalte als Begründung des Antrags nach § 30 HDG betrachtet. Dafür würde auch sprechen, dass in der beigefügten gedruckten Auswertung des Chatverlaufs sowie auf der DVD Nachrichten enthalten sind, die offensichtlich nicht der Begründung eines Verstoßes gegen die Treuepflicht nach § 33 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG dienen sollen, sondern - wenn überhaupt - eines Verstoßes gegen die Verschwiegenheitspflicht nach § 37 Abs. 1 BeamtStG, auf welche sich der Antragsteller in der Antragsschrift aber nicht weiter bezieht. Die Dateien auf der DVD sind ferner ungeordnet und enthalten offensichtlich belanglose Inhalte, wie z. B. Familienbilder, private Sprachnachrichten oder Videos eines Saugroboters.Abs. 40
b) Dies kann im Ergebnis aber dahinstehen, da sich der Beschluss des Verwaltungsgerichts unabhängig davon als rechtswidrig erweist.Abs. 41
aa) Sollte der Antrag nach § 30 HDG derart zu verstehen sein, dass der Antragsteller allein die in der Antragsschrift aufgelisteten Sachverhalte zur Begründung eines dringenden Tatverdachts heranziehen will, ist der Beschluss des Verwaltungsgerichts schon deshalb rechtswidrig, weil das Verwaltungsgericht über die durch den Antragsteller benannten Sachverhalte hinausgegangen und weitere Chatnachrichten und Dateien aus der Anlage eigenständig als disziplinarrechtlich relevant angesehen hat (z. B. wie vom Verwaltungsgericht angeführt: „zu einer Mitteilung seines Chat-Partners über eine Kollegin, die ihren Dienst aufgrund eines Meniskusrisses nicht antreten konnte ‚Was ne Fotze‘, ‚Ich habe noch keine hübsche Frau getroffen, die gendert. Es sind immer unzufriedene Schlachtrösser, denen bisher nur Cousin F einen Hochzeitsantrag gemacht hat‘).Abs. 42
bb) Selbst wenn der Antrag unter Heranziehung sämtlicher WhatsApp-Nachrichten und Dateien aus der beigefügten Anlage ordnungsgemäß gestellt wäre, erweist sich der Beschluss des Verwaltungsgerichts ebenfalls als rechtswidrig.Abs. 43
Die Durchsuchung und Beschlagnahme gemäß § 30 Abs. 1 HDG darf nur angeordnet werden, wenn die Beamtin oder der Beamte des Dienstvergehens dringend verdächtig ist und die Maßnahme zu der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Disziplinarmaßnahme nicht außer Verhältnis steht.Abs. 44
Der danach für die Anordnung erforderliche dringende Tatverdacht eines vom Antragsgegner begangenen Dienstvergehens liegt nicht vor. Das Verwaltungsgericht geht zu Unrecht davon aus, dass gegenüber dem Antragsgegner der dringende Verdacht eines Verstoßes gegen die politische Treuepflicht gemäß § 33 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG besteht.Abs. 45
(1) Das Verwaltungsgericht hat schon nicht berücksichtigt, dass die dem Antragsgegner vorgeworfenen WhatsApp-Inhalte im Rahmen eines Einzelchats zwischen ihm und PK D. entnommen sind und diesbezüglich besondere Anforderungen der disziplinarischen Relevanz gelten. Aus diesen folgt, dass eine Berücksichtigung der dort getätigten Äußerungen und der Versendung von Dateien nicht erfolgen darf.Abs. 46
(a) Das öffentliche Interesse disziplinarer Ahndung muss zurücktreten, wenn z. B. ehrverletzenden Äußerungen ohne echten Kundgabewillen nur im engsten Familien- oder Freundeskreis gefallen sind und wenn der Betroffene aufgrund der besonderen Vertrautheit der Beteiligten und der Vertraulichkeit der Gesamtumstände nicht mit einem Bekanntwerden seiner Äußerung rechnen muss. Denn in diesen Fällen fordern die auch dem Beamten zustehenden Grundrechte auf Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG) und freie Entfaltung der Persönlichkeit (Art. 2 Abs. 1 GG) dass die Vertraulichkeit der Kommunikation respektiert wird und eine staatliche Sanktion unterbleibt (vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Januar 2022 - 2 WD 4/21 -, juris Rn. 48).Abs. 47
Gerade bei Äußerungen gegenüber Familienangehörigen und Vertrauenspersonen steht häufig weniger der Aspekt der Meinungskundgabe und die damit angestrebte Einwirkung auf die Meinungsbildung Dritter als der Aspekt der Selbstentfaltung im Vordergrund. Nur unter den Bedingungen besonderer Vertraulichkeit ist dem Einzelnen ein rückhaltloser Ausdruck seiner Emotionen, die Offenbarung geheimer Wünsche oder Ängste, die freimütige Kundgabe des eigenen Urteils über Verhältnisse und Personen oder eine entlastende Selbstdarstellung möglich. Unter solchen Umständen kann es auch zu Äußerungsinhalten oder -formen kommen, die sich der Einzelne gegenüber Außenstehenden oder in der Öffentlichkeit nicht gestatten würde. Gleichwohl verdienen sie als Ausdruck der Persönlichkeit und Bedingung ihrer Entfaltung den Schutz des Grundrechts (vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Januar 2022 - 2 WD 4/21 -, juris Rn. 50). Der Schutz der Vertrauenssphäre geht in einem solchen Fall auch dann nicht verloren, wenn sich der Staat etwa im Wege einer Durchsuchung eines Mobilfunkgerätes Kenntnis von vertraulichen Äußerungen erhält (vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Januar 2022 - 2 WD 4/21 -, juris Rn. 51).Abs. 48
Der Kreis möglicher Vertrauenspersonen ist nicht auf Eheleute oder Eltern beschränkt, sondern erstreckt sich auf ähnlich enge - auch rein freundschaftliche - Vertrauensverhältnisse. Entscheidend für den grundrechtlichen Schutz der Vertrauensbeziehung ist, dass ein Verhältnis besteht, welches für den Betroffenen in seiner Funktion, ihm einen Raum zu bieten, in dem er ohne Rücksicht auf gesellschaftliche Verhaltenserwartungen und ohne Furcht vor staatlichen Sanktionen verkehren kann, dem Verhältnis vergleichbar ist, wie es in der Regel zu Eheleuten, Eltern oder auch anderen Familienangehörigen besteht. Ein solches besonderes Näheverhältnis kann auch zwischen Menschen bestehen, die als Mitglieder einer Gruppe Gleichgesinnter mit gemeinsamen Freizeitgewohnheiten („Clique“) befreundet sind. Für junge Menschen sind in der Funktion als Ort entlasteter und entlastender vertrauensvoller Kommunikation häufig gerade Freundschaften dieser Art besonders wichtig. Zur Beurteilung, ob im Einzelfall zwischen den an einer Kommunikation Beteiligten ein derartiges Vertrauensverhältnis besteht, sind neben dem Charakter der Vertrauensbeziehung die Art und der Kontext der (ehrverletzenden) Äußerung zu berücksichtigen (zum Ganzen BVerwG, Urteil vom 13. Januar 2022 - 2 WD 4/21 -, juris Rn. 52 m. w. N.).Abs. 49
(b) Danach sind die vom Antragsteller vorgelegten WhatsApp-Inhalte zwischen dem Antragsgegner und PK D. disziplinarisch von vornherein nicht von Relevanz. Zwischen dem Antragsgegner und PK D. bestand nach Aktenlage ein vorstehend beschriebenes Vertrauensverhältnis. Dass es sich um Kollegen handelt, steht dem nicht entgegen. Auf eine freundschaftliche Verbundenheit lässt sich nicht nur aufgrund der miteinander geteilten Inhalte, auf deren gegenseitige Verschwiegenheit sie wohl vertrauten, schließen. Hierfür spricht vor allem auch, dass sich beispielsweise dem ausgedruckten „Chatverlauf“ entnehmen lässt, dass sie auch im Urlaub miteinander Kontakt pflegten (Nachricht vom 28. Mai 2021), der Antragsgegner über seine Cousine schrieb (Nachricht vom 30. Juni 2021) und eine Konversation offensichtlich mit Bezug zur Schwangerschaft der Partnerin des PK D erfolgte (Nachricht vom 30. August 2021). Für eine freundschaftliche Verbundenheit streiten auch weitere Nachrichten, auch dem „Report_B.“ auf der dem Antrag beigefügten DVD. Darin vertraut der Antragsgegner beispielsweise PK D mit den einleitenden Worten „Das bleibt jetzt unter uns“ an, dass er sich „offensichtlich auf die Hose gekotzt“ habe (Nachricht vom 26. Juni 2021). Ferner finden sich mehrfache Unterhaltungen über Angelsport und der Austausch bzgl. der Pin eines wohl gemeinsamen genutzten Netflix-Kontos (Nachrichten vom 22. März 2022).Abs. 50
Ein Vertrauensverhältnis bestätigend trägt der Antragsgegner zur Begründung seiner Beschwerde schließlich vor, dass er die von dem Verwaltungsgericht angeführten Ansichten lediglich in seinem engsten Freundeskreis kommuniziert habe.Abs. 51
(2) Ungeachtet dessen hat der Antragsgegner sich weder bzgl. der vom Verwaltungsgericht herangezogenen WhatsApp-Inhalte noch der weiteren sowohl in der Antragsschrift als auch der dieser beigefügten Dokumente eines Verstoßes gegen die Treuepflicht nach § 33 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG dringend verdächtigt gemacht.Abs. 52
(a) Nach § 33 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG müssen Beamtinnen und Beamte sich durch ihr gesamtes Verhalten zu der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes bekennen und für deren Erhaltung eintreten.Abs. 53
Der Begriff „freiheitlich demokratische Grundordnung“ ist identisch mit dem gleichlautenden Begriff, wie er bezogen auf Art. 21 Abs. 2 GG konturiert worden ist. Daraus folgt eine Konzentration auf wenige, zentrale Grundprinzipien, die für den freiheitlichen Verfassungsstaat schlechthin unentbehrlich sind. Ausgangspunkt für die Bestimmung des Begriffsinhalts ist danach die Würde des Menschen und das Demokratieprinzip, für das die Möglichkeit gleichberechtigter Teilnahme aller am politischen Willensbildungsprozess sowie die Rückbindung der Ausübung von Staatsgewalt an das Volk maßgeblich ist. Schließlich erfasst der Begriff den Grundsatz der Rechtsstaatlichkeit (vgl. BVerfG, Urteil vom 17. Januar 2017 - 2 BvB 1/13 -, juris Rn. 535 ff.; BVerwG, Beschluss vom 28. Januar 2022 - 2 WDB 7/21 -, juris Rn. 23; Urteil vom 13. Januar 2022 - 2 WD 4/21 -, juris Rn. 42).Abs. 54
Bei Äußerungen eines Beamten, dem ein Verstoß gegen die Treuepflicht vorgeworfen wird, ist zu berücksichtigen, dass das Grundrecht des Beamten nach Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG auch Äußerungen unabhängig davon schützt, ob sie sich als wahr oder unwahr erweisen, begründet oder grundlos, emotional oder rational, wertvoll oder wertlos, gefährlich oder harmlos sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Juni 2020 - 2 WD 17/19 -, juris Rn. 25). Von dem Grundrecht auf Meinungsfreiheit sind sogar offensichtlich anstößige, abstoßende und bewusst provozierende Äußerungen gedeckt, die wissenschaftlich haltlos sind und das Wertfundament unserer gesellschaftlichen Ordnung zu diffamieren suchen (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 22. Juni 2018 - 1 BvR 2083/15 -, juris Rn. 29). Bei der Auslegung der Äußerung ist vom objektiven Erklärungsgehalt auszugehen, wie ihn ein unbefangener Dritter verstehen musste. Dabei sind alle Begleitumstände einschließlich des Kontextes und der sprachlichen und gesellschaftlichen Ebene, auf der die Äußerungen fielen, zu berücksichtigen (vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Januar 2022 - 2 WD 4/21 -, juris Rn. 34 m. w. N.). Maßgeblich für die Deutung ist nicht die subjektive Absicht des sich Äußernden, sondern der Sinn, den die Äußerung nach dem Verständnis eines unvoreingenommenen und verständigen Durchschnittspublikums hat. Bei mehrdeutigen Äußerungen haben Behörden und Gerichte sanktionsrechtlich irrelevante Auslegungsvarianten mit nachvollziehbaren und tragfähigen Gründen auszuschließen, bevor sie ihrer Entscheidung eine zur Anwendung sanktionierender Normen führende Deutung zugrunde legen (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 11. November 2021 - 1 BvR 11/20 -, juris Rn. 17; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 24. Januar 2018 - 1 BvR 2465/13 -, juris Rn. 19; BVerwG, Urteile vom 26. April 2023 - 6 C 8/21 -, juris Rn. 29 f. und vom 13. Januar 2022 - 2 WD 4/21 -, juris Rn. 34). Hiergegen wird verstoßen, wenn das Teilen einer Meinungsäußerung eine bei hinreichender Beachtung des Zusammenhangs nicht mehr verständliche, verschärfende und damit überzogene Deutung gegeben und sie in dieser Deutung einer disziplinarrechtlichen Würdigung und Ahndung unterworfen wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. Juni 2020 - 2 WD 17/19 -, juris Rn. 31).Abs. 55
Insbesondere bei Aussagen, die Rückschlüsse auf eine der freiheitlichen demokratischen Grundordnung entgegenstehende Gesinnung zulassen, kann es darauf ankommen, ob die Textnachrichten, Bild- und Videodateien (sog. Postings) objektiv einen klar erkennbaren verfassungsfeindlichen Inhalt haben oder etwa angesichts einer spielerisch-scherzhaften Einkleidung der Kommunikation nicht selbsterklärend sind (vgl. BVerwG, Beschluss vom 10. Oktober 2019 - 2 WDB 2/19 -, juris Rn. 27). Die objektive Verletzung der Verfassungstreuepflicht nach § 33 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG muss auch eine entsprechende (subjektive) Gesinnung des Beamten wiederspiegeln (vgl. BVerwG, Beschluss vom 28. Januar 2022 - 2 WDB 7/21 -, juris Rn. 22 ff.). Hat ein Beamter seine Äußerungen nicht ernst gemeint, fehlt es an einer verfassungsfeindlichen Gesinnung (vgl. BVerwG, Beschluss vom 28. Januar 2022 - 2 WDB 7/21 -, juris Rn. 26 sowie die Anmerkung Nitschkes hierzu in NVwZ 2022, S. 798; BVerwG, Urteil vom 13. Januar 2022 - 2 WD 4/21 -, juris Rn. 43).Abs. 56
(b) (aa) Davon ausgehend stellen die vom Verwaltungsgericht herangezogenen WhatsApp-Inhalte keinen Verstoß gegen die Treuepflicht dar.Abs. 57
Den vom Verwaltungsgericht angeführten WhatsApp-Nachrichten und Dateien lässt sich keine der freiheitlichen demokratischen Grundordnung widersprechende Grundhaltung, weil es sich um eine rassistische, behinderten-, ausländer- und minderheitenfeindliche Einstellung des Antragsgegners handele, entnehmen.Abs. 58
Die Annahme des Verwaltungsgerichts ist schon deshalb nicht tragfähig, weil es die jeweiligen WhatsApp-Inhalte nicht unter Berücksichtigung von Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG ausgelegt und einer eingehenden rechtlichen Prüfung unterzogen hat. Es führt zwar zunächst aus, es dürften sich zwar einige der vom Antragsteller aufgeführten Äußerungen noch im Bereich der im Rahmen der Meinungsfreiheit zulässigen Kritik an der Politik der Regierung, insbesondere deren Flüchtlings- und Minderheitenpolitik, bewegen. Sodann nimmt das Verwaltungsgericht aber pauschal an, dass einige Äußerungen hingegen deutlich für eine fremden- und demokratiefeindliche Gesinnung des Beamten sprächen. Ohne weitere Ausführungen und einer Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG gerecht werdenden Auslegung werden im Folgenden vom Verwaltungsgericht selbst „herausgepickte“ Nachrichten/Dateien als Verstoß gegen die Treuepflicht aufgelistet. Das Verwaltungsgericht berücksichtigt dabei auch nicht, dass der Antragsteller den ausgedruckten „Chatverlauf“ lediglich fragmentarisch vorgelegt hat und die kommentarlos auf der beigefügten DVD enthaltenen Dateien ungeordnet sind sowie offensichtliche Belanglosigkeiten enthalten. Vielmehr misst das Verwaltungsgericht den Äußerungen des Antragsgegners offenbar allein eine verschärfende und damit überzogene Deutung bei. Das hält einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.Abs. 59
Den vom Verwaltungsgericht angeführten Äußerungen lässt sich kein klar erkennbarer verfassungsfeindlicher Inhalt entnehmen.Abs. 60
Im Einzelnen:Abs. 61
Das Verwaltungsgericht misst offenbar der Aussage: „Ich habe noch keine hübsche Frau getroffen, die gendert. Es sind immer unzufriedene Schlachtrösser, denen bisher nur Cousin F einen Hochzeitsantrag gemacht hat“ (Nachricht vom 4. November 2021) einen frauenfeindlichen Inhalt bei. Dabei berücksichtigt das Verwaltungsgericht nicht, dass der Antragsgegner diese Aussage nicht selbst getroffen hat, sondern einen Screenshot eines E. mit dem entsprechenden Posting an PK D. übersandte. Angesichts der spielerisch-scherzhaften Einkleidung der auch übrigen Kommunikation zwischen dem Antragsgegner und PK D. handelt es sich aber um einen geschmacklosen Witz, verbunden mit einer unter Berücksichtigung von Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG geäußerten überspitzten Kritik an einer geschlechtersensiblen Sprache („Gendern“). Kritik an einer geschlechtersensiblen Sprache, die von einem nicht unerheblichen Teil der Bevölkerung abgelehnt wird, kann aber von vornherein, auch wenn sie in überzogener Form geäußert wird, keine Frauenfeindlichkeit entnommen werden. Es stellte sich ansonsten schon die Frage, ob Frauen, welche diese Form der Sprache ablehnen, ebenfalls als frauenfeindlich gälten.Abs. 62
Entsprechendes gilt für den vom Verwaltungsgericht angeführten Beitrag von zdfheute mit der Aufschrift „Die Islamist*innen ziehen in immer mehr afghanische Städte ein“, woraufhin der Antragsgegner an PK D. schrieb: „Genderwahn sitzt“ (Nachricht vom 18. August 2021).Abs. 63
Eine frauenfeindliche Aussage kann ferner nicht dem geteilten Bild einer Frau und einer Figur aus der Sesamstraße mit der Überschrift „Zehn Minuten nach dem Vortrag der ‚Uni-Aktivistin‘ über das Geschlechterspektrum wird Murray langsam klar, warum die Kirche Hexen verbrannt hat.“ (Nachricht vom 9. August 2021) entnommen werden. Darin steckt eine überspitzte unangemessene Kritik bzw. Teilhabe an der öffentlichen Diskussion bzgl. des „Genderns“ und der Diskrepanz zwischen biologischem und sozialen Geschlecht.Abs. 64
Soweit das Verwaltungsgericht den Kommentar des Antragsgegners „Was ne Fotze“ (Nachricht vom 19. September 2021) zu einer Nachricht des PK D., wonach eine Kollegin ihren Dienst aufgrund eines Meniskusrisses nicht habe antreten können, zu dessen Lasten wohl als frauenfeindlich wertet, ist ein klar verfassungsfeindlicher Inhalt in dieser Beleidigung nicht zu erkennen. Darüber hinaus berücksichtigt das Verwaltungsgericht den Kontext der Äußerung nicht. Dem ausgedruckten „Chatverlauf“ lässt sich insofern zumindest entnehmen, dass die Aussage im Zusammenhang mit der Beschwerde des PK D. darüber gefallen ist, dass er einen vermeintlich unnötigen Zusatzdienst habe leisten müssen. Dies beachtend lässt sich die Nachricht des Antragsgegners auch als überspitzte unangemessene Kritik an der Kollegin verstehen, welche im Gegensatz zu PK D. keinen Dienst verrichtete.Abs. 65
Es erschließt sich ferner nicht, worin nach Auffassung des Verwaltungsgerichts eine homophobe und darin zugleich angeblich zu erblickende verfassungsfeindliche Äußerung liegen soll, soweit der Antragsgegner in einem von ihm geteilten Screenshot nach dem verlorenen WM-Fußballspiel der deutschen Nationalmannschaft gegen England schrieb: „Nicht so wichtig, Hauptsache Manuel trug konsequent die Regenbogen-Binde“ (Nachricht vom 30. Juni 2021). Es handelt sich vielmehr bei unvoreingenommener und verständiger Betrachtung offensichtlich um Kritik an der aus Sicht des Antragsgegners mangelhaften Leistung der deutschen Fußballnationalmannschaft. Seine Nachricht impliziert den Verdacht, dass sich die Nationalmannschaft zu sehr auf bestimmte politische Aussagen statt auf die sportliche Leistung konzentrierte. Eine solche Deutung hat das Verwaltungsgericht nicht im Ansatz in Betracht gezogen. Dies gilt auch für die weitere vom Verwaltungsgericht herangezogene Äußerung des Antragsgegners über das Finale der Frauen-EM im Fußball „Können ja dann im Winter zur WM wieder schauen. Wenn Manuel seine Regenbogenbinde leider zu Hause vergessen hat“ (Nachricht vom 31. Juli 2022). Der Antragsgegner hat damit offensichtlich auf die in der öffentlichen Diskussion geführte Debatte über die Menschenrechte in Katar und das Tragen der Regenbogen-Binde während der dortigen WM angespielt.Abs. 66
Worin nach den Ausführungen des Verwaltungsgerichts eine Verächtlichmachung von „queeren“ Personen und zugleich gar eine verfassungsfeindliche Haltung liegen soll, soweit der Antragsgegner über eine „queere“ Person geschrieben hat: „Hab ich aufn erste Blick gesehen“ (Nachricht vom 10. Oktober 2021), erschließt sich ebenfalls nicht. Eine objektive Beleidigung oder sonstige Herabwürdigung ist dieser Aussage nicht zu entnehmen. Es lässt sich allenfalls vermuten, dass der Antragsgegner mit Blick auf das in diesem Zusammenhang wohl geteilte Video meinte, dass er aufgrund stereotypischer Merkmale habe erkennen, dass die dargestellte Person keinem „heteronormativen“ Erscheinungsbild entspricht.Abs. 67
Um eine allenfalls unangemessene Kritik bzw. einen geschmacklosen Witz handelt es sich auch bei der weiteren Nachricht des Antragsgegners zu einem Sitz-/Liegefahrrad mit Regenbogenfahne vor einer Metzgerei: „ich hoffe die metzgerei… hat für diesen velofahrer auch vegane Leberwurst in der Auslage“ (Nachricht vom 25. Oktober 2021), welche offensichtlich auf bestimmte Klischees anspielt.Abs. 68
Ähnliches gilt für die Nachricht des Antragsgegners über einen Referenten eines Workshops zum Thema sexuelle und geschlechtliche Vielfalt im hessischen Landesdienst: „Wurde offenbar Opfer unseres bunten Landes“ (Nachricht vom 29. Oktober 2021), wobei anscheinend Bezug auf ein geteiltes Video genommen wird. Ein verfassungsfeindlicher Inhalt lässt sich der Nachricht aber auch bei isolierter objektiver Betrachtung nicht entnehmen. Darin steckt allenfalls eine Kritik an einer aus Sicht des Antragsgegners fortschreitenden gesellschaftlichen Liberalisierung.Abs. 69
Fremdenfeindliche Aussagen und dementsprechend verfassungsfeindliche Inhalte sind ebenfalls nicht zu erkennen. Bei den vom Verwaltungsgericht insoweit angeführten WhatsApp-Inhalten handelt es sich um geschmacklose Witze, denen jedenfalls eine ernsthafte verfassungsfeindliche Gesinnung des Antragsgegners nicht zu entnehmen ist. Dies betrifft etwa das geteilte Bild, auf welchem zu sehen ist, wie ein Mann einen dunkelfarbigen Fußballspieler auf den Kopf küsst und worüber geschrieben steht: „Wenn Du Deine Cola zu schnell ins Glas schüttest“ (Nachricht vom 25. November 2022). Das Bild spielt offensichtlich auf den Kontrast zwischen dem dunkelhäutigen Fußballspieler und seiner blondierten Frisur an, worin der Ersteller des Bildes einen Vergleich mit einer schäumenden Cola zieht.Abs. 70
Die vom Verwaltungsgericht als fremdenfeindlich gewertete Aussage des Antragsgegners zu einer Pressemeldung seiner Dienststelle über einen versuchten Raub („Das südosteuropäische Erscheinungsbild hat man einfach mal weggelassen. Zum Kotzen“, Nachricht vom 17. September 2021) lässt unter Beachtung von Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG bei einer unvoreingenommenen Auslegung keine solche Deutung zu. Vielmehr ist eine Auslegung derart möglich, dass der Antragsgegner kritisiert, dass zur besseren Beschreibung des Täters auch dessen Erscheinungsbild, offenbar mit Migrationshintergrund, hätte mitgeteilt werden sollen. Außerdem kann darin eine generelle Kritik an der Pressearbeit der Polizei gesehen werden, welche - wie es in der öffentlichen Diskussion teilweise immer wieder gefordert wird -, die Nationalität des Täters benennen sollte.Abs. 71
Die Antwort auf eine Verkaufsanzeige eines Kollegen durch vorgetäuschte Interessenten („Ich interessiere mich für Angebot. Ich bin Hüsseyn …. Wir sind 5 (drei Kinder 1 Frau) und ich. Darum suche ich Kombi. Ich kann bezahlen 8500 € und im nächsten Jahr noch 500 €, wenn wir haben mehr Kindergeld. Kann ich kommen vorbei und gucken Auto an.“, Nachricht vom 5. Dezember 2022) enthält ebenfalls keinen objektiv verfassungsfeindlichen Inhalt. Soweit sich das dem ausgedruckten „Chatverlauf“ entnehmen lässt, haben sich sowohl der Antragsgegner als auch PK D. nicht nur einmal einen „Spaß“ daraus gemacht, Kollegen durch vorgetäuschtes Interesse und falscher Identität auf einer Online-Plattform „reinzulegen“. Sie haben dabei mit klischeebehafteten Vorurteilen bzgl. Migranten einen geschmacklosen Witz gemacht, der auf gegenseitige Lacher und Lacher bei den betroffenen Kollegen bei Enttarnung der Täuschung abzielte.Abs. 72
(bb) Die weiteren von dem Antragsteller in der Antragsschrift aufgelisteten Nachrichten und Dateiinhalte haben ebenfalls keinen objektiv klar erkennbaren verfassungsfeindlichen Gehalt.Abs. 73
Abs. 74
Der Kommentar des Antragsgegners zu dem am 23. Mai 2021 versendeten Screenshot des dunkelhäutigen Frankfurter Fußballspielers Ragnar Ache („Frankfurter Wikinger“) lässt die günstige und damit nicht fremdenfeindliche oder rassistische Deutung dahingehend zu, dass der Antragsgegner durch den Begriff „Wikinger“ auf den Vornamen Ragnar anspielte. Bei diesem handelt es sich um einen dänischen Wikingerkönig, der zudem eine tragende Rolle in der Fernsehserie „Vikings“ spielt (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Ragnar_Lodbrok; https://de.wikipedia.org/wiki/Vikings_(Fernsehserie)).Abs. 75
Hinsichtlich des von dem Antragsgegner angeführten Nachrichtenwechsels zwischen PK D. und dem Antragsgegner am 11. Juni 2021, in welchem PK D. den Screenshot einer dunkelhäutigen Polizistin bei einer Videokonferenz teilt, ist nicht nur zu berücksichtigen, dass PK D. das Bild teilte und kommentierte mit: „An vorderster Front gegen Hass, Hetze und Intoleranz“. Der Antragsgegner schrieb hierzu lediglich „Es geht voran...weiter so“. Hierin kann kein objektiv verfassungsfeindlicher Gehalt gesehen werden. Abgesehen davon, dass nicht deutlich wird, was Gegenstand der Videokonferenz war, ist eine Auslegung derart möglich, dass der Antragsgegner es befürwortet, wenn Personen, die nach dem äußeren Erscheinungsbild zu einer Minderheit gehören, sich selbst gegen Hass, Hetze und Intoleranz einsetzen.Abs. 76
Der Antragsteller benennt ferner folgende Kommunikation:Abs. 77
„Am 22. Juni 2021 um 18:11 Uhr teilte PK D. ein Bild von einer Transathletin bei Olympia und schreibt: ‚Leicht unfair. War schon als Mann erfolgreich Leicht‘ POK C… antwortet am selben Tag um 18:12 Uhr mit einem geteilten Bild. Auf dem Bild sind ein hellhäutiger, ca. 50-jähriger Mann mit einer Panzerfaust und eine ca. 10 Jahre alte Person of Color zu sehen.“Abs. 78
Inwiefern aus diesem Nachrichtenwechsel ein objektiv verfassungsfeindlicher Gehalt zu folgern ist, erschließt sich nicht. Es handelt sich allenfalls um einen geschmacklosen Witz mit Blick auf die gewichthebende Transathletin. Die Reaktion des Antragsgegners ist nicht eindeutig und erlaubt keinen Schluss auf eine verfassungsfeindliche Gesinnung.Abs. 79
Eine solche Gesinnung lässt sich auch der weiteren Nachricht des Antragsgegners im Verlauf der Konversation am selben Tag gegen 18:15 Uhr nicht entnehmen. Diese beschreibt der Antragsteller wie folgt:Abs. 80
„Später in dieser Konversation um 18:15 Uhr teilt POK F. erneut ein Bild. Auf diesem ist eine Weltkarte zu sehen, welche durch eine Zeichnung (horizontale und vertikale schwarze Linie) in vier Bereiche geteilt wurde. Die Mitte des Kreuzes befindet sich auf Mitteleuropa (Deutschland). Die Bereiche sind wie folgt eingeteilt und wie folgt beschriftet:Abs. 81
Nordamerika/Grönland/Großbritanien -> PädophileAbs. 82
Mittel- und Südamerika/Westafrika -> Kokain und TacosAbs. 83
Nord- und Osteuropa/Nord- und Ostasien -> Curry-Hund-EsserAbs. 84
Ostafrika/Südasien/Australien -> Känguru und Porno-Kartoons"Abs. 85
Angesichts des Nachrichtenverlaufs an diesem Tag und der damit spielerisch-scherzhaften Einkleidung der Kommunikation ist die Nachricht nicht selbsterklärend. Dass die Mitte des Kreuzes auf Deutschland liege, trifft ausweislich des der Antragsschrift beigefügten „Chatverlaufs“ nicht zu. Was hieraus zu folgern ist, schildert der Antragsteller nicht. Da in dem Chat ein auf kurzfristige „Lacher“ angelegter Überbietungswettbewerb an geschmacklosen Bemerkungen stattfand, ist der Rückschluss auf eine ernsthaft verfassungsfeindliche Gesinnung nicht zwingend (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 13. Januar 2022 - 2 WD 4/21 -, juris Rn. 43).Abs. 86
Aus dem bloßen Austauschen von „Regenbogen-Bildern“ am 10. Oktober 2021 lässt sich entgegen der Darstellung des Antragstellers keine Verhöhnung der „LGBTQ+-Community“ annehmen. Soweit der Antragsteller in diesem Zusammenhang ein von dem Antragsgegner geteiltes Bild mit dem Text „Egal wie tief man die Messlatte für menschlichen Verstand ansetzt, jeden Tag kommt jemand und marschiert aufrecht darunter durch“ ist darin allenfalls eine überspitzte Kritik oder ein geschmackloser Witz zu erblicken, aber kein objektiv klar erkennbarer verfassungsfeindlicher Gehalt sowie eine entsprechende verfassungsfeindliche Gesinnung des Antragsgegners.Abs. 87
Der Antragsteller führt bzgl. eines Verstoßes gegen die Treuepflicht des Weiteren folgende Konversation an:Abs. 88
„Am 19.11.2021 um 17 26 Uhr versendet PK D. vier Bilder von Beiträgen des Accounts ‚Polizei Hessen Karriere‘. Auf den Bildern sind u. A. ein dunkelhäutiger PK-A und zwei Kolleginnen mit augenscheinlichem Migrationshintergrund zu sehen. Ein diesbezüglicher Kommentar von POK F. bleibt zunächst aus. Allerdings versendet er am 24.11.2021 um 12:05 ein Bild mit der folgenden Überschrift: ‚Dieser Moment, wenn Meister Eder in einer Kinderserie einfach konstant Bier säuft‘. PK D. antwortet diesbezüglich: ‚Und was sagt er in diesem Augenblick?‘ und ‚Es muss auch blöde geben und es werden immer mehr!‘“Abs. 89
Was der Antragsteller dem Antragsgegner hier konkret zur Last legt, bleibt unklar. Dass es sich bei dem vom Antragsgegner versendeten Bild um eine Reaktion auf die fünf Tage zuvor von PK D. versendeten Bilder gehandelt haben und hieraus eine fremdenfeindliche oder rassistische Haltung des Antragsgegners geschlussfolgert werden soll, ist keinesfalls selbsterklärend. Das offensichtlich scherzhafte Bild, welches der Antragsgegner übersandte, lässt auch nicht im Ansatz den Schluss auf eine verfassungsfeindliche Gesinnung des Antragsgegners zu.Abs. 90
Der weiteren Kommunikation zu einer Transfrau lässt sich ebenfalls kein verfassungsfeindlicher Gehalt beimessen. Der Antragsteller führt den Nachrichtenverlauf wie folgt an:Abs. 91
„Am 13.01.2022 teilt POK F. einen Zeitungsartikel, über dessen Inhalt beide Polizeibeamte spotten. Die Überschrift lautet: ‚USA: Transfrau verliert bei Damen-Schwimmwettbewerb gegen Transmann‘. POK F. schreibt dazu: ‚Soll knapp gewesen sein...‘ PK D. antwortet: ‚Wäre hätte gedacht das der gedopte Mensch gewinnt. Verlierer sind trotzdem beide, da unheilbar krank.‘“Abs. 92
Es handelt sich wiederum allenfalls um einen geschmacklosen Witz bzw. Kritik - wie sie im Übrigen auch in der öffentlichen Diskussion geübt wird - daran, dass Transfrauen/Transmännern im jeweiligen Frauen/Männersport teilnehmen. Mit Blick auf den Kommentar des PK D. ist ferner zu berücksichtigen, dass Transgeschlechtlichkeit erst ab dem Jahr 2022 von der WHO in der ICD-11 nicht mehr als Krankheit angesehen wird, wobei die Einführung der ICD-11 ab dem Jahr 2022 im deutschen Sprachraum wohl noch mehrere Jahre in Anspruch nehmen werde (vgl. https://www.spiegel.de/gesundheit/diagnose/who-streicht-transgender-von-liste-der-psychischen-krankheiten-a-1213812.html; https://de.wikipedia.org/wiki/Transsexualit%C3%A4t#Diagnose).Abs. 93
Soweit der Antragsgegner am 27. Mai 2022 ein Bild versendete mit der Überschrift: „Wenn du geträumt hast, dich mit Affenpocken infiziert zu haben, aber dann fällt dir wieder ein, dass du heterosexuell bist.“, ist ein verfassungsfeindlicher Gehalt objektiv nicht gegeben. Es handelt sich allenfalls um einen geschmacklosen Witz, der darauf anspielt, dass die Übertragung der sog. Affenpocken in erster Linie im Rahmen von sexuellen Aktivitäten zwischen Männern erfolgt (vgl. https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/A/Affenpocken/Ausbruch-2022-Situation-Deutschland.html).Abs. 94
Ein verfassungsfeindlicher Gehalt lässt sich der folgenden vom Antragsgegner angeführten Konversation ebenfalls nicht entnehmen:Abs. 95
„Am 27.11.2022 versendet POK F. um 19:16 einen Screenshot eines Twitter-Posts des DFB-Teams. Auf dem Bild ist neben der Mannschaftsaufstellung für das Fußballspiel der deutsche Nationalspieler Antonio Rüdiger zu sehen. Das Bild kommentiert er mit: ‚Die Pressefuzzis vom DFB‘. PK D. antwortet: ‚Man hat sich wieder des Aushängeschildes bedient.‘“Abs. 96
Hieraus scheint der Antragsteller eine rassistische Einstellung des Antragsgegners schlussfolgern zu wollen. Das lässt sich indes weder objektiv seiner Nachricht noch subjektiv bzgl. einer verfassungsfeindlichen Gesinnung des Antragsgegners klar entnehmen. Der weitere Kommentar des PK D. lässt sich unter Berücksichtigung von Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG auch dahingehend verstehen, dass er den Fußballspieler Antonio Rüdiger als Leistungsträger der Nationalmannschaft betrachtet.Abs. 97
(cc) Schließlich ergibt sich auch dann kein dringender Verdacht eines Verstoßes gegen die Treuepflicht nach § 33 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG gegenüber dem Antragsgegner, selbst wenn auf die weiteren Nachrichten und Dateiinhalte im Anhang der Antragsschrift vom 12. Mai 2023, einschließlich der DVD-Inhalte, abzustellen wäre.Abs. 98
Den darin angeführten Äußerungen lässt sich ganz überwiegend kein klar erkennbarer objektiv verfassungsfeindlicher Gehalt entnehmen. Sie sind spielerisch-scherzhaft eingekleidet und insoweit nicht selbsterklärend. Jedenfalls ist aus diesen ein Rückschluss auf eine ernsthafte verfassungsfeindliche Gesinnung des Antragsgegners nicht zwingend.Abs. 99
Beispielhaft ist ein verfassungsfeindlicher Gehalt des Bildes zweier Häuser und Gärten mit einer gehissten Deutschlandfahne im Hintergrund am 22. Juni 2021, welches PK D. versandte, offensichtlich nicht gegeben.Abs. 100
Die Nachricht des Antragsgegners vom 31. Juli 2022 („Was halten Sie von Frauenfussball? Find ich beides gut!“) ist beispielsweise - auch angesichts der weiteren in diesem Kontext gewechselten Nachrichten - ein Witz. Um geschmacklose Witze handelt es sich ferner bei Bildcollagen, auf welchen Ricarda Lang abgebildet ist, die PK D. am 29. September 2022 und am 21. November 2022 versandte und welche der Antragsgegner unkommentiert ließ.Abs. 101
(dd) Da sämtliche Äußerungen für sich betrachtet keinen dringenden Verdacht eines Verstoßes gegen die Treuepflicht nach § 33 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG begründen, ergibt sich dieser auch nicht aus einer Gesamtschau der Äußerungen.Abs. 102
cc) Unabhängig davon fehlt es an einem dringenden Verdacht für einen Verstoß gegen die Treuepflicht aus § 33 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG, selbst wenn den Nachrichteninhalten insgesamt oder teilweise ein ernsthafter verfassungsfeindlicher Inhalt beigemessen würde. Es würde sich lediglich um ein „bloßes Haben/Mitteilen“ einer entsprechenden Gesinnung handeln, was für einen Treuepflichtenverstoß nicht genügt.Abs. 103
Das bloße Haben einer Überzeugung und die bloße Mitteilung, dass man diese habe, reichen für die Annahme einer Verletzung der dem Beamten auferlegten Treuepflicht grundsätzlich nicht aus. Ein Dienstvergehen besteht erst, wenn der Beamte aus seiner politischen Überzeugung Folgerungen für seine Einstellung gegenüber der verfassungsmäßigen Ordnung der Bundesrepublik Deutschland, für die Art der Erfüllung seiner Dienstpflichten, für den Umgang mit seinen Mitarbeitern oder für politische Aktivitäten im Sinne seiner politischen Überzeugung zieht (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. November 2017 - 2 C 25/17 -, juris Rn. 21 m. w. N.). Ein entsprechendes „Mehr“ als das bloße Haben und Mitteilen ist aber nicht erst bei einem offensiven Werben erreicht. Zwischen dem „bloßen“ Haben und Mitteilen einer Überzeugung und dem planmäßigen werbenden Agieren oder gar Agitieren liegen differenzierungsfähige und erhebliche Abstufungen (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. November 2017 - 2 C 25/17 -, juris Rn. 23).Abs. 104
Hinsichtlich einer Tätowierung mit verfassungsfeindlichem Inhalt hat das Bundesverwaltungsgericht zudem entschieden, dass die Betätigung einer verfassungsfeindlichen Gesinnung auch durch „bloße“ Tätowierung möglich ist. Tätowierungen komme vielfach eine gruppeninterne Funktion als sichtbares Symbol geteilter Überzeugungen zu, die es Gleichgesinnten erlaube, einander zu erkennen und sich als eine von den „anderen“ abgrenzbare Gruppe zu identifizieren. Wenn sich ein Anhänger verfassungsfeindlicher Ziele nur im Kreis Gleichgesinnter offenbare und betätige, ziehe er nämlich Folgerungen aus seiner Überzeugung für seine Einstellung gegenüber der verfassungsmäßigen Ordnung der Bundesrepublik Deutschland. Auch wenn sich ein Beamter in einer verfassungsfeindlichen Organisation rein intern engagiere und seine Überzeugung nur dort offenlege, liege hierin eine gelebte Folgerung und Betätigung seiner politischen Auffassung. Die Überzeugung führe in diesen Fällen nicht zu einer bloß passiven Zugehörigkeit zu einer Organisation, sondern zu einer gelebten Identifizierung. Die Öffentlichkeit einer verfassungsfeindlichen Betätigung sei damit nicht Voraussetzung für einen Verstoß gegen die Treuepflicht des Beamten (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. November 2017 - 2 C 25/17 -, juris Rn. 25, 29 f.).Abs. 105
Dies zugrunde gelegt würde es sich bei dem privaten Austausch in einem „Eins-zu-Eins-Chat“ von unterstellt verfassungsfeindlichen Inhalten um das bloße Haben bzw. Mitteilen einer verfassungsfeindlichen Ansicht handeln. Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsgegner Folgerungen für seine Einstellung gegenüber der verfassungsmäßigen Ordnung der Bundesrepublik Deutschland, für die Art der Erfüllung seiner Dienstpflichten, für den Umgang mit seinen Mitarbeitern oder für politische Aktivitäten im Sinne seiner politischen Überzeugung zieht, sind nicht erkennbar. Der Austausch in einem privaten WhatsApp-Chat zwischen zwei Personen ist auch nicht mit verfassungsfeindlichen Tätowierungen vergleichbar, so dass sich die Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts, wonach die Öffentlichkeit einer verfassungsfeindlichen Betätigung nicht Voraussetzung für einen Verstoß gegen die Treuepflicht des Beamten sei (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. November 2017 - 2 C 25/17 -, juris Rn. 29), und welche das Verwaltungsgericht Wiesbaden regelmäßig heranzieht, hier nicht übertragen lassen. Es fehlt an einer entsprechend „plakativen Kundgabe“ wie bei einer Tätowierung als sichtbares Symbol geteilter Überzeugungen, die es Gleichgesinnten erlaube, einander zu erkennen (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. November 2017 - 2 C 25/17 -, juris Rn. 24, 30).Abs. 106
(3) Ob der Antragsgegner sich der Verletzung seiner Verschwiegenheitspflicht nach § 37 Abs. 1 BeamtStG dringend verdächtig gemacht hat, kann dahinstehen. Eine solcher Verstoß erscheint schon fraglich, weil es sich bei dem Antragsgegner und PK D. um Kollegen handelte und, soweit der Antragsgegner Bilder an PK D. bzgl. dienstlicher Dokumente, einer E-Mail sowie einer ZEVIS-Abfrage übersandte, die Annahme einer Mitteilung, die im dienstlichen Verkehr geboten ist (vgl. § 37 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BeamtStG), möglich ist.Abs. 107
Jedenfalls hat der Antragsteller seinen Antrag nach § 30 HDG auf eine Verletzung der Verschwiegenheit nach § 37 Abs. 1 BeamtStG nicht gestützt. Eine Anordnung der Durchsuchung und Beschlagnahme würde ferner zu der erwartenden Disziplinarmaßnahme außer Verhältnis stehen. Es wäre nicht zu erwarten, dass der Antragsgegner deshalb zurückgestuft oder aus dem Beamtenverhältnis entfernt würde (vgl. hierzu grundsätzlich BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 21. Juni 2006 - 2 BvR 1780/04 -, juris Rn. 24; Senatsbeschluss vom 11. Mai 2012 - 28 A 944/21.D -, n. v.).Abs. 108
3. Aufgrund des Erfolgs der Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 26. Mai 2023 haben sich sowohl der Antrag auf Erlass einer sog. Hängeverfügung (Antrag zu 2.) als auch der Antrag, die Durchsicht der bei dem Antragsgegner sichergestellten Datenträger zu unterlassen (Antrag zu 3.), erledigt und über die Hilfsanträge war ebenfalls nicht mehr zu entscheiden.Abs. 109
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 81 Abs. 4 HDG i. V. m. § 154 Abs. 2 VwGO.Abs. 110
5. Einer Festsetzung des Streitwertes bedarf es gemäß § 82 Abs. 1 Satz 1 HDG i. V. m. der Anlage zum HDG nicht, da sich hieraus eine Festgebühr ergibt.Abs. 111
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 6 HDG i. V. m. § 152 Abs. 1 VwGO).Abs. 112

(online seit: 19.07.2023)
Zitiervorschlag: Gericht, Datum, Aktenzeichen, JurPC Web-Dok, Abs.
Zitiervorschlag: Hessischer VGH, Disziplinarrechtliche Durchsuchungsanordnung wegen Inhalten in einem WhatsApp-Chat - JurPC-Web-Dok. 0099/2023