JurPC Web-Dok. 77/2023 - DOI 10.7328/jurpcb202338677

KG Berlin

Urteil vom 14.03.2023

7 U 74/22

Elektronischer Rechtsverkehr für Syndikusrechtsanwälte

JurPC Web-Dok. 77/2023, Abs. 1 - 36


Leitsatz:

§ 130d ZPO gilt auch für Syndikusrechtsanwälte und beansprucht Beachtung unabhängig davon, ob für das konkrete Verfahren Anwaltszwang herrscht oder nicht.

Gründe:

I. Die Parteien streiten um die Wirksamkeit eines Einspruchs gegen einen Vollstreckungsbescheid.Abs. 1
Der die Beklagte vertretende Syndikusrechtsanwalt hat auf dem Postweg einen Einspruch gegen einen an Die Autobahn GmbH des Bundes am 13. Juli 2022 zugestellten Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Uelzen vom 6. Juli 2022 übermittelt. Der Einspruch ist am 20. Juli 2022 beim Amtsgericht Uelzen eingegangen. Nach Monierung durch das Amtsgericht Uelzen, dass der Einspruch nicht als elektronischen Dokument übermittelt worden ist, hat die Beklagten den Einspruch am 28. Juli 2022 erneut als elektronisches Dokument übermittelt. Mit Schriftsatz vom 29. Juli 2022 hat der Syndikusrechtsanwalt der Beklagten ausgeführt, dass eine Übermittlung des Einspruchs in elektronischer Form am 18. Juli 2022 aus technischen Gründen nicht möglich gewesen sei.Abs. 2
Wegen weiterer Einzelheiten wird gemäß § 540 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen.Abs. 3
Das Landgericht hat mit Urteil vom 20.10.2022 den Einspruch gegen den Vollstreckungsbescheid als unzulässig verworfen.Abs. 4
Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung.Abs. 5
Sie beantragt,Abs. 6
das Urteil des Landgerichts Berlin vom 20.10.2022 zum Aktenzeichen 32 O 164/22 wie folgt abzuändern:Abs. 7
1. Der Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Uelzen – Zentrales Mahngericht – vom 06.07.2022, Aktenzeichen 21/8470582-0-1 wird aufgehoben und die Klage abgewiesen.Abs. 8
HilfsweiseAbs. 9
2. Ihr wird wegen der Versäumung der Einspruchsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt und der Rechtsstreit an das Landgericht Berlin zur erneuten mündlichen Verhandlung zurückverwiesen.Abs. 10
Die Klägerin beantragt,Abs. 11
die Berufung zurückzuweisen.Abs. 12
II. Die zulässige Berufung ist unbegründet. Der Einspruch der Beklagten gegen den Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Uelzen vom 6. Juli 2022 ist gemäß §§ 700 Abs. 1, 341 ZPO zu verwerfen. Er ist wegen nicht fristgemäßer Erhebung des Einspruchs unzulässig (dazu 1.). Wiedereinsetzung war der Beklagten nicht zu gewähren (dazu 2).Abs. 13
1. Mit zutreffenden Erwägungen hat das Landgericht den Einspruch der Beklagten wegen Versäumung der zweiwöchigen Einspruchsfrist gemäß § 700 Abs. 1 i.V.m. § 339 Abs. 1 ZPO als unzulässig verworfen.Abs. 14
Die Einspruchsfrist begann mit Zustellung des Vollstreckungsbescheids an Die Autobahn GmbH des Bundes am 13. Juli 2022 und endete am 27. Juli 2022, 24 Uhr (dazu a)). Der postalisch am 20. Juli 2022 eingegangene Einspruch gegen den Vollstreckungsbescheid ist formunwirksam (dazu b)).Abs. 15
a) Der Vollstreckungsbescheid wurde der Beklagten am 13. Juli 2022 zugestellt. Die an Die Autobahn GmbH des Bundes bewirkte Zustellung hat die Beklagte entsprechend § 171 ZPO gegen sich gelten zu lassen. Denn Die Autobahn GmbH des Bundes ist hier Vertreterin der Bundesrepublik Deutschland. Die Bundesrepublik wird durch den jeweils zuständigen Bundesminister, der nach Art. 65 Abs. 1 Satz 2 GG im Rahmen der vom Bundeskanzler bestimmten Richtlinien der Politik seinen Geschäftsbereich selbständig und eigenverantwortlich leitet, innerhalb seines Ressorts vertreten. Nur insoweit ein Vorgang keinem Ressort zuzuordnen ist, obliegt die Vertretung dem Bundesminister der Finanzen (BGH, Urteil vom 15. Juni 1967 – III ZR 137/64 – juris Rn. 6; Schultzky in: Zöller, Zivilprozessordnung, § 18 Rn. 5). Durch die geltend gemachten Ansprüche ist das Ressort des Bundesministers für Verkehr und digitale Infrastruktur betroffen. Dieses hat gemäß § 2 Nr. 15 der Anordnung über die Vertretung der Bundesrepublik Deutschland im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (VertrOBVI) vom 14.8.2014 (Verkehrsblatt 2014, 634) in der Fassung vom 29.10.2020 (Verkehrsblatt 2020, 778) Die Autobahn GmbH des Bundes als vertretungsbefugte Stelle benannt.Abs. 16
b) Vor Ablauf der Einspruchsfrist am 27. Juli 2022, 24 Uhr hat die Beklagte nicht wirksam Einspruch gegen den Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Uelzen vom 6. Juli 2022 eingelegt. Gemäß § 340 Abs. 1 ZPO wird der Einspruch durch Einreichung der Einspruchsschrift bei dem Prozessgericht eingelegt.Abs. 17
aa) Der am 20. Juli 2022 beim Amtsgericht Uelzen postalisch eingegangene Einspruch hält nicht die von § 130d ZPO geforderte Form der Übermittlung ein und ist daher unwirksam.Abs. 18
§ 130d Satz 1 ZPO bestimmt, dass vorbereitende Schriftsätze und deren Anlagen sowie schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen, die durch einen Rechtsanwalt, durch eine Behörde oder durch eine juristische Person des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihr zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse eingereicht werden, als elektronisches Dokument zu übermitteln sind.Abs. 19
Die Einhaltung der vorgeschriebenen Form ist von Amts wegen zu prüfen, ihre Nichteinhaltung führt zur Unwirksamkeit der Prozesserklärung (BT-Drucks. 17/12634, S. 27; BGH, Beschlüsse vom 17. November 2022 – IX ZB 17/22 – juris Rn. 6 und vom 20. September 2022 - IX ZR 118/22 juris Rn. 14).Abs. 20
(1) Hier kann dahinstehen, ob § 130d Satz 1 ZPO bereits deshalb einschlägig ist, weil Die Autobahn GmbH des Bundes gemäß § 6 des Gesetzes zur Errichtung einer Infrastrukturgesellschaft für Autobahnen und andere Bundesfernstraßen – InfrGG – i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 der Verordnung über die Beleihung der Gesellschaft privaten Rechts im Sinne des Infrastrukturgesellschaftserrichtungsgesetzes – InfrGGBV – als Beliehene tätig geworden ist und damit als Behörde im Sinne des § 1 Abs. 4 VwVfG anzusehen wäre (s. dazu Stelkens/Bonk/Sachs/Schmitz, 10. Aufl. 2022, VwVfG § 1 Rn. 246). Als solche müsste sie dann – da § 130d ZPO ausdrücklich neben juristischen Personen des öffentlichen Rechts, die Beliehene nicht sind, auch Behörden nennt – die von § 130d Satz 1 ZPO gestellten Anforderungen an die elektronische Übermittlung von Schriftsätzen genügen.Abs. 21
(2) Jedenfalls war hier § 130d Satz 1 ZPO zu beachten, weil ein Syndikusrechtsanwalt die Einspruchsschrift eingereicht hat.Abs. 22
§ 130d ZPO gilt auch für Syndikusrechtsanwälte (Musielak/Voit/Stadler, 19. Aufl. 2022, ZPO § 130d Rn. 2; Heimann/Steidle: Nutzungspflicht des elektronischen Rechtsverkehrs (ERV) für Syndikusrechtsanwälte?! NZA 2021, 521 <523 ff.>) und beansprucht Beachtung unabhängig davon, ob für das konkrete Verfahren Anwaltszwang herrscht oder nicht (BGH, Beschluss vom 24. November 2022 – IX ZB 11/22 – juris Rn. 8 und 21 unter Verweis auf RegE, BT-Drucks. 17/12634 S. 28 und vom 20. September 2022 – IX ZR 118/22 – juris Rn. 6; OLG Hamm, Beschluss vom 4. April 2022 – I-8 U 23/22 – juris Rn. 4; OLG Frankfurt, Beschluss vom 27. Juli 2022 – 26 W 4/22 – juris Rn. 12; D. Müller in: Ory/Weth, jurisPK-ERV Band 2, 2. Aufl., § 104 ZPO (Stand: 10.10.2022), Rn. 12_1; (M. Herberger in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, 10. Aufl., § 1855 BGB (Stand: 21.11.2022), Rn. 124_1).Abs. 23
Hierfür sprechen der vom Gesetzgeber für den Zivilprozess gewollte, weite sachliche Anwendungsbereich des § 130d Satz 1 ZPO (BGH, Beschluss vom 24. November 2022 – IX ZB 11/22 – juris Rn. 13) und – über den umfassenden Wortlaut der Norm hinaus – deren Zweck. Das Gericht folgt insoweit den überzeugenden diesbezüglichen Ausführungen des Bundesgerichtshofs (Beschluss vom 24. November 2022 – IX ZB 11/22 – juris Rn. 18 ff.):Abs. 24
„(aa) Dieser (Zweck) besteht ausweislich ihrer Begründung (BT-Drucks. 17/12634, S. 27 zu § 130d RegE-InsO) darin, durch eine Verpflichtung für alle Rechtsanwälte (und Behörden) zur elektronischen Kommunikation mit den Gerichten den elektronischen Rechtsverkehr zu etablieren. Die Rechtfertigung gerade eines Nutzungszwangs ergibt sich für den Gesetzgeber daraus, dass selbst bei einer freiwilligen Mitwirkung einer Mehrheit von Rechtsanwälten an diesem Ziel die Nichtnutzung durch eine Minderheit immer noch zu erheblichen Druck- und Scanaufwänden insbesondere bei den Gerichten führte. Es sei nicht hinzunehmen, erhebliche Investitionen der Justiz auszulösen, wenn dann nicht die für einen wirtschaftlichen Betrieb erforderliche Nutzung sichergestellt sei. …Abs. 25
(bb) Die vorstehende Argumentation wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass die Gerichte ihrerseits gemäß § 298a Abs. 1a Satz 1 ZPO in der Fassung des Gesetzes zur Einführung der elektronischen Akte in der Justiz und zur weiteren Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs vom 5. Juli 2017 (BGBl. I S. 2208) die elektronische Akte erst zum 1. Januar 2026 eingeführt haben müssen und das Ausdrucken elektronisch eingereichter Dokumente gegenwärtig noch weit verbreitet sein dürfte (vgl. Schwartz/Meyer, ZInsO 2021, 2475, 2477). Es ist allerdings richtig, dass dieser Umstand derzeit erheblichen Druckaufwand bei Gerichten zur Folge hat, der bei weiterhin postalischer Einreichung von Schriftsätzen vermieden würde (Schwartz/Meyer, aaO). Das ist aber gerade Folge der gesetzgeberischen Entscheidung, die elektronische Aktenführung erst vier Jahre nach dem Inkrafttreten von § 130d ZPO obligatorisch vorzuschreiben….“Abs. 26
(3) Auch sind schließlich nicht die Voraussetzungen des § 130d Satz 2 und Satz 3 Halbsatz 1 ZPO für eine in Abweichung von § 130d Satz 1 ZPO ausnahmsweise wirksame Übermittlung eines Schriftsatzes nach den allgemeinen Vorschriften erfüllt.Abs. 27
Nach § 130d Satz 2 ZPO bleibt die Übermittlung eines Schriftsatzes nach den allgemeinen Vorschriften, mithin gemäß §§ 129, 130 Nr. 6 ZPO in Schriftform oder per Fax, zulässig, wenn die Übermittlung als elektronisches Dokument aus technischen Gründen vorübergehend nicht möglich ist. Nach § 130d Satz 3 Halbsatz 1 ZPO ist diese vorübergehende Unmöglichkeit bei der Ersatzeinreichung oder unverzüglich danach glaubhaft zu machen.Abs. 28
Hier kann offen bleiben, ob tatsächlich eine nur vorübergehende technische Unmöglichkeit der Übermittlung als elektronisches Dokument im Sinne von § 130d Satz 2 ZPO anzunehmen ist.Abs. 29
Denn die Einlegung des Einspruchs durch die postalische Übermittlung am 20. Juli 2022 ist jedenfalls deshalb unwirksam, weil die Beklagte weder bei Einreichung des Einspruchs in Schriftform beim Amtsgericht Uelzen noch unverzüglich danach gemäß § 130d Satz 3 Halbsatz 1 ZPO zu den Voraussetzungen des § 130d Satz 2 ZPO vorgetragen und diese glaubhaft gemacht hat, obwohl ihr bereits zu diesem Zeitpunkt die Hinderungsgründe für eine Einreichung auf dem gesetzlich vorgeschriebenen Weg bekannt sein mussten und ihr zugleich eine sofortige Glaubhaftmachung dieser Gründe möglich war. In einem solchen Fall ist es ohne rechtliche Wirkung, wenn mehr als eine Woche nach Auftreten der von der Beklagten behaupteten technischen Störung nachträglich die Voraussetzungen für eine Ersatzeinreichung dargelegt und glaubhaft gemacht werden.Abs. 30
Selbst wenn man in einer solchen Konstellation, bei der in geräumigem zeitlichen Abstand zum Fristablauf eine technische Störung auftritt, nach dem Wortlaut des § 130d Satz 3 ZPO noch eine unverzüglich nachgereichte Glaubhaftmachung genügen lässt (strenger insoweit BGH, Beschluss vom 17. November 2022 – IX ZB 17/22 – juris Rn. 10 f., der in solchen Fällen eine gleichzeitige Glaubhaftmachung der Hinderungsgründe fordert), ist nicht ansatzweise nachvollziehbar, warum die Beklagte noch mehr als eine Woche mit der Einreichung der Glaubhaftmachung zugewartet hat. Dieses Verhalten stellt sich nicht mehr als unverzüglich, also als Handeln ohne schuldhaftes Zögern dar.Abs. 31
Die Beklagte kann sich auch nicht damit exkulpieren, dass sie jedenfalls den Zugang des Monierungsschreibens des Amtsgerichts Uelzen habe abwarten dürfen. Denn der für die Beklagte handelnde Syndikusrechtsanwalt musste die durch den neugefassten § 130d ZPO an ihn gestellten Anforderungen kennen. Aufgrund der bei einem Rechtsanwalt vorauszusetzenden Rechtskenntnis war für den Syndikusrechtsanwalt offenkundig, dass er die Einspruchsschrift ab dem 1. Januar 2022 zwingend als elektronisches Dokument beim Prozessgericht einzureichen hatte. Denn ein Rechtsanwalt muss die Gesetze kennen, die in einer Anwaltspraxis gewöhnlich zur Anwendung kommen, hat sich auch über deren Änderung Kenntnis zu verschaffen und muss sich über den Stand der Rechtsprechung unterrichten (BGH, Beschluss vom 10. Januar 2023 – VIII ZB 41/22 – juris Rn. 28 m.w.N.). Hiernach muss einem Rechtsanwalt bekannt gewesen sein, dass ihn ab dem 1. Januar 2022 nicht nur wie bereits zuvor die („passive“) Pflicht trifft, elektronische Zustellungen und Erklärungen über das von ihm vorzuhaltende elektronische Anwaltspostfach zu empfangen (§ 31a Abs. 6 BRAO), sondern eine („aktive“) Nutzungspflicht bezüglich des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten. Die entsprechende Bestimmung des § 130d Satz 1 ZPO gehört zum verfahrensrechtlichen Grundwissen eines im Zivilprozess tätigen Rechtsanwalts. Da sie die Voraussetzungen regelt, unter denen ein Rechtsanwalt wirksam schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen sowie vorbereitende Schriftsätze gegenüber einem Gericht stellen beziehungsweise abgeben kann, betrifft sie grundlegend die Art der Kommunikation mit dem Gericht und hat damit eine elementare Bedeutung für die anwaltliche Vertretung. Hinsichtlich des von einem Rechtsanwalt zu erwartenden Kenntnisstands der Gesetzeslage ist auch zu berücksichtigen, dass das Inkrafttreten von § 130d ZPO Teil einer nicht lediglich auf den Zivilprozess beschränkten, sondern das gesamte Prozessrecht fast vollständig erfassenden Einführung einer weitgehenden aktiven Nutzungspflicht des elektronischen Rechtsverkehrs für Rechtsanwälte gegenüber den Gerichten war. Entsprechende (vgl. § 14b Abs. 1 FamFG, § 46g ArbGG, § 65d SGG, § 55d VwGO, § 52d FGO) oder jedenfalls vergleichbare Regelungen (vgl. § 32d StPO) sind - ungeachtet der Verfahrensgesetze der Verfassungsgerichte - in allen Verfahrensordnungen am 1. Januar 2022 in Kraft getreten, soweit nicht in einzelnen Ländern einige dieser Regelungen aufgrund einer Verordnungsermächtigung sogar bereits früher Geltung beanspruchten (BGH, Beschluss vom 10. Januar 2023 – VIII ZB 41/22 – juris Rn. 29 f. m.w.N. und Beschluss vom 15. Dezember 2022 – III ZB 18/22 – juris Rn. 8 ff.).Abs. 32
bb) Die am 28. Juli 2022 in der gebotenen elektronischen Form übermittelte Einspruchsschrift wahrt nicht mehr die bereits am 27. Juli 2022 um 24 Uhr abgelaufene Frist des § 339 Abs. 1 ZPO.Abs. 33
2. Der Beklagten ist wegen der Versäumung der Einspruchsfrist schließlich auch keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. War eine Partei ohne ihr Verschulden verhindert, eine Notfrist oder die Frist zur Begründung der Berufung, der Revision, der Nichtzulassungsbeschwerde oder der Rechtsbeschwerde oder die Frist des § 234 Abs. 1 einzuhalten, so ist ihr nach § 233 Satz 1 ZPO auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.Abs. 34
Mit den zutreffenden Erwägungen des Landgerichts ist der Antrag zulässig. Allerdings ist er nicht begründet. Denn die Beklagte war nicht ohne ihr Verschulden verhindert, die Einhaltung der Einspruchsfrist einzuhalten. Dabei kann dahinstehen, ob die elektronische Übermittlung des Einspruchs an einem technischen Fehler oder an einem Bedienfehler scheiterte. Denn dem Die Autobahn GmbH des Bundes und damit die Beklagte vertretenden Syndikusrechtsanwalt wäre es ohne weiteres möglich gewesen, fristwahrend Einspruch einzulegen und dabei den von § 130d ZPO gestellten Anforderungen zu entsprechen. Denn – wie dargelegt – bleibt gemäß § 130d Satz 2 ZPO die Übermittlung nach den allgemeinen Vorschriften zulässig, wenn eine Übermittlung als elektronisches Dokument aus technischen Gründen vorübergehend nicht möglich ist. Gemäß § 130d Satz 3 ZPO ist die vorübergehende Unmöglichkeit dann allerdings bei der Ersatzeinreichung oder unverzüglich - also ohne schuldhaftes Zögern - danach glaubhaft zu machen. Dies hat der die Beklagte vertretende Syndikusrechtsanwalt schuldhaft versäumt (s. dazu oben unter II. 1. b) aa) (2)). Dieses Verschulden muss sich die Beklagte zurechnen lassen.Abs. 35
Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.Abs. 36

(online seit: 13.06.2023)
Zitiervorschlag: Gericht, Datum, Aktenzeichen, JurPC Web-Dok, Abs.
Zitiervorschlag: KG Berlin, Elektronischer Rechtsverkehr für Syndikusrechtsanwälte - JurPC-Web-Dok. 0077/2023