JurPC Web-Dok. 25/2023 - DOI 10.7328/jurpcb202338225

BGH

Beschluss vom 25.01.2023

IV ZB 7/22

Technische Gründe i.S.d. § 130d Satz 2 ZPO

JurPC Web-Dok. 25/2023, Abs. 1 - 19


Leitsatz:

Technische Gründe im Sinne von § 130d Satz 2 ZPO liegen nur bei einer Störung der für die Übermittlung erforderlichen technischen Einrichtungen vor, nicht dagegen bei in der Person des Einreichers liegenden Gründen (hier: Erkrankung).

Gründe:

I. Der Kläger nimmt die Beklagte auf Leistungen aus einer Unfallversicherung in Anspruch. Seine Klage hat in erster Instanz keinen Erfolg gehabt.Abs. 1
Das Urteil des Landgerichts ist dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 4. Oktober 2021 zugestellt worden. Nach rechtzeitiger Berufungseinlegung ist die Berufungsbegründungsfrist bis zum 4. Januar 2022 verlängert worden. An diesem Tag ist die Berufungsbegründung per Telefax und im Original beim Berufungsgericht eingereicht worden.Abs. 2
Das Berufungsgericht hat den Kläger mit Verfügung vom 7. Januar 2022 darauf hingewiesen, dass die Berufung unzulässig sei, weil die Berufungsbegründung nicht in der seit dem 1. Januar 2022 vorgeschriebenen Form des § 130d ZPO eingegangen sei. Hierauf hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers mit Schriftsatz vom 7. Januar 2022 vorgetragen, dass er am 4. Januar 2022 gehindert gewesen sei, die Berufungsbegründung als elektronisches Dokument zu übermitteln. Er sei am 1. Januar 2022 im Urlaub in Österreich erkrankt. Um eine Coronainfektion auszuschließen, habe er am 2. Januar 2022 Antigen-Schnelltests durchgeführt, die wiederholt kein eindeutiges Ergebnis gezeigt hätten. Deshalb habe er am 3. Januar 2022 an seinem Wohnort in P einen PCR-Test durchführen lassen, dessen negatives Ergebnis ihm erst am 6. Januar 2022 vorgelegen habe. Die Berufungsbegründung habe er am 3. und 4. Januar 2022 zu Hause in P gefertigt, ausgedruckt und unterschrieben. Eine elektronische Übermittlung sei ihm von dort nicht möglich gewesen, da die beA-Hardware und -Software an seinem Arbeitsplatz im Büro in B. installiert seien. Er habe, da ihm auch ein Faxgerät zu Hause nicht zur Verfügung gestanden habe, die Berufungsbegründung am Nachmittag des 4. Januar 2022 von einem Boten in sein Büro in B. bringen lassen, in dem er mit einer Steuerberatungs-GmbH in Bürogemeinschaft zusammenarbeite. Über den Faxanschluss der GmbH sei die Berufungsbegründung dann an das Berufungsgericht versandt worden.Abs. 3
Auf einen Hinweis des Berufungsgerichts vom 11. Januar 2022 hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers die Berufungsbegründung am 24. Januar 2022 als elektronisches Dokument übermittelt und mit einem am selben Tag eingegangenen weiteren Schriftsatz vorgebracht, ihm sei die elektronische Übermittlung der Berufungsbegründung am 4. Januar 2022 aus technischen Gründen nicht möglich gewesen. Zudem hat er anwaltlich versichert, für den Fall seiner Verhinderung Vorkehrungen getroffen zu haben. Er arbeite in Bürogemeinschaft mit einem anderen Rechtsanwalt zusammen, der wie er als Einzelanwalt ohne Büropersonal tätig sei. Es bestehe die Absprache, dass bei Abwesenheit des einen Rechtsanwalts der andere als Unterbevollmächtigter tätig werde. Er selbst habe am 2. Januar 2022 wieder im Büro sein wollen. Da sich der andere Rechtsanwalt im Anschluss daran seinerseits im Urlaub befunden habe, sei er am 4. Januar 2022 für ihn nicht erreichbar gewesen.Abs. 4
Das Kammergericht hat die Berufung unter Zurückweisung des Antrags auf Wiedereinsetzung in die Frist zur Begründung der Berufung als unzulässig verworfen. Dagegen wendet sich der Kläger mit seiner Rechtsbeschwerde.Abs. 5
II. Die gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 238 Abs. 2 Satz 1, § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist im Übrigen nicht zulässig, denn die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO, die auch bei einer Rechtsbeschwerde gegen einen die Berufung als unzulässig verwerfenden Beschluss gewahrt sein müssen (Senatsbeschluss vom 30. Juni 2021 - IV ZB 5/21, juris Rn. 5 m.w.N.), sind nicht erfüllt. Eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts ist insbesondere weder zur Fortbildung des Rechts (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 1 ZPO) noch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO) erforderlich. Der angefochtene Beschluss verletzt den Kläger insbesondere nicht in seinen Verfahrensgrundrechten auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip) und rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG).Abs. 6
1. Das Berufungsgericht, dessen Entscheidung unter anderem in FamRZ 2022, 1220 veröffentlicht ist, hat ausgeführt, die Berufung sei unzulässig, weil die am 4. Januar 2022 eingegangene Berufungsbegründung die Form des § 130d Satz 1 ZPO nicht gewahrt habe und ein Ausnahmefall, in dem die Übermittlung eines Schriftsatzes nach den allgemeinen Vorschriften zulässig sei, nicht vorliege. Der Umstand, dass der Prozessbevollmächtigte des Klägers sich aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage gesehen habe, seine Kanzleiräume in B. aufzusuchen und die Berufungsbegründung von dort als elektronisches Dokument zu übermitteln, stelle keine vorübergehende Unmöglichkeit der Übermittlung aus technischen Gründen dar. Die Anforderungen des § 130d Satz 3 ZPO seien ebenfalls nicht erfüllt.Abs. 7
Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand könne nicht erfolgen, weil die Fristversäumung nicht unverschuldet gewesen sei. Der krankheitsbedingte Ausfall des Rechtsanwalts am letzten Tag der Frist rechtfertige für sich genommen eine Wiedereinsetzung noch nicht. Vielmehr fehle es an einem Verschulden des Rechtsanwalts nur dann, wenn infolge der Erkrankung weder kurzfristig ein Vertreter eingeschaltet noch ein Fristverlängerungsantrag gestellt werden könne. Sei der Rechtsanwalt - wie hier - als Einzelanwalt ohne eigenes Personal tätig, müsse er ihm zumutbare Vorkehrungen für einen Verhinderungsfall treffen, zum Beispiel durch Absprache mit einem vertretungsbereiten Kollegen. Werde der Einzelanwalt unvorhergesehen krank, müssten allgemeine Vorkehrungen dafür getroffen sein, dass die dem erkrankten Rechtsanwalt konkret noch möglichen und zumutbaren Maßnahmen fristwahrende Wirkung entfalten könnten. Deshalb begründe es regelmäßig ein Verschulden des Rechtsanwalts, wenn er aufgrund seiner Erkrankung nicht mehr in der Lage sei, einen vertretungsbereiten Kollegen zu suchen oder die Suche aufgrund der Kürze der nur noch zur Verfügung stehenden Zeit erfolglos sei. Hier habe die Erkrankung des Prozessbevollmächtigten diesen nicht daran gehindert, die Berufungsbegründung fristgerecht so fertigzustellen, dass eine Übermittlung per Telefax bereits um 15:25 Uhr an das Berufungsgericht habe erfolgen können. Damit habe für den Prozessbevollmächtigten des Klägers im Laufe des 4. Januar 2022 auch genügend Zeit bestanden, einen vertretungsbereiten Kollegen zu suchen, der für ihn in Untervollmacht die am Nachmittag fertiggestellte Berufungsbegründung als elektronisches Dokument an das Berufungsgericht übermittele. Alternativ habe für den Klägervertreter die Möglichkeit bestanden, bei der Beklagten um Zustimmung zu einer erneuten Fristverlängerung nachzufragen und - im Falle der Zustimmung - einen vertretungsbereiten Kollegen einen weiteren Fristverlängerungsantrag als elektronisches Dokument übermitteln zu lassen. Beide Möglichkeiten habe der Prozessbevollmächtigte des Klägers nicht ergriffen.Abs. 8
2. Das hält rechtlicher Nachprüfung stand. Das Berufungsgericht hat zu Recht die Berufung des Klägers als unzulässig verworfen, weil es ohne Rechtsfehler die Frist zur Begründung des Rechtsmittels als versäumt erachtet und das Vorliegen eines Wiedereinsetzungsgrundes nicht als ausreichend dargelegt angesehen hat. Durchgreifende Zulassungsgründe liegen nicht vor und werden auch von der Beschwerde nicht aufgezeigt.Abs. 9
a) Zutreffend ist das Berufungsgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass der Kläger nicht innerhalb der Frist zur Begründung des Rechtsmittels formgerecht Berufung eingelegt hat.Abs. 10
aa) Als bestimmender Schriftsatz eines Rechtsanwalts ist die Berufungsbegründung seit Inkrafttreten des § 130d Satz 1 ZPO am 1. Januar 2022 als elektronisches Dokument zu übermitteln. Lediglich dann, wenn eine Übermittlung des Schriftsatzes aus technischen Gründen vorübergehend nicht möglich ist, bleibt die Übermittlung nach den allgemeinen Vorschriften zulässig (§ 130d Satz 2 ZPO). Die vorübergehende Unmöglichkeit ist mit der Ersatzeinreichung oder unverzüglich danach glaubhaft zu machen; auf Anforderung ist ein elektronisches Dokument nachzureichen (§ 130d Satz 3 ZPO).Abs. 11
bb) Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat die Berufungsbegründung nicht innerhalb der Frist zur Begründung des Rechtsmittels als elektronisches Dokument übermittelt. Auch war nicht ausnahmsweise die Übermittlung nach den allgemeinen Vorschriften in Schriftform oder per Telefax zulässig, denn der Kläger hat jedenfalls nicht glaubhaft gemacht, dass die Übermittlung aus technischen Gründen vorübergehend nicht möglich war.Abs. 12
(1) Bereits der Wortlaut des § 130d Satz 2 ZPO spricht dagegen, in Fallgestaltungen, in denen die technischen Einrichtungen zur Übermittlung eines Schriftsatzes als elektronisches Dokument funktionsfähig vorhanden sind und dem Einreichenden lediglich der tatsächliche Zugriff auf sie versperrt ist, von einer vorübergehenden Unmöglichkeit zur Übermittlung aus "technischen Gründen" auszugehen. Nach allgemeinem Sprachgebrauch, der grundsätzlich auch das Verständnis von Gesetzesbestimmungen prägt, liegen technische Gründe bei einer Störung der für die Übermittlung des Schriftsatzes in elektronischer Form erforderlichen technischen Einrichtungen, nicht aber bei in der Person des Einreichers liegenden Gründen vor. Dass der Gesetzgeber abweichend davon mit dem Begriff der "technischen Gründe" auch Fälle erfassen wollte, in denen der Rechtsanwalt aus gesundheitlichen - oder sonstigen in seiner Person liegenden - Gründen vorübergehend an der Bedienung der funktionsfähigen Technik gehindert ist, ist nicht ersichtlich (vgl. BayVGH NJW 2022, 3169 Rn. 14 zu § 55d VwGO; Anders in Anders/Gehle, ZPO 81. Aufl. § 130d Rn. 7; jurisPK-ERV/Biallaß, 2. Aufl. § 130d ZPO Rn. 61 (Stand: 23. November 2022); dies., NJW 2023, 25, 26; jurisPK-ERV/Gädeke, § 55d VwGO Rn. 31 (Stand: 15. Dezember 2022); Ulrich in Schoch/Schneider, Verwaltungsrecht § 55d VwGO Rn. 29 (43. EL August 2022); Bacher, MDR 2022, 1441 Rn. 45; Hettenbach/Müller, NJW 2022, 815 Rn. 7; Kulow, BRAK-Mitt. 2019, 2, 7; Schmitt, MDR 2022, 1004, 1005; Schultzky, MDR 2022, 201 Rn. 6). Dies führte - wie die Rechtsbeschwerdeerwiderung zu Recht hervorhebt - am Gesetzeswortlaut vorbei zu einer erheblichen Erweiterung des Anwendungsbereichs der Vorschrift in § 130d Satz 2 ZPO, die als Ausnahmebestimmung eng auszulegen ist (BayVGH NJW 2022, 3169 Rn. 14, zu § 55d VwGO; Anders in Anders/Gehle, ZPO 81. Aufl. § 130d Rn. 6; Büttel, jurisPR-ITR 25/2022 Anm. 3; Kulow, BRAK-Mitt. 2019, 2, 7).Abs. 13
(2) Auch aus der Gesetzesbegründung ergibt sich, dass eine Ausnahme von der zwingenden Benutzung eines elektronischen Übermittlungsweges nur dann gelten soll, wenn die Justiz aus technischen Gründen nicht auf elektronischem Wege erreichbar ist, gleichviel ob die Ursache dafür in der Sphäre des Gerichts oder des Einreichenden zu suchen ist. Die beispielhafte Benennung eines Ausfalls des Servers oder der technischen Einrichtungen des Rechtsanwalts in der Begründung des Gesetzentwurfs (BT-Drucks. 17/12634, S. 27 re. Sp.) deutet darauf hin, dass der Gesetzgeber nur Fälle erfassen wollte, in denen einer Übermittlung des Schriftsatzes in elektronischer Form rein technische Gesichtspunkte entgegenstehen. Hätte der Gesetzgeber eine Übermittlung nach den allgemeinen Vorschriften bereits bei jeglicher vorübergehenden Unmöglichkeit des Zugriffs auf die an sich funktionsfähigen technischen Einrichtungen als zulässig ansehen wollen, so hätte er dies in der Neuregelung deutlich machen müssen. Gegen einen solchen Willen des Gesetzgebers spricht der im Entwurf dargelegte Zweck des § 130d Satz 2 ZPO, dem Rechtsuchenden auch bei technischen Ausfällen eine wirksame Einreichung von Schriftsätzen zu ermöglichen (BT-Drucks. 17/12634, S. 27 re. Sp.).Abs. 14
(3) Die Rechtsbeschwerde zeigt auch nicht auf, dass über die Auslegung des Begriffs der "technischen Gründe" im Sinne von § 130d Satz 2 ZPO in Fällen wie dem vorliegenden Meinungsverschiedenheiten in Rechtsprechung und Literatur bestehen. Der geltend gemachte Zulassungsgrund der Rechtsfortbildung gemäß § 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 1 ZPO ist somit nicht dargelegt. Die Darlegung des Zulassungsgrundes erfordert eine Begründung, aus welchen Gründen, in welchem Umfang und von welcher Seite die zur Prüfung gestellte Rechtsfrage umstritten ist (BGH, Beschluss vom 16. September 2013 - IX ZR 264/12, juris Rn. 4 m.w.N.). Der bloße Hinweis darauf, dass es im Hinblick auf die Frage, ob unter "technische Gründe" im Sinne von § 130d Satz 2 ZPO auch der fehlende Zugriff auf die technischen Einrichtungen zur elektronischen Übermittlung von Schriftsätzen zu fassen sei, bislang an einer Leitentscheidung fehle, genügt nicht.Abs. 15
cc) Die Übermittlung als elektronisches Dokument ist eine unverzichtbare (§ 295 Abs. 2 ZPO), von Amts wegen zu prüfende Wirksamkeitsvoraussetzung (vgl. BT-Drucks. 17/12634, S. 27 re. Sp.). Ein entgegen § 130d ZPO nicht als elektronisches Dokument übermittelter Schriftsatz ist nicht formgerecht. Der Formverstoß führt zur Unwirksamkeit der Prozesserklärung (vgl. aaO; BGH, Beschlüsse vom 20. September 2022 - IX ZR 118/22, ZInsO 2022, 2579 Rn. 14; vom 17. November 2022 - IX ZB 17/22, juris Rn. 6; jeweils m.w.N.; vom 15. Dezember 2022 - III ZB 18/22, juris Rn. 8).Abs. 16
b) Zu Recht hat das Berufungsgericht auch das Vorliegen eines Wiedereinsetzungsgrundes nicht als ausreichend dargelegt angesehen. Der Kläger war nicht ohne Verschulden im Sinne von § 233 Satz 1 ZPO verhindert, die Frist zur Begründung der Berufung einzuhalten; er muss sich insoweit das Verschulden seines Prozessbevollmächtigten zurechnen lassen (§ 85 Abs. 2 ZPO).Abs. 17
aa) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs muss ein Rechtsanwalt allgemeine Vorkehrungen dafür treffen, dass die zur Wahrung von Fristen erforderlichen Handlungen auch dann unternommen werden, wenn er unvorhergesehen ausfällt. Er muss seinem Personal die notwendigen allgemeinen Anweisungen für einen solchen Fall geben. Ist er als Einzelanwalt ohne eigenes Personal tätig, muss er ihm zumutbare Vorkehrungen für einen Verhinderungsfall treffen, zum Beispiel durch Absprache mit einem vertretungsbereiten Kollegen. Konkrete Maßnahmen muss der Rechtsanwalt erst dann ergreifen, wenn er den Ausfall vorhersehen kann. Wird er unvorhergesehen krank, muss er deshalb konkret nur das unternehmen, was ihm dann noch möglich und zumutbar ist. Diese Grundsätze gelten auch dann, wenn der Rechtsanwalt die Frist zur Einlegung oder Begründung eines Rechtsmittels bis zum letzten Tag ausschöpft und daher wegen des damit erfahrungsgemäß verbundenen Risikos erhöhte Sorgfalt aufzuwenden hat, um die Einhaltung der Frist sicherzustellen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 28. Mai 2020 - IX ZB 8/18, NJW 2020, 2413 Rn. 10; vom 8. August 2019 - VII ZB 35/17, NJW 2020, 157 Rn. 12; jeweils m.w.N.).Abs. 18
bb) Gemessen hieran konnte das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei davon ausgehen, dass der Prozessbevollmächtigte des Klägers nicht ohne sein Verschulden gehindert war, die Frist zur Begründung der Berufung einzuhalten. Zwar mag sich die allgemeine Vorkehrung, dass der in Bürogemeinschaft mit ihm tätige Rechtsanwalt im Falle einer Verhinderung die Vertretung übernimmt, unvorhersehbar als nicht ausreichend erwiesen haben, weil sich der Vertreter seinerseits in der ersten Kalenderwoche 2022 im Urlaub befand. Daraus ergibt sich aber nicht, dass es dem Prozessbevollmächtigten des Klägers unmöglich und unzumutbar war, sich vor Ablauf der Frist zur Begründung der Berufung auf die Suche nach einem anderen vertretungsbereiten Rechtsanwalt zu machen, um diesen mit der formgerechten Einreichung der am Nachmittag des 4. Januar 2022 fertiggestellten Berufungsbegründung oder - nach Einholung der Zustimmung der Beklagten zu einer weiteren Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist - eines Fristverlängerungsantrags zu beauftragen. Angesichts des Auftretens von Symptomen bereits am 1. Januar 2022 und der Ungewissheit des Ergebnisses des am 3. Januar 2022 veranlassten PCR-Tests war der Prozessbevollmächtigte des Klägers verpflichtet, sich hierauf vorzubereiten, indem er dafür Sorge trug, dass für die Erledigung fristgebundener Arbeiten ein Vertreter eingeschaltet werden kann, zumal er wusste, dass der mit ihm in Bürogemeinschaft tätige Rechtsanwalt nicht erreichbar war. Seiner anwaltlichen Versicherung ist nicht zu entnehmen, dass er solche Maßnahmen, die ihm möglich und zumutbar waren, ergriffen hat.Abs. 19

(online seit: 28.02.2023)
Zitiervorschlag: Gericht, Datum, Aktenzeichen, JurPC Web-Dok, Abs.
Zitiervorschlag: BGH, Technische Gründe i.S.d. § 130d Satz 2 ZPO - JurPC-Web-Dok. 0025/2023