JurPC Web-Dok. 56/2022 - DOI 10.7328/jurpcb202237456

OVG des Saarlandes

Beschluss vom 10.03.2022

1 A 267/20

Zeitpunkt der Zustellung eines Urteils gegen elektronisches Empfangsbekenntnis (beA)

JurPC Web-Dok. 56/2022, Abs. 1 - 63


Orientierungssätze:

1. Wird ein Urteil in Anwendung der §§ 56 Abs. 2 VwGO, 174 Abs. 3 und 4 ZPO a.F.in der zum Zeitpunkt der Zustellung des angefochtenen Urteils geltenden Fassung des Gesetzes zur Neuregelung der Wertgrenze für die Nichtzulassungsbeschwerde in Zivilsachen, zum Ausbau der Spezialisierung bei den Gerichten sowie zur Änderung weiterer prozessrechtlicher Vorschriften vom 12.12.2019 (BGBl. I S. 2633) gegen elektronisches Empfangsbekenntnis an das besondere elektronische Anwaltspostfach übermittelt, kommt es für den Zeitpunkt der Zustellung – wie für die „papiergebundene“ Zustellung eines Schriftstücks gegen Empfangsbekenntnis nach Maßgabe des § 174 Abs. 1 ZPO a.F. (nunmehr: § 175 Abs. 1 ZPO) nicht darauf an, wann das zuzustellende Dokument in den Machtbereich des Empfängers gelangt ist, sondern darauf, wann der Rechtsanwalt das Dokument tatsächlich und empfangsbereit entgegengenommen hat.

2. Der Nachweis (des Zeitpunkts) der Zustellung wird gemäß § 174 Abs. 4 Satz 3 ZPO a.F. durch ein elektronisches Empfangsbekenntnis erbracht, das der Zustelladressat nach Maßgabe des § 174 Abs. 4 Satz 4 ff. ZPO a.F. elektronisch zu übermitteln hat.

3. Der Zeitpunkt der tatsächlichen und empfangsbereiten Entgegennahme ist auch dann maßgeblich, wenn ein formgerechtes elektronisches Empfangsbekenntnis nicht oder nicht zeitnah nach Eingang des Dokuments im besonderen elektronischen Anwaltspostfach übersandt wird. Insbesondere kann für die Ermittlung des Zustelldatums nicht auf die automatisch generierte Eingangsbestätigung abgestellt werden.

4. Ein Anspruch eines Beamten der Zollverwaltung auf die sog. Polizeizulage besteht nur, wenn er im Einzelfall mit vollzugspolizeilichen Aufgaben betraut ist.

Gründe:

I.Abs. 1
Der Kläger, ein Zollamtmann im Ruhestand, begehrt die rückwirkende Gewährung der Polizeizulage für Beamte der Zollverwaltung.Abs. 2
Der Kläger stand seit Januar 2004 im Dienst der Bundesfinanzverwaltung. Er hatte zunächst zwei unterschiedliche Dienstposten im Sachgebiet E („Finanzkontrolle Schwarzarbeit“ – FKS) des Hauptzollamts B-Stadt inne. Mit Wirkung vom 1.1.2009 wurde er im Rahmen einer Umorganisation der Zollverwaltung in das dortige Sachgebiet F („Ahndung“) umgesetzt, in dem er – auf dem Dienstposten F 1101 bzw. (später umbenannt) F 1001 als Sachbearbeiter für „Zuwiderhandlungen FKS SB“ – bis zu seinem Eintritt in den Ruhestand (1.6.2017) Verwendung fand. Von September 2013 bis Mai 2017 war der Kläger dienstunfähig erkrankt.Abs. 3
Seinen im Dezember 2017 unter Verweis auf den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 28.11.2017 – 2 B 53/17 – gestellten Antrag, ihm rückwirkend die Stellenzulage für Beamte der Zollverwaltung mit vollzugspolizeilichen Aufgaben („Polizeizulage“) zu gewähren, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 23.2.2018 und Widerspruchsbescheid vom 21.6.2018 ab.Abs. 4
Die hiergegen erhobene, auf rückwirkende Gewährung der Polizeizulage zum 1.1.2004, „hilfsweise“ vom 5.9.2013 bis zum 31.5.2017, gerichtete Klage hat das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 19.6.2020 – 2 K 1017/18 – abgewiesen. Das Urteil ist ausweislich der in der Gerichtsakte befindlichen Eingangsbestätigung am 9.7.2020 an das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) des Prozessbevollmächtigten des Klägers übermittelt worden. Auf die Bitte des Verwaltungsgerichts, ein elektronisches Empfangsbekenntnis zu erzeugen, hat dieser schriftsätzlich erklärt, er erhalte beA-Nachrichten nicht unmittelbar, sondern über einen Dienst der ReNoStar GmbH per E-Postbrief. Das verwaltungsgerichtliche Urteil sei ihm auf diesem Wege am 21.7.2020 zugegangen, wie sich aus dem beigefügten, mit entsprechendem Eingangsstempel der Kanzlei versehenen, Schreiben der ReNoStar GmbH ergebe.Abs. 5
Am 21.8.2020 hat der Kläger die Zulassung der Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil beantragt, die er am 21.9.2020 begründet hat.Abs. 6
II.Abs. 7
Der Antrag auf Zulassung der Berufung unterliegt der Zurückweisung.Abs. 8
1. Der Antrag ist zulässig.Abs. 9
Insbesondere ist zugunsten des Klägers davon auszugehen, dass er mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung vom 21.8.2020 die gesetzliche Monatsfrist (§ 124a Abs. 4 Satz 1 VwGO) gewahrt hat, obwohl das angefochtene Urteil bereits am 9.7.2020 im besonderen elektronischen Anwaltspostfach seines Prozessbevollmächtigten eingegangen ist. Für die Fristberechnung ist fallbezogen auf den schriftsätzlich bestätigten Empfang der erstinstanzlichen Entscheidung am 21.7.2020 abzustellen.Abs. 10
Wird ein Urteil (wie hier) in Anwendung der §§ 56 Abs. 2 VwGO, 174 Abs. 3 und 4 ZPO a.F.1 gegen elektronisches Empfangsbekenntnis an das besondere elektronische Anwaltspostfach übermittelt, kommt es für den Zeitpunkt der Zustellung – wie für die „papiergebundene“ Zustellung eines Schriftstücks gegen Empfangsbekenntnis nach Maßgabe des § 174 Abs. 1 ZPO a.F. (nunmehr: § 175 Abs. 1 ZPO) auch2 – nicht darauf an, wann das zuzustellende Dokument in den Machtbereich des Empfängers gelangt ist, sondern darauf, wann der Rechtsanwalt das Dokument tatsächlich und empfangsbereit entgegengenommen hat.3 Der Nachweis (des Zeitpunkts) der Zustellung wird gemäß § 174 Abs. 4 Satz 3 ZPO a.F. durch ein elektronisches Empfangsbekenntnis erbracht, das der Zustelladressat nach Maßgabe des § 174 Abs. 4 Satz 4 ff. ZPO a.F. elektronisch zu übermitteln hat.Abs. 11
Der Zeitpunkt der tatsächlichen und empfangsbereiten Entgegennahme ist auch dann maßgeblich, wenn (wie hier) ein formgerechtes elektronisches Empfangsbekenntnis nicht oder nicht zeitnah nach Eingang des Dokuments im besonderen elektronischen Anwaltspostfach übersandt wird. Insbesondere kann für die Ermittlung des Zustelldatums nicht auf die automatisch generierte Eingangsbestätigung abgestellt werden. Sie bezieht sich nämlich alleine auf den technischen Eingang im Postfach, gibt aber keinen Aufschluss darüber, wann das Dokument dem Empfänger tatsächlich zugegangen ist.4 Auch die bisweilen vertretene5 analoge Anwendung der verwaltungsverfahrens- bzw. -zustellungsrechtlichen „Drei-Tages-Fiktion“ (vgl. § 41 Abs. 2 Satz 2 SVwVfG, §§ 5 Abs. 7 Satz 2 VwZG i.V.m. 1 SVwZG) in Anknüpfung an das Datum des bestätigten Dokumenteneingangs im besonderen elektronischen Anwaltspostfach verbietet sich. Zwar ist der Rechtsanwalt nach § 31a Abs. 6 BRAO verpflichtet, Zustellungen zur Kenntnis zu nehmen, die auf diesem Wege erfolgen; auch mag bei gewöhnlichem Lauf der Dinge regelmäßig ein zeitnaher Zugang elektronisch übermittelter Dokumente zu erwarten stehen. Es fehlt für die in Rede stehende Analogie jedoch schon an einer planwidrigen Regelungslücke. Denn der Gesetzgeber hat im Kontext des elektronischen Rechtsverkehrs mit Gerichten einen „Zustellungsnachweis durch automatisierte Eingangsbestätigung“6 im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens ausdrücklich erwogen, im Ergebnis aber zu Gunsten einer – erforderlichen – Dokumentation des anwaltlichen Annahmewillens verworfen.7Abs. 12
Erfolgte die danach erforderliche empfangsbereite Entgegennahme des angefochtenen Urteils nach der nicht zu widerlegenden Angabe des Prozessbevollmächtigten des Klägers erst am 21.7.2020, wurde der Antrag auf Zulassung der Berufung am 21.8.2020 fristgerecht gestellt.Abs. 13
2. Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist unbegründet.Abs. 14
Das den Prüfungsumfang des Senats begrenzende Vorbringen des Klägers gibt keine Veranlassung, das erstinstanzliche Urteil einer Überprüfung in einem Berufungsverfahren zuzuführen. Aus der Antragsbegründung vom 21.9.2020 ergeben sich auch unter Berücksichtigung des vertiefenden Vortrags im Schriftsatz vom 4.12.2020 weder ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung (dazu a), noch zeigt der Kläger eine grundsätzliche Bedeutung der Sache (dazu b) oder einen entscheidungserheblichen Verfahrensverstoß (dazu c) auf.Abs. 15
a) Ernstliche Zweifel im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestehen, wenn gegen die Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung nach summarischer Prüfung gewichtige Gesichtspunkte sprechen, wovon auszugehen ist, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird.8Abs. 16
Daran fehlt es hier.Abs. 17
Das Verwaltungsgericht hat im angefochtenen Urteil ausgeführt, der geltend gemachte Anspruch auf die Polizeizulage bestehe – ungeachtet der Frage der Verjährung und der Tatsache, dass der Kläger sein Amt wegen einer langfristigen Erkrankung zuletzt nicht habe wahrnehmen können – nicht. Die Gewährung der Zulage scheide für die Zeit vom 1.1.2004 bis zum 21.3.2012 aus, weil der Kläger – anders als damals tatbestandlich vorausgesetzt, § 42 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 BBesG i.V.m. Anlage I BBesG, Vorbemerkung Nr. 9 in der bis zum 21.3.2012 maßgeblichen Fassung – im fraglichen Zeitraum nicht „mit vollzugspolizeilichen Aufgaben betraut“ gewesen sei. Ein Dienstposten vollzugspolizeilichen Zuschnitts habe ihm auch nicht übertragen werden können. Kennzeichnend für vollzugspolizeiliche Tätigkeit sei die hoheitliche Befugnis zum unmittelbaren Eingriff in die Rechtssphäre der Bürger, nötigenfalls durch Anwendung unmittelbaren Zwangs unter Einschluss der Schusswaffe. Dem Kläger habe hingegen bereits die erforderliche Befähigung zum Schusswaffengebrauch gefehlt.Abs. 18
Auch für den Zeitraum ab dem 22.3.2012 erfülle er die Anspruchsvoraussetzungen nicht. Zwar sehe die Vorbemerkung Nr. 9 Abs. 1 Satz 1 in der seither geltenden Fassung des Gesetzes zur Unterstützung der Fachkräftegewinnung im Bund und zur Änderung weiterer dienstrechtlicher Vorschriften vom 15.3.2012 (BGBl. I S. 432) einen Anspruch auf die Polizeizulage (unter anderem) auch für solche Beamte der Zollverwaltung vor, die in einem Bereich verwendet werden, in dem gemäß Bestimmung des Ministeriums der Finanzen typischerweise vollzugspolizeilich geprägte Tätigkeiten wahrgenommen werden. Dem unterfalle der Kläger nicht. Ziffer 4.3.5.2 der hierzu ergangenen – rückwirkend zum 22.3.2012 in Kraft gesetzten – Verwaltungsvorschrift zur Gewährung der Stellenzulage nach Nr. 9 der Vorbemerkungen zu den Bundesbesoldungsordnungen A und B (VV-BMF-PolZul) vom 12.9.2013 konkretisiere die zulageberechtigten Verwaltungsbereiche typisierend unter anderem dahingehend, dass die Bereiche „Hauptzollämter Sachgebiet C (Kontrollen)“ und „Hauptzollämter Sachgebiet E (Prüfungen und Ermittlungen Finanzkontrolle Schwarzarbeit)“ erfasst seien. Das Sachgebiet F, dem der Kläger bereits seit dem 1.1.2009 angehört habe, gehöre nicht dazu, zumal sein dortiger Dienstposten F 1101 bzw. F 1001 – wie die Beklagte mit Schriftsatz vom 19.12.2018 umfassend beschrieben habe – aus administrativen Aufgaben bestanden habe.Abs. 19
Eine andere rechtliche Beurteilung ergebe sich schließlich nicht aus der rückwirkend zum 1.1.2014 in Kraft gesetzten VV-BMF-PolZul, nachdem das Sachgebiet F der Hauptzollämter dort nach wie vor nicht als Verwaltungsbereich mit vollzugspolizeilichem Aufgabenzuschnitt ausgewiesen sei.Abs. 20
Was der Kläger dem im Zulassungsverfahren entgegenhält, verfängt nicht.Abs. 21
Ohne Erfolg beruft er sich zunächst (erneut) auf die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 28.11.2017 – 2 B 53/17 – und macht geltend, die begehrte Stellenzulage knüpfe alleine an die Zugehörigkeit zu einem bestimmten Bereich der Zollverwaltung an. Die Dienstposten E 1101, E 4103 und F 1101 bzw. F 1001, die er ausgeübt habe, gehörten entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts gerade dazu. Nicht entscheidend sei hingegen, ob er im Einzelfall zugleich mit vollzugspolizeilichen Aufgaben betraut worden sei.Abs. 22
Diese Erwägungen stellen die Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung nicht in Frage. Ein Anspruch des Klägers auf die Polizeizulage folgt aus seiner (früheren) Zugehörigkeit zum Sachgebiet E (Dienstposten E 1101 und E 4103) schon nicht, da die Verwendung in einem vollzugspolizeilich geprägten Verwaltungsbereich als anspruchsbegründender Tatbestand – wie das Verwaltungsgericht zu Recht festgestellt hat – erst mit Wirkung vom 22.3.2012 in die besoldungsrechtlichen Vorgaben aufgenommen wurde.9 Der Kläger hatte aber bereits ab dem 1.1.2009 durchgehend einen Dienstposten im Sachgebiet F („Ahndung“) inne, das – wie im angefochtenen Urteil ebenfalls zutreffend ausgeführt – nach der typisierenden Bestimmung des hierzu berufenen Bundesministeriums der Finanzen kein „zulageberechtigter Bereich“ der Hauptzollämter war (und ist).10Abs. 23
Vor dem 22.3.2012 kam es demgegenüber maßgeblich darauf an, ob der Zollbeamte im Einzelfall mit vollzugspolizeilichen Aufgaben betraut war.11 Die Richtigkeit der erstinstanzlichen Annahme, eine solche Betrauung habe fallbezogen nicht vorgelegen, und habe im Übrigen auch nicht erfolgen können, da der Kläger die persönlichen Voraussetzungen hierfür mangels Befugnis zum Schusswaffengebrauch nicht erfüllt habe, stellt die Antragsbegründung indes nicht substantiiert in Abrede.12Abs. 24
Es überzeugt auch nicht, wenn der Kläger der Sache nach geltend macht, er sei im Sinne der seit dem 22.3.2012 geltenden besoldungsrechtlichen Vorgaben gleichwohl einem als „zulageberechtigt“ festgelegten Verwaltungsbereich zuzuordnen, da er zwar formal dem Sachgebiet F angehört habe, ein Vorgesetzter ihm jedoch mitgeteilt habe, dass „das Sachgebiet F ein Teil des Sachgebietes E“ sei und er auf seinem Dienstposten F 1101 bzw. F 1001 überdies „dieselben Aufgaben“ erledigt habe wie im Sachgebiet E.13Abs. 25
Diesem Vorbringen dürfte bereits entgegenstehen, dass die einschlägige Verwaltungsvorschrift ihrem Wortlaut nach für die Frage der Anspruchsberechtigung kraft „Bereichszugehörigkeit“ alleine auf die formale Verwendung in einem „zulageberechtigten“ Verwaltungsbereich abstellt (vgl. Ziffer 4.3.3.1 VV-BMF-PolZul i.d.F. v. 12.9.2013) und bei – grundsätzlich zulässiger14 und hier nicht im Einzelnen gerügter – typisierender Betrachtung nur die Sachgebiete C und E (und nicht F) der Hauptzollämter als einschlägige Verwaltungsbereiche aufführt (Ziffer 4.3.5.2 VV-BMF-PolZul i.d.F. v. 12.9.2013).Abs. 26
Zudem begründet das Antragsvorbringen auch in der Sache keine ernstlichen Zweifel an der erstinstanzlichen Einschätzung, der Kläger sei nach dem 22.3.2012 inhaltlich nicht auf einem Dienstposten in einem Bereich verwendet worden, in dem (wie etwa im Sachgebiet E) typischerweise vollzugspolizeilich geprägte Tätigkeiten wahrgenommen werden. Prägendes Charakteristikum vollzugspolizeilicher Tätigkeit, die sie von anderen Bereichen unterscheidet, ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die hoheitliche Befugnis zum unmittelbaren Eingriff in die Rechtssphäre der Bürger, die nötigenfalls durch die Anwendung unmittelbaren Zwangs unter Einschluss des Schusswaffengebrauchs durchgesetzt werden kann.15 Demgegenüber hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 19.12.2018,16 auf den sich das Verwaltungsgericht zur Begründung bezogen hat, im Einzelnen ausgeführt, der ehemalige Dienstposten des Klägers F 1101 bzw. F 1001, den er seit Januar 2009 bis Ruhestandsbeginn innehatte, umfasse keine vollzugspolizeiliche Tätigkeit, sondern sei geprägt von administrativen Aufgaben im Innendienst. Im Einzelnen verlange der Dienstposten die Bearbeitung von Straf- und Ordnungswidrigkeitsverfahren (unter anderem: Sichtung und Bewertung von Unterlagen, Gewährung rechtlichen Gehörs, verfahrensabschließende Entscheidung, etwa Erlass eines Bußgeldbescheids oder Verfahrenseinstellung) im Bereich des Leistungsmissbrauchs bzw. im Anschluss an – in der Regel ahndungsreif abgeschlossene – Ermittlungen des Sachgebiets E. Ergänzend hat die Beklagte im Zulassungsverfahren vorgetragen, die Tätigkeit, die der Kläger zuletzt wahrgenommen habe, sei deckungsgleich mit der Aufgabe der anderen Beschäftigten des gehobenen Diensts im Fachgebiet F 1 (Sachgebiet F).17Abs. 27
Dass der Dienstposten F 1101 bzw. F 1001 gleichwohl eine Stelle in einem Bereich vollzugspolizeilicher Prägung sein könnte, legt die Antragsbegründung demgegenüber nicht im Ansatz dar. Der pauschale Einwand des Klägers, er sei im Jahr 2009 nur umgesetzt worden, um die Funktionsfähigkeit des Sachgebiets F aufrechtzuerhalten, habe jedoch weiterhin „dieselben Aufgaben“ verrichtet, im gleichen Dienstzimmer gesessen, die gleiche Software benutzt und ihm sei durch einen Vorgesetzten mitgeteilt worden, das Sachgebiet F sei „ein Teil des Sachgebietes E“, setzt sich erkennbar nicht hinreichend substantiiert mit den Gründen der angefochtenen Entscheidung, insbesondere der Dienstpostenbeschreibung vom 19.12.2018, auseinander.Abs. 28
Bei dieser Sachlage kann der Kläger auch aus dem Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 28.11.2017 – 2 B 53/17 – nichts für sich herleiten. Danach kann ein Zollbeamter, der im Sachgebiet E eines Hauptzollamts (und damit in einem nach Maßgabe der VV-BMF-PolZul als „zulageberechtigt“ bestimmten Bereich) eingesetzt ist, die Polizeizulage auch dann beanspruchen, wenn er vollzugspolizeiliche Aufgaben tatsächlich nicht wahrnimmt oder dazu gesundheitlich nicht in der Lage ist. Damit ist der Fall des Klägers aber schon deswegen nicht vergleichbar, weil er – wie ausgeführt – im maßgeblichen Zeitraum nicht zu einem entsprechenden Verwaltungsbereich des Hauptzollamts B-Stadt gehörte.Abs. 29
Ohne Erfolg bleibt schließlich das (wohl) auf die Frage der Verjährung zielende Vorbringen des Klägers, er sei ein „Neuzöllner“ und ihm sei im Rahmen seines Übertritts in die Zollverwaltung zu Unrecht erklärt worden, die Polizeizulage stehe nur „Waffenträgern“ zu. Darauf kommt es nicht streitentscheidend an, da an der tragenden Erwägung des Verwaltungsgerichts, der Kläger erfülle schon die tatbestandlichen Voraussetzungen der begehrten Stellenzulage nicht, keine ernstlichen Zweifel bestehen.Abs. 30
b) Die Antragsbegründung legt eine grundsätzliche Bedeutung der Sache nicht dar.Abs. 31
Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO, wenn sie eine in dem angestrebten Berufungsverfahren klärungsbedürftige und für die Entscheidung dieses Verfahrens erhebliche Rechts- oder Tatsachenfrage aufwirft, deren Beantwortung über den konkreten Fall hinaus wesentliche Bedeutung für die einheitliche Anwendung oder Weiterentwicklung des Rechts hat. Dabei ist zur Darlegung dieses Zulassungsgrundes die Frage auszuformulieren und substantiiert auszuführen, warum sie für klärungsbedürftig und entscheidungserheblich gehalten und aus welchen Gründen ihr eine Bedeutung über den Einzelfall hinaus zugemessen wird.18Abs. 32
Diesem Darlegungserfordernis (§ 124 Abs. 4 Satz 4 VwGO) genügt der Vortrag des Klägers nicht. Er wirft schon keine konkret für klärungsbedürftig befundene Frage auf, sondern macht alleine geltend, er könne die Polizeizulage „nach den Grundsätzen“, die das Bundesverwaltungsgericht in seiner Entscheidung vom 28.11.2017 – 2 B 53/17 – aufgestellt habe, beanspruchen; zudem gebe es weitere Personen, denen die Zulage aus den gleichen rechtlichen Gründen zustehe.19Abs. 33
Im Übrigen gilt: Sollte der Kläger die Zulageberechtigung eines Zollbeamten, der in einem Verwaltungsbereich vollzugspolizeilicher Prägung verwendet wird, ohne im Einzelfall mit vollzugspolizeilichen Aufgaben betraut zu sein, für grundsätzlich bedeutsam halten, wäre diese Frage durch die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 28.11.2017 hinlänglich geklärt. Sie würde sich zudem in dem beantragten Berufungsverfahren nicht stellen, da der Kläger – wie ausgeführt – im maßgeblichen Zeitraum einem „zulageberechtigten“ Verwaltungsbereich nicht angehörte.Abs. 34
c) Die Berufung ist schließlich nicht wegen eines Verfahrensmangels (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) zuzulassen.Abs. 35
Das der Sache nach als Rüge einer Verletzung der gerichtlichen Aufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO) zu verstehende Vorbringen des Klägers, das Verwaltungsgericht habe es unterlassen, ZOAR C. zum Beweis der Tatsachen als Zeuge zu hören, dass er – der Kläger – nach seiner Versetzung in das Sachgebiet F „dieselben Aufgaben erledigt“ habe wie zuvor im Sachgebiet E, und dass er „keinen Dienstposten E 1101 im Geschäftszimmer des Sachgebiets E“ innegehabt habe,20 greift nicht durch.Abs. 36
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts21 erfordert die Rüge einer Verletzung der gerichtlichen Aufklärungspflicht die substantiierte Darlegung, welche Tatsachen auf Grundlage der materiell-rechtlichen Auffassung des Gerichts aufklärungsbedürftig waren, welche für erforderlich oder geeignet gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht kamen, welche tatsächlichen Feststellungen dabei voraussichtlich getroffen worden wären und inwiefern diese unter Zugrundelegung der materiell-rechtlichen Auffassung des Tatsachengerichts zu einer für den Rechtsmittelführer günstigeren Entscheidung hätten führen können. Die Aufklärungsrüge stellt zudem kein Mittel dar, um Versäumnisse eines Verfahrensbeteiligten in der Vorinstanz zu kompensieren, vor allem wenn er es unterlassen hat, einen Beweisantrag zu stellen. Deshalb muss entweder dargelegt werden, dass bereits im erstinstanzlichen Verfahren, insbesondere in der mündlichen Verhandlung, auf die Vornahme der Sachverhaltsaufklärung, deren Unterbleiben nunmehr gerügt wird, hingewirkt worden ist, oder aufgrund welcher Anhaltspunkte sich dem Gericht die bezeichneten Ermittlungen ohne ein solches Hinwirken hätten aufdrängen müssen.Abs. 37
Daran fehlt es hier. Der anwaltlich vertretene Kläger hat ausweislich der Sitzungsniederschrift in der mündlichen Verhandlung vom 19.6.2020 die Erhebung der nunmehr als fehlend gerügten Beweise nicht beantragt. Auch ergibt sich aus den Darlegungen in der Antragsbegründung nicht, dass sich dem Verwaltungsgericht die Beweiserhebung hätte aufdrängen müssen, zumal die Beklagte eine ausführliche – nicht im Einzelnen angegriffene – Beschreibung der Tätigkeit des Klägers im Sachgebiet F zur Akte gereicht hat und die weiter als beweisbedürftig angesehene Frage der Verwendung des Klägers im Geschäftszimmer des Sachgebiets E nicht streitentscheidend ist.Abs. 38
III.Abs. 39
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung findet ihre Grundlage in den §§ 40, 47, 42 Abs. 1 GKG (36 x 133,75 Euro, vgl. Ziffer 6.2 VV-BMF-PolZul i.d.F. v. 12.9.2013) und folgt im Ansatz der Festsetzung des Verwaltungsgerichts, die der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts22 entspricht.Abs. 40
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.Abs. 41

Fußnoten

1) in der zum Zeitpunkt der Zustellung des angefochtenen Urteils geltenden Fassung des Gesetzes zur Neuregelung der Wertgrenze für die Nichtzulassungsbeschwerde in Zivilsachen, zum Ausbau der Spezialisierung bei den Gerichten sowie zur Änderung weiterer prozessrechtlicher Vorschriften vom 12.12.2019 (BGBl. I S. 2633)Abs. 42
2) statt vieler: BGH, Urteil vom 14.9.2011 – XII ZR 168/09 –, juris Rn. 16; OVG des Saarlandes, Beschluss vom 31.7.2017 – 1 B 528/17 –, juris Rn. 8 m.w.N.Abs. 43
3) so bereits OVG des Saarlandes, Beschluss vom 27.9.2019 – 1 D 155/19 –, juris Rn. 10; ebenso OVG Schleswig, Beschluss vom 23.1.2020 – 4 LA 211/18 –, juris Rn. 4; Häublein/Müller in: Münchener Kommentar zur Zivilprozessordnung, 6. Aufl. 2020, § 174 ZPO Rn. 25Abs. 44
4) Biallaß in: Ory/Weth, jurisPK-ERV, 1. Aufl. 2020, § 174 ZPO Rn. 77 m.w.N.Abs. 45
5) VG Leipzig, Urteil vom 13.5.2019 – 7 K 2184/16.A –, juris Rn. 13Abs. 46
6) Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses vom 12.6.2013, BT-Drs. 17/13948, S. 34Abs. 47
7) ausführlich: Biallaß in: Ory/Weth, jurisPK-ERV, 1. Aufl. 2020, § 174 ZPO Rn. 1 ff. m.w.N.; vgl. auch Häublein/Müller in: Münchener Kommentar zur Zivilprozessordnung, 6. Aufl. 2020, § 174 ZPO Rn. 25Abs. 48
8) OVG des Saarlandes, Beschluss vom 25.11.2015 – 1 A 385/14 –, juris Rn. 3Abs. 49
9) Art. 1 Nr. 22 lit. f), Art. 11 Abs. 1 des Gesetzes zur Unterstützung der Fachkräftegewinnung im Bund und zur Änderung weiterer dienstrechtlicher Vorschriften vom 15.3.2012 (BGBl. I S. 432), Ziffer 4.3 und 10.1 VV-BMF-PolZul i.d.F. v. 12.9.2013Abs. 50
10) siehe Ziffer 4.3.5.2 VV-BMF-PolZul i.d.F. v. 12.9.2012Abs. 51
11) Vorbemerkung Nr. 9 Abs. 1 Satz 1 der Anlage I zu § 20 Abs. 2 Satz 1 BBesG i.d.F. d. Bek. vom 6.8.2002 (BGBl. I S. 3020)Abs. 52
12) vgl. etwa S. 2 des Schriftsatzes vom 21.9.2020 („Es kommt nicht darauf an, ob der Kläger mit vollzugspolizeilichen Aufgaben betraut worden ist.“)Abs. 53
13) S. 2 des Schriftsatzes vom 4.12.2020Abs. 54
14) BVerwG, 28.11.2017 – 2 B 53/17 –, juris Rn. 22 ff.; vgl. hier: Ziffer 4.3.4.4 VV-BMF-PolZulAbs. 55
15) BVerwG, Urteil vom 25.4.2013 – 2 C 53/11 –, juris Rn. 17; in diesem Sinne auch Ziffer 2.2.1 und – betreffend die Typisierung – Ziffer 4.3.4 VV-BMF-PolZul vom 12.9.2013Abs. 56
16) dort S. 3 f.Abs. 57
17) (undatierter) Vermerk des Leiters des Fachgebiets F 1 des Hauptzollamts Saarbrücken, Anlage zum Schriftsatz vom 14.10.2020, Bl. 199 d.A.Abs. 58
18) OVG des Saarlandes, Beschluss vom 25.5.2021 – 2 A 85/21 –, juris Rn. 22Abs. 59
19) Schriftsatz vom 21.9.2020, S. 2Abs. 60
20) Schriftsatz vom 21.9.2020, S. 4Abs. 61
21) Beschlüsse vom 30.4.2019 – 2 B 52/18 –, und vom 29.7.2015 – 5 B 36/14 –, beide juris; vgl. auch OVG des Saarlandes, Beschluss vom 20.3.2020 – 2 A 229/19 –, juris Rn. 13Abs. 62
22 ) Beschluss vom 19.7.2017 – 2 KSt 1/17 –, jurisAbs. 63

(online seit: 12.04.2022)
Zitiervorschlag: Gericht, Datum, Aktenzeichen, JurPC Web-Dok, Abs.
Zitiervorschlag: OVG des Saarlandes, Zeitpunkt der Zustellung eines Urteils gegen elektronisches Empfangsbekenntnis (beA) - JurPC-Web-Dok. 0056/2022