JurPC Web-Dok. 78/2021 - DOI 10.7328/jurpcb202136578

OLG Koblenz

Beschluss vom 30.03.2021

5 Ws 16/21

Durchsicht beschlagnahmter Papiere bzw. elektronischer Speichermedien

JurPC Web-Dok. 78/2021, Abs. 1 - 54


Leitsätze:

1. Die Durchsicht beschlagnahmter Papiere bzw. elektronischer Speichermedien ist gem. § 110 Abs. 1 StPO Aufgabe der Staatsanwaltschaft und auf deren Anordnung ihrer Ermittlungspersonen, nicht der Verteidigung. Zu Beweisstücken im Sinne des § 147 Abs. 1 StPO werden im Rahmen der Durchsuchung vorläufig sichergestellte Datenträger bzw. Schriftstücke erst, wenn die Durchsicht gem. § 110 Abs. 1 StPO abgeschlossen und eine Beschlagnahmeanordnung ergangen ist. Ein Besichtigungsrecht der Verteidigung entsteht erst nach erfolgter Durchsicht und entsprechender Beschlagnahme.

2. Damit korrespondiert die Verpflichtung der Ermittlungsbehörden, die Auswertung vorläufig sichergestellter Schriftstücke und Daten im Hinblick auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und Rechte eventuell Drittbetroffener zügig vorzunehmen, um abhängig von der Menge des sichergestellten Materials und der Aufwändigkeit der Auswertung in angemessenere Zeit zu entscheiden, was als potentiell beweiserheblich dem Gericht zur Beschlagnahme vorgelegt werden und was an den Beschuldigten oder Drittbetroffenen herausgegeben werden soll. Dabei ist zu gewährleisten, dass nicht noch während bereits laufender Hauptverhandlung zuvor nicht ausgewertete Beweismittel aus dem sichergestellten Datenbestand nachgeschoben werden, welche den übrigen Beteiligten noch unbekannt sind. Ein mit der Durchsicht umfangreicher Datenbestände verbundener erhöhter Auswertungsaufwand rechtfertigt keine andere Vorgehensweise.

Gründe:

I.Abs. 1
Nach Teilabtrennung aus dem Verfahren 2050 Js 27460/15 wird mit Anklageschrift vom 12. Juli 2018 betreffend den Zeitraum vom 1. Januar 2013 bis 30. März 2017 dem Angeklagten L. gewerbsmäßiger Betrug in 37 Fällen sowie Computerbetrug in 180 Fällen zum Nachteil der D. AG bzw. der Firma C. GmbH (§§ 263 Abs. 1 u. 3, 263a Abs. 1 u. 2, 25 Abs. 2, 53, 54 StGB), den Angeklagten S., T. und Ö. teilweise Beteiligung (§§ 263 Abs. 1 u. 3, 263a Abs. 1 u. 2, 25 Abs. 2, 27 Abs.1, 52, 53, 54 StGB) hieran, den Angeklagten Ö. und T. darüber hinaus Steuerhinterziehung (§ 370 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 AO) und dem Angeklagten T. des Weiteren das Vorenthalten von Arbeitnehmer- und Arbeitgeberbeiträgen (§ 266a Abs. 1 u. 2 StGB) vorgeworfen.Abs. 2
Der Angeklagte L. soll als Betriebsleiter der Region W. bei der Firma C. GmbH, welche im Wesentlichen im Bereich der Briefkonsolidierung, also der Abholung und Sortierung von Briefen im Vorfeld der Weiterbeförderung durch die D. tätig ist, ein betrügerisches System errichtet haben, mittels dessen durch Einschaltung der Firmen der weiteren Angeklagten als Subunternehmer und das Erstellen von Abdeckrechnungen die Sortierung und Einlieferung entsprechender Briefmengen vorgetäuscht worden sein soll. Die D. AG soll für die fingierten Briefeinlieferungen dann Portorabatte an die C. GmbH ausgekehrt haben, welche diese wiederum teilweise infolge entsprechender Einwirkung des Angeklagten L. auf das Datenverarbeitungssystem der Firma C. an die Subunternehmer automatisiert weitergegeben haben soll. Über diese sollen nach Abzug einer Provision die Beträge an den Angeklagten L. persönlich gelangt sein. Die weiteren Vorwürfe betreffen im Wesentlichen Vorgänge in den Firmen der Angeklagten Ö. (Steuerhinterziehung) und T. (Steuerhinterziehung und Vorenthalten von Arbeitnehmer- und Arbeitgeberbeiträgen). Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Anklageschrift vom 12. Juli 2018 Bezug genommen.Abs. 3
Im Rahmen von zahlreichen Durchsuchungen im Ausgangsverfahren 2050 Js 27460/15 erfolgte die Sicherstellung zahlreicher Datenträger bzw. teilweise die Sicherung derselben, wobei eine Datenmenge von ca. 12 TB gesichert wurde, was in Dokumentenseiten gerechnet in etwa dem Inhalt von 15.600 gefüllten Aktenschränken entspricht (https://www....).Abs. 4
Mit Beschluss vom 14. September 2018 hat die 4. große Strafkammer - Wirtschaftsstrafkammer - des Landgerichts Koblenz die Anklage vom 12. Juli 2018 mit geringfügigen Änderungen zugelassen und mit Verfügung vom selben Tage den Beginn der Hauptverhandlung auf den 4. Oktober 2018 bestimmt. Die zwischenzeitlich durchgeführte Hauptverhandlung wurde aufgrund der Tatsache, dass die Staatsanwaltschaft infolge der Fortführung ihrer Ermittlungen bzw. Auswertung der elektronischen Asservate im Ausgangsverfahren 2050 Js 27460/15 Unterlagen in großem Umfang erst während der laufenden Hauptverhandlung vorlegte, auf Antrag der Angeklagten L. und S. nach 24 Verhandlungstagen durch Beschluss der Kammer vom 23. April 2019 gem. § 265 Abs. 4 StPO ausgesetzt.Abs. 5
Mit Verfügung vom 10. September 2019 teilte die Staatsanwaltschaft den Verteidigern mit, dass die entsprechenden Asservate in den Räumlichkeiten der Staatsanwaltschaft zu den üblichen Öffnungszeiten zur Besichtigung vorgehalten würden und die zur Besichtigung erforderliche Software (insbesondere X-Ways-Forensics) auf dem dort bereitgestellten Rechner aufgespielt sei.Abs. 6
Mit Schriftsatz vom 12. November 2019 bat Rechtsanwalt L. als Verteidiger des Angeklagten L. um Auskunft, inwieweit durch technische Vorkehrungen sichergestellt sei, dass die Verteidigungsstrategie anhand einer bei der Einsichtnahme möglicherweise hinterlassenen „elektronischen Spur“ nicht für die Ermittlungsbehörden erkennbar werde. Zudem bat er um Ermöglichung der Erstellung von Ausdrucken. Die Staatsanwaltschaft teilte daraufhin mit, dass der IT-Fahnder des Finanzamtes M. die Software X-Ways-Forensics „wahrscheinlich“ so einstellen könne, dass die festgestellte Markierung von bereits eingesehenen Dokumenten nicht mehr erfolge. Ungeachtet dessen stelle eine zielgerichtete Sichtung der Ermittlungsbehörden diesbezüglich eine dokumentationspflichtige Ermittlungshandlung dar, welche aufgrund der damit einhergehenden elementaren Beschneidung der Rechte der Verteidigung bereits aus Rechtsgründen nicht in Betracht komme. Ausdrucke von Dokumenten aus den elektronischen Asservaten sei auf dem bereitgestellten System technisch nicht vorgesehen, jedoch bestünde die Möglichkeit der Fertigung von Fotografien der eingesehenen Dokumente. Da der zuständige Vertreter der Staatsanwaltschaft im Folgenden Erklärungen zur Funktionsweise der inzwischen durch den IT-Fahnder erfolgten Abschaltung der „Mitlogfunktion“ des Programms X-Ways-Forensics nicht abgeben konnte, erklärte der Verteidiger, unter diesen Umständen die beabsichtigte Einsicht in die elektronischen Asservate nicht vorzunehmen.Abs. 7
Die Staatsanwaltschaft regte daraufhin gegenüber dem erkennenden Gericht eine gerichtliche Entscheidung über die Art und Weise der Gewährung von Akteneinsicht in bei der Staatsanwaltschaft vorgehaltene elektronische Asservate an.Abs. 8
Mit Beschluss vom 23. Juni 2020 stellte daraufhin die 4. große Strafkammer - Wirtschaftsstrafkammer - des Landgerichts Koblenz fest, dass den Verteidigern hinsichtlich der verfahrensgegenständlichen „IT Asservate EG P. / EG H.“ ein Besichtigungsrecht zustünde. In Ziffer 3 des Beschlusses gestattete die Kammer der Verteidigung „im Rahmen der Besichtigung“, Kopien der Dateien zu fertigen, im Hinblick auf die Komplexität der Wirtschaftsstrafsache auch in Form der kompletten Kopie auf einen von der Verteidigung auf eigene Kosten zu stellenden externen Datenträger. Des Weiteren verpflichtete die Kammer die Verteidigung, die entsprechenden Daten nach Abschluss des Verfahrens umgehend zu löschen und wies auf die entsprechende Anwendung der Vorgaben zum Datenschutz gem. § 32f Abs. 5 StPO hin. Die Kammer begründete die Gestattung der Fertigung von Kopien mit dem Grundsatz der effektiven Verteidigung; insbesondere müsse es den Verteidigern ermöglicht werden, ein Arbeiten mit Suchbegriffen durchgehend - auch während laufender Hauptverhandlung und angepasst an den Stand der Beweisaufnahme - vorzunehmen. Dies sei nur gewährleistet, wenn sie Zugriff auf die Dateien in ihrer Gesamtheit und nicht lediglich auf einzelne, anlässlich der Besichtigung in den Räumen der Staatsanwaltschaft abfotografierte Dokumente habe. Ein Beweismittelverlust drohe angesichts des Umstands, dass lediglich Kopien gefertigt würden, nicht. Wegen der Einzelheiten wird Bezug genommen auf den Beschluss vom 23. Juni 2020.Abs. 9
Gegen diesen Beschluss hat die Staatsanwaltschaft Beschwerde, beschränkt auf die Gestattung der Erstellung von vollständigen Kopien in Ziffer 3 des Beschlusses, eingelegt, soweit es sich um solche Asservate handele, die nicht bei dem jeweiligen Angeklagten bzw. von ihm als Geschäftsführer geführten Gesellschaften sichergestellt worden seien. Zur Begründung verweist die Staatsanwaltschaft auf möglicherweise in den Asservaten enthaltene Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse sowie persönliche Daten. Den betroffenen Dritten sei zumindest zunächst rechtliches Gehör zu gewähren.Abs. 10
Mit Beschluss vom 29. Juni 2020 setzte die Kammer auf entsprechende Anregung der Staatsanwaltschaft die Vollziehung der in Ziffer 3. des Beschlusses vom 23. Juni 2020 erteilten Erlaubnis zur Vervielfältigung der - nicht bei dem jeweiligen Mandanten bzw. von diesen als Geschäftsführer geführten Gesellschaften sichergestellten - Asservate gem. § 307 Abs. 2 StPO aus.Abs. 11
Nachdem die durch das Gericht (im Hinblick auf mögliche Persönlichkeitsrechte der Mandanten oder bezüglich möglicher Betriebs-/Geschäftsgeheimnisse der von den Mandanten geführten Gesellschaften) angehörten Verteidiger bzw. die angehörten Drittbetroffenen teilweise Stellung genommen hatten, nahm die Kammer einige Asservate mit Beschluss vom 1. Dezember 2020 von der Gestattung der Fertigung von Kopien aus. Der im Anschluss an die Beschwerde der Staatsanwaltschaft eingelegten Beschwerde der Drittbetroffenen M. GmbH sowie der Beschwerde der Staatsanwaltschaft im Übrigen half die Kammer unter Vorlage der Akten an das Oberlandesgericht nicht ab.Abs. 12
Zwischenzeitlich hat das Amtsgericht Koblenz mit Beschluss vom 29. Dezember 2020 (Az. 30 Gs 10537/20) in dem Verfahren 2050 Js 27460/15 die Beschlagnahme verschiedener Datenträger, auch mit Blick auf die Beweisbedeutung in vorliegendem Verfahren, angeordnet.Abs. 13
Die Generalstaatsanwaltschaft beantragt, auf die Beschwerde der Staatsanwaltschaft Ziffer 3 des angegriffenen Beschlusses aufzuheben und den Verteidigern lediglich die Besichtigung der IT-Beweismittel in den Räumen der Staatsanwaltschaft Koblenz zu gestatten. Die Angeklagten hatten über ihre Verteidiger Gelegenheit zur Stellungnahme. Hiervon hat lediglich die Verteidigung des Angeklagten L. Gebrauch gemacht und ihre Rechtsansicht vorgetragen.Abs. 14
II.Abs. 15
Die Beschwerde der Staatsanwaltschaft ist nur teilweise zulässig, in der Sache hat sie teilweise Erfolg.Abs. 16
Die Beschwerde der Staatsanwaltschaft ist wirksam auf die Anfechtung der Regelung in Ziffer 3 des Beschlusses vom 23. Juni 2016 beschränkt. Die weitere Beschränkung dahingehend, dass die Regelung nur insoweit angegriffen werden solle, als die Fertigung vollständiger Kopien gestattet wurde und Asservate betroffen sind, welche nicht bei den jeweiligen Angeklagten bzw. von diesen als Geschäftsführer geführten Gesellschaften sichergestellt worden sind, ist mangels Konkretisierung unwirksam. Es ist zum einen nicht erkennbar, was die Staatsanwaltschaft unter vollständigen Kopien versteht, ob also etwa eine Teilkopie einer Festplatte zulässig sein soll, was dem erklärten Rechtsschutzziel allerdings zuwiderliefe. Zum anderen ist die Eingrenzung der Asservate aus dem Antrag selbst heraus nicht erkennbar und erfordert letztlich eine genaue Kenntnis der Sicherstellungsvorgänge. Es ist jedoch nicht Aufgabe des Senats, die umfangreichen Akten (insbesondere auch des Parallelverfahrens) daraufhin zu untersuchen, in wessen Gewahrsam sich die Gegenstände im Zeitpunkt der jeweiligen Sicherstellung befanden.Abs. 17
1.Abs. 18
Die Beschwerde der Staatsanwaltschaft ist nicht statthaft (§ 304 Abs. 1 HS 2 StPO), soweit sie sich gegen die Art und Weise der Gewährung bereits beschlagnahmter Asservate richtet.Abs. 19
Gem. § 32f Abs. 3 StPO sind Entscheidungen über die Form der Gewährung von Akteneinsicht nach den Absätzen 1 und 2 der Vorschrift nicht anfechtbar. Der Ausschluss gilt auch für Entscheidungen über die Ausgestaltung des Rechts auf Besichtigung von Beweismitteln gem. § 147 Abs. 1 StPO.Abs. 20
Die zuvor in § 147 Abs. 4 Satz 2 a.F. StPO enthaltene Regelung ist mit Inkrafttreten des Gesetzes zur Einführung der elektronischen Akte in der Justiz und zur weiteren Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs vom 5. Juli 2017 (BGBl. 2017 I 2208) zum 1. Januar 2018 nunmehr in Absatz 3 der neu eingeführten Regelung des § 32f StPO zur Form der Gewährung von - auf der Grundlage der jeweils einschlägigen Normen zu gewährenden (vgl. BT-Drs. 18/9416, 56; BeckOK-StPO/Valerius, 39. Ed. 01.01.2021 Rn. 1, § 32f Rn. 1) - Akteneinsicht überführt. Nach überwiegender Auffassung der obergerichtlichen Rechtsprechung bezog sich der Anfechtungsausschluss des § 147 Abs. 4 Satz 2 StPO auch auf Beschwerden der Staatsanwaltschaft (OLG Zweibrücken, Beschl. 1 Ws 348/16 v. 11.01.2017 - BeckRS 2017, 100784; OLG Hamburg, Beschl. 2 Ws 88/16 v. 27.05.2016 - NStZ-RR 2016, 282 mit ausführlicher Würdigung der Gesetzgebungshistorie; OLG Celle, Beschl. 1 Ws 415/16 v. 26.08.2016 - BeckRS 2016, 16816; a.A. OLG Celle, Beschl. 2 Ws 114/16 v. 05.07.2016 - NStZ-RR 2017, 48; OLG Nürnberg, Beschl. 2 Ws 8/15 v. 11.02.2015 - BeckRS 2015, 02895).Abs. 21
Hierfür spricht schon der eindeutige Wortlaut der Vorschrift. Für die entsprechend klar formulierte Neuregelung kann nichts anderes gelten, zumal der Gesetzgeber in Kenntnis der überwiegenden obergerichtlichen Rechtsprechung die allgemein formulierte Ausschlussregelung beibehalten hat (vgl. OLG Hamburg, Beschl. 2 Ws 229/17 v. 08.01.2018 - BeckRS 2018, 289 unter Bezugnahme auf OLG Hamburg, Beschl. 2 Ws 88/16 v. 27.05.2016 - NStZ-RR 2016, 282; OLG Saarbrücken Beschl. 1 Ws 258/18 v. 13.11.2018 - BeckRS 2018, 30250 Rn. 9; BeckOK-StPO/Wessing, 39. Ed. 01.01.2021, § 147 Rn. 41). Zudem bezieht sich die Formulierung unterschiedslos auf alle über die Form der Gewährung von Akteneinsicht getroffenen Entscheidungen „nach den Absätzen 1 und 2“ und bezieht damit sowohl durch einen Antrag eines Verteidigers veranlasste Entscheidungen ebenso wie Entscheidungen, die auf Antrag sonstiger Beteiligter oder von Amts wegen ergangen sind, mit ein (OLG Hamburg, aaO. Rn. 15). Dies spricht ebenfalls für einen generellen Anfechtungsausschluss sämtliche Beteiligte betreffend.Abs. 22
Die Unanfechtbarkeit umfasst auch die Entscheidung über die Einsicht in lediglich als Kopie übermittelte Dokumente, wie sich aus dem Verweis des § 32f Abs. 3 auf die entsprechenden, in § 32f Abs. 1 u. 2 StPO genannten Übermittlungsformen ergibt (vgl. OLG Hamburg, Beschl. 2 Ws 229/17 v. 08.01.2018 - BeckRS 2018, 289 Rn. 9).Abs. 23
Schließlich gilt der Ausschluss nicht nur für die Entscheidung über die Form der Gewährung von Akteneinsicht im engeren Sinne, sondern auch über die Art und Weise der Ermöglichung des Besichtigungsrechts. Denn nach Wortlaut und Wortsinn bezog sich der Anfechtungsausschluss nach § 147 Abs. 4 Satz 2 StPO a. F. sowohl darauf, ob die in § 147 Abs. 1 Satz 1 StPO a. F. genannten Gegenstände dem Verteidiger in seine Geschäftsräume oder in seine Wohnung mitgegeben werden, als auch auf die in der Regel damit zugleich getroffene Bewertung herausgegebener Sachen als Beweisstücke oder sonstige Aktenbestandteile (OLG Saarbrücken, Beschl. 1 Ws 258/18 v. 13.11.2018 - BeckRS 2018, 30250 Rn. 9; vgl. auch OLG Hamburg, Beschl. 2 Ws 229/17 v. 8.1.2018 - BeckRS 2018, 289 Rn 5 ff. unter Bezugnahme auf OLG Hamburg, Beschl. 2 Ws 88/16 v. 27.05.2016 - NStZ-RR 2016, 282). Die Regelung des § 32f Abs. 1 und 2 StPO begründet zudem kein eigenes, sondern setzt ein in anderen Vorschriften ausgestaltetes Akteneinsichtsrecht voraus (vgl. BT-Drs. 18/9416, 56; BeckOK-StPO/Valerius, 39. Ed. 01.01.2021 Rn. 1, § 32f Rn. 1), wobei im Falle des § 147 Abs. 1 StPO die Besichtigung von Beweismitteln im gleichen Regelungszusammenhang steht.Abs. 24
Eine Anfechtungsmöglichkeit der Staatsanwaltschaft besteht jedoch, soweit sich die entsprechenden Daten noch in ihrer Verfügungsgewalt befinden beziehungsweise noch gar nicht entschieden wurde, welche Daten letztlich als Beweismittel in das Verfahren eingeführt werden sollen. Denn die Durchsicht der Papiere bzw. elektronischen Speichermedien des von der Durchsuchung Betroffenen ist gem. § 110 Abs. 1 StPO Aufgabe der Staatsanwaltschaft und auf deren Anordnung ihrer Ermittlungspersonen, nicht jedoch der Verteidigung (OLG Jena, Beschl. 1 Ws 313/00 v. 20. 11. 2000 - NJW 2001, 1290 ff.). Zu Beweisstücken im Sinne des § 147 Abs. 1 StPO werden die im Rahmen der Durchsuchung vorläufig sichergestellten Datenträger erst, wenn die Durchsicht gem. § 110 Abs. 1 StPO erfolgt und eine Beschlagnahmeanordnung ergangen ist (OLG Jena, Beschl. 1 Ws 313/00 v. 20. 11. 2000 - NJW 2001, 1290 <1294>). Erst dann entsteht das Besichtigungsrecht der Verteidigung (OLG Jena, aaO.).Abs. 25
Erst ab diesem Zeitpunkt greift auch der Anfechtungsausschluss gem. § 32f Abs. 3 StPO. Werden noch der Durchsicht unterliegenden Dokumente bzw. Datenträger der Verteidigung oder sonstigen Dritten durch das Gericht zugänglich gemacht, kann die Staatsanwaltschaft hiergegen Beschwerde einlegen.Abs. 26
Die Beschlagnahme (und die damit geschaffene Verfügungsbefugnis des Gerichts) setzt nämlich voraus, dass die zu beschlagnahmenden Gegenstände mit einer gewissen Genauigkeit bezeichnet werden können, sodass von diesen Gegenständen auch gesagt werden kann, dass sie als Beweismittel für die gerichtliche Untersuchung zu einem bestimmten einschlägigen Thema von Bedeutung sein können (OLG Jena, aaO.). Hat das Gericht über die Beweisbedeutung entschieden oder sind einzelne Daten seitens der Staatsanwaltschaft zum Aktenbestand gemacht worden, weil sie diese für verfahrensrelevant erachtet hat, ist eine Entscheidung über die Art und Weise, wie diese nun verfahrensgegenständlichen Beweisstücke den Beteiligten zugänglich gemacht werden sollen, einer Anfechtungsmöglichkeit gem. § 32f Abs. 3 StPO entzogen. Dies ist auch sachgerecht, da nunmehr (ähnlich wie bei zuvor geprüften TKÜ-Audiodateien) eine gewisse (wenn auch angesichts der regelmäßig anfallenden Datenmengen nicht lückenlose) Vorprüfung auf eine mögliche Verfahrensrelevanz und Rechte Dritter stattgefunden hat.Abs. 27
Hiermit korrespondiert allerdings die Verpflichtung der Staatsanwaltschaft, die Auswertung im Hinblick auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zügig vorzunehmen, um abhängig von der Menge des vorläufig sichergestellten Materials und der Schwierigkeit seiner Auswertung in angemessener Zeit zu dem Ergebnis zu gelangen, was als potenziell beweiserheblich dem Gericht zur Beschlagnahme angetragen und was an den Beschuldigten oder Drittbetroffenen herausgegeben werden soll (BGH, Beschl. 2 BJs 11/03-5 - StB 7/03 v. 05.08.2003 - NStZ 2003, 670). Verhindert werden soll hierdurch insbesondere, dass während laufender Hauptverhandlung stetig neue, bis dahin jedenfalls den übrigen Beteiligten unbekannt gebliebene Beweismittel nachgeliefert werden und gegebenenfalls - wie vorliegend geschehen - die Hauptverhandlung ausgesetzt werden muss.Abs. 28
Dabei verkennt der Senat nicht, dass die vorliegend sichergestellte Datenmenge - wie die Staatsanwaltschaft in ihrer Beschwerdebegründung selbst einräumt - in ihrer Gesamtheit nicht auswertbar ist. Dies kann jedoch nicht dazu führen, dass eine zeitlich letztlich nicht begrenzbare Durchsicht - vorliegend in Form von in Zeitabständen durchgeführten Suchen mittels Suchbegriffen - erfolgt und aufgrund dieser neben der eigentlichen Hauptverhandlung fortdauernden Ermittlungen das Verfahren ausgesetzt werden muss.Abs. 29
Die Kammer hat insoweit ausgeführt:Abs. 30
„(Es war) aus Sicht der Kammer nicht ausreichend, den Verteidigern nur das Fotografieren der eingesehenen Dokumente zu ermöglichen. Vielmehr muss Ihnen auch ermöglicht werden, Kopien der Beweismittel, also der elektronischen Dateien, in ihrer Gesamtheit auf einen externen Datenträger, z.B. eine Festplatte, zu fertigen. Dies vor folgendem Hintergrund: Angesichts der Masse der gesicherten Dateien ist es offensichtlich bereits den Ermittlungsbehörden nicht möglich, diese in Ihrer Gesamtheit auszuwerten. So dauert nach Aktenlage die Auswertung dieser IT-Asservate auch über drei Jahre nach den Durchsuchungen noch an, es liegen zwar einzelne Auswertevermerke indes soweit ersichtlich kein Abschlussbericht vor. Wesentlich ist somit - auch aus Sicht der Ermittlungsbehörden - das Arbeiten mit Suchbegriffen. So führt auch die Staatsanwaltschaft wie oben ausgeführt aus, dass es der Verteidigung natürlich unbenommen ist, 'die dem Besichtigungsrecht unterliegenden sichergestellten Daten selbst mittels eigener Suchbegriffe nach weiteren für relevant erachteten Dokumenten zu durchforsten.' Insoweit ist es jedoch aus Sicht der Kammer den Verteidigern zu ermöglichen, ein solches Arbeiten mit Suchbegriffen durchgehend - auch während laufender Hauptverhandlung und angepasst an den Stand der Beweisaufnahme - vorzunehmen. Dies ist indes nur gewährleistet, wenn sie Zugriff auf die Dateien in (i)hrer Gesamtheit haben und nicht lediglich auf einzelne, anlässlich der Besichtigung in den Räumen der Staatsanwaltschaft abfotografierte Dokumente.“Abs. 31
Hierzu bemerkt der Senat, dass es nach den oben dargelegten Grundsätzen gerade nicht Aufgabe der Verteidigung ist, vorläufig sichergestellte und hinsichtlich ihrer Beweisbedeutung noch nicht eingeordnete Datenträger „mittels eigener Suchbegriffe nach weiteren für relevant erachteten Dokumenten zu durchforsten“. Da die Durchsicht gem. § 110 Abs. 1 StPO noch Teil der Durchsuchung ist, an der der Verteidiger nicht teilnehmen darf, geht auch eine Berufung auf das Recht zur Besichtigung von amtlich verwahrten Beweisstücken gem. § 147 Abs. 1 StPO insoweit ins Leere (OLG Jena, Beschl. 1 Ws 313/00 v. 20. 11. 2000 - NJW 2001, 1290 <1294>). Da die Staatsanwaltschaft gem. § 160 Abs. 2 StPO nicht nur die zur Belastung, sondern auch die zur Entlastung dienenden Umstände zu ermitteln und für die Erhebung der Beweise Sorge zu tragen, deren Verlust zu besorgen ist, liegt hierin aber keine unzulässige Beschränkung der Verteidigung. Die Ressorts der Polizei- und Justizverwaltung sind insoweit gehalten, die erforderlichen personellen und technischen Ressourcen zur Verfügung zu stellen, die eine Bewältigung entsprechender Datenmengen gegebenenfalls auch mittels entsprechender Software und unter Hinzuziehung externen Sachverstands ermöglichen.Abs. 32
Ein Recht der Verteidigung auf Beteiligung an der Durchsicht von Papieren und elektronischen Speichermedien gem. § 110 StPO ergibt sich auch nicht aus der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 25. Juli 2019, wonach die Strafverfolgungsbehörden zur Ermöglichung eines fairen Verfahrens im Sinne von Art. 6 Abs. 1 u. 3 EMRK gehalten sind, der Verteidigung jedenfalls bei stichhaltig begründetem Antrag alle in ihren Händen befindlichen sachlichen Beweise zulasten und zugunsten des Betroffenen offenzulegen (EGMR, Urt. 1586/15 R/Deutschland v. 25.07.2019 - NJW 2020, 3019; vgl. auch die dasselbe Verfahren betreffende Revisionsentscheidung des Bundesgerichtshofs vom 11.02.2014, Beschl. 1 StR 355/13 - NStZ 2014, 347).Abs. 33
Zwar führt der Gerichtshof insoweit aus, dies schließe alles ein, was sich in der Hand der Behörden befinde und möglicherweise relevant sei, auch wenn es überhaupt nicht in Erwägung gezogen oder als nicht relevant angesehen wurde (EGMR, aaO. Rn. 58).Abs. 34
Zum einen besagt die Entscheidung des Gerichtshofs jedoch nicht, zu welchem Zeitpunkt eine Einsicht in elektronische Dateien gewährt werden muss. In dem zu Grunde liegenden Fall bestand die Einsichtsmöglichkeit nach Anklageerhebung, die Möglichkeit des Zugriffs auf die auf eine vom Verteidiger gestellte Festplatte kopierten Dateien etwa drei Monate vor Urteilsverkündung, was vom Gerichtshof als ausreichend erachtet wurde.Abs. 35
Zum anderen gilt der Anspruch auf Offenlegung auch nach Ansicht des Gerichtshof nicht ausnahmslos. So sei es angesichts gegenläufiger, gegen die Rechte des Angeklagten abzuwägender Gründe, insbesondere der Grundrechte Dritter oder eines erhebliches öffentliches Interesses, zulässig, Einschränkungen vorzunehmen, soweit diese unbedingt notwendig seien und angemessen im Verfahren durch die Gerichte ausgeglichen würden (EGMR, aaO., Rn. 59).Abs. 36
Der Wahrung der Rechte Dritter ist im deutschen Strafprozess bereits im Vorfeld im Wege der Durchsicht nach § 110 StPO Rechnung zu tragen. Wenn hierdurch Datenmengen aussortiert werden, welche ersichtlich keine Relevanz für das gegenständliche Verfahren haben, beschränkt dies die Verteidigung nicht in einer den Grundsatz des fairen Verfahrens verletzenden Weise. Erst durch die Beschlagnahme nach Durchsicht werden die Daten zu Beweisstücken und damit zu „in den Händen“ der Verfolgungsbehörden befindlichen „sachliche Beweisen“. Dass angesichts ihrer schieren Menge regelmäßig nicht sämtliche auf den nach Durchsicht beschlagnahmten Datenträgern befindlichen Dateien auf ihre Beweisrelevanz überprüft werden können, sondern vielmehr eine kontextbezogene Einordnung hinsichtlich der möglichen Beweiserheblichkeit erfolgen wird, steht nach den Grundsätzen des Gerichtshofs einem Einsichtsrecht der Verteidigung nicht entgegen. Die Entscheidung über die konkrete Ausgestaltung dieses Einsichtsrechts ist dann einer Anfechtung gem. §§ 147 Abs. 1, 32f Abs. 3 StPO entzogen.Abs. 37
Auch das Bundesverfassungsgericht weist im Rahmen seiner Entscheidung zur Sicherstellung und Beschlagnahme von E-Mails explizit darauf hin, dass das Verfahrensstadium der Durchsicht gem. § 110 StPO der endgültigen Entscheidung über den Umfang der Beschlagnahme vorgelagert ist (vgl. BVerfG, Urt. 2 BvR 902/06 v. 16.06.2009 - NJW 2009, 2431 <2436>). Es entspreche dem Zweck des § 110 StPO, im Rahmen des technisch Möglichen und Vertretbaren lediglich diejenigen Informationen einem dauerhaften und damit vertiefenden Eingriff zuzuführen, die verfahrensrelevant und verwertbar sind. Während das Verfahren der Durchsicht auf der Grundlage der vorläufigen Sicherstellung zum Zweck der Feststellung der potenziellen Beweiserheblichkeit und -verwertbarkeit auf die Vermeidung eines dauerhaften und umfassenden staatlichen Zugriffs nebst den hiermit verbundenen Missbrauchsgefahren abziele, würde bei einer endgültigen, bis zum Verfahrensabschluss wirkenden Beschlagnahme der staatliche Zugriff zeitlich perpetuiert und damit erheblich intensiviert. Sei den Strafverfolgungsbehörden im Verfahren der Durchsicht unter zumutbaren Bedingungen jedoch eine materielle Zuordnung der verfahrenserheblichen E-Mails einerseits oder eine Löschung oder Rückgabe der verfahrensunerheblichen E-Mails an den Nutzer andererseits nicht möglich, stehe der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit jedenfalls unter dem Gesichtspunkt der Erforderlichkeit der Maßnahme einer Beschlagnahme des gesamten Datenbestands nicht entgegen. Es müsse dann aber im jeweiligen Einzelfall geprüft werden, ob der umfassende Datenzugriff dem Übermaßverbot Rechnung trage (BVerfG, aaO.).Abs. 38
Diese, anhand der Problematik der Sicherstellung von E-Mails entwickelten Grundsätze des Bundesverfassungsgerichts beanspruchen auch in vorliegender Fallkonstellation Geltung.Abs. 39
Ergänzend sei angemerkt, dass trotz der Streichung der Regelung eines Anwesenheitsrechts des Inhabers der durchzusehenden Papiere und Daten in § 110 Abs. 3 StPO a.F. durch das Erste Gesetz zur Modernisierung der Justiz vom 24. August 2004 (BGBl I, 2198), es im Einzelfall von Verfassungs wegen geboten und insbesondere auch zweckdienlich sein kann, den Inhaber der sichergestellten Daten in die Prüfung der Verfahrenserheblichkeit einzubeziehen (BVerfG, aaO., 2437). Gerade hinsichtlich umfangreicher Datenmengen können konkrete, nachvollziehbare und überprüfbare Angaben vor allem Nichtverdächtiger zur Datenstruktur und zur Relevanz der jeweiligen Daten deren materielle Zuordnung vereinfachen und den Umfang der sicherzustellenden Daten reduzieren (BVerfG, aaO.).Abs. 40
2.Abs. 41
Unter Beachtung vorstehend dargelegter Grundsätze gilt für den vorliegenden Fall Folgendes:Abs. 42
Grundsätzlich hat die Kammer ein Besichtigungsrecht hinsichtlich der „IT-Asservate EG P. / EG H.“ angenommen.Abs. 43
Von vornherein ausgenommen hat sie für das vorliegende Verfahren die IT-Asservate aus dem Komplex K., da diese Datenträger nach Auffassung der Kammer für das vorliegende Verfahren nicht relevant sind (Beschluss vom 23. Juni 2020).Abs. 44
Ausgenommen hat die Kammer im Abhilfebeschluss vom 1. Dezember 2020 ferner die Asservate: ES 5/1 bis 5/3; ES 1/3; 02.1. (= Objekt 2.1) Nr. 12, 02.1. Nr. 13, 02.1. Nr. 14, 02.1. Nr. 15 (identisch mit 02.2. Nr. 16), 02.1. Nr.16 (identisch mit 02.2. Nr. 13) und 02.2. (= Objekt 2.2) Nr. 15.Abs. 45
Da insoweit das Erstellen von Kopien nicht gestattet wurde, bedarf es mangels angefochtener Entscheidung keiner Entscheidung des Senats.Abs. 46
Der Beschlagnahmebeschluss des Amtsgerichts Koblenz vom 29. Dezember 2020 enthält zum Teil Beschlagnahmeanordnungen bezüglich oben genannter, von Ziffer 3 des angegriffenen Beschlusses ausgenommener Asservate. Insoweit ist vorliegend trotz der Beschlagnahme keine Unzulässigkeit des Rechtsmittels anzunehmen, da die Staatsanwaltschaft den Beschluss vom 1. Dezember 2020 auch insoweit nicht angreift, da die Kopie dieser Datenträger bislang nicht gestattet worden ist.Abs. 47
Allerdings sind mit Beschluss vom 29. Dezember beschlagnahmt weiterhin die folgenden von Ziffer 3 des angegriffenen Beschlusses nicht ausgenommenen Asservate: ES 1/1, ES 1/2, ES 1/4 und ES 1/5 sowie Objekt 2.2 Nr. 14 und 18. Diesbezüglich ist die Beschwerde der Staatsanwaltschaft unzulässig (hinsichtlich des Asservats 2.2 Nr. 14 allerdings nur insoweit, als davon nicht das möglicherweise in 2.2 Nr. 14 mitenthaltene und von Ziffer 3 des angefochtenen Beschlusses ausgenommene Asservat 2.2 Nr. 15 erfasst ist, vgl. Tenor des Beschlusses des Amtsgericht Koblenz vom 29.12.2020), da aufgrund der mittlerweile erfolgten Beschlagnahme die Verfügungsmöglichkeit des Gerichts hierüber jedenfalls zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Beschwerde und damit der Anfechtungsausschluss gem. § 32f Abs. 3 StPO eingetreten ist.Abs. 48
Gleiches gilt hinsichtlich des Asservats Objekt 2.2 Nr. 17, da dieses bereits mit Beschluss vom 3. April 2017 im Verfahren 30 Gs 2667/17 beschlagnahmt, allerdings von der Gestattung der Anfertigung von Kopien nicht ausgenommen wurde, sodass die Beschwerde auch insoweit unzulässig ist.Abs. 49
Soweit nicht die bereits beschlagnahmten, von Ziffer 3 des angefochtenen Beschlusses nicht ausgenommenen Asservate betroffen sind, ist die Regelung zur Gestattung von Kopien aufzuheben. Denn diese Gegenstände befinden sich - soweit dem Senat ersichtlich - noch in der Phase der Durchsicht und sind daher einem Zugriff der Verteidigung und einer Verfügung des Gerichts entzogen.Abs. 50
3.Abs. 51
Soweit die Drittbetroffenen sich gegen die Weitergabe bestimmter Daten bzw. Datenträger an die Verteidiger wenden, erklären sie letztlich ihren Vorbehalt gegen die Verwendung der Daten im Strafverfahren, so dass, soweit diese Gegenstände noch nicht beschlagnahmt sind, ein Antrag auf gerichtliche Entscheidung gem. § 98 Abs. 2 Satz 2 StPO vorliegt, über welchen in vorliegendem Beschwerdeverfahren nicht entschieden werden kann. Das erkennende Gericht hat sich dann insoweit über die Beweisbedeutung Klarheit zu verschaffen und kann entweder die (weitere) vorläufige Sicherstellung der Daten (bei gleichzeitigem Ausschluss des Besichtigungsrechts der Verteidigung) oder die Beschlagnahme der Datenträger anordnen bzw. diese ablehnen. Ansonsten besteht für die Drittbetroffenen bei bereits erfolgter Beschlagnahme lediglich die Möglichkeit der Beschwerde gegen die Beschlagnahme, nicht jedoch gegen die Regelung der Art und Weise der Besichtigung von Beweismitteln durch das Gericht.Abs. 52
III.Abs. 53
Eine Kosten- und Auslagenentscheidung ist nicht veranlasst. Hatte ein zu Lasten des Angeklagten eingelegtes Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft Erfolg, so gehören die hierdurch entstandenen Gerichtskosten zu den Verfahrenskosten, über die erst mit der verfahrensabschließenden Entscheidung zu befinden ist. Von den ihm im Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen Auslagen wird der Angeklagte mangels einer entsprechenden Rechtsgrundlage nicht entlastet (vgl. OLG Koblenz, Beschl. 1 Ws 436/20 v. 20.07.2020, 1 Ws 533/19 v. 07.08.2019; OLG Hamm, Beschl. III - 3 Ws 524/18 v. 22.01.2019 - Rn. 30 n. juris). Eine Kosten- und Auslagenentscheidung im Hinblick auf die Verwerfung der Beschwerde der Staatsanwaltschaft im Übrigen (§ 473 Abs. 4 StPO) kommt angesichts des lediglich geringfügigen Unterliegens nicht in Betracht.Abs. 54

(online seit: 25.05.2021)
Zitiervorschlag: Gericht, Datum, Aktenzeichen, JurPC Web-Dok, Abs.
Zitiervorschlag: Koblenz, OLG, Durchsicht beschlagnahmter Papiere bzw. elektronischer Speichermedien - JurPC-Web-Dok. 0078/2021