JurPC Web-Dok. 56/2020 - DOI 10.7328/jurpcb202035456

VG Hamburg

Beschluss vom 20.03.2020

17 K 1312/19

Ausschlussgrund des geistigen Eigentums bei Informationsansprüchen

JurPC Web-Dok. 56/2020, Abs. 1 - 55


Leitsatz (der Redaktion):

Die Vorlage von Bachelor- und Masterarbeiten sowie der dazu ergangenen Voten und Zwischenberichte kann im Wege eines Beweisbeschlusses angeordnet werden zum Beweis für die Frage, ob Ausschlussgründe des geistigen Eigentums einer Vorlage dieser Unterlagen im Rahmen des Informationsanspruchs nach dem Hamburgischen Transparenzgesetz entgegenstehen.

Gründe:

I.Abs. 1
Die mit dem vorliegenden Beweisbeschluss angeforderten Dokumente werden für die der Kammer nach § 86 Abs. 1 VwGO obliegende Aufklärung des entscheidungserheblichen Sachverhalts benötigt. Ohne Kenntnis der angeforderten Dokumente kann die Kammer nicht entscheiden, ob der geltend gemachte Anspruch auf Informationszugang besteht.Abs. 2
Bei den von der Klägerin begehrten Informationen handelt es sich um amtliche Informationen im Sinne von § 2 Abs. 1 HmbTG, hinsichtlich derer nach § 1 Abs. 2 HmbTG ein Informationsanspruch grundsätzlich besteht (hierzu 1.). Der Informationsanspruch wird nicht durch § 5 Nr. 7 Hs. 1 Alt. 2 HmbTG ausgeschlossen, wonach keine Informationspflicht für Prüfungseinrichtungen, soweit sie im Bereich von Leistungsbeurteilungen und Prüfungen tätig werden, besteht (hierzu 2.). Ob und in welchem Umfang der Informationsanspruch durch § 5 Nr. 7 Hs. 1 Alt. 1 HmbTG ausgeschlossen wird, wonach keine Informationspflicht besteht, soweit die Informationen dem Bereich der Grundlagenforschung oder anwendungsbezogenen Forschung zuzurechnen sind, kann ohne Vorlage der angeforderten Dokumente nicht beurteilt werden (hierzu 3.). Ebenso wenig kann ohne Vorlage der angeforderten Dokumente beurteilt werden, ob und in welchem Umfang die Informationspflicht durch § 8 Abs. 1 HmbTG ausgeschlossen ist, wonach eine Informationspflicht nicht besteht, soweit und solange der Schutz geistigen Eigentums entgegensteht (hierzu 4.). Schließlich kann ohne Vorlage der angeforderten Dokumente nicht beurteilt werden, ob und in welchem Umfang die Informationspflicht durch § 4 Abs. 3 HmbTG ausgeschlossen ist, wonach Zugang zu personenbezogenen Daten nur unter den dort näher genannten Voraussetzungen zu gewähren ist (hierzu 5.).Abs. 3
1. Bei den von der Klägerin begehrten Informationen handelt es sich um amtliche Informationen im Sinne von § 1 Abs. 2 HmbTG. Soweit die Beigeladenen dies in Bezug auf ihre Abschlussarbeiten mit dem Argument bestreiten, dass der amtliche Zweck, nämlich die Bewertung der Arbeiten gemäß der einschlägigen Prüfungs- und Studienordnung, entfallen sei, ist dies nicht überzeugend. Amtliche Informationen sind gemäß § 2 Abs. 1 HmbTG alle amtlichen Zwecken dienenden Aufzeichnungen. Die Abschlussarbeiten sind Aufzeichnungen, die (auch) amtlichen Zwecken dienen. Aufzeichnungen verlieren nicht dadurch ihren amtlichen Zweck, dass sie ihren Zweck - hier den Nachweis der fachlichen Qualifikation - erfüllt haben. Würde man dies anders sehen, liefe die Informationspflicht nach dem Hamburgischen Transparenzgesetz weithin leer.Abs. 4
2. § 5 Nr. 7 Hs. 1 Alt. 2 HmbTG steht der Herausgabe der begehrten Informationen, insbesondere der Herausgabe der Abschlussarbeiten sowie der Prüfervoten, nach Auffassung der Kammer nicht entgegen. Nach dieser Vorschrift besteht keine Informationspflicht für Prüfungseinrichtungen, soweit sie im Bereich von Leistungsbeurteilungen und Prüfungen tätig werden.Abs. 5
a) Zwar dürfte § 5 Nr. 7 Hs. 1 HmbTG vorliegend in der am 08.01.2020 in Kraft getretenen Fassung, die den Ausschlusstatbestand entsprechend erweitert, anwendbar sein. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist insoweit nicht die zum Zeitpunkt der erstmaligen Antragstellung der Klägerin bei der Beklagten am 23.08.2018 oder der letzten Entscheidung der Beklagten über den Antrag am 01.03.2019 geltende Rechtslage maßgeblich. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts richtet sich der Erfolg einer Klage, mit der ein Anspruch auf Erlass eines Verwaltungsakts oder auf erneute Entscheidung darüber geltend gemacht wird, vielmehr nach dem materiellen Recht, das zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung auf den Sachverhalt anzuwenden ist (zuletzt BVerwG, Urt. v. 11.10.2016, 2 C 11/15, juris, Rn. 13). Auf Grund der Bindung an Gesetz und Recht haben die Gerichte bei der Beurteilung von Verpflichtungs- und Neubescheidungsbegehren Rechtsänderungen zu beachten, die während des behördlichen oder gerichtlichen Verfahrens in Kraft getreten sind, sofern das neue, zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung geltende Recht nichts anderes bestimmt; durch seine Auslegung ist zu ermitteln, ob Verpflichtungs- und Neubescheidungsbegehren für bestimmte Fallkonstellationen noch nach dem aufgehobenen oder inhaltlich geänderten Recht zu beurteilen sind (BVerwG, ebenda). Dies gilt auch dann, wenn die Verwaltung den Erlass des beantragten Verwaltungsakts rechtswidrig abgelehnt hat, diese Entscheidung aber von einer danach in Kraft getretenen Rechtsänderung gedeckt wird; auch hier kann das Gericht die Verwaltung nur dann zum Erlass des Verwaltungsakts oder zur erneuten Entscheidung darüber verurteilen, wenn das neue Recht für diese Fälle die Anwendung des alten Rechts anordnet oder einen Anspruch für derartige Fälle einräumt (BVerwG, a.a.O., Rn. 14).Abs. 6
b) Die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für eine Anwendbarkeit des § 5 Nr. 7 Hs. 1 Alt. 2 HmbTG sind im vorliegenden Fall jedoch nach Auffassung der Kammer nicht erfüllt.Abs. 7
aa) Zwar dürften jedenfalls die Abschlussarbeiten und die im Rahmen der jeweiligen Prüfungsverfahren angefertigten Prüfervoten dem Wortlaut dieses Ausnahmetatbestands unterfallen.Abs. 8
Die Beklagte ist eine Prüfungseinrichtung im Sinne dieser Vorschrift; insbesondere nimmt die Gesetzesbegründung ausdrücklich auf Hochschulen Bezug (vgl. Bü-Drs. 21/17907, S. 13). Eine Einschränkung auf Prüfungsämter ist – entgegen der Auffassung der Klägerin – jedenfalls in Bezug auf Hochschulen angesichts der dort gängigen Praxis, Prüfungen (insbesondere auch Abschlussarbeiten) nicht zentral über das Prüfungsamt, sondern dezentral über Lehrstühle, Institute oder Fakultäten zu organisieren und zu bewerten, nicht angezeigt.Abs. 9
Auch stellen die Abschlussarbeiten an dieser Prüfungseinrichtung abgelegte Prüfungsleistungen dar (vgl. §§ 17, 18 der Allgemeinen Bestimmungen für Bachelor- und Masterprüfungs- und Studienordnungen (ABBM) der Fakultät Life Sciences der Beklagten); sie und die entsprechenden Prüfervoten betreffen also die Betätigung der Beklagten „im Bereich von Leistungsbeurteilungen und Prüfungen“. Etwas anderes ergibt sich – entgegen der Auffassung der Klägerin – auch nicht daraus, dass die Beklagte bei der Anfertigung der Abschlussarbeiten selbst nicht tätig war. Die Informationspflicht öffentlicher Stellen nach dem Hamburgischen Transparenzgesetz – und folglich auch ihr möglicher Ausschluss – hängt nämlich grundsätzlich nicht davon ab, ob die jeweilige Stelle selbst Urheber der bei ihr vorhandenen Information ist (Maatsch/Schnabel, HmbTG, 1. Aufl. 2015, § 2 Rn. 8).Abs. 10
bb) Jedoch dürften im Rahmen bereits abgeschlossener Prüfungsverfahren angefertigte Bachelor- und Masterarbeiten sowie die zugehörigen Prüfervoten und etwaige im Zusammenhang mit solchen Bachelor- und Masterarbeiten erstellte Zwischenberichte, soweit sie (ebenfalls) Gegenstand von Leistungsbeurteilungen bzw. Prüfungen gewesen sind, im Wege teleologischer Reduktion vom Anwendungsbereich der Vorschrift auszunehmen sein.Abs. 11
(1) Wenn eine Vorschrift nach ihrem Wortsinn Sachverhalte erfasst, die sie nach dem erkennbaren Willen des Gesetzgebers nicht erfassen soll, sind Gerichte befugt, den Wortlaut der Vorschrift zu korrigieren und eine überschießende Regelung im Wege der teleologischen Reduktion auf den ihr nach Sinn und Zweck zugedachten Anwendungsbereich zurückzuführen (BVerwG, Urt. v. 07.05.2014, 4 CN 5/13, juris, Rn. 14).Abs. 12
(2) Ausweislich der Gesetzesbegründung dient der Ausnahmetatbestand des § 5 Nr. 7 Hs. 1 Alt. 2 HmbTG dem Schutz der ordnungsgemäßen Durchführung von Prüfungsverfahren (Bü-Drs. 21/17907, S. 13). In bestimmten Fällen sei zudem die Zusammenarbeit mit anderen Ländern, etwa im Rahmen des Klausurentausches im juristischen Staatsexamen oder des bundesweiten Aufgabenpools für Abituraufgaben, betroffen; diese hänge nämlich vom Nichtbekanntwerden der Prüfungsinhalte ab (ebenda). Diese Erwägung lässt sich auf sämtliche Prüfungsverfahren öffentlicher Prüfungseinrichtungen übertragen: Deren ordnungsgemäße Durchführung würde schlichtweg unmöglich gemacht, wenn Prüfungsaufgaben, die (möglicherweise) im Rahmen zukünftiger Prüfungen gestellt werden sollen, vorab nach dem Hamburgischen Transparenzgesetz herauszugeben wären.Abs. 13
Unter Berücksichtigung des erkennbaren Willens des Gesetzgebers dürfte nach Sinn und Zweck des Ausnahmetatbestands einschränkend zu fordern sein, dass durch die Erteilung der jeweiligen Auskunft die ordnungsgemäße Durchführung von Prüfungsverfahren beeinträchtigt würde. Eine solche Einschränkung ist zwar im Wortlaut des § 5 Nr. 7 Hs. 1 Alt. 2 HmbTG – anders als etwa in § 6 Abs. 3 Nr. 1 und 2 HmbTG oder (in Bezug auf Prüfungen) § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 9 Transparenzgesetz Rheinland-Pfalz – nicht ausdrücklich angelegt. Dies lässt jedoch nicht den Umkehrschluss zu, dass der Gesetzgeber kategorisch jegliche Information, die die Prüfungstätigkeit öffentlicher Prüfungseinrichtungen betrifft, von der Informationspflicht ausnehmen wollte. In der Gesetzesbegründung (Bü-Drs. 21/17907, S. 13) heißt es vielmehr ausdrücklich: „Nicht erfasst werden von der Ausnahme etwa Prüfungsordnungen oder Statistiken zu Noten und Bestehensquoten der Prüfungen, da der Normzweck des Schutzes von Prüfungsverfahren nicht berührt ist.“ Nun dürfte außer Frage stehen, dass insbesondere Statistiken zu Noten und Bestehensquoten die Tätigkeit von Prüfungseinrichtungen im Bereich von Prüfungen betreffen und daher dem Wortlaut des § 5 Nr. 7 Hs. 1 Alt. 2 HmbTG unterfallen. Dies dürfte auch dem Gesetzgeber bewusst gewesen sein. Vielmehr hat er den Wortlaut des Ausnahmetatbestands augenscheinlich in der Vorstellung weit gehalten, dass dieser in begründeten Einzelfällen einschränkend auszulegen sei, soweit durch die Herausgabe der betreffenden Informationen eine Beeinträchtigung der ordnungsgemäßen Durchführung von Prüfungsverfahren nicht zu besorgen ist.Abs. 14
Demgegenüber ist nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber auch hierüber hinaus einer Einsichtnahme in Prüfungsarbeiten und deren Bewertungen hätte vorbeugen wollen. Während vergleichbare landesgesetzliche Vorschriften ausweislich ihrer jeweiligen Begründung auch diesen selbstständigen Zweck verfolgen (vgl. etwa zu § 2 Abs. 3 Nr. 2 LIFG Baden-Württemberg Drs. 15/7720, S. 61: „Die Ausforschung von Prüfungsunterlagen und Prüfungsergebnissen soll verhindert werden“; zu § 2 Abs. 3 IFG NRW Drs. 13/1311, S. 10: „Die Ausforschung von Prüfungsarbeiten durch interessierte Dritte soll verhindert werden“), findet sich in der Begründung zu § 5 Nr. 7 Hs. 1 Alt. 2 HmbTG keine solche Aussage, die den ansonsten eindeutig formulierten Zweck der Vorschrift erweitern würde.Abs. 15
(3) Nach alledem dürften im Rahmen bereits abgeschlossener Prüfungsverfahren angefertigte Bachelor- und Masterarbeiten (ggf. einschließlich damit zusammenhängender Zwischenberichte) sowie die zugehörigen Prüfervoten vom Anwendungsbereich des § 5 Nr. 7 Hs. 1 Alt. 2 HmbTG auszunehmen sein, da durch ihre Herausgabe die ordnungsgemäße Durchführung von Prüfungsverfahren nicht beeinträchtigt wird.Abs. 16
Nicht zu besorgen ist zunächst eine konkrete Beeinträchtigung der betroffenen, bereits abgeschlossenen Prüfungsverfahren durch die nachträgliche Herausgabe der jeweiligen Abschlussarbeit (ggf. einschließlich damit zusammenhängender Zwischenberichte) sowie der zugehörigen Prüfervoten als solche. Die einzige denkbare Auswirkung auf das Prüfungsverfahren besteht insoweit darin, dass am Prüfungsverfahren bislang unbeteiligte Dritte an der Arbeit oder ihrer Bewertung Anstoß nehmen – etwa weil sie auf Seiten des Geprüften oder Prüfers wissenschaftliches Fehlverhalten besorgen. Sofern sich eine solche mögliche Besorgnis als unbegründet erweist, würde das bereits abgeschlossene Prüfungsverfahren in objektiver Hinsicht nicht beeinflusst. Sollte sich die Besorgnis demgegenüber als begründet erweisen und konkrete Maßnahmen in Bezug auf das Prüfungsverfahren, wie etwa eine Abänderung der Prüfungsbeurteilung, nach sich ziehen, läge hierin erst recht keine Beeinträchtigung des Prüfungsverfahrens.Abs. 17
Ebenso wenig ist zu besorgen, dass noch nicht abgeschlossene Prüfungsverfahren durch die rechtliche Möglichkeit einer solchen Herausgabe nach ihrem Abschluss beeinträchtigt werden. Zwar ist nicht ausgeschlossen, dass sich Prüfungskandidaten und Prüfer bei der Anfertigung ihrer Abschlussarbeit bzw. ihres Prüfervotums in rein subjektiver Hinsicht von diesem Umstand beeinflussen lassen könnten. Es ist jedoch nicht ersichtlich, dass von den unzähligen subjektiven Einflussfaktoren, die auf die Beteiligten von Prüfungsverfahren einwirken, gerade dieser zu einer objektivierbaren, prüfungsspezifischen Beeinträchtigung des Verfahrens führen könnte. Im Gegenteil liegt vielmehr nahe, dass eine solche nachträgliche Transparenz wissenschaftlichem Fehlverhalten vorbeugen und Prüfungsverfahren somit bei objektiver Betrachtung positiv beeinflussen könnte.Abs. 18
3. Ob und in welchem Umfang der Informationsanspruch durch § 5 Nr. 7 Hs. 1 Alt. 1 HmbTG ausgeschlossen wird, wonach keine Informationspflicht besteht, soweit die Informationen dem Bereich der Grundlagenforschung oder anwendungsbezogenen Forschung zuzurechnen sind, kann ohne Vorlage der angeforderten Dokumente nicht beurteilt werden.Abs. 19
a) Eine eigene Definition des Begriffs der Forschung enthält das Hamburgische Transparenzgesetz nicht. Ausweislich der Gesetzesbegründung soll § 5 Nr. 7 HmbTG „sicherstellen, dass in Würdigung der Wissenschaftsfreiheit Forschungsprozesse und -ergebnisse geschützt werden“. Daher ist das in Bezug auf Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG entwickelte Begriffsverständnis zugrunde zu legen. Demnach ist Forschung jede ernsthafte und planmäßige geistige Tätigkeit mit dem Ziel, in methodischer, systematischer und nachprüfbarer Weise neue Erkenntnisse zu gewinnen (BVerfG, Urt. v. 29.05.1973, 1 BvR 424/71 u.a., juris, Rn. 92 f.). Grundrechtlich geschützt ist auch die Zweck-, Auftrags- oder Ressortforschung, wenn die jeweilige Tätigkeit nach den Kriterien der Wissenschaftlichkeit und mit wissenschaftlichen Methoden ausgeführt wird (OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 18.08.2015, 15 A 97/13, juris, Rn. 47).Abs. 20
b) Es spricht danach viel dafür, dass die Abschlussarbeiten der Beigeladenen dem Schutzbereich des Ausnahmetatbestands unterfallen. Sie dürften gerade eine (anwendungsbezogene) Forschungstätigkeit der Beigeladenen dokumentieren.Abs. 21
Die Bachelorarbeit der Beigeladenen zu 1) (die dem Gericht in zwei Versionen vorliegt, die die ... GmbH & Co. KG der Klägerin anlässlich eines Verfahrens vor den ordentlichen Gerichten übermittelt hat und hinsichtlich derer die Klägerin bestreitet, dass sich darunter die bei der Beklagten eingereichte Version befindet) dokumentiert und erläutert das Unterfangen der Beigeladenen zu 1), unter Anwendung einer bestimmten wissenschaftlichen Methode (der sog. statistischen Versuchsplanung) einen biotechnologischen Entwicklungsvorgang (...) zu optimieren. Bei diesem Unterfangen dürfte es sich nach oben genannter Definition geradezu um ein Paradebeispiel anwendungsbezogener naturwissenschaftlicher Forschung im Bereich der Biotechnologie handeln. Insoweit kann im Übrigen nicht erheblich sein, ob und in welchem Umfang mit der Arbeit der Beigeladenen zu 1) letztlich ein maßgeblicher wissenschaftlicher Erkenntnisgewinn verbunden war.Abs. 22
All dies dürfte für die Masterarbeit der Beigeladenen zu 2) entsprechend gelten. Diese betraf ausweislich des bislang allein vorliegenden Titels der Arbeit die „...“. Dies lässt erwarten, dass die Beigeladene zu 2) auch tatsächlich die Entwicklung eines solchen Verfahrens unternommen hat, die ebenso eindeutig dem Forschungsbegriff unterfällt. Dafür spricht im Übrigen bereits § 18 Abs. 1 der Allgemeinen Bestimmungen für Bachelor- und Masterprüfungs- und Studienordnungen (ABBM) der Fakultät Life Sciences der Beklagten. Demnach sollen die Studierenden der Beklagten mit der Masterarbeit zeigen, dass sie in der Lage sind, ein Problem aus dem ihren Studiengang entsprechenden beruflichen Tätigkeitsfeld selbstständig unter Anwendung wissenschaftlicher Methoden und Erkenntnisse zu bearbeiten, in die fächerübergreifenden Zusammenhänge einzuordnen und selbstständig wissenschaftliche Erkenntnisse zu vertiefen und weiter zu entwickeln.Abs. 23
Der rechtlichen Einordnung als Forschungstätigkeit stünde nicht entgegen, dass die Abschlussarbeiten von den Beigeladenen zu einem Zeitpunkt verfasst wurden, als sie noch Studentinnen waren, und ihre Anfertigung auch Ausbildungszwecken diente. Es steht außer Frage, dass auch Studentinnen und Studenten im Rahmen ihrer Ausbildung Forschung betreiben können (vgl. nur BVerfG, Urt. v. 29.05.1973, 1 BvR 424/71 u.a., juris, Rn. 121). Ebenso wenig zweifelhaft ist, dass auch an Fachhochschulen (anwendungsbezogene) Forschung betrieben werden kann (vgl. nur BVerfG, Beschl. v. 20.10.1982, 1 BvR 1467/80, juris, Rn. 126). Es ist auch nicht ersichtlich, dass sich aus den in § 4 Abs. 2 HmbHG formulierten gesetzlichen Aufgaben oder der Tatsache des fehlenden Promotionsrechts der Beklagten etwas anderes ergäbe.Abs. 24
c) Vor dem Hintergrund der unter b) dargestellten Umstände spricht ferner viel dafür, dass auch etwaige im Zusammenhang mit den Abschlussarbeiten der Beigeladenen erstellte Zwischenberichte dem Schutzbereich des § 5 Nr. 7 Hs. 1 Alt. 1 HmbTG unterfallen.Abs. 25
d) Hinsichtlich der Prüfervoten gilt, dass diese zwar nicht unmittelbar Ausdruck einer Forschungstätigkeit der Prüfer sein dürften. Ob sie dennoch dem Schutzbereich des Ausnahmetatbestands unterfallen, dürfte mit Blick auf den oben genannten Gesetzeszweck, „Forschungsprozesse und -ergebnisse“ zu schützen, davon abhängen, inwieweit diese Rückschlüsse auf den konkreten Inhalt der Forschungstätigkeit der Beigeladenen zulassen.Abs. 26
e) Endgültig und verlässlich beurteilt werden kann die Frage, ob die Bachelorarbeit der Beigeladenen zu 1) – diesbezüglich liegen dem Gericht bisher nur zwei Versionen vor, hinsichtlich derer die Klägerin bestreitet, dass sich hierunter die bei der Beklagten eingereichte Version befindet – und die Masterarbeit der Beigeladenen zu 2) sowie die diesbezüglichen Prüfervoten und etwaige im Zusammenhang mit den vorgenannten Arbeiten stehende Zwischenberichte dem Schutzbereich von § 5 Nr. 7 Hs. 1 Alt. 1 HmbTG unterfallen, jedoch nur bei Vorlage der genannten Unterlagen.Abs. 27
f) Sollten die Abschlussarbeiten und die Prüfervoten sowie etwaige im Zusammenhang mit den Abschlussarbeiten stehende Zwischenberichte der anwendungsbezogenen Forschung zuzurechnen sein, nähme § 5 Nr. 7 Hs. 1 Alt. 1 HmbTG diese von der Informationspflicht nach dem HmbTG aus.Abs. 28
Diese Bereichsausnahme unterliegt keiner weiteren Einschränkung oder Abwägung. Bereits der Wortlaut „Keine Informationspflicht nach diesem Gesetz besteht ...“ eröffnet insoweit keinen Interpretationsspielraum. Darüber hinaus verbietet auch die systematische Betrachtung des HmbTG eine solche Auslegung. Für Informationen, die personenbezogene Daten oder Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse enthalten, hat der Gesetzgeber bewusst eine Abwägungsklausel aufgenommen (§§ 4 Abs. 3 Nr. 4, 7 Abs. 2 HmbTG); in anderen Fällen verlangt er die „Beeinträchtigung“ bestimmter öffentlicher Belange (§ 6 Abs. 3 Nr. 1 und 2 HmbTG). Hinsichtlich der Ausnahmetatbestände des § 5 HmbTG hat der Gesetzgeber auf eine solche differenzierte Regelung hingegen bewusst verzichtet (anders etwa § 11 Nr. 7 S. 1 des Entwurfs der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN für ein Transparenz- und Informationsfreiheitsgesetz für das Land Mecklenburg-Vorpommern, Drs. 6/2116 vom 21.08.2013 („Von der Informationspflicht ausgenommen sind Informationen aus Grundlagenforschung oder anwendungsbezogener Forschung, soweit und solange durch ihre Bekanntgabe die Wissenschaftsfreiheit beeinträchtigt würde.“)). Hierfür spricht schließlich auch folgende unmissverständliche Äußerung des Gesetzgebers in der amtlichen Begründung zur Novelle des Hamburgischen Transparenzgesetzes im Jahr 2019: „Der Hamburgische Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit hat weiterhin angeregt, in § 5 Nummer 7 für den Forschungsbereich eine Abwägungsklausel aufzunehmen, um eine Einzelfallabwägung zwischen der Wissenschaftsfreiheit und dem bei grundsätzlicher Eröffnung eines Informationszugangs einschlägigen Grundrecht der Informationsfreiheit zu ermöglichen. Die Anregung wird nicht aufgegriffen. Eine Abwägungsklausel erscheint wegen des besonders schutzwürdigen und komplexen Gegenstandsbereichs der Wissenschaftsfreiheit weiterhin nicht sachgerecht.“ (Bü-Drs. 21/17907, S. 3).Abs. 29
Hat der Gesetzgeber eine solch eindeutige Entscheidung getroffen, dürfen die Gerichte diese nicht aufgrund eigener rechtspolitischer Vorstellungen verändern oder durch eine judikative Lösung ersetzen (BVerwG, Urt. v. 29.11.2018, 5 C 10/17, juris, Rn. 11). Eine solche wäre hier im Übrigen auch sachlich nicht zu rechtfertigen.Abs. 30
Zwar trifft es zu, dass die öffentliche Diskussion über Forschungsergebnisse ein zentrales Element der Forschung darstellt und die Forschung an öffentlichen Universitäten aufgrund der engen Verbindung von Forschung und Lehre auf Publizität und Veröffentlichung angelegt ist (vgl. BVerfG, Urt. v. 01.03.1978, 1 BvR 333/75 u.a., juris, Rn. 176). Insoweit ist jedoch auch zu berücksichtigen, dass die Freiheit der Forschung neben der Fragestellung, den Grundsätzen der Methodik und der Bewertung der Forschungsergebnisse insbesondere auch die Freiheit umfasst, über die Verbreitung der Forschungsergebnisse in autonomer Selbstbestimmung zu entscheiden (BVerfG, Urt. v. 29.05.1973, 1 BvR 424/71 u.a., juris, Rn. 94, 185; BVerfG, Beschl. v. 01.03.1978, 1 BvR 333/75, juris, Rn. 191; BVerwG, Urt. v. 11.12.1996, 6 C 5/95, juris, Rn 36). Der einzelne Wissenschaftlicher kann grundsätzlich frei darüber entscheiden, ob und wann er seine Forschungsergebnisse verbreitet (VG Köln, Urt. v. 06.12.2012, 13 K 2679/11, juris, Rn. 71; VG Braunschweig, Urt. v. 26.06.2013, 5 A 33/11, juris, Rn. 24). Den Schutz der Forschungsergebnisse und die Freiheit des Wissenschaftlers, selbst über ihre Verbreitung zu entscheiden, hat auch die Kammer bereits als dem Kernbereich der Forschungsfreiheit zugehörig qualifiziert (vgl. VG Hamburg, Urt. v. 21.03.2018, 17 K 1459/16, n.v.; so auch OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 18.08.2015, 15 A 97/13, juris, Rn. 45).Abs. 31
In keinem Fall trifft den Gesetzgeber jedoch aufgrund des Umstands, dass die Forschung an öffentlichen Hochschulen auf Publizität und Veröffentlichung „angelegt“ ist, eine Verpflichtung, von jeder Person (vgl. § 1 Abs. 2 HmbTG) durchsetzbare Publizitäts- oder Veröffentlichungspflichten in einem Informationsfreiheits- bzw. Transparenzgesetz festzuschreiben. Insbesondere ergibt sich aus Art. 5 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 GG kein verfassungsunmittelbares Recht der Allgemeinheit auf Eröffnung einer Informationsquelle. Das Grundrecht auf Informationsfreiheit ist vielmehr ein normgeprägtes Grundrecht, dessen Schutzbereich nur eröffnet ist, soweit die allgemeine Zugänglichkeit einer Information hergestellt ist. Deshalb steht es dem Gesetzgeber grundsätzlich frei, bestimmte Bereiche oder Informationen als solche vom Zugangsanspruch auszunehmen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 20.06.2017, 1 BvR 1978/13, juris, Rn. 21; BVerwG, Urt. v. 27.11.2013, 6 A 5/13, juris, Rn. 20). Auch das Demokratieprinzip aus Art. 20 Abs. 1 und 2 GG vermag konkrete Publizitätspflichten nicht zu begründen (vgl. OVG Münster, Urt. v. 18.08.2015, 15 A 97/13, juris, Rn. 68 ff.; VG Braunschweig, Urt. v. 26.06.2013, 5 A 33/11, juris, Rn. 27 ff.).Abs. 32
Dementsprechend kann auch der Umstand, dass Forschung an öffentlichen Hochschulen (auch) mit öffentlichen Geldern finanziert wird, eine solche Publizitätspflicht nicht begründen. Dabei ist ebenfalls zu berücksichtigen, dass die Bereichsausnahme ansonsten fast vollständig ausgehöhlt würde, da dies für jegliche den Informationspflichten des HmbTG unterworfene Stelle gelten dürfte, die Forschung betreibt. Ebenso unerheblich ist demnach, ob die Beigeladenen gegenüber der Beklagten (unwiderruflich) in eine Veröffentlichung eingewilligt haben oder sich aus anderen, insbesondere hochschulrechtlichen Vorschriften eine Pflicht zur Veröffentlichung ergeben könnte.Abs. 33
4. Ob und in welchem Umfang die Informationspflicht durch § 8 Abs. 1 HmbTG ausgeschlossen ist, wonach eine Informationspflicht nicht besteht, soweit und solange der Schutz geistigen Eigentums entgegensteht, kann ohne Vorlage der angeforderten Dokumente ebenfalls nicht beurteilt werden.Abs. 34
a) Zwar spricht nach vorläufiger Auffassung der Kammer wenig dafür, dass der Informationsanspruch nach § 8 Abs. 1 HmbTG ausgeschlossen sein könnte. Nach dieser Vorschrift besteht eine Informationspflicht nicht, soweit und solange der Schutz geistigen Eigentums entgegensteht. Dies betrifft ausweislich der Gesetzesbegründung den Fall, dass an der Information Urheberrechte Dritter bestehen, aufgrund derer die Veröffentlichung gemäß § 12 UrhG nur mit Zustimmung des Urhebers zulässig ist (Bü-Drs. 21/17907, S. 14; vgl. zum fast wortgleichen § 6 S. 1 IFG auch BVerwG, Urt. v. 25.6.2015, 7 C 1/14, Rn. 29). Vorliegend spricht viel dafür, dass es sich bei den streitgegenständlichen Dokumenten nicht um geschützte Werke i.S.d. § 12 UrhG handelt.Abs. 35
Gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 UrhG sind Schriftwerke als Unterform der Sprachwerke urheberrechtlich nur geschützt, soweit sie eine persönliche geistige Schöpfung des Urhebers darstellen. Soll ein Werk von den schöpferischen Beiträgen seines Urhebers geprägt sein und sich insoweit durch Individualität oder Originalität auszeichnen, muss ein Gestaltungsspielraum bestehen; dieser findet sich bei Sprachwerken wissenschaftlichen Inhalts in erster Linie in der Form und Art der Sammlung, Einteilung und Anordnung des dargebotenen Stoffes, nicht hingegen im innovativen Charakter ihres Inhalts als solchem (BVerwG, Urt. v. 26.09.2019, 7 C 1/18, Rn. 19 m.w.N.). Auch die Gedankenformung und -führung des dargebotenen Inhalts ist jedenfalls nicht geschützt, soweit sie sich zwangsläufig aus der jeweiligen wissenschaftlichen Methodik ergibt (BVerwG, ebenda; Ahlberg, in: Ahlberg/Götting, BeckOK Urheberrecht, § 2 Rn. 86). Arbeitsaufwand oder bedeutende Sachkenntnis, die in die Gestaltung eingeflossen sind, genügen demnach nicht (BVerwG, a.a.O., Rn. 22).Abs. 36
Nach Maßgabe dieser Grundsätze dürften weder die Abschlussarbeiten der Beigeladenen (ggf. einschließlich mit diesen im Zusammenhang stehender Zwischenberichte) noch die hierzu verfassten Prüfervoten persönliche geistige Schöpfungen darstellen.Abs. 37
aa) Die Bachelorarbeit der Beigeladenen zu 1) schildert – in den dem Gericht vorliegenden Versionen - den wissenschaftlichen Hintergrund sowie die Vorbereitung, Durchführung und Auswertung biotechnologischer Experimente. Dieser Arbeit ist wesensimmanent, dass sie ausschließlich wissenschaftlich belegbare Tatsachen darstellt, die allenfalls in geringem Umfang eine individuelle Interpretation durch die Verfasserin zulassen. Auch ist – wie es für eine Bachelorarbeit, zudem auf einem rein naturwissenschaftlichen Gebiet, die ganz überwiegende Regel sein dürfte – nicht ersichtlich, dass sich die Beigeladene zu 1) bei der schriftlichen Anfertigung der Arbeit eines über die etablierten Regeln der wissenschaftlichen Methodik hinausgehenden und somit urheberrechtlich relevanten Gestaltungsspielraums bedient hätte; vielmehr ist davon auszugehen, dass sich die Darstellung der Inhalte ihrer Form und Art nach durchweg an etablierten wissenschaftlichen Standards orientiert.Abs. 38
Ein anderes Ergebnis dürfte auch nicht die Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts rechtfertigen, wonach bei fachwissenschaftlichen Gutachten die auf rein tatsächlichen Erhebungen und Befunden aufbauenden Bewertungen und Prognosen Freiräume eröffnen könnten, die einer eigenständigen und kreativen Ausfüllung mit der individuellen Handschrift des Autors zugänglich seien (BVerwG, a.a.O., Rn. 24). Davon abgesehen, dass das Bundesverwaltungsgericht letztlich nur geäußert hat, dass die Annahme einer persönlichen geistigen Schöpfung bei Gutachten wie den dort streitgegenständlichen, im Rahmen eines immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens erstellten naturschutzfachlichen Gutachten nicht ausgeschlossen sein soll, ist jedenfalls die vorliegende Bachelorarbeit mit solchen Gutachten schon im Grundsatz nicht vergleichbar. Sie beinhaltet keine gutachterlichen Bewertungen und Prognosen, die entsprechende Freiräume bieten könnten.Abs. 39
bb) Für die – nicht vorliegende – Masterarbeit der Beigeladenen zu 2) dürfte sich aller Voraussicht nach keine andere urheberrechtliche Beurteilung ergeben. Zwar ist zu erwarten, dass diese sich naturwissenschaftlich komplexeren Fragestellungen widmet als eine Bachelorarbeit, nicht jedoch, dass die Darstellung dieser Fragestellungen in einer individuelleren, kreativeren Form erfolgt.Abs. 40
cc) Für ggf. im Zusammenhang mit den Abschlussarbeiten der Beigeladenen erstellte Zwischenberichte dürfte unter Berücksichtigung der vorstehenden Ausführungen der Anwendungsbereich von § 8 Abs. 1 HmbTG voraussichtlich ebenfalls nicht eröffnet sein.Abs. 41
dd) Schließlich dürften auch die Prüfervoten voraussichtlich keine urheberrechtlich geschützten Werke darstellen. Prüfervoten beurteilen die Wertigkeit einer Prüfungsleistung nicht nur nach objektiven wissenschaftlichen Maßstäben, sondern in aller Regel auch in einer schematischen Art und Weise, der Individualität und Originalität fremd sind. Insbesondere verfängt insoweit auch der Einwand der Beklagten nicht, dass die darin enthaltenen Beurteilungen Ausdruck der prüfungsspezifischen Erfahrungen der jeweiligen Prüfer seien. Dies dürfte allenfalls eine Individualität des Bewertungsinhalts, nicht jedoch auch der Art und Form der Darstellung dieses Inhalts zur Folge haben.Abs. 42
b) Endgültig und verlässlich beurteilt werden kann die Frage, ob die Abschlussarbeiten der Beigeladenen sowie die diesbezüglichen Prüfervoten und etwaige im Zusammenhang mit den vorgenannten Arbeiten stehende Zwischenberichte dem Schutzbereich von § 8 Abs. 1 HmbTG unterfallen, jedoch nur bei Vorlage der genannten Unterlagen.Abs. 43
5. Schließlich kann ohne Vorlage der angeforderten Dokumente nicht beurteilt werden, ob und in welchem Umfang die Informationspflicht durch § 4 Abs. 3 HmbTG ausgeschlossen ist, wonach Zugang zu personenbezogenen Daten nur unter den dort näher genannten Voraussetzungen zu gewähren ist.Abs. 44
a) Sowohl die Abschlussarbeiten der Beigeladenen als auch die zugehörigen Prüfervoten sowie etwaige im Zusammenhang mit den Abschlussarbeiten erstellte Zwischenberichte dürften personenbezogene Daten darstellen bzw. enthalten. Der Begriff der personenbezogenen Daten ist im Hamburgischen Transparenzgesetz nicht weiter definiert. Daher ist auf das allgemeine datenschutzrechtliche Begriffsverständnis zurückzugreifen, wie es in Art. 4 Nr. 1 DSGVO zum Ausdruck kommt. Demnach sind personenbezogene Daten alle Informationen, die sich auf eine identifizierte oder identifizierbare natürliche Person beziehen.Abs. 45
aa) Zunächst dürften die Abschlussarbeiten der Beigeladenen personenbezogene Daten darstellen bzw. enthalten. Der Europäische Gerichtshof hat entschieden, dass die schriftlichen Antworten eines Prüflings in einer berufsbezogenen Prüfung unter bestimmten Umständen personenbezogene Daten i.S.d. Art. 2 lit. a der RL 95/46/EG darstellen können (EuGH, Urt. v. 20.12.2017, C-434/16, Nowak/Data Protection Commissioner, juris). Die dort enthaltene Begriffsdefinition entspricht im Wesentlichen jener des sie unmittelbar ersetzenden Art. 4 Nr. 1 DSGVO. Die vom Europäischen Gerichtshof vorgenommene rechtliche Einordnung dürfte vor dem Hintergrund der maßgeblichen zugrundeliegenden Erwägungen auf die Abschlussarbeiten der Beigeladenen übertragbar sein. Demnach sind personenbezogene Daten nicht lediglich sensible oder private Informationen, sondern alle Arten von Informationen, die aufgrund ihres Inhalts, ihres Zwecks oder ihrer Auswirkungen mit einer bestimmten Person verknüpft sind (EuGH, a.a.O., Rn. 34 f.). Prüfungsarbeiten erfüllen diese Voraussetzung nach Auffassung des Europäischen Gerichtshofs u.a. insoweit, als sie einerseits den Kenntnisstand und das Kompetenzniveau des Prüflings in einem bestimmten Bereich sowie gegebenenfalls seine Gedankengänge, sein Urteilsvermögen und sein kritisches Denken widerspiegeln (EuGH, a.a.O., Rn. 37) und sich andererseits die Verwendung dieser Informationen, die insbesondere im Erfolg oder Scheitern des Prüflings der in Rede stehenden Prüfung zum Ausdruck kommt, auf dessen Rechte und Interessen auswirken, insbesondere seine Chancen, den gewünschten Beruf zu ergreifen oder die gewünschte Anstellung zu erhalten, bestimmen oder beeinflussen kann (EuGH, a.a.O., Rn. 39). All dies dürfte auf die Abschlussarbeiten der Beigeladenen im Wesentlichen ebenso zutreffen wie auf die schriftlichen Antworten in einer berufsbezogenen Prüfung.Abs. 46
Der Einwand der Klägerin, Bachelor- und Masterarbeiten beinhalteten anders als Klausuren und vergleichbare schriftliche Prüfungen in weiten Teilen die Wiedergabe fremden Gedankenguts, verfängt demgegenüber nicht. Zunächst ist zu berücksichtigen, dass auch im vom EuGH entschiedenen Fall dem Prüfling bei der Anfertigung der Prüfungsarbeit Dokumente zur Verfügung standen, was nach Ansicht des Europäischen Gerichtshofs ausdrücklich keine andere Beurteilung rechtfertigt (EuGH, a.a.O., Rn. 40). Ferner ist nicht ersichtlich, dass die Abschlussarbeiten der Beigeladenen in einem größeren Umfang eine Wiedergabe fremden Gedankenguts beinhalten würden als etwa Klausuren im Rahmen eines Hochschulstudiums, deren Bearbeitung vielfach zu großen Teilen eine solche Wiedergabe erfordert.Abs. 47
bb) Vor dem Hintergrund der Ausführungen unter aa) spricht viel dafür, dass auch ggf. im Zusammenhang mit den Abschlussarbeiten erstellte Zwischenberichte personenbezogene Daten der Beigeladenen darstellen bzw. enthalten.Abs. 48
cc) Die Prüfervoten dürften demgegenüber sowohl personenbezogene Daten der Beigeladenen als auch solche der Prüfer darstellen. Für ersteres spricht entscheidend, dass sie die Beurteilung des Prüfers in Bezug auf die individuelle Leistung des Prüflings in der Prüfung und insbesondere in Bezug auf dessen Kenntnisse und Kompetenzen in dem betreffenden Bereich zum Ausdruck bringen (EuGH, a.a.O., Rn. 43). Diese Beurteilung kann sich wiederum, wie bereits hinsichtlich der Prüfungsarbeit als solcher ausgeführt, in erheblichem Maße auf die Rechte und Interessen des Prüflings auswirken (EuGH, ebenda). Zugleich stellen Prüfervoten personenbezogene Daten des Prüfers dar, da sie ebenso dessen Kenntnisse, Kompetenzen und Gedankengänge betreffen; dabei ist zu berücksichtigen, dass ein und dieselbe Information ohne Weiteres mehrere natürliche Personen betreffen kann (EuGH, a.a.O., Rn. 44 f.).Abs. 49
b) Ob die Voraussetzungen einer Auskunftsgewährung gemäß § 4 Abs. 3 HmbTG vorliegen, kann derzeit nicht abschließend beurteilt werden. Infrage kommt insoweit allein § 4 Abs. 3 Nr. 4 HmbTG. Demnach müsste seitens der Klägerin ein schutzwürdiges Interesse an der Information bestehen und überwiegende schutzwürdige Belange dürften nicht entgegenstehen.Abs. 50
Die Klägerin hat insoweit vorgetragen, sie sei durch die Abschlussarbeiten in ihrem geistigen Eigentum verletzt und benötige diese zur Durchsetzung ihrer rechtlichen Interessen gegenüber der ... GmbH & Co. KG.Abs. 51
Die Beklagte und die Beigeladenen wenden dagegen ein, dass die Klägerin solche Rechtsverletzungen lediglich vermute und diese in jedem Fall nicht den Beigeladenen vorzuwerfen seien. Ferner stehe das (verfassungsrechtlich verbürgte) Recht der Beigeladenen entgegen, über die Veröffentlichung ihrer Abschlussarbeiten frei zu entscheiden.Abs. 52
Vor diesem Hintergrund kann die nach § 4 Abs. 3 Nr. 4 HmbTG vorzunehmende Abwägungsentscheidung nur in Kenntnis des Inhalts der Abschlussarbeiten der Beigeladenen (ggf. einschließlich mit diesen in Zusammenhang stehenden Zwischenberichten) sowie der diesbezüglichen Prüfervoten vorgenommen werden.Abs. 53
II.Abs. 54
Die Fristenregelung unter Ziffer 2. soll den Beigeladenen für den Fall, dass die Beklagte dem Beweisbeschluss nachzukommen gedenkt, ausreichend Gelegenheit geben, einen Antrag auf Durchführung eines in-camera-Verfahrens nach § 99 Abs. 2 VwGO zu stellen.Abs. 55

(online seit: 07.04.2020)
Zitiervorschlag: Gericht, Datum, Aktenzeichen, JurPC Web-Dok, Abs.
Zitiervorschlag: Hamburg, VG, Ausschlussgrund des geistigen Eigentums bei Informationsansprüchen - JurPC-Web-Dok. 0056/2020