JurPC Web-Dok. 96/2019 - DOI 10.7328/jurpcb201934897

Hamburgisches Oberverwaltungsgericht

Beschluss vom 01.07.2019

3 Bs 113/19

App-basierter On-Demand-Ride-Sharing-Dienst unter Einsatz von Elektrofahrzeugen

JurPC Web-Dok. 96/2019, Abs. 1 - 60


Leitsätze:

1. Zur Antragsbefugnis eines Taxenunternehmers für einen Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage, mit der er sich gegen die einem anderen Unternehmer erteilte Genehmigung zur Erprobung einer neuen Verkehrsart (hier: App-basierter On-Demand-Ride-Sharing-Dienst unter Einsatz von Elektrofahrzeugen) wendet.

2. Bei der Prüfung der Antragsbefugnis analog § 42 Abs. 2 VwGO hat das Gericht abschließend darüber zu befinden, ob die streitentscheidenden Normen abstrakt geeignet sind, einer Person in der Lage des Antragstellers subjektive öffentliche Rechte zu vermitteln.

3. § 2 Abs. 7 PBefG verleiht einem Dritten keine subjektiv-öffentlichen Rechte.

4. Ein Taxenunternehmer kann sich gegenüber einer Genehmigung zur Erprobung einer neuen Verkehrsart nicht auf eine im Hinblick auf Art. 12 Abs. 1 GG grundrechtsrelevante Verwerfung der Konkurrenzverhältnisse berufen. Weder handelt es sich bei dem Taxengewerbe um einen staatlich regulierten Markt noch kommt den am Markt vorhandenen Taxenunternehmen ein gesetzlicher Vorrang gegenüber dem aufgrund der Erprobungsgenehmigung hinzutretenden Konkurrenten zu.

Gründe:

I.Abs. 1
Der Antragsteller wendet sich im Wege einstweiligen Rechtsschutzes gegen die der Beigeladenen erteilte Genehmigung vom 25. April 2018, mit der es der Beigeladenen gestattet wird, ihren App-basierten On-Demand-Ride-Sharing-Dienst MOIA unter Einsatz von Elektrofahrzeugen zu betreiben.Abs. 2
Der Antragsteller ist Taxenunternehmer und verfügt aktuell über eine Genehmigung zur Ausübung des Gelegenheitsverkehrs mit drei Taxen mit Gültigkeit bis Mai 2022.Abs. 3
Mit Bescheid vom 25. April 2018 erteilte die Antragsgegnerin der MOIA GmbH die entsprechende Genehmigung für den Einsatz von bis zu 1000 Fahrzeugen im Zeitraum vom 1. Januar 2019 bis zum 31. Dezember 2022 auf dem Gebiet der Freien und Hansestadt Hamburg und zwar, soweit die Fahrzeuge als Pooling-Shuttle eingesetzt werden, als Erprobungsverkehr nach § 2 Abs. 7 PBefG, und soweit die Fahrzeuge als Exklusiv-Shuttle genutzt werden, als Mietwagenverkehr nach § 49 Abs. 4 PBefG. Soweit sie mehr als 500 Fahrzeuge betrifft, steht die Genehmigung unter dem Vorbehalt der Feststellung durch die Genehmigungsbehörde, dass öffentliche Verkehrsinteressen durch die Verkehre mit bis zu 1000 Fahrzeugen nicht beeinträchtigt werden, insbesondere keine Funktionsbeeinträchtigungen des örtlichen Taxengewerbes drohen. Diese Feststellung soll nicht vor dem 2. Januar 2021 erfolgen. Darüber hinaus enthält die Genehmigung zahlreiche weitere Nebenbestimmungen, die im Einzelnen die Ausgestaltung der genehmigten Verkehre regeln.Abs. 4
Gegen diese Genehmigung erhob der Antragsteller am 7. Mai 2018 Widerspruch. Die Antragsgegnerin verwarf den Widerspruch mit Bescheid vom 13. August 2018 als unzulässig. Hiergegen erhob der Antragsteller Klage, über die noch nicht entschieden ist (5 K 4390/18).Abs. 5
Mit Bescheid vom 14. März 2019 übertrug die Antragsgegnerin die Genehmigung von der MOIA GmbH auf die Beigeladene.Abs. 6
Das Verwaltungsgericht hat mit Beschluss vom 12. April 2019 auf den am 27. Dezember 2018 eingelegten Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes festgestellt, dass der Widerspruch des Antragstellers gegen die der Beigeladenen erteilte Genehmigung aufschiebende Wirkung habe. Dem Drittwiderspruch des Antragstellers komme aufschiebende Wirkung zu. Der Widerspruch sei zulässig, insbesondere sei der Antragsteller drittanfechtungsbefugt.Abs. 7
Hiergegen haben die Antragsgegnerin und Beigeladene Beschwerde erhoben, über die bislang nicht entschieden ist (3 Bs 101/19).Abs. 8
Am 15. April 2019 ordnete die Antragsgegnerin die sofortige Vollziehung des Bescheids vom 14. März 2019 an, zu dessen Begründung sich die Antragsgegnerin auf den Genehmigungsbescheid vom 25. April 2018 bezog.Abs. 9
Daraufhin hat der Antragsteller bei dem Verwaltungsgericht einen Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gestellt. Dem Eilantrag hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 24. April 2019 teilweise stattgegeben und die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Genehmigungsbescheid vom 25. April 2018 wiederhergestellt, soweit sich die Genehmigung auf mehr als 200 eingesetzte Fahrzeuge beziehe. Es sei als offen einzustufen, ob sich die angegriffene Genehmigung im Klagverfahren als den Antragsteller in seinen Rechten verletzend erweisen werde oder nicht. Vor dem Hintergrund ergebe sich aus einer Folgenabwägung, dass das private Interesse des Antragstellers an der Herstellung der aufschiebenden Wirkung das öffentliche Interesse am Sofortvollzug des angegriffenen Bescheides nur insoweit überwiege, als sich die angegriffene Genehmigung auf mehr als 200 eingesetzte Fahrzeuge beziehe. Denn dem Antragsteller dürfte eine (nur) möglicherweise seine subjektiven Rechte verletzende Konkurrenz durch die Beigeladene bei nicht mehr als dieser Anzahl von eingesetzten MOIA-Fahrzeugen bis zur Klärung im Rahmen des Hauptsacheverfahrens noch zumutbar sein.Abs. 10
Das Verwaltungsgericht hat den Beschluss am 24. April 2019 vorab per Telefax mit Empfangsbekenntnis an die Beteiligten übermittelt. Der Bevollmächtigte des Antragstellers hat den Beschluss am selben Tag gesehen und an den Antragsteller per E-Mail weitergeleitet. Er hat auf die schriftliche Anfrage seiner Mitarbeiterin, das Empfangsbekenntnis zu unterzeichnen, vermerkt: „Nein, erst Original, das per Post kommt“. Das Original des Beschlusses ist mit einem Empfangsbekenntnis am 29. April 2019 bei dem Bevollmächtigten eingegangen und das Empfangsbekenntnis an dem Tag vom Bevollmächtigten unterschrieben worden. Der Bevollmächtigte des Antragstellers hat am 13. Mai 2019 Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 24. April 2019 erhoben und diese mit Schriftsatz vom 29. Mai 2019 begründet.Abs. 11
Auch die Antragsgegnerin sowie die Beigeladene haben Beschwerden gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts erhoben. Der Antragsteller hat außerdem im Hinblick auf etwaige Zweifel an der Wahrung der Beschwerde- und Beschwerdebegründungsfrist „vorsorglich“ Anschlussbeschwerde eingelegt.Abs. 12
Mit Schriftsatz vom 11. Juni 2019 hat der Antragsteller das Verfahren 3 Bs 101/19 für erledigt erklärt.Abs. 13
II.Abs. 14
Die zulässigen Beschwerden der Antragsgegnerin und der Beigeladenen haben in der Sache Erfolg.Abs. 15
Mit den in den Schriftsätzen vom 16. und 24. Mai 2019 dargelegten Gründen haben sowohl die Antragsgegnerin als auch die Beigeladene – wie die nachfolgenden Ausführungen im Einzelnen zeigen – zutreffend gerügt, dass das Verwaltungsgericht im Hinblick auf die Antragsbefugnis einen unzutreffenden Maßstab angewendet hat und sich entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts aus verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten keine Antragsbefugnis des Antragstellers herleiten lässt. Damit sind die tragenden Erwägungen in dem angefochtenen Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 24. April 2019 ernsthaft in Zweifel gezogen (§ 146 Abs. 4 Satz 3 und 6 VwGO).Abs. 16
Das Beschwerdegericht ist deshalb berechtigt, den gesamten Streitstoff – auch soweit er nicht Gegenstand der Beschwerdebegründung ist – zu würdigen. Diese Würdigung ergibt, dass der Antrag des Antragstellers auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage abzulehnen ist, weil dieser bereits unzulässig ist.Abs. 17
Wie vom Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt bezieht sich die Anordnung der sofortigen Vollziehung vom 15. April 2019 auf die angegriffene Genehmigung. Zwar wird im Tenor des Bescheides, mit dem der Sofortvollzug angeordnet worden ist, nur der (Übertragungs-) Bescheid vom 14. März 2019 genannt. Aus der Begründung des Bescheides folgt aber mit hinreichender Deutlichkeit, dass sich die Anordnung der sofortigen Vollziehung nicht allein auf die Übertragung der Genehmigung auf die Beigeladene, sondern auch auf die Genehmigung als solche und mithin also auch auf den hier angegriffenen Bescheid vom 25. April 2019 beziehen soll.Abs. 18
Entgegen dem Vortrag der Antragsgegnerin steht der Zulässigkeit des Antrags auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 2 VwGO keine anderweitige Anhängigkeit des Streitgegenstands entgegen. Die beim Beschwerdegericht anhängige Beschwerde (3 Bs 101/19) gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 12. April 2019, mit dem das Verwaltungsgericht (zeitlich vor der Anordnung der sofortigen Vollziehung durch die Antragsgegnerin) festgestellt hatte, dass der Widerspruch des Antragstellers gegen den Bescheid vom 25. April 2018 aufschiebende Wirkung hat, betrifft einen anderen Streitgegenstand. Denn nachdem die Antragsgegnerin die sofortige Vollziehung angeordnet hat, ist unabhängig von der Frage, ob der Widerspruch des Antragstellers bislang aufschiebende Wirkung hatte, eine aufschiebende Wirkung des Widerspruchs nicht mehr gegeben, so dass eine Feststellung dahingehend, dass der Widerspruch aufschiebende Wirkung hat, nicht mehr ergehen könnte. Der Rechtsstreit ist auch nicht als Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung fortzusetzen (vgl. OVG Hamburg, Beschl. v. 21.2.2019, 3 Bs 2/19, n.v.). Nachdem der Antragsteller im Hinblick auf das Verfahren 3 Bs 101/19 mit Schriftsatz vom 11. Juni 2019 eine Erledigungserklärung abgegeben hat, betrifft der Rechtsstreit in dem anderweitig anhängigen Verfahren nur noch die Frage der Erledigung.Abs. 19
Der Zulässigkeit des Antrags auf einstweiligen Rechtsschutz steht jedoch die fehlende Antragsbefugnis (§ 42 Abs. 2 VwGO analog) entgegen. Im Einzelnen:Abs. 20
Die im Rahmen von Verfahren nach §§ 80, 80a VwGO geforderte Antragsbefugnis entspricht der Klagebefugnis des Hauptsacheverfahrens bzw. der Widerspruchsbefugnis des Widerspruchsverfahrens, da diese Rechtsbehelfe im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes gesichert werden sollen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 9.8.2018, 4 VR 1/18, juris Rn. 5: „Die Antragsbefugnis folgt der Klagebefugnis.“). Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist eine Klage gemäß § 42 Abs. 2 VwGO nur zulässig, wenn ein Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein. Eine Anfechtungsklage – und in entsprechender Anwendung ein Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO – ist damit unzulässig, wenn offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise die vom Rechtsbehelfsführer behaupteten Rechte bestehen oder ihm zustehen können (stRspr; BVerwG, Beschl. v. 9.8.2018, a.a.O., juris Rn. 5 m.w.N.). Für den Rechtsschutzsuchenden begründet die Bestimmung des § 42 Abs. 2 VwGO die Obliegenheit, die Betroffenheit in eigenen Rechten in tatsächlicher Hinsicht aufzuzeigen. Es ist erforderlich, aber auch ausreichend, dass der Antragsteller Tatsachen vorträgt, die es möglich erscheinen lassen, dass er in einer eigenen rechtlichen Position beeinträchtigt ist. Nicht erforderlich ist danach, dass der unter diese Normen zu subsumierende Sachverhalt tatsächlich vorliegt (vgl. BVerfG, Beschl. v. 10.6.2009, 1 BvR 198/08, NVwZ 2009, 1426, juris Rn. 12; BayVGH, Urt. v. 1.6.2011, 11 B 11.332, VRS 121, 150, juris Rn. 40 f. und 46; Wysk, Verwaltungsgerichtsordnung, 2. Aufl. 2016, § 42 Rn. 125).Abs. 21
Die Regelung des § 42 Abs. 2 VwGO, die hier analog Anwendung findet, verlangt jedoch zudem, dass die Anwendung von Rechtssätzen möglich erscheint, die abstrakt auch dem Schutz der Interessen von Personen zu dienen bestimmt sind, die sich in der Lage des Antragstellers befinden. Insoweit muss die abstrakte Eignung eines Rechtssatzes zur Begründung von subjektiven Rechten tatsächlich bestehen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 10.6.2009, 1 BvR 198/08, NVwZ 2009, 1426, juris Rn. 12; BayVGH, Urt. v. 1.6.2011, 11 B 11.332, VRS 121, 150, juris Rn. 42; Wysk, Verwaltungsgerichtsordnung, 2. Aufl. 2016, § 42 Rn. 126). Dies hat das Gericht abschließend zu prüfen und positiv festzustellen (vgl. Wysk, a.a.O, § 42 Rn. 126). Das gilt auch dann, wenn – wie hier – die zutreffende Antwort auf diese Frage nicht auf der Hand liegt, sondern wenn zu diesem Zweck Problemstellungen erörtert werden müssen, die in der Rechtsprechung noch nicht abschließend geklärt sind und deren Entscheidung vertiefte rechtliche Überlegungen erfordert (vgl. BayVGH, Urt. v. 11.6.2011, a.a.O., juris Rn. 42).Abs. 22
Die Anwendung dieses Maßstabs ist im Lichte der Garantie effektiven Rechtsschutzes nicht zu beanstanden, weil dadurch der Rechtsschutz des Betroffenen nicht unzumutbar erschwert wird. Denn bei der Frage, ob die streitentscheidenden Normen subjektive öffentliche Rechte verleihen, handelt es sich um eine reine Rechtsfrage, über die das Gericht auch schon im Rahmen der Zulässigkeitsprüfung entscheiden kann, ohne dass es der Ermittlung weiterer Tatsachen durch eine Beweiserhebung bedürfte und der Antragsteller durch die Verneinung der Zulässigkeit des Antrags im Hinblick auf dessen Erfolgsaussicht Nachteile erleiden würde. Zudem erscheint es auch deshalb verfassungsrechtlich nicht geboten, die bloße Behauptung eines Antragstellers, eine bestimmte Norm verleihe ihm abstrakt besehen subjektive öffentliche Rechte, für die Zulässigkeit einer verwaltungsgerichtlichen Kontrolle ausreichen zu lassen, weil Art. 19 Abs. 4 GG gerade nicht die Möglichkeit einer Popularklage eröffnet (vgl. BVerfG, Beschl. v. 22.8.1994, 1 BvR 1767/91, NZA 1995, 129, juris Rn. 10).Abs. 23
Diesen Maßstab hat das Verwaltungsgericht – wie von den Beschwerdebegründungen der Antragsgegnerin und der Beigeladenen zutreffend aufgezeigt (vgl. S. 3 ff. d. Beschwerdebegründung der Antragsgegnerin v. 24.5.2019 und S. 54 d. Beschwerdebegründung der Beigeladenen v. 16.5.2019) – verfehlt, weil es weder in dem unmittelbar angegriffenen Beschluss vom 24. April 2019 noch in seinem Beschluss vom 12. April 2019, auf den zur Begründung vollumfänglich Bezug genommen wird (S. 5 BA 5 E 1711/19), bereits im Rahmen der Prüfung von § 42 Abs. 2 VwGO analog das Vorhandensein einer Norm bejaht oder verneint, die einem Rechtsschutzsuchenden in der Situation des Antragstellers abstrakt subjektive Rechte verleiht.Abs. 24
In Anwendung des dargelegten Maßstabs ist die Antragsbefugnis des Antragstellers vorliegend zu verneinen. Er kann nicht geltend machen, die der Beigeladenen erteilte Erlaubnis zum Erprobungsverkehr verstoße möglicherweise gegen eine auch seinen Schutz bezweckende Norm. Er kann weder geltend machen, § 2 Abs. 7 PBefG (hierzu 1.) sei eine Schutznorm, noch kann er ein Abwehrrecht mit Erfolg unmittelbar aus den Grundrechten ableiten (hierzu 2.). Dies gilt auch im Hinblick auf die der Beigeladenen erteilte Genehmigung zum Mietwagenverkehr gemäß § 49 Abs. 4 PBefG (hierzu 3.).Abs. 25
1. Gemäß § 2 Abs. 7 PBefG kann zur praktischen Erprobung neuer Verkehrsarten oder Verkehrsmittel die Genehmigungsbehörde auf Antrag im Einzelfall Abweichungen von Vorschriften dieses Gesetzes oder von auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Vorschriften für die Dauer von höchstens vier Jahren genehmigen, soweit öffentliche Verkehrsinteressen nicht entgegenstehen.Abs. 26
Nach der herrschenden Schutznormtheorie, der das Beschwerdegericht folgt, verleiht eine Norm dann subjektiv-öffentliche Rechte, wenn sie nicht nur im öffentlichen Interesse liegt, sondern zumindest auch dem Schutz der Interessen des Einzelnen zu dienen bestimmt ist. Zu unterscheiden sind der gesetzlich bezweckte Interessenschutz einerseits und bloße Rechtsreflexe andererseits (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.6.1993, 3 C 3/89, BVerwGE 92, 313, juris Rn. 35). Gerade auf dem Gebiet der Berufszulassung existieren zahlreiche begünstigende Verwaltungsakte, die zwar im Einzelfall – objektiv – rechtswidrig und für Dritte tatsächlich (reflexartig) nachteilig sein mögen, aber keine rechtlich geschützten Interessen berühren und daher entsprechend Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG einer verwaltungsgerichtlichen Kontrolle entzogen sind (vgl. BVerwG, Beschl. v. 6.12.1988, 1 B 157/88, NJW 1989, 1175, juris Rn. 5).Abs. 27
a) Dem Wortlaut der Bestimmung des § 2 Abs. 7 PBefG lässt sich nichts für eine Auslegung als eine zugunsten von Wettbewerbern wirkende Schutznorm entnehmen. Er gibt keinen Hinweis darauf, dass bei der behördlichen Entscheidung über die Erteilung einer Erprobungsgenehmigung die Interessen eines einzelnen Taxenunternehmers in den Blick zu nehmen wären und die Erlaubniserteilung auch auf den Schutz von Konkurrenten ausgerichtet wäre. Der Wortlaut macht durch das Erfordernis des Entgegenstehens öffentlicher Verkehrsinteressen vielmehr deutlich, dass bei der Erlaubniserteilung dieser übergeordnete Belang und nicht die individuellen Belange der jeweiligen Konkurrenten im Vordergrund stehen. Denn unter dem Begriff der öffentlichen Verkehrsinteressen wird die Bedienung der Öffentlichkeit mit passenden Verkehrsangeboten verstanden (vgl. Zeil/Prinz zur Lippe, GewArch 2018, S. 405, 409). Dazu gehören u.a. die Erhaltung eines bestehenden und funktionsfähigen öffentlichen Verkehrs sowie ein öffentliches Interesse an einem funktionsfähigen und von der öffentlichen Hand geordneten Verkehrs, der allein im Dienst der Bevölkerung steht und nicht durch einen gegenseitigen wirtschaftlichen Verdrängungswettbewerb in seiner Funktions- und Leistungsfähigkeit sowie Sicherheit beschränkt wird (vgl. Zeil/Prinz zur Lippe, a.a.O., S. 405, 409). Nicht dazu gehören die Interessen der Allgemeinheit (vgl. Zeil/Prinz zur Lippe, a.a.O., S. 405, 409; OVG Hamburg, Beschl. v. 24.9.2014, 3 Bs 175/14, NordÖR 2014, 545, juris Rn. 16) und insoweit auch nicht die Interessen eines Einzelnen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 20.12.1989, 7 B 188/89, NJW 1990, 930, juris Rn. 4: einzelner Straßenanlieger). Mit dem Einwand des Antragstellers, es sei nicht erkennbar, woraus sich ergeben solle, dass der Begriff der „öffentlichen Verkehrsinteressen“ nicht die Interessen am Markt vorhandener Unternehmer umfasse, zumal die Regelung des § 13 Abs. 4 Satz 1 PBefG nur das Taxengewerbe intern betreffe, setzt er sich über den Gesetzeswortlaut hinweg und verkehrt dessen Bedeutung ins Gegenteil.Abs. 28
b) Dieses Ergebnis wird durch die Entstehungsgeschichte des § 2 Abs. 7 PBefG bestätigt (BT-Drs 11/4310, S. 104). So heißt es in der Gesetzesbegründung:Abs. 29
„Die Regelung des Absatzes 7 soll Abweichungen von den Vorschriften des Gesetzes ermöglichen, wenn es um die praktische Erprobung neuer Verkehrsarten oder Verkehrsmittel geht. Die Regelung ist anwendbar unabhängig davon, ob die Zuordnung von Beförderungen zu bestimmten Verkehrsarten oder Verkehrsformen nach Absatz 6 erforderlich ist oder nicht.“Abs. 30
Daraus lässt sich nichts für einen vom Gesetzgeber beabsichtigten Schutz eines einzelnen Taxenunternehmers ziehen. Vielmehr hat der Gesetzgeber bewusst die Möglichkeit eröffnet, von den typisierten Verkehrsarten des Personenbeförderungsgesetzes und damit von dem für diese Bedienformen bestehenden Marktverhaltensregelungen abzuweichen. Insoweit hat der Gesetzgeber auch eine Zuordnung zu einer bestimmten Verkehrsart – im Gegensatz zu der Genehmigung nach § 2 Abs. 6 PBefG – ausdrücklich nicht für erforderlich gehalten. Insbesondere dies spricht eindeutig dafür, dass die Regelung des § 2 Abs. 7 PBefG eine bewusste Ausnahme vom grundsätzlich gewünschten Typenzwang, aus dem der Antragsteller einen Drittschutz herleiten will, begründen sollte. Soweit der Antragsteller meint, dass sich aus dem objektivierten Willen des Gesetzgebers etwas anderes ergebe, fehlt es dafür – wie aufgezeigt – an Anhaltspunkten.Abs. 31
c) Gegen eine drittschützende Wirkung spricht auch der Normzweck des § 2 Abs. 7 PBefG. Mit der Regelung wollte der Gesetzgeber den Anwendungsbereich des Personenbeförderungsgesetzes für neuartige Entwicklungen im Straßenpersonenverkehr für einen begrenzten Zeitraum öffnen, der aufgrund des im Personenbeförderungsrechts grundsätzlich angelegten Typenzwangs sonst nicht genehmigungsfähig wäre. Die Einführung der Regelung ist als Nachwirkung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 8. Juni 1960 (1 BvL 53/55, BVerfGE 11, 168, juris) zu verstehen, in der ein Festhalten am uneingeschränkten Typenzwang für verfassungswidrig erklärt wurde. In der Folge dieser Entscheidung wurde die Genehmigung für untypische Verkehre in das Gesetz aufgenommen (früherer § 59a PBefG; jetzt § 2 Abs. 6 PBefG) und im Zuge ihrer Neufassung die Regelung des § 2 Abs. 7 PBefG als weitere Öffnungsklausel eingeführt. Die tatbestandlichen Einschränkungen des § 2 Abs. 7 (neue Verkehrsart, Erprobung, Einzelfall, zeitliche Begrenzung) sollen insoweit entgegen dem Vorbringen des Antragstellers nicht zum Schutz der vorhandenen Unternehmer am Markt dienen, sondern einen Ausgleich zwischen der Berufsfreiheit der Anbieter der neuen Verkehrsarten aus Art. 12 Abs. 1 GG und dem allein im öffentlichen Interesse bestehenden Typenzwang des Personenbeförderungsgesetzes bewirken (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.12.2013, 3 C 30/12, BVerwGE 148, 321, juris Rn. 40). Der Sinn und Zweck des Typenzwangs besteht nämlich darin, durch Unterwerfung typischer Beförderungsarten und -formen an unterschiedliche Vorschriften eine optimale Deckung des unterschiedlichen Bedarfs des öffentlichen Linien- und des Individualverkehrs und zugleich die Wirtschaftlichkeit jeder der Arten und Formen zu gewährleisten (vgl. Heinze in: Heinze/Fehling/Fiedler, Personenbeförderungsgesetz, 2. Aufl. 2014, § 2 Rn. 51). Insbesondere das Kriterium der zeitlichen Begrenzung der Erprobungsgenehmigung sichert eine (dauerhafte) Rückkehr zu diesem System. Denn ist die Erprobung erfolgreich, obliegt es dem Gesetzgeber, die Regelungen des Personenbeförderungsgesetzes oder der aufgrund des Personenbeförderungsgesetzes erlassenen Rechtsvorschriften auf die neue Verkehrsart oder das neue Verkehrsmittel entsprechend anzupassen (vgl. Bidinger, Personenbeförderungsrecht, Stand Dezember 2018, § 2 Rn. 492). Insoweit wird auch deutlich, dass die Antragsgegnerin entgegen den Ausführungen des Verwaltungsgerichts durch die Erprobungsgenehmigung keine „faktisch dergestalt vollendete Tatsachen schafft, dass sie einer gesetzgeberischen Entscheidung vorgreift“. Darüber hinaus würde der Sinn und Zweck der Erprobungsgenehmigungen bei der Annahme eines in der Norm des § 2 Abs. 7 PBefG angelegten Drittschutzes vollkommen ausgehöhlt werden, da die befristeten und nicht verlängerbaren Erprobungsgenehmigungen aufgrund der aufschiebenden Wirkung eines Drittwiderspruchs/einer Drittanfechtungsklage vom Genehmigungsinhaber nicht genutzt werden könnten. Die vom Gesetzgeber ausdrücklich beabsichtigte Erprobung könnte nicht stattfinden. Die zügige Entwicklung und Einführung umwelt- und sozialpolitisch wünschenswerter neuer Verkehrsangebote würde erheblich gehemmt. Die bloße wirtschaftliche Nähe zu einer erteilten Genehmigung würde ausreichen, um zulässigerweise hiergegen Rechtsmittel zu erheben; einer echten Selbstbetroffenheit in eigenen Rechten zur Vermeidung von Popularklagen bedürfte es nicht (vgl. Zeil, https://publicus.boorberg.de/die-notwendige-erprobung-neuer-mobilitaetsdienste/, S. 4). Dies ist vom Normzweck des § 2 Abs. 7 PBefG nicht umfasst.Abs. 32
d) Schließlich spricht auch die systematische Auslegung gegen einen in der Regelung des § 2 Abs. 7 PBefG angelegten Drittschutz. Im Hinblick auf die Drittbetroffenheit eines einzelnen Taxenunternehmers ist in der Rechtsprechung geklärt, dass in der Erteilung neuer Taxigenehmigungen oder der Erteilung von Genehmigungen zum Gelegenheitsverkehr mit Mietwagen keine Verletzung der eigenen subjektiv-öffentlichen Rechte des Taxiunternehmers liegt (vgl. BVerwG, Beschl. v. 31.1.2008, 3 B 77/07, juris Rn. 7; Urt. v. 28.6.1963, VII C 139/61, BVerwGE 16, 187, juris Rn. 18; OVG Münster, Urt. v. 1.2.1980, 13 A 1509/79, NJW 1980, 2323, juris Rn. 2; BayVGH, Beschl. v. 10.4.1984, 11 CE/CS 84 A.628, NJW 1985, 758). Die objektive Zulassungsschranke des § 13 Abs. 4 Satz 1 PBefG, wonach die Genehmigung zum Verkehr mit Taxen zu versagen ist, wenn die öffentlichen Verkehrsinteressen dadurch beeinträchtigt werden, dass durch die Ausübung des beantragten Verkehrs das örtliche Taxengewerbe in seiner Funktionsfähigkeit bedroht wird, dient allein dem öffentlichen Verkehrsinteresse und nicht den Interessen der etablierten Taxiunternehmen. Es soll damit ausschließlich der Gefahr einer Übersetzung des Gewerbes mit der Folge der Existenzbedrohung des Taxengewerbes als Ganzes entgegengewirkt werden. Der hierdurch bedingte faktische Konkurrenzschutz der vorhandenen Taxiunternehmer stellt lediglich einen Rechtsreflex dar. Dafür spricht auch der Umstand, dass Taxenunternehmer – anders als Linienverkehrsunternehmen – nach § 14 PBefG keine entsprechenden Verfahrensrechte im Genehmigungsverfahren ihrer Konkurrenten zustehen (vgl. BVerwG, Urt. v. 28.6.1963, a.a.O., juris Rn. 18). Taxenunternehmer haben auch keine Möglichkeit, Genehmigungen zur Ausübung des Gelegenheitsverkehrs mit Mietwagen anzugreifen; Mietwagen stellen gegenüber Taxen aufgrund ihrer inhaltlichen Abgrenzung grundsätzlich nicht einmal unmittelbare Konkurrenz dar (vgl. BayVGH, Beschl. v. 10.4.1984, a.a.O.; BVerfG, Beschl. v. 8.6.1960, 1 BvL 53/55, BVerfGE 11, 168, juris Rn. 66 ff. zu den unterschiedlich bedienten Verkehrsinteressen). Aus alledem folgt, dass bei der Prüfung des Tatbestandsmerkmals der „öffentlichen Verkehrsinteressen“ im Rahmen des § 2 Abs. 7 PBefG die Funktionsfähigkeit des Taxengewerbes zu berücksichtigen, der einzelne Taxenunternehmer allerdings nicht Sachwalter dieses öffentlichen Verkehrsinteresses ist.Abs. 33
Der Antragsteller geht insoweit zu Unrecht davon aus, dass aufgrund der ausdrücklichen Nennung der Interessen vorhandener (Linienverkehrs-) Unternehmen in § 13 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 PBefG der Begriff der öffentlichen Verkehrsinteressen im Personenbeförderungsrecht grundsätzlich auch die Interessen der Altunternehmer umfasse, da es sonst in § 13 Abs. 4 Satz 1 PBefG keiner ausdrücklichen Einschränkung auf das Taxengewerbe in seiner Funktionsfähigkeit bedurft hätte. Der Drittschutz des Altunternehmers im Rahmen des § 13 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 PBefG ist lediglich der besonderen Situation des Linienverkehrs geschuldet, in der davon auszugehen ist, dass eine annähernd kostendeckende Bedienung der Linie nur durch einen Unternehmer erfolgen kann und eine Konkurrenz zu einem ruinösen Wettbewerb führt (vgl. BVerwG, Urt. v. 6.4.2000, 3 C 6/99, DVBl 2000, 1614, juris Rn. 22). Eine sachgerechte Verkehrsbedienung wäre gefährdet. Damit deckt sich im Hinblick auf den Linienverkehr das öffentliche Verkehrsinteresse mit dem Interesse des einzelnen Linienverkehrsunternehmers, soweit er Aufgaben der Daseinsvorsorge wahrnimmt (vgl. OVG Hamburg, Beschl. v. 2.1.2012, 3 Bs 55/11, NordÖR 2012, 209, juris Rn. 12). Das stellt sich im Rahmen des Verkehrs mit Taxen anders dar. Die unternehmerischen Interessen einzelner Taxenunternehmer decken sich nicht mit der im öffentlichen Verkehrsinteresse liegenden Funktionsfähigkeit des Taxengewerbes in seiner Gesamtheit. So führt die Auswechselung einzelner Marktteilnehmer infolge des Wettbewerbs innerhalb des Taxengewerbes regelmäßig nicht zu schwerwiegenden Störungen der Verkehrsbedienung im Ganzen.Abs. 34
Sofern der Antragsteller weiter einwendet, der Rechtsgedanke der Regelung des § 51 Abs. 2 Nr. 2 PBefG, welche drittschützende Wirkung für den einzelnen Taxenunternehmer entfalte, wenn durch eine Sondervereinbarung die Auskömmlichkeit der Einnahmen im Pflichtfahrbereich gefährdet sei (vgl. OVG Münster, Beschl. v. 21.4.2016, 13 B 1450/15, juris Rn. 24; VG Freiburg (Breisgau), Urt. v. 11.9.2008, 2 K 1256/07, juris Rn. 26), müsse auf § 2 Abs. 7 PBefG übertragen werden, überzeugt dies in Bezug auf die hier streitentscheidende Norm nicht. Ob die Regelung des § 51 Abs. 2 PBefG überhaupt Drittschutz vermittelt, ist bereits zweifelhaft (vgl. OVG Schleswig, Urt. v. 21.7.2009, 4 LB 3/08, juris Rn. 54), braucht aber hier nicht entschieden zu werden, weil die Konstellation, die dem § 51 Abs. 2 Nr. 2 PBefG zugrunde liegt, für die Begründung eines Drittschutzes im Rahmen des § 2 Abs. 7 PBefG nichts hergibt. Es handelt sich um eine in ihrem Anwendungsbereich eng begrenzte Möglichkeit privatautonomer Preisgestaltung innerhalb des Taxengewerbes, die die grundsätzliche Tarifpflicht nicht in Frage stellt und der Behörde gerade keine Ermächtigung zur einseitigen Befreiung von der grundsätzlich angeordneten Tarifpflicht im Wege einer Ausnahmegenehmigung einräumt. Sie ist mit der vorliegenden Konstellation nicht vergleichbar.Abs. 35
Soweit der Antragsteller meint, die oben zitierte Rechtsprechung (vgl. BVerwG, Beschl. v. 31.1.2008, 3 B 77/07, juris Rn. 7; Urt. v. 28.6.1963, VII C 139/61, BVerwGE 16, 187, juris Rn. 18; OVG Münster, Urt. v. 1.2.1980, 13 A 1509/79, NJW 1980, 2323, juris Rn. 2; BayVGH, Beschl. v. 10.4.1984, 11 CE/CS 84 A.628, NJW 1985, 758) finde auf den vorliegenden Fall keine Anwendung, weil sie nur Fälle betreffe, die sich „innerhalb des geschlossenen Kreises zugelassener Personenbeförderungen“ abgespielt hätten, überzeugt dies nicht. Zum einen erschließt sich aus dieser Argumentation nicht, weshalb dies zu einer anderen Auslegung des im Personenbeförderungsgesetz mehrfach verwendeten Begriffs des „öffentlichen Verkehrsinteresses“ führen sollte, wonach im Hinblick auf das Taxengewerbe nur dessen Existenz und Funktionsfähigkeit geschützt wird. Zum anderen liegt der vorliegende Fall eben nicht außerhalb des geschlossenen Kreises zugelassener Personenbeförderungen. Der Antragsteller verkennt, dass der Gesetzgeber mit der Einführung der Regelung des § 2 Abs. 7 PBefG den Erprobungsverkehr als eine Verkehrsart in den Kreis zugelassener Personenbeförderungen mit aufgenommen hat. Insoweit geht auch die Annahme des Antragstellers unter Verweis auf die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg vom 19. September 2007 (7 LC 208/04, VerkMitt 2008, Nr 31, juris Rn. 36) fehl, einem Taxiunternehmer müsse gegen die Erprobungsgenehmigung ein Anfechtungsrecht zustehen, weil die notwendige Unterscheidung und Zuordnung nach exakten Kriterien, die dem Schutz gegen Wettbewerb untereinander diene, im Verhältnis zum Erprobungsverkehr fehle. Der vom Antragsteller hervorgehobene Schutz der verschiedenen Bedienformen untereinander gegen Wettbewerb durch die im Personenbeförderungsgesetz vorgesehene Abgrenzung steht allein im öffentlichen Interesse; er ist Ausfluss des Systems des Typenzwangs und bezweckt – wie bereits ausgeführt – die Gewährleistung einer optimalen Deckung des unterschiedlichen Bedarfs des öffentlichen Linien- und des Individualverkehrs und zugleich der Wirtschaftlichkeit jeder der Arten und Formen (vgl. Heinze in: Heinze/Fehling/Fiedler, Personenbeförderungsgesetz, 2. Aufl. 2014, § 2 Rn. 51). Zudem sieht § 2 Abs. 7 PBefG zur Sicherstellung der im öffentlichen Verkehrsinteresse stehenden Funktionsfähigkeit sowohl des Linien- wie auch des Gelegenheitsverkehrs hinreichende Schutzmaßnahmen vor. So darf die neue Verkehrsart nur im Einzelfall und für einen begrenzten Zeitraum zur Erprobung betrieben werden. Auch hat die Genehmigungsbehörde im Rahmen des ihr zustehenden Ermessens unter dem Blickwinkel der öffentlichen Verkehrsinteressen die Auswirkungen des neuen Verkehrs auf die Verkehrsnutzer und das Verkehrsgeschehen allgemein abzuwägen (vgl. Zeil /Prinz zur Lippe, GewArch 2018, S. 405, 410). Weitere Marktverhaltensregelungen sind allerdings gerade deshalb nicht geboten bzw. zu dem Zeitpunkt für den Gesetzgeber nicht definierbar, weil die neue Verkehrsart unbekannt und daher noch erprobt werden soll. Aus diesem Grund ist im Rahmen der Erteilung der Erprobungsgenehmigung auch nur auf den Probebetrieb und seine Auswirkungen abzustellen. Zur Prüfung eines regulären Betriebs sollen durch den Erprobungsbetrieb erst Erkenntnisse gewonnen werden.Abs. 36
Entgegen den Ausführungen des Verwaltungsgerichts und des Antragstellers folgt ebenso wenig aus dem der Antragsgegnerin nach § 2 Abs. 7 PBefG zustehenden Ermessen ein Drittschutz auf eine bestimmte Ausgestaltung der Erprobungsgenehmigung. Der Antragsgegnerin kommt bei der Bewertung von Verkehrsbedürfnissen der unterschiedlichsten Art und ihrer befriedigenden Bedienung und damit auch bei der Frage, wie gewichtig einzelne öffentliche Verkehrsinteressen sowohl für sich gesehen als auch im Verhältnis zu anderen sind, ein Beurteilungsspielraum zu. Die Entscheidung ist deshalb ähnlich wie andere planerische Verwaltungsentscheidungen der gerichtlichen Überprüfung nur begrenzt zugänglich (vgl. BVerwG, Urt. v. 28.7.1989, 7 C 39/87, BVerwGE 82, 260, juris Rn. 15). Der Gesetzgeber hat es für die Erprobungssituation von vier Jahren in die Hand der Genehmigungsbehörde gelegt, den Regulierungsrahmen mangels gesetzlicher Vorgaben festzulegen. Für einen Drittschutz allein aus dem der Genehmigungsbehörde zustehenden Beurteilungsspielraum ist insoweit nichts ersichtlich; aus Regelungen, die der Behörde Ermessen vermitteln, folgt nicht regelhaft ein Drittschutz.Abs. 37
Mit dem Argument des Antragstellers, ihm müsse Drittschutz zustehen, weil er mangels bestehender Marktverhaltensregelungen für den Erprobungsverkehr seiner wettbewerbsrechtlichen Ansprüche verlustig ginge, auf die grundsätzlich im Personenbeförderungsrecht zurückgegriffen werden könne, kann er im vorliegenden Verfahren nicht durchdringen. Während das Wettbewerbsrecht dem Zweck dient, Mitbewerber, Verbraucher und sonstige Marktteilnehmer vor unlauteren geschäftlichen Handlungen zu schützen und im öffentlichen Interesse einen unverfälschten Wettbewerb zu gewährleisten (vgl. § 1 UWG), hängt die Gewährung verwaltungsrechtlichen Rechtsschutzes von einer subjektiven Rechtsbetroffenheit ab, hier also von der Geltendmachung einer Verletzung subjektiv-öffentlicher Rechte durch den angefochtenen Bescheid. Für die wettbewerbsrechtliche Untersagungsverfügung reicht es aus, dass gegen Normen verstoßen wird, die (auch) dazu bestimmt sind, im Interesse der Verbraucher das Marktverhalten zu regeln (vgl. § 3a i. V. m. § 2 Abs. 1 Nr. 2 UWG). Demgegenüber genügt für die Rechtsverletzung durch die öffentliche Gewalt nach Art. 19 Abs. 4 GG nicht die Verletzung von Rechtssätzen, in denen der Einzelne nur im Allgemeininteresse begünstigt wird (vgl. OVG Münster, Urt. v. 22.9.2016, 13 A 2378/14, PharmR 2017, 105, juris Rn. 91). Es gibt keinen allgemeinen Grundsatz, dass im Falle des Fehlens privatrechtlicher Abwehrrechte notwendigerweise die Gewährung öffentlich-rechtlichen Rechtsschutzes möglich sein muss.Abs. 38
2. Entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts und des Antragstellers lässt sich die Antragsbefugnis auch nicht aus Grundrechten ableiten. Der Antragsteller kann nicht geltend machen, durch den Genehmigungsbescheid vom 25. April 2018 in seinem Grundrecht auf Berufsfreiheit (hierzu a) oder in dem allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz (hierzu b) verletzt zu sein.Abs. 39
a) Eine Antragsbefugnis i.S.v. § 42 Abs. 2 VwGO (analog) lässt sich nicht unter Heranziehung von Art. 12 Abs. 1 GG begründen. Das Grundrecht auf Berufsfreiheit gebietet nicht, hier ein Antragsrecht anzuerkennen.Abs. 40
aa) Zwar kann sich der Antragsteller auf dieses Grundrecht berufen. Indes sind die Voraussetzungen für ein sich unmittelbar aus Art. 12 Abs. 1 GG ergebendes Abwehrrecht vorliegend nicht erfüllt. Das Grundrecht auf freie Berufsausübung sichert die Teilhabe am Wettbewerb. Es gewährt aber im Grundsatz keinen Schutz vor Konkurrenz. Die Wettbewerber haben keinen grundrechtlichen Anspruch darauf, dass die Wettbewerbsbedingungen für sie gleich bleiben (vgl. BVerwG, Urt. v. 15.12.2011, 3 C 41/10, NVwZ 2012, 639, juris Rn. 18, m.w.N.).Abs. 41
bb) Eine andere Bewertung ergibt sich nicht daraus, dass nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts das Grundrecht der Berufsfreiheit beeinträchtigt sein kann, wenn eine hoheitliche Maßnahme zu einer Wettbewerbsveränderung führt, die erhebliche Konkurrenznachteile zur Folge hat. Die Annahme einer möglichen grundrechtsrelevanten Verwerfung der Konkurrenzverhältnisse setzt nämlich voraus, dass die Wettbewerbsveränderung im Zusammenhang mit staatlicher Planung und/oder der Verteilung staatlicher Mittel steht. Es muss sich um eine Berufsausübung handeln, die in einem staatlich regulierten Markt stattfindet. Eine Verwerfung der Konkurrenzverhältnisse ist dann zu besorgen, wenn den bereits zum Markt zugelassenen Leistungserbringern ein gesetzlicher Vorrang gegenüber auf den Markt drängenden Konkurrenten eingeräumt ist (vgl. BVerfG, Beschl. v. 17.8.2004, 1 BvR 378/00, NJW 2005, 273, juris Rn. 21 ff.; BVerfG, Beschl. v. 23.4.2009, 1 BvR 3405/08, NVwZ 2009, 977, juris Rn. 9). So liegt der Fall hier nicht.Abs. 42
(1) Zu Recht verweisen die Antragsgegnerin und die Beigeladene in ihren Beschwerdebegründungen darauf, dass es sich bei dem Taxengewerbe nicht um einen dergestalt strukturierten Markt handelt (vgl. S. 7 d. Beschwerdebegründung d. Antragsgegnerin v. 24.5.2019; S. 42 d. Beschwerdebegründung d. Beigeladenen vom 16.5.2019). So unterliegt der Zugang zu diesem Markt keiner Bedarfsprüfung, denn bei der Erteilung einer Genehmigung für den Verkehr mit Taxen gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 PBefG spielen Mechanismen der Bedarfsplanung keine Rolle (vgl. BVerfG, Beschl. v. 8.6.1960,1 BvL 53/55, BVerfGE 11, 168, juris Rn. 65 ff.). Die subjektiven Zulassungsvoraussetzungen aus § 13 Abs. 1 PBefG, die von Unternehmen, die im Verkehr mit Taxen tätig sind, eingehalten werden müssen, sowie die objektive Zulassungsbeschränkung nach § 13 Abs. 4 Satz 1 PBefG stehen einer Bedürfnisprüfung entgegen den Ausführungen des Antragstellers nicht gleich (vgl. Heinze in: Heinze/Fehling/Fiedler, Personenbeförderungsgesetz, 2. Aufl. 2014, § 13 Rn. 192). Dafür spricht schon der ausdrückliche Hinweis des Bundesverfassungsgerichts in seiner Entscheidung vom 8. Juni 1960 (a.a.O., juris Rn. 79), dass es über die Prüfung der öffentlichen Verkehrsinteressen nicht zu einer unzulässigen, weil mit Art. 12 Abs. 1 GG nicht zu vereinbarenden Bedürfnisprüfung kommen darf. Auch gibt es keine Budgetierung oder sonstige Deckelung der erzielbaren (Gesamt-) Einnahmen. Das Taxengewerbe ist auch nicht durch die Verteilung staatlicher Investitionsfördermittel, also durch eine Subventionierung mit berufsregelnder Tendenz gekennzeichnet (vgl. zu Letzterem BVerfG, Beschl. v. 12.6.1990, 1 BvR 355/86, BVerfGE 82, 209, juris Rn. 63). Dass gesetzliche Regelungen existieren, die die Marktbedingungen festlegen, ist nicht ungewöhnlich und rechtfertigt nicht die Annahme, es handele sich um einen staatlich regulierten Markt im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. OVG Hamburg, Beschl. v. 11.3.2015, 4 Bs 228/14, NordÖR 2015, 284, juris Rn. 19). Vielmehr sollen die Marktverhaltensregelungen einerseits gewährleisten, dass eine Grundversorgung der Bevölkerung mit Taxidienstleistungen als Teil des öffentlichen Personennahverkehrs sichergestellt ist, andererseits zielen sie darauf ab, Gefahren für die Fahrgäste vorzubeugen und die Sicherheit des Straßenverkehrs zu gewährleisten (König, BB 2015, 1095, juris S. 4).Abs. 43
Der Einwand des Antragstellers, der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts lasse sich für die Annahme eines staatlich regulierten Marktes keine Aufzählung kumulativ erforderlicher Faktoren entnehmen, trägt nicht, weil – wie soeben ausgeführt – nicht einmal einer der Faktoren für die Annahme eines regulierten Marktes erfüllt ist.Abs. 44
(2) Darüber hinaus kommt den am Markt vorhandenen Taxiunternehmern kein gesetzlicher Vorrang gegenüber hinzutretenden Konkurrenten zu. Innerhalb der Bedienform nach §§ 46 Abs. 2 Nr. 1, 47 PBefG dient § 13 Abs. 4 PBefG wie dargelegt gerade nicht dem Konkurrenzschutz der vorhandenen Taxiunternehmer. Der fehlende Vorrang ergibt sich auch ausdrücklich aus § 13 Abs. 5 Satz 1 PBefG, welcher Alt- und Neuunternehmer im Genehmigungsverfahren gleichstellt. Insofern handelt es sich bei der Zulassung anderer Taxiunternehmer um marktimmanenten Wettbewerb. Nichts anderes kann für das Hinzutreten eines Unternehmers einer neuen Verkehrsart gelten, zumal bei der Genehmigung eines Probebetriebs einer neuen Verkehrsart mangels Erkenntnissen noch nicht einmal feststeht, ob eine tatsächliche Konkurrenz auf dem Markt vorliegt. Der Gesetzgeber hat beide Verkehrsformen nebeneinander vorgesehen; an einer Regelung, die einen Vorrang des Taxenunternehmers begründete, fehlt es. Der Einwand des Antragstellers, es ergebe sich durch den „numerus clausus der Verkehrsformen“ ein Vorrang der „alten Verkehrsarten“, dies belegten auch die engen Tatbestandsvoraussetzungen des § 2 Abs. 7 PBefG, trägt nicht. Wie oben ausgeführt gehört der Erprobungsverkehr zu dem Kreis der Verkehrsformen des Personenbeförderungsgesetzes; auch die Tatbestandsvoraussetzungen des § 2 Abs. 7 PBefG sollen keinen Vorrang der anderen Verkehrsformen sicherstellen, sondern einem Ausgleich der Berufsfreiheit von Anbietern neuer Verkehrsarten und dem Prinzip des Typenzwangs dienen.Abs. 45
cc) Art. 12 Abs. 1 GG gewährt dem Antragsteller auch nicht deshalb eine Antragsbefugnis i.S.v. § 42 Abs. 2 VwGO (analog), weil die dem Beigeladenen erteilte Erlaubnis seine wirtschaftliche Position unzumutbar beeinträchtigte (zu diesem Ansatz BVerwG, Urt. v. 15.12.2011, 3 C 41/10, NVwZ 2012, 639, juris Rn. 21). Berücksichtigungsfähig kann diesbezüglich nur der auf vier Jahre angelegte Probebetrieb der neuen Verkehrsart sein (vgl. Zeil, https://publicus.boorberg.de/die-notwendige-erprobung-neuer-mobilitaetsdienste/, S. 3), da ein regulärer Betrieb hier von der angefochtenen Genehmigung nicht erlaubt wird. Die Annahme eines spürbaren wirtschaftlichen Schadens, der das allgemeine marktimmanente Risiko übersteigt, verlangt, dass dieser durch den Antragsteller dargetan ist (vgl. OVG Münster, Urt. v. 22.9.2016, 13 A 2378/14, PharmR 2017, 105, juris Rn. 71; LSG Darmstadt, Beschl. v. 22.1.2018, L 8 KR 441/17 B ER, PharmR 2018, 184, juris Rn.29).Abs. 46
Daran fehlt es hier, wie die Antragsgegnerin in ihrer Beschwerdebegründung vom 24.5.2019 (vgl. S. 11) und die Beigeladene in ihrer Beschwerdebegründung vom 16.5.2019 (S. 43 f.) in zutreffender Weise aufzeigen. Der Antragsteller trägt nicht substantiiert vor, dass die angefochtene Erprobungsgenehmigung spürbare wirtschaftliche Nachteile auf sein Taxenunternehmen hat. Soweit er geltend macht, es sei nicht auszuschließen, dass der Erprobungsverkehr der Beigeladenen in kurzem Zeitraum zu ruinösen Auswirkungen für sein Unternehmen führe (vgl. S. 6 d. Widerspruchsbegründung v. 11.6.2018; S. 6 u. 7 d. einstweiligen Rechtsschutzantrags v. 15.4.2019; S. 2 d. Schriftsatzes v. 18.6.2019), fehlen für diese Behauptungen jedwede konkreten Anhaltspunkte. Solche beabsichtigt der Antragsteller auch nicht zu liefern. Er meint vielmehr, dass nicht er umfassend beschreiben und belegen müsse, aus welchen Gründen der Untergang seines Betriebes durch den Verkehr der Beigeladenen unmittelbar bevorstehe, sondern es Sache der Antragsgegnerin sei, dies zu prüfen und auszuschließen (S. 24 d. Erwiderung d. Antragstellers auf die Beschwerde der Antragsgegnerin v. 13.6.2019). Es ist damit nichts dafür dargelegt, dass die Gewinne des Antragstellers seit Markteintritt der Beigeladenen spürbar geringer ausfallen oder dergleichen jedenfalls unmittelbar droht.Abs. 47
dd) Schließlich gewährt Art. 12 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG dem Antragsteller auch nicht wegen ungleicher Wettbewerbsvoraussetzungen eine Antragsbefugnis i.S.v. § 42 Abs. 2 VwGO (analog). Bei Bestehen einer Wettbewerbslage darf die Verwaltungsbehörde bei ihrer Entscheidung, mit der sie einen von mehreren Konkurrenten begünstigt, nicht die rechtlich geschützten Interessen der anderen Konkurrenten willkürlich vernachlässigen (vgl. BVerwG, Urt. v. 30.8.1968, VII C 122.66, BVerwGE 30, 191, juris Rn. 56 f.; Urt. v. 22.5.1980, 3 C 2/80, BVerwGE 60, 154, juris Rn. 49). Das rechtlich geschützte Interesse wird vernachlässigt, wenn die Wettbewerbsfreiheit in einem für den Konkurrenten unerträglichen Maße eingeschränkt ist und der Konkurrent durch die Begünstigung des anderen bei seinen Wettbewerbsmöglichkeiten unzumutbar geschädigt wird (vgl. BVerwG, Beschl. v. 1.3.1978, VII B 144.76, NJW 1978, 1539, juris Rn.5). Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Selbst wenn in der Genehmigung zum Erprobungsverkehr eine Begünstigung im Sinne der vorgenannten Rechtsprechung zu sehen wäre - dies erscheint zweifelhaft, weil hier nicht nur die Beigeladene vermeintliche Vorteile gegenüber den Taxenunternehmern hat, sondern auch die Taxenunternehmer nicht von der Hand zu weisende Vorteile gegenüber der Beigeladenen haben –, hat die Antragsgegnerin vorliegend nicht willkürlich schutzwürdige Interessen des Antragstellers vernachlässigt. Für einen Eingriff in die Wettbewerbsfreiheit reicht nicht aus, dass der Antragsteller sich mit dem Beigeladenen in einer unmittelbaren Wettbewerbssituation befindet. Auch nach Erlass des angefochtenen Bescheids kann der Antragsteller ebenso wie die Beigeladene am Wettbewerb um Kunden teilnehmen. Dass der Antragsteller in seiner wirtschaftlichen Betätigung durch die staatliche Maßnahme in einem unerträglichen Maß eingeschränkt und damit seine wirtschaftliche Stellung unzumutbar geschädigt wird, hat er – wie oben bereits aufgezeigt – nicht substantiiert dargelegt. Zudem war die Entscheidung der Antragsgegnerin nicht willkürlich, sondern diente – wie vom Gesetzgeber mit der Regelung des § 2 Abs. 7 PBefG beabsichtigt – der zeitlich beschränkten Erprobung eines neuen Mobilitätsdienstes.Abs. 48
Der weitere Einwand des Antragstellers, der Unternehmer habe ein Recht auf Verhinderung ungleicher Wettbewerbschancen, indem die Regulierungen für alle zu gelten hätten („playing by the rules“), insoweit bestünde vorliegend eine Art „rechtliche Schicksalsgemeinschaft“ wie im Bauplanungsrecht, geht fehl. Denn diese Ausführungen des Antragstellers widersprechen schon seiner eigenen Annahme, die einen „geschlossenen Kreis zugelassener Personenbeförderungen“ zugrunde legt, der gegenüber den neuen Verkehrsformen Vorrang genieße. Darüber hinaus sind der einzelne Taxenunternehmer und der Erprobungsverkehr nicht im Sinne eines „Austauschverhältnisses“ rechtlich derart verbunden, dass sie zu gegenseitiger Rücksichtnahme verpflichtet sind oder eine „rechtliche Schicksalsgemeinschaft“ bilden, aus der keiner der Beteiligten ausscheren darf. Vielmehr handelt es sich um zwei verschiedene Bedienformen des Verkehrs, die voneinander unabhängig sind. Die Ausführungen des Antragstellers führten dazu, dass im Grunde jeder Verkehrsunternehmer gleich welcher Form wegen der wirtschaftlichen Nähe gegen die Genehmigung eines Konkurrenten vorgehen könnte. Dies ist im Personenbeförderungsgesetz nicht angelegt.Abs. 49
b) Eine Antragsbefugnis lässt sich auch nicht aus einer Ungleichbehandlung nach Art. 3 Abs. 1 GG herleiten. Wie ausgeführt, handelt es sich beim Erprobungsverkehr und bei dem Gelegenheitsverkehr mit Taxen unabhängig davon, ob um dieselben Kunden konkurriert wird (Erkenntnisse dazu sollen im Rahmen des Probebetriebs erst gewonnen werden), um unterschiedliche Sachverhalte, die deshalb auch nicht gleich zu behandeln sind.Abs. 50
3. Dem Antragsteller steht auch keine Antragsbefugnis gemäß § 42 Abs. 2 VwGO analog im Hinblick auf die der Beigeladenen erteilte Genehmigung zum Mietwagenverkehr nach § 49 Abs. 4 PBefG zu. Wie bereits ausgeführt ist in der Rechtsprechung geklärt, dass ein Taxenunternehmer nicht in seinen Rechten verletzt ist, wenn die Behörde - wie hier – einem anderen Unternehmer die Genehmigung zum Gelegenheitsverkehr mit Mietwagen erteilt (vgl. BayVGH, Beschl. v. 10.4.1984, 11 CE/CS 84 A.628, NJW 1985, 758).Abs. 51
Selbst wenn die Mietwagengenehmigung entsprechend den Ausführungen des Verwaltungsgerichts als ein unselbständiger Bestandteil der einheitlichen Beförderungsdienstleistung der Beigeladenen zu behandeln wäre, fehlte es aus den oben genannten Gründen an einer Antragsbefugnis des Antragstellers (s.o. unter II. 1. und 2.).Abs. 52
III.Abs. 53
Die Beschwerde des Antragstellers ist zwar zulässig (hierzu 1.), hat aber in der Sache keinen Erfolg (hierzu 2.).Abs. 54
1. Die Beschwerde ist zulässig. Die am 13. Mai 2019 erhobene Beschwerde ist rechtzeitig innerhalb der Zweiwochenfrist des § 147 Abs. 1 VwGO erhoben und innerhalb der Monatsfrist des § 146 Abs. 4 Satz 1 und 2 VwGO am 29. Mai 2019 begründet worden. Denn ausweislich des zurückgesandten Empfangsbekenntnisses ist der angegriffene Beschluss dem Prozessbevollmächtigten des Antragstellers erst am 29. April 2019 zugestellt worden. Die Beweiswirkung dieses Empfangsbekenntnisses als öffentliche Urkunde i.S.d. § 418 Abs. 1 ZPO ist nicht entkräftet. Zwar hat die Geschäftsstelle des Verwaltungsgerichts den Beschluss am 24. April 2019 nicht nur mit einem Empfangsbekenntnis in die Briefpost gegeben, sondern diesen dem Bevollmächtigten auch – ebenfalls mit einem Empfangsbekenntnis versehen – per Telefax übermittelt. Für einen den Lauf der Beschwerde(begründungs)frist am 24. April 2019 auslösenden nachweislichen Zugang des Schriftstücks entsprechend § 173 Abs. 1 VwGO, § 189 ZPO müsste aber feststehen, dass der Beschluss dem Bevollmächtigten bereits an diesem Tage tatsächlich zugegangen ist. Hierfür müsste – entsprechend der Zustellung mittels Empfangsbekenntnisses – feststehen, dass der Bevollmächtigte selbst den per Telefax übermittelten Beschluss bereits am 24. April 2019 mit Empfangsbereitschaft entgegengenommen hat (vgl. Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 56 Rn. 33); der Eingang des Beschlusses in der Kanzlei genügt hierfür allein noch nicht (vgl. OVG Hamburg, Beschl. v. 16.11.2017, 1 Bs 230/17, InfAuslR 2018, 59, juris Rn. 13). Zum Zugang des Beschlusses hinzukommen müsste noch die zumindest konkludente Äußerung des Willens des Bevollmächtigten, das zur Empfangnahme angebotene Schriftstück dem Angebot entsprechend als zugestellt entgegen zu nehmen (vgl. BGH, Beschl. v. 13.1.2015, VIII ZB 55/14, NJW-RR 2015, 953, juris Rn. 12). Von einer beachtlichen Weigerung, das zuzustellende Schriftstück in Empfang zu nehmen, kann bei fehlender Rücksendung eines unterschriebenen Empfangsbekenntnisses zwar nicht ausgegangen werden, wenn die Gesamtumstände gleichwohl in die gegenteilige Richtung weisen und hinreichend zuverlässig auf die Empfangsbereitschaft des Adressaten schließen lassen. Ein hierbei vom Adressaten abweichend oder gegenteilig gebildeter Wille, das ihm übersandte Schriftstück (noch) nicht als zugestellt betrachten zu wollen, ist aber dann beachtlich, wenn er nach außen Ausdruck gefunden hat (vgl. BGH, Beschl. v. 13.1.2015, a.a.O., juris Rn. 12). So liegt der Fall hier. Umstände, die hinreichend zuverlässig auf eine Empfangsbereitschaft des Prozessbevollmächtigten des Antragstellers schließen lassen, liegen nicht vor. Vielmehr hat der Bevollmächtigte durch den Vermerk auf dem ihm von seiner Mitarbeiterin am 24. April 2019 vorgelegten Empfangsbekenntnis („Nein, erst Original, das per Post kommt“) eindeutig nach außen zu erkennen gegeben, den Beschluss des Verwaltungsgerichts – wenn auch rechtsirrig – noch nicht in Empfang nehmen zu wollen. Die einfache Weiterleitung des Beschlusses per E-Mail bereits am 24. April 2019 ohne Auftragsanfrage an den Antragsteller vermag daran nichts zu ändern.Abs. 55
2. Die Beschwerde ist allerdings nicht begründet. Es kann offen bleiben, ob der Antragsteller mit den in seiner Beschwerdebegründung dargelegten Gründen (§ 146 Abs. 4 Satz 3 und 6 VwGO) die tragenden Erwägungen der angefochtenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts ernsthaft in Zweifel gezogen hat. Zugunsten des Antragstellers geht das Beschwerdegericht hiervon aus. Die hiernach grundsätzlich zulässige vollständige Überprüfung der Sach- und Rechtslage führt indes zu keiner Änderung der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung. Der Zulässigkeit des Antrags auf einstweiligen Rechtsschutz steht die fehlende Antragsbefugnis (§ 42 Abs. 2 VwGO analog) entgegen. Insoweit wird auf die bereits dargelegten Gründe verwiesen (s.o. unter II.).Abs. 56
IV.Abs. 57
Die Anschlussbeschwerde des Antragstellers (gemäß §§ 146, 127 analog, 173 VwGO, § 567 Abs. 3 ZPO) ist bereits wegen anderweitiger Rechtshängigkeit des Streitgegenstandes unzulässig. Gemäß § 173 VwGO i.V.m. § 17 Abs. 1 Satz 2 GVG darf während der Rechtshängigkeit die Sache von keiner Partei anderweitig - erneut - anhängig gemacht werden. Das ist hier aber der Fall. Denselben Streitgegenstand, d.h. dasselbe Antragsbegehren, hat der Antragsteller bereits zuvor mit der am 13. Mai 2019 erhobenen Beschwerde anhängig gemacht. Die „vorsorgliche“ Erhebung der Anschlussbeschwerde - wie hier – steht einem „hilfsweise“ erhobenen Antrag insoweit nicht gleich.Abs. 58
V.Abs. 59
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1 und 2, 162 Abs. 3 VwGO. Da die Beigeladene sich einem Kostenrisiko ausgesetzt hat, entspricht es der Billigkeit, ihre außergerichtlichen Kosten dem Antragsteller aufzuerlegen. Die Streitwertentscheidung bleibt einem gesonderten Beschluss vorbehalten.Abs. 60

(online seit: 13.08.2019)
Zitiervorschlag: Gericht, Datum, Aktenzeichen, JurPC Web-Dok, Abs.
Zitiervorschlag: Oberverwaltungsgericht, Hamburgisches, App-basierter On-Demand-Ride-Sharing-Dienst unter Einsatz von Elektrofahrzeugen - JurPC-Web-Dok. 0096/2019