JurPC Web-Dok. 160/2016 - DOI 10.7328/jurpcb20163111169

AG Recklinghausen

Urteil vom 19.08.2016

18 C 60/16

Einbeziehung von AGB und unbestimmte Lieferzeit

JurPC Web-Dok. 160/2016, Abs. 1 - 19


Leitsätze (der Redaktion):

1.Befindet sich eine Klausel über die Schadensersatzzahlung in Höhe von 25 % zwar unten auf dem Kaufvertrag, doch ist die Darstellung kleingedruckt und nicht hervorgehoben, so dass sie nicht ins Auge fällt, ist die Klausel nicht wirksam in den Vertrag gemäß § 305 BGB einbezogen worden. Der Kunde muss nämlich in zumutbarer Art und Weise Inhalt von den AGB nehmen können.

2. Ist die vermutliche Lieferwoche mit 08/2016 und die äußerste Lieferwoche mit 21/2016 angegeben worden, verstößt die Klausel gegen § 308 Nr. 1 BGB; da für den Kunden eine sichere Einschätzung der Lieferzeit nicht möglich ist.

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 313 a ZPO abgesehen.Abs. 1

Entscheidungsgründe:

Abs. 2
Die Klage ist unbegründet.Abs. 3
Die Klägerin nimmt den Beklagten zu Unrecht auf Zahlung des geltend gemachten Schadensersatzes gemäß ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen in Anspruch. Nach Auffassung des Gerichtes fehlt es bereits an einer wirksamen Einbeziehung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin in den Kaufvertrag. Die Klausel über die Schadensersatzzahlung in Höhe von 25 % befindet sich zwar unten auf dem Kaufvertrag, doch ist die Darstellung nach Auffassung des Gerichtes nicht ausreichend deutlich für den Kunden hervorgehoben und damit nicht wirksam in den Vertrag gemäß § 305 BGB einbezogen worden (vergleiche auch Palandt BGB, § 305 Randnummer 37). Der Kunde muss nämlich in zumutbarer Art und Weise Inhalt von den AGB nehmen können. Dazu ist insbesondere nach Auffassung des Gerichtes erforderlich, dass die AGB auch ausreichend deutlich hervorgehoben werden. Daran fehlt es hier. Die Regelungen zur Schadensersatzzahlung sind kleingedruckt. Im Verhältnis zu dem sonstigen Text des Kaufvertrages fallen sie dadurch nur gering bis gar nicht ins Auge. Ein durchschnittlicher Kunde wird diese Regelung an dieser Stelle in dieser Art und Weise nicht vermuten.Abs. 4
Nach Auffassung des Gerichtes ist deshalb nicht von einer wirksamen Einbeziehung auszugehen.Abs. 5
Danach kann die Klägerin ihr Schadensersatzverlangen auch nicht auf diese pauschalierte Regelung stützen. Eine konkrete Schadensersatzregelung ist nicht dargelegt worden.Abs. 6
Dies geht zu Lasten der Klägerin.Abs. 7
Selbst man dieser Auffassung nicht folgen wollte, so ist hier die Regelung über die Lieferzeit im Kaufvertrag nach Auffassung des Gerichtes unwirksam. Es handelt sich insoweit nach Auffassung des Gerichtes um Allgemeine Geschäftsbedingungen. Oben im Kaufvertrag ist die vermutliche Lieferwoche mit 08/2016 und die äußerste Lieferwoche mit 21/2016 angegeben worden. Es handelt sich insoweit nach Auffassung des Gerichtes um standardisierte Angaben, wobei die Daten denknotwendigerweise je nach Vertragsdatum variieren. In der Sache handelt es sich aber jeweils um identische Vertragsmuster zu den Lieferterminen. Diese Angaben verstoßen nach Auffassung des Gerichtes gegen § 308 Nr. 1 BGB.Abs. 8
Insoweit schließt sich das Gericht der von dem Beklagten mitgeteilten Entscheidung des OLG Bremen vom 05.10.2012 an. Aufgrund der Angaben „vermutlich" ist für den Kunden eine sichere Einschätzung der Lieferzeit nicht möglich. Dies gilt insbesondere unter Einbeziehung der Tatsache, dass hier der Vertragsschluss bereits am 09.11.2015 erfolgte.Abs. 9
Bei dieser Sachlage konnte ein durchschnittlicher Kunde nicht ohne weiteres einschätzen, unter welchen tatsächlichen Voraussetzungen die Fälligkeit eintritt und ob er ggfls. unter welchen Bedingungen den Verkäufer in Verzug setzen kann.Abs. 10
Es liegt insoweit eine Prognoseentscheidung vor, die von einer subjektiven Einschätzung abhängt. Damit liegt eine nicht hinreichend bestimmte Frist im Sinne von § 308 Nr. 1 BGB vor.Abs. 11
Die Klausel ist danach unwirksam.Abs. 12
Nach Auffassung des Gerichtes gilt damit die gesetzliche Regelung, sodass nach Auffassung des Gerichtes gemäß § 271 BGB eine angemessene Leistungszeit gilt. Diese Leistungszeit kann zwar in der Regel nur unter Berücksichtigung der Umstände in der Möbelbranche getroffen werden, doch war hier ausnahmsweise der im Schreiben vom 25.11.2015 erklärte Rücktritt zulässig.Abs. 13
Die Gesamtregelung, die ein Lieferrecht zugunsten der Klägerin von nahezu 7 Monaten maximal vorsah, war so einseitig, dass dem Beklagten eine weitere Fristsetzung und ein weiteres Abwarten nach Auffassung des Gerichtes nicht zumutbar waren.Abs. 14
Der Rücktritt durfte deshalb umgehend erklärt werden.Abs. 15
Der Klägerin steht danach unter Berücksichtigung aller Umstände ein Schadensersatzanspruch nicht zu.Abs. 16
Die Klage war deshalb abzuweisen.Abs. 17
Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91, 708 Ziffer 11, 711, 713 ZPO.Abs. 18
Rechtsbehelfsbelehrung:…Abs. 19

 
(online seit: 01.11.2016)
 
Zitiervorschlag: Gericht, Datum, Aktenzeichen, JurPC Web-Dok, Abs.
Zitiervorschlag: Recklinghausen, AG, Einbeziehung von AGB und unbestimmte Lieferzeit - JurPC-Web-Dok. 0160/2016