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| OLG Köln Beschluss vom 04.02.2014 6 W 11/14 Irreführung durch weitere versteckte Preissteigerung JurPC Web-Dok. 101/2014, Abs. 1 - 9 | | |
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| Leitsatz: | | | | |
| Es kann eine Irreführung darstellen, wenn bei einem
Vertrag über Telekommunikationsleistungen mit einer
Mindestlaufzeit von 24 Monaten im Blickfang mit der Preisangabe
„nur 34,95 EUR/Monat für die ersten sechs Monate,
danach 39,95 EUR/Monat" geworben wird, wenn tatsächlich
nach dem 24. Monat eine weitere Preissteigerung auf 44,95
EUR/Monat vorgesehen ist. In diesem Fall genügt es auch
nicht, wenn über die zweite Preissteigerung in einer
Fußnote aufgeklärt wird. | | | |
| Anordnung: | | | Der Antragsgegnerin wird es bei Meidung eines für
jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes in
Höhe von bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, zu
vollstrecken an den Geschäftsführern, untersagt, | | | |
| im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des
Wettbewerbs unzutreffende Angaben zu den monatlichen zu zahlenden
Grundgebühren zu machen, wenn dies geschieht wie nachstehend
wiedergegeben: |
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| Die Kosten des Verfahrens einschließlich des
Beschwerdeverfahrens trägt die Antragsgegnerin. | | | |
| Gründe: | |
| Die zulässige, insbesondere fristgerecht eingelegte
sofortige Beschwerde hat in der Sache Erfolg. Der Antragstellerin
steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch aus §§ 3,
5 Abs. 1 S. 2 Nr. 2, 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1 UWG zu. | Abs. 1 |
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| Die Preisangabe in der Werbebroschüre (Anlage ASt
1) ist irreführend, da sie zumindest von einem erheblichen Teil
der angesprochenen Verkehrskreise – zu denen auch die
Mitglieder des Senats gehören – dahingehend verstanden
werden wird, dass nach Ablauf des Aktionszeitraumes der dann
genannte Preis 39,95 EUR/Monat gelten soll, und zwar bis zum Ende
des Vertrages oder einer ausdrücklichen Vertragsänderung.
Er wird nicht damit rechnen, dass automatisch nach dem Ende der
Mindestvertragslaufzeit eine weitere Erhöhung des Preises um 5
EUR/Monat eintritt. | Abs. 2 |
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| Zutreffend ist, dass den angesprochenen Verkehrskreisen
Verträge mit einer Mindestlaufzeit vertraut sind, und dass
ihnen auch vertraut ist, dass Aktionspreise nur für einen
bestimmten Zeitraum gelten, um anschließend durch einen
„regulären" Preis abgelöst zu werden.
Dementsprechend werden sie auch das Angebot der Antragsgegnerin
verstehen und gerade nicht damit rechnen, dass nach 24 Monaten
– lange nach Ende des Aktionszeitraumes – eine weitere
Preiserhöhung automatisch eintritt. Entgegen der Ansicht des
Landgerichts setzt die Fortsetzung des Vertrages nach dem Ende der
Mindestlaufzeit keine bewusste Entscheidung des Kunden voraus.
Vielmehr muss der Kunde, wenn er den Eintritt der Preiserhöhung
vermeiden will, selber aktiv werden und den Vertrag kündigen.
Tut er nichts – etwa weil ihm die Vertragskonditionen nicht
mehr präsent sind –, läuft der Vertrag mit dem
höheren Preis weiter. | Abs. 3 |
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| Aus diesem Grund trifft auch der inhaltlich richtige
Hinweis der Antragsgegnerin, der Kunde müsse über die
Preise fakultativer Zusatzleistungen nicht informiert werden (vgl.
etwa BGH, GRUR 2009, 690 Tz. 11 f. – XtraPac), auf die
vorliegende Fallgestaltung nicht zu. Es handelt sich bei dem ab dem
25. Monat anfallenden Entgelt nicht um eine (Zusatz-) Leistung, die
der Kunde nur aufgrund einer gesonderten Entscheidung in Anspruch
nehmen kann, sondern um das Entgelt für die seitens der
Antragsgegnerin versprochene Hauptleistung. Auch das erhöhte
Entgelt hat seine rechtliche Grundlage bereits in dem Abschluss des
Grundvertrages. Der Umstand, dass der Kunde diese Folge durch eine
Kündigung des Vertrages vermeiden kann, steht dem nicht
entgegen (vgl. Senat, Urteil vom 11. Oktober 2013 – 6 U 42/13,
S. 5 UA). Auch aus dem Beschluss des Senats vom 21. Oktober 2013
– 6 W 179/13 –, auf den sich die Antragsgegnerin beruft,
folgt nichts anderes. Dort hat der Senat ausgesprochen, dass es bei
der Bewerbung eines Vertrages mit einer Mindestlaufzeit keines
Hinweises auf die Möglichkeit der Kündigung zum Ende der
Laufzeit und die andernfalls automatisch eintretende
Verlängerung der Laufzeit bedarf. Für eine Fallgestaltung
wie die vorliegende, bei der nach Ablauf der Mindestlaufzeit
zusätzliche Verpflichtungen des Kunden entstehen, lässt
sich dieser Entscheidung nichts entnehmen. | Abs. 4 |
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| Vor diesem Hintergrund ist die Aussage „Nur 34,95
€/Monat für die ersten 6 Monate, danach 39,95
€/Monat" objektiv falsch. Sie kann aus der Sicht des die
Broschüre situationsadäquat wahrnehmenden,
durchschnittlich informierten und verständigen
Verbrauchers nur so verstanden werden, dass der Preis von 39,95 EUR
solange gelten soll, bis der Vertrag entweder beendet wird oder die
Antragsgegnerin die Preise erhöht (und damit u. U. ein
Sonderkündigungsrecht des Kunden auslöst, vgl. BGH, NJW
1989, 1796, 1797; NJW 2008, 360 Tz. 13). Es ist auch kein legitimer
Grund erkennbar, warum die Antragsgegnerin die Information, dass ab
dem 25. Monat das Entgelt 44,95 EUR/Monat beträgt, dem Kunden
an dieser Stelle vorenthält. Eine objektiv falsche Angabe kann
aber auch nicht durch eine Fußnote richtig gestellt werden
(Bornkamm, in: Köhler/Bornkamm, UWG, 32. Aufl. 2014, § 5
Rn. 2.97; vgl. OLG Hamburg, GRUR-RR 2007, 244, 246 –
Neuwahlen). | Abs. 5 |
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| Die Frage, ob die Werbung daneben auch gegen § 1
Abs. 6 PAngV verstößt, bedarf daher keiner
Entscheidung. | Abs. 6 |
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| Der Verfügungsgrund wird entsprechend § 12
Abs. 2 UWG vermutet. Dem steht nicht entgegen, dass es sich um eine
Broschüre „Stand: 10/2013" handelt. Die Antragstellerin
hat glaubhaft gemacht, dass sie von der Broschüre erstmals
Anfang Dezember 2013 Kenntnis erlangt hat, so dass der am 23.
Dezember 2013 bei Gericht eingegangene Antrag noch vor Ablauf des
dringlichkeitsschädlichen Zeitraums gestellt worden ist. | Abs. 7 |
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| Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1
ZPO. | Abs. 8 |
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| Wert für das Beschwerdeverfahren: 50.000 EUR. | Abs. 9 |
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| | | | [ online seit: 24.06.2014 ] | | | | | | Zitiervorschlag: Gericht, Datum, Aktenzeichen, JurPC
Web-Dok., Abs. | | |