Jutta Figge / Christopher Brosch *Der Bundesanzeiger als Vorbild für elektronische Mitteilungs- und Verkündungsblätter nach § 15 EGovGJurPC Web-Dok. 15/2014, Abs. 1 - 15 |
E i n l e i t u n g |
§ 15 Abs. 1 des Gesetzes zur Förderung der elektronischen Verwaltung (E-Government-Gesetz – EGovGG)(1)eröffnet seit August 2013 die Möglichkeit, einer Pflicht zur Publikation in einem amtlichen Mitteilungs- oder Verkündungsblatt des Bundes, eines Landes oder einer Gemeinde zusätzlich oder auch ausschließlich in elektronischer Form nachzukommen, wenn das Publikationsorgan über öffentlich zugängliche Netze angeboten wird - technische und organisatorische Anforderungen für eine solche Publikation stellt § 15 Abs. 2 EGovG auf. | JurPC Web-Dok. 15/2014, Abs. 1 |
Seit mehr als zehn Jahren existiert mit dem Bundesanzeiger eine elektronische Publikationsplattform im Internet. Vor dem Hintergrund der im EGovG nun umfassend erweiterten Möglichkeiten der elektronischen Publikation will dieser Beitrag den elektronischen Bundesanzeiger in seiner historischen Entwicklung und technischen Ausgestaltung betrachten. | Abs. 2 |
D e r e l e k t r o n i s c h e B u n d e s a n z e i g e r |
Entwicklung |
Der elektronische Bundesanzeiger wurde im Jahr 2002 eingerichtet und nahm am 30. August 2002 mit der Bekanntmachung des „Deutschen Corporate Governance Kodex”(2)unter dem URL(3) http://www.ebundesanzeiger.de/ seinen Betrieb auf. Er diente zunächst für gesellschaftsrechtliche Bekanntmachungen, die aufgrund spezieller Rechtsgrundlagen auf diesem Wege zu erfolgen hatten. Das Investmentmodernisierungsgesetz vom 15. Dezember 2003(4)hat in zahlreichen Vorschriften eine Pflicht zur Bekanntmachung im elektronischen Bundesanzeiger eingeführt.(5) | Abs. 3 |
Mit der Verordnung über Schutzmaßnahmen beim Auftreten von Geflügelpest bei wildlebenden Vögeln (Wildvogel-Geflügelpestschutzverordnung) erfolgte am 20. Februar 2006 die erste Verkündung einer Rechtsverordnung im elektronischen Bundesanzeiger.(6)Diese Rechtsverordnung, die den Schutz vor der sogenannten Vogelgrippe zum Ziel hatte, konnte aufgrund einer speziellen Befugnis in § 86 Abs. 1 TierSG(7)elektronisch verkündet werden - eine allgemeine Regelung zur elektronischen Verkündung von Rechtsverordnungen war noch nicht vorhanden. | Abs. 4 |
Zum 1. April 2012 schließlich trat die elektronische Ausgabe des Bundesanzeigers an die Stelle der Papierausgabe. Durch entsprechende Änderungen am Gesetz über die Verkündung von Rechtsverordnungen(8), das seitdem die Bezeichnung Verkündungs- und Bekanntmachungsgesetz (VkBkmG) trägt, wurde aus dem elektronischen Bundesanzeiger der Bundesanzeiger. Zugleich fiel die Bezeichnung als “elektronischer” Bundesanzeiger weg, der elektronisch erscheinende Bundesanzeiger heißt seit April 2012 schlicht Bundesanzeiger und tritt damit auch sprachlich an die Stelle der Papierausgabe. Auch das Format der Fundstellen wurde angepasst (alt: z.B. eBAnz AT8 2006 V1, neu: z.B. BAnz AT 03.04.2012 V1). Da der Bundesanzeiger bereits existierte, mussten während des Gesetzgebungsverfahrens kontinuierlich Anforderungen mit dem bestehenden Zustand abgeglichen werden. So wurde gleichzeitig an der Optimierung der Regelungen und an der Optimierung des Bundesanzeigers gearbeitet. Diese Wechselwirkung hat im Ergebnis zu einem leistungsfähigen Verkündungsorgan geführt. Der Bundesanzeiger ist seitdem das erste elektronische Verkündungsmedium auf Bundesebene. | Abs. 5 |
Ausgestaltung des Bundesanzeigers |
Der Bundesanzeiger ist ein Webangebot, das durch
die Bundesanzeiger Verlag GmbH für das Bundesministerium der
Justiz, den Herausgeber | Abs. 6 |
Entsprechend der gesetzlichen Vorgaben (§ 5 Abs. 1 S. 2 VkBkmG) wird der Bundesanzeiger vollständig und dauerhaft zum Abruf bereitgehalten - auch die Bekanntmachung des „Deutschen Corporate Governance Kodex”vom 30. August 2002 als zeitlich erster Inhalt des amtlichen Teils ist abrufbar. | Abs. 7 |
Dabei kann ausnahmsweise von einer vollständigen
elektronischen Veröffentlichung abgesehen werden, wenn Inhalte
nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand
elektronisch widergegeben werden können. In diesem Fall sind sie
bei mindestens einer bestimmten Stelle der Bundesverwaltung für
jedermann zur Einsicht während der Dienstzeit ausgelegt werden
| Abs. 8 |
Eine Ersatzverkündung bzw. Ersatzbekanntmachung für den Fall, dass der Bundesanzeiger mehr als nur kurzzeitig - womit ein Zeitraum von mehr als einem Werktag gemeint ist(10)- nicht zur Verfügung steht, ist ebenfalls gesetzlich vorgesehen (§ 8 VkBkmG). | Abs. 9 |
Veröffentlichungen im Amtlichen Teil des Bundeszeigers sind in drei Fassungen abrufbar. Neben einer in der Darstellung optisch reduzierten “Druckversion” und einer PDF-Fassung ist dies in erster Linie eine barrierefreie HTML-Fassung - nur ausnahmsweise, wenn eine HTML-Darstellung nicht möglich ist, ist ein Hinweis auf die Publikation im PDF-Format vorgesehen. | Abs. 10 |
Die PDF-Datei der amtlichen Veröffentlichung
ist mit einer qualifizierten elektronischen Signatur gemäß
§ 2 Nr. 3 Signaturgesetz (SigG) versehen,. die Authentizität
der Dokumente ist für jeden Nutzer so prüfbar. Die
Verwendung eines voraussichtlich auch in ferner Zukunft noch lesbaren
Formates (PDF/A) liegt schon wegen des gesetzlichen Verbots
nachträglicher inhaltlicher Änderungen nahe; die
elektronische Signatur würde etwaige Änderungen erkennbar
machen | Abs. 11 |
Der Zugang zum Bundesanzeiger ist kostenfrei und ohne Anmeldung für jedermann möglich (vgl. § 6 Abs. 1 VkBkmG) - “weder Passwörter noch Benutzungsgebühren [sollen] den Bürgerinnen und Bürgern den Zugang zum Recht” erschweren“(11). Ebenso wird das Speichern und Drucken der Inhalte in keiner Weise beschränkt (§ 6 Absatz 2 VkBkmG), vielmehr wird eine spezielle “Druckversion” angeboten, und der Name der PDF-Datei entspricht der amtlichen Fundstelle, was ein Abspeichern erleichtert. Ein Newsletter “Veröffentlichungen Amtlicher Teil” informiert über neue Inhalte des Amtlichen Teil (vgl. § 6 Abs. 4 VkBkmG). | Abs. 12 |
A u s b l i c k |
Eine elektronische Publikation ist die bessere Publikation. Wichtigstes Argument ist, dass auf diesem Wege mehr Menschen erreicht werden. 77,2 % der deutschsprachigen Bevölkerung ab 14 Jahren nutzt im Jahr 2013 mindestens gelegentlich das Internet(12). Und auch diejenigen, die das Internet nicht selbst nutzen, werden durch eine elektronische Publikation nicht ausgeschlossen: Sie können über Bekannte, Verwandte oder öffentliche Einrichtungen auf die Publikationsplattform zugreifen. Zudem besteht die Möglichkeit, Papierausdrucke der elektronischen Publikation zu bestellen (vgl. § 15 Abs. 2 S. 1 EGovG bzw. § 6 Abs. 3 VkBkmG). Demgegenüber setzt eine herkömmliche Publikation regelmäßig das Aufsuchen einer Bibliothek voraus, was - insbesondere für gebrechliche Personen oder Personen mit weniger freier Zeit - eine große Hürde darstellt. Durch eine elektronische Publikation wird der Zugang zu den publizierten Inhalten insgesamt deutlich erleichtert. | Abs. 13 |
Inhalte einer elektronischen Publikationsplattform stehen zudem sofort zur Verfügung, Transportzeiten entfallen. Daneben werden erst durch die elektronische Form mehrere weitere Funktionen möglich wie etwa ein “Pushdienst” zur Benachrichtigung über neue Inhalte (vgl. § 15 Abs. 2 S. 2 EGovG bzw. § 6 Abs. 4 VkBkmG) oder Such- und Sortierfunktionen. | Abs. 14 |
Vieles spricht also dafür, den Weg in die
papierfreie Zukunft, den § 15 Abs. 1 EGovG eröffnet, auch
tatsächlich zu beschreiten: Der elektronische Bundesanzeiger ist
seit mehr als einem Jahrzehnt Realität und lebendes Beispiel
dafür, dass eine elektronische Publikation erfolgreich möglich
ist. Der Verzicht auf die Papierausgabe in 2012 war deshalb die
folgerichtige Konsequenz aus dieser positiven Erfahrung.
| JurPC Web-Dok. 15/2014, Abs. 15 |
Fußnoten |
(1) Art. 1 des Gesetz zur Förderung der elektronischen Verwaltung sowie zur Änderung weiterer Vorschriften vom 25.07.2013, BGBl. I S. 2749. |
(2)eBAnz AT1 2002 B1. |
(3)URL ist die Abkürzung für derUniform Resource Locator (= u.a. die “Webadresse”); vgl. http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Uniform_Resource_Locator&stableid=119894761 |
(4) BGBl. I S. 2676 |
(5)u.a. § 37 Abs. 2 S. 4, 38 Abs. 1 S. 1, 43 Abs. 5 S. 1 u. 2 InvG etc. |
(6)eBAnz AT8 2006 V1. |
(7) BGBl. I 2004, 1260. |
(8)Gesetz zur Änderung von Vorschriften über Verkündung und Bekanntmachungen sowie der Zivilprozessordnung, des Gesetzes betreffend die Einführung der Zivilprozessordnung und der Abgabenordnung vom 22.12.2011, Bundesgesetzblatt Teil I 2011 Nr. 71 29.12.2011 S. 3044. |
(9)BAnz AT 13.09.2013 B4. |
(10)BR-Drucksache 320/11, S. 34. |
(11)BR-Drucksache 320/11, S. 33. |
(12)van Eimeren/ Frees, Media Perspektiven 7-8/2013 358 (360),
Ergebnisse der ARD/ZDF-Onlinestudie 2013.
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*Dr. Jutta Figge ist Referatsleiterin im Bundesministerium der Justiz. Der Beitrag gibt ausschließlich ihre persönliche Meinung wieder. Christopher Brosch ist Referent im Bundesministerium der Justiz. Der Beitrag gibt ausschließlich seine persönliche Meinung wieder. |
[ online seit: 21.01.2014 ] |
Zitiervorschlag: Autor, Titel, JurPC Web-Dok., Abs.
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Zitiervorschlag: Figge, Jutta, Der Bundesanzeiger als Vorbild für elektronische Mitteilungs- und Verkündungsblätter nach § 15 EGovG - JurPC-Web-Dok. 0015/2014 |