JurPC Web-Dok. 130/2013 - DOI 10.7328/jurpcb2013288126

Peter Becker *

Zur Zukunft der anwaltlichen Arbeitsweise in den Zeiten des mobilen Internets

JurPC Web-Dok. 130/2013, Abs. 1 - 14


Becker, Peter
Das Smartphone wird heute bereits von vielen Anwältinnen und Anwälten für berufliche Zwecke genutzt, für einige ist es bereits unentbehrlich. Bald wird es aufgrund seiner sich permanent steigernden Leistungsfähigkeit das typische anwaltliche Arbeitswerkzeug sein, so wie früher bzw. derzeit das Diktiergerät; Diktiergeräte werden bald schon – durch das Smartphone verdrängt – sich der Schreibmaschine im Technik-Museum hinzugesellen. JurPC Web-Dok.
130/2013, Abs. 1
Wenn man früher bei Robert Lemkes Berufe-Raten als Anwalt eine typische Handbewegung hätte machen sollen, so wäre das vermutlich das Auf und Ab des Daumens mit dem Schiebeschalter des Diktiergerätes gewesen, in Zukunft ist diese typische Bewegung die Neigung des Smartphones aus dem Handgelenk, denn mit dem Smartphone diktiert man künftig komfortabel mit Gestensteuerung. Abs. 2
Nach meiner Beobachtung, zuletzt auf dem Anwaltstag in Düsseldorf, ist derzeit bei der Verbreitung in der Anwaltschaft das iPhone die klare Nr. 1, Android holt erst langsam auf und Windows Phone 8 ist vereinzelt geblieben. Entsprechend verläuft aufgrund der Refinanzierungsnotwendigkeit die Versorgung mit Anwaltssoftware, primär wird für iPhone, dann für Android entwickelt. Windows Phone 8 Besitzer können sich wenig Hoffnung machen, viel Software für die berufliche Nutzung in den nächsten Jahren zu erhalten. Abs. 3
Tablet-Computer, auf die man als Geräteklasse nach dem riesigen Erfolg des iPads zunächst große Hoffnungen als neuartiges Arbeitsmittel in der Anwaltspraxis gesetzt hatte, haben keine große Bedeutung hier erlangen können. Den Windows PC benötigt man in der Regel doch, dann benötigt man noch ein Smartphone. Nun noch ein drittes Gerät mit häufig noch dazu unterschiedlicher Bedienung und Datenbestand zu betreiben, ist intellektuell nicht zu leisten – und auch keine ersichtliche grundsätzliche Verbesserung der anwaltlichen Arbeitssituation. Ich sehe das Tablet in einem modernen Konzept der mobilen anwaltlichen Arbeitsweise in einer Zubehör-Position zum Smartphone, das man da einsetzt, wo man komfortabel umfangreiche Dokumente / Akten lesen und navigieren möchte. Das Tablet muss aber das gleiche System und den gleichen synchronisierten Datenbestand wie das Smartphone haben. Daher sind allein die Kombinationen iPhone / iPad sowie Android Tablet / Android Smartphone produktiv nutzbar. Abs. 4
Die Herausforderung für die Softwarehersteller ist, dass es eines konzeptionell und technisch komplett neuen Typs von Software bedarf, um die traditionelle Kanzlei-EDV mit ihrem Windows PC Netzwerk mit dem Smartphone in einem nahtlosen produktiven und abhörsicheren Workflow zu verbinden. Hier ist das Internet in der Tat für alle Beteiligten Neuland, dafür gibt es bisher keine Vorbilder. Abs. 5
Bei einem solchen integrativen Konzept ist m. E. von folgender Überlegung auszugehen: Abs. 6
Grundlage der produktiven Anwaltskanzlei ist dauerhaft das bewährte arbeitsteilige Zusammenwirken von Anwalts- und Büroarbeitsplatz in einem Workflow. Jeder Arbeitsschritt soll mit dem Werkzeug und an dem Ort gemacht werden, wie es optimal ist. Ein Kern des anwaltlichen Tätigkeitsflusses ist die intellektuelle Aufnahme von gesprochenen sowie von geschriebenen / gedruckten Informationen, und darauf basierend die Ausgabe seiner Ableitungen in Wort (früher das Diktat), heute oft auch in Schrift mit dem PC. Abgesehen von der eigenen anwaltlichen Texterstellung ist für diese Arbeitsschritte offensichtlich das Smartphone (wie gesagt optional ergänzt durch das Tablet) universell geeignet und aufgrund seiner umfassenden Verfügbarkeit auch ideal. Abs. 7
Für die Texterstellung, Bearbeitung, deren Versand – auch im Rahmen des Anwalts-Workflows an das Smartphone – ist unverändert der Windows PC im Büro ideal. Dieser kann auch durch Spracherkennung die gesprochenen Texte in geschriebene Texte wandeln (dafür reicht die Prozessorleistung von Smartphones noch sehr lange nicht aus). Abs. 8
So entsteht das Kombinations-Modell einer Anwaltssoftware auf dem Smartphone, die dem Anwalt die typischerweise mobil erledigten Arbeitsschritte ermöglicht, verbunden im Workflow mit der klassischen Kanzleisoftware auf dem Windows PC. In einem produktiven Kreislauf fließen Dokumente (inkl. der geschriebenen Diktate zur Ansicht/Abnahme) aus der Kanzlei zum Smartphone und Sprache vom Smartphone auf den Kanzlei-PC. Abs. 9
Als Transportwege für den Dateiaustausch der 256 Bit verschlüsselten Dateien kommen in Betracht: Abs. 10
a)E-Mail Anhänge
Problematisch wegen der Spamfilter, Anhänge kommen nicht immer zuverlässig an. Maximale Abhörgefahr, egal welchen Provider man wählt. Manueller Versand und Empfang jeder einzelnen Datei, untauglich für eine größere Anzahl von Dateien.
Abs. 11
b)Direkte Koppelung durch WLAN in der Kanzlei
wenn beide Geräte im WLAN sind. Einfache WLAN-Router sind auch leicht abzuhören, wie überhaupt die preiswerten Firewalls der meisten Kanzleirouter für professionelle Angreifer keine wirkliche Hürde sind. Man kann die Dateien nur austauschen, wenn man mit dem Smartphone real im Büro ist.
Abs. 12
c)Dropbox Sync
Funktioniert zuverlässig und automatisch ortsunabhängig, derzeit die Methode der Wahl. Die verbreitete Dropbox – diese ist z. B. in Galaxy Smartphones bereits im Lieferumfang integriert – bietet derzeit die besten Sync-Schnittstellen für Mobilgeräte. Obwohl der Server (Amazon) in den USA steht, ist das BDSG erfüllt wegen der Verschlüsselung der Dateien. Die Abhörgefahr ist nicht größer einzuschätzen als bei den Methoden a und b.
Abs. 13
d)Es befinden sich neue Lösungen in der Entwicklung, z. B. SecuBox von RA-MICRO, die das Sicherheitsniveau durch eine unmittelbare Filesync-Koppelung von PC und Smartphone noch weiter erhöhen werden. JurPC Web-Dok.
130/2013, Abs. 14

*Rechtsanwalt Dr. Peter Becker gründete 1976 in Berlin eine Anwaltskanzlei, die bis zur Aufgabe im Jahre 1989 auf 5 Mitarbeiter anwuchs. Nebenberuflich und seit 1989 schwerpunktmäßig erfand er das seinerzeit gänzlich neuartige integrierte RA-MICRO Kanzleiorganisationskonzept auf Microcomputerbasis, das er in der eigenen Kanzlei zur Bewährung in der Praxis gestaltete und bis zur Umstellung von DOS auf Windows 1995 auch federführend programmierte. Bis heute ist Dr. Becker der Software-Architekt und Software Designer von RA-MICRO Kanzleisoftware. Weiterhin erfand Dr. Becker in den 90er Jahren das digitale Diktiersystem und die Marke “DictaNet” mit Integration von Dragon Diktiersoftware. Dieses ist bis hinein in das europäische Ausland in vielen tausenden Installationen verbreitet und findet bis heute monatlich eine erhebliche Zahl von Neukunden. Mit dem Aufkommen von Touch-Screen-Anwendungen entwickelte Dr. Becker eine neue Touch-Oberfläche für RA-MICRO Kanzleisoftware sowie Apps für den anwaltlichen, juristischen und privaten Gebrauch. Ferner gestaltete Dr. Becker ein neuartiges juristisches mobiles Arbeitsmittel der Fach-App, das mit der BDG Deutsche Gesetze App der Fachwelt zur Verfügung steht. Die Linie der Innovationen im Diktierbereich wurde mit der weltweit gänzlich neuartigen Sclip App für Smartphones fortgesetzt. Die RA-Mobile App ist die neueste Entwicklung für die mobile anwaltliche Tätigkeit. Die RA-Mobile App ist die erste Workflow Anwaltssoftware, die das anwaltliche Smartphone / Tablet in einem sicher verschlüsselten internet-basierten Workflow mit der Kanzlei PC-EDV für den Austausch von Dokumenten und Sprache verbindet.
[ online seit: 06.08.2013 ]
Zitiervorschlag: Autor, Titel, JurPC Web-Dok., Abs.
Zitiervorschlag: Becker, Peter, Zur Zukunft der anwaltlichen Arbeitsweise in den Zeiten des mobilen Internets - JurPC-Web-Dok. 0130/2013