JurPC Web-Dok. 91/2013 - DOI 10.7328/jurpcb201328590

LG München
Urteil vom 22.03.2013

21 S 28809/11

Haftung des Anschlussinhabers für unerlaubtes Filesharing

JurPC Web-Dok. 91/2013


Leitsätze (der Redaktion):

  1. Wird ein geschütztes Werk der Öffentlichkeit von einer IP-Adresse aus zugänglich gemacht, die zum fraglichen Zeitpunkt einer bestimmten Person zugeteilt ist, so spricht nach der BGH-Rechtsprechung eine tatsächliche Vermutung dafür, dass diese Person für die Rechtsverletzung verantwortlich ist. Daraus ergibt sich eine sekundäre Darlegungslast des Anschlussinhabers, der geltend macht, eine andere Person habe die Rechtsverletzung begangen Entgegen der Auffassung der Klagepartei ist ein beauskunfteter Anschlussinhaber prozessual jedoch nicht gehalten, die im Rahmen der sekundären Darlegungslast vorgebrachten Tatsachen auch zu beweisen, um die tatsächliche Vermutung dafür, dass er für die Rechtsverletzung verantwortlich ist, zu entkräften.
  2. Eine Umkehr der Beweislast ist mit der sekundären Darlegungslast ebensowenig verbunden wie eine über die prozessuale Wahrheitspflicht und Erklärungslast gemäß § 138 Abs. 1 und 2 ZPO hinausgehende Verpflichtung des Anschlussinhabers, dem Kläger alle für seinen Prozesserfolg benötigten Informationen zu verschaffen.
  3. Die Tatsache, dass nach dem Vortrag des Anschlussinhabers dieser weder einen WLAN-Router besessen hat, noch über einen DSL-Router verfügt hat, führt dazu, dass seitens des Anschlussinhabers nichts getan worden ist, was es Dritten in ihm zurechenbarer Art und Weise ermöglicht hätte, auf das Internet zuzugreifen. Zudem kann im Rahmen einer Adäquanzbetrachtung nicht davon ausgegangen werden, dass in einer dem Anschlussinhaber zurechenbaren Weise von Dritten auf das Internet zugegriffen wird, z. B. weil sie ohne Wissen und Wollen des Anschlussinhabers diese Zugangseinrichtungen selbst hinzufügen. Eine derart überspannte Betrachtungsweise würde die Störerhaftung in die Nähe einer Gefährdungshaftung rücken, durch die ein Betreiber eines Internetanschlusses bereits deswegen für Verletzungen haftet, weil er eine von einem Internetzugang ausgehende Gefahr eröffnet hat. Entsprechende Gefährdungshaftungstatbestände hat der Gesetzgeber jedoch nicht vorgesehen.

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[online seit: 22.05.2013]
Zitiervorschlag: Gericht, Datum, Aktenzeichen, JurPC Web-Dok.

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Zitiervorschlag: München, LG, Haftung des Anschlussinhabers für unerlaubtes Filesharing - JurPC-Web-Dok. 0091/2013