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Das Landgericht geht zu Recht davon aus, dass der Antragsteller seinen
Anspruch auf Veröffentlichung einer Gegendarstellung nicht dadurch verloren
hat, dass er eine von der Antragsgegnerin erbetene Stellungnahme nicht
abgegeben hat; denn es besteht keine Obliegenheit dazu, sich bereits im
Vorfeld zu Tatsachenbehauptungen zu erklären, die ein Dritter zu
veröffentlichen beabsichtigt. Das folgt schon daraus, dass der Abgabe einer
solchen Stellungnahme zahlreiche Umstände entgegenstehen können wie
mangelnde Zeit, die Auffassung, dass der Gegenstand ohnehin nicht
öffentlich erörtert werden solle oder dürfe, vorangegangene Streitigkeiten
mit dem Publikationsorgan, das die Anfrage ausspricht, und ein daraus
resultierendes Misstrauen oder die Überzeugung, dass es ohnehin genügend
andere Recherchemöglichkeiten gebe, die dazu führen würden, dass das
Publikationsorgan von sich aus die Unrichtigkeit der Tatsachenbehauptung
erkennen werde. Derartige Denk- und Handlungsweisen sind Ausfluss der
privaten Lebensauffassung und Lebensgestaltung des Betroffenen, über die er
keine Rechenschaft zu geben verpflichtet ist und die es verbieten, eine
Obliegenheit zur Äußerung gegenüber Presseorganen zu begründen, deren
Verletzung mit dem Verlust eines Anspruchs bedroht wäre, der ein Ausfluss
des allgemeinen Persönlichkeitsrechts ist (BVerfG, Beschl. v. 14. 1. 1998,
BVerfGE 97, S. 125 ff. = NJW 1998, S. 1381 ff., 1382). Schon aus diesem
Grund sind außerhalb bestehender Sonderbeziehungen auch nach den
Informationsfreiheitsgesetzen nur Behörden zur Erteilung von Auskünften
verpflichtet (§ 1 des Bundes-Informationsfreiheitsgesetzes; § 3 Abs. 1 des
Hamburgischen Informationsfreiheitsgesetzes), nicht aber Privatpersonen.
Aber auch aus weiteren Gründen kann ein Verlust des Anspruchs auf
Veröffentlichung einer Gegendarstellung sich weder aus der Rechtsfigur des
widersprüchlichen Verhaltens noch aus der des fehlenden
Rechtsschutzbedürfnisses ergeben. Denn zwischen der Abgabe einer vorherigen
Stellungnahme und der Erwiderung auf eine erfolgte Tatsachenbehauptung
bestehen wesentliche Unterschiede, die es schon im Ansatz nicht zulassen,
aus dem Unterlassen des einen einen Verlust des Rechts zum anderen
herzuleiten. Das Recht auf Gegendarstellung gibt dem Betroffenen nicht
allein ein Recht darauf, auf eine Tatsachenbehauptung mit einer
Tatsachenbehauptung zu erwidern, dieses Recht wird in der Ausgestaltung,
die der Anspruch in §11 Abs. 3 des Hamburgischen Pressegesetzes erhalten
hat, noch dadurch flankiert, dass der Abdruck der Gegendarstellung an
bestimmter Stelle in bestimmter Form zu erfolgen hat und dass eine
Stellungnahme zu der Gegendarstellung in derselben Ausgabe des
Publikationsorgans, in dem sie erscheint, sich auf tatsächliche Angaben
beschränken muss. Der Betroffene, der von einem Publikationsorgan um Abgabe
einer Stellungnahme zu einer ihn betreffenden Behauptung gebeten wird, kann
sich in keinem Fall sicher sein, dass diese Stellungnahme in die
Berichterstattung so eingearbeitet werden wird, dass dies in seiner
Wertigkeit einer Gegendarstellung entspräche; mitunter kann er sogar Anlass
zu der Befürchtung haben, dass das Publikationsorgan die von ihm abgegebene
Stellungnahme dazu nutzen wird, den Eindruck zu erwecken, auch weitere
Behauptungen in dem Beitrag beruhten auf eigenen Auskünften des
Betroffenen, oder gar dazu, sich über ihn lustig zu machen oder ihn in ein
schlechtes Licht zu rücken. Dies veranschaulichen die Ausführungen des
Prozessbevollmächtigten des Antragstellers in der mündlichen Verhandlung
vor dem Senat zu einer Folgeveröffentlichung des "D...", in der es in Bezug
darauf, dass der Antragsteller ihn betreffende Behauptungen bestreitet,
heißt: "der aber beteuert, er habe sich nichts zuschulden kommen lassen";
die Einleitung der Wiedergabe des Betroffenen mit einer solchen Wendung
entwertet deren Inhalt auf eine Weise, wie dies bei dem Abdruck einer
Gegendarstellung nicht erfolgen dürfte. Auch daher kann es kein
widersprüchliches Verhalten darstellen, wenn der Betroffene zunächst die
Veröffentlichung abwartet, um sich ggf. erst im Anschluss daran zu den
darin enthaltenen, ihn betreffenden Behauptungen öffentlich zu äußern.
| Abs. 15 |