JurPC Web-Dok. 138/2011 - DOI 10.7328/jurpcb/2011268131

AG Köln
Urteil vom 06.06.2011

114 C 128/11

Keine Irrtumsanfechtung nach Rücksendung eines Formulars bezüglich Veröffentlichung von Firmendaten im Internet

JurPC Web-Dok. 138/2011, Abs. 1 - 18


Leitsätze (der Redaktion)

    Ein unaufgefordert zugesandtes Schreiben, in welchem es um die Veröffentlichung von Firmendaten in einem Internetportal geht und das den Text enthält "Ergänzen oder korrigieren Sie bitte bei Annahme fehlende oder fehlerhafte Daten." oder aufgefordert wird "Die Daten bei Annahme des Angebots nochmals auf ihre Richtigkeit kontrollieren…" und in dem unter "Bitte beachten" ein expliziter Hinweis darauf erfolgt, dass es sich um ein behörden- und kammerunabhängiges Angebot handelt und zwischen den Parteien bisher keine Geschäftsbeziehung besteht, stellt keine Täuschungshandlung des Absenders des Schreibens dar. Ein etwa erzeugter Irrtum beruht folglich nicht auf einer Täuschungshandlung. Vielmehr konnte nach sorgfältiger Lektüre des Schreibens für den Empfänger kein Zweifel daran bestehen, dass es sich um ein Angebot zum Abschluss eines Dienstleistungsvertrages handelt. Eine Irrtumsanfechtung scheidet insofern aus, so dass ein Dienstleistungsvertrag wirksam zustande gekommen ist.

Von der Darstellung eines
Tatbestandes
wird gem. § 313 a ZPO abgesehen.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

Die Klage ist zulässig und begründet. JurPC Web-Dok.
138/2011, Abs. 1
Die Klägerin kann vom Beklagten die Zahlung des mit Rechnung vom 06.12.2010 in Rechnung gestellten Betrags i.H.v. 569,06 € als Vergütung gem. § 611 Abs. 1 BGB verlangen. Abs. 2
Zwischen den Parteien ist ein Vertrag über die Veröffentlichung der Firmendaten des vom Beklagten betriebenen Unternehmens auf dem Internetportal der Klägerin XXX abgeschlossen worden. Abs. 3
Die Klägerin hatte dem Beklagten mit Schreiben vom 19.11.2010 ein entsprechendes Angebot unterbreitet. Dieses Angebot hat der Beklagte durch Unterzeichnung und Rücksendung am 23.11.2010 angenommen. Abs. 4
Der Vertrag ist auch nicht wegen der vom Beklagten mit Schreiben vom 01.12.2010 erklärten Anfechtung gem. § 142 BGB als nichtig anzusehen. Es fehlt bereits am Vorliegen eines Anfechtungsgrundes. Abs. 5
Entgegen der Auffassung des Beklagten ist vorliegend nicht der Tatbestand des § 123 Abs. 1 BGB erfüllt. Dieser setzt voraus, dass der Anfechtungserklärende zur Abgabe einer Willenserklärung durch arglistige Täuschung bestimmt worden ist. Abs. 6
Der Beklagte ist von der Klägerin unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt getäuscht worden. Zwar kann eine zur Anfechtung berechtigende Täuschung auch darin bestehen, dass Tatsachen entstellt werden, etwa wenn ein Angebotsschreiben durch seine Aufmachung den Eindruck eines behördlichen Schreibens oder einer Rechnung vermitteln soll. Dies ist im konkreten Fall aus nachfolgenden Gründen jedoch nicht der Fall: Abs. 7
Das Schreiben der Klägerin wird mit folgenden Worten eingeleitet "Ergänzen oder korrigieren Sie bitte bei Annahme fehlende oder fehlerhafte Daten." (Unterstreichung erfolgte durch Unterzeichnende). Aus dieser Formulierung ist für einen aufmerksamen Leser bereits ersichtlich, dass es sich um ein Angebot handelt, dessen Annahme der freien Entscheidung des Adressaten unterliegt. Optisch hervorgehoben durch eine kastenförmige Umrandung heißt es wenig später sodann "Die Daten bei Annahme des Angebots nochmals auf ihre Richtigkeit kontrollieren…". Spätestens an dieser Stelle ist für den Adressaten eindeutig erkennbar, dass es sich weder um ein behördliches Schreiben noch um eine Rechnung handelt. Die rechte Spalte des Schreibens trägt ferner die Überschrift "Eintragungsangebot zur Empfehlung ihres Betriebes". Im ersten Abschnitt der rechten Spalte wird um Überprüfung der Daten für den Fall der Annahme gebeten. In der Folge werden die Leistungen eines Basiseintrags erläutert und darauf hingewiesen, dass dessen Kosten sich auf 39,85 € zzgl. 19% Mehrwertsteuer im Monat belaufen. Abs. 8
Im letzten Abschnitt, welcher durch die Worte "Bitte beachten" eingeleitet wird, erfolgt ein expliziter Hinweis darauf, dass es sich um ein behörden - und kammerunabhängiges Angebot handelt und zwischen den Parteien bisher keine Geschäftsbeziehung besteht. Es wird darauf hingewiesen, dass durch die Unterzeichnung der Basiseintrag für 2 Jahre verbindlich bestellt wird und die umseitig allgemeinen Geschäftsbedingungen gelten, welche auch auf der Internetseite XXX einsehbar sind. Abs. 9
Nach sorgfältiger Lektüre des Schreibens konnte unter Berücksichtigung der oben genannten Gesichtspunkte für den Empfänger kein Zweifel daran bestehen, dass es sich um ein Angebot zum Abschluss eines Dienstleistungsvertrages handelt. Die äußere Gestaltung des Schreibens der XXX war auch nicht so prägend, dass der Beklagte veranlasst gewesen wäre, sich mit dem Text und dem Inhalt nicht genau zu befassen. Soweit also bei diesem ein Irrtum über Art umd Unfang des streitgegenständlichen Schreibens entstanden sein sollte, beruht dieser jedenfalls nicht auf einer Täuschungshandlung der Klägerin. Abs. 10
Die AGB der Klägerin sind Bestandteil des Vertrages geworden. AGB werden dann in den Vertrag wirksam mit einbezogen, wenn der Verwender die andere Vertragspartei auf sie hinweist und ihr die Möglichkeit verschafft, in zumutbarer Art und Weise von ihnen Kenntnis zu nehmen. Vom Beklagten wurde nicht bestritten, dass diese auf der Rückseite des Angebotsschreibens abgedruckt waren. Aber auch der Hinweis auf die Veröffentlichung im Internet allein, wie sie hier zusätzlich erfolgt ist, wäre gem. den o.g. Voraussetzungen ausreichend gewesen. Abs. 11
Die in den AGB enthaltene Klausel zur Vergütung der Dienstleistung ist entgegen der Auffassung des Beklagten ebenfalls Vertragsbestandteil geworden. § 305c BGB ist vorliegend nicht einschlägig. Es handelt sich nicht um eine überraschende Klausel. Abs. 12
Die Vereinbarung einer Vergütung stellt keine Bestimmung dar, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich ist, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihr nicht zu rechnen brauchte. Bei einem Dienstleistungsvertrag, wie er hier abgeschlossen wurde, wäre es vielmehr äußerst ungewöhnlich, falls dieser ohne eine Vergütungsvereinbarung zustande gekommen wäre. Abs. 13
Schließlich ist der Vertrag auch nicht nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig, insbesondere liegt unter Berücksichtigung der o.g. Ausführungen kein Verstoß gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden vor. Abs. 14
Die vom Beklagten erhobenen Einwendungen sind somit allesamt unbegründet. Abs. 15
Die zuerkannten Zinsen ergeben sich aus § 288 Abs. 1 BGB. Abs. 16
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO. Abs. 17
Der Streitwert wird festgesetzt auf 569,06 €.
JurPC Web-Dok.
138/2011, Abs. 18
[ online seit: 30.08.2011 ]
Zitiervorschlag: Gericht, Datum, Aktenzeichen, JurPC Web-Dok., Abs.
Zitiervorschlag: Köln, AG, Keine Irrtumsanfechtung nach Rücksendung eines Formulars bezüglich Veröffentlichung von Firmendaten im Internet - JurPC-Web-Dok. 0138/2011