| Abgesehen davon, dass schon die für den Erlass einer einstweiligen Anordnung
nötige Dringlichkeit nach §§ 101 IX UrhG, 49 FamFG
insofern zweifelhaft ist, als nicht glaubhaft gemacht ist, ob und inwieweit
kurzfristig wieder entsprechende Verletzungen der streitgegenständlichen Rechte
zu besorgen sind, besteht für das Antragsbegehren der Antragstellerin in der
Sache keine gesetzliche Grundlage. Die Antragstellerin greift im Kern die
Löschungspraxis der Beteiligten an. Gefordert ist bereits im Vorfeld einer
gerichtlichen Auskunfts- und Sicherungsanordnung nach
§§ 101 II, IX UrhG eine Speicherung der fraglichen
Verkehrsdaten zur Vorbereitung und zur Ausfüllung einer solchen Anordnung.
Voraussetzung für die begehrte richterliche Anordnung ist allerdings die
Feststellung einer offensichtlichen Rechtsverletzung des Urheberrechts in einem
gewerblichen Ausmaß, wie sie auch bereits der Anordnung des Landgerichts vom
21.07.2010 zugrunde gelegen hat. Eine solche Verletzung kann in Bezug auf
künftige Verstöße keineswegs in vorwegnehmender Weise schon als gegeben bejaht
werden. Die Antragstellerin begehrt vorliegend nicht eine Sicherung der
Verkehrsdaten nach bereits festgestellten Verstößen auf der Grundlage
entsprechend ermittelter IP-Adressen (wie dies etwa auch in der
Senatsentscheidung vom 18.05.2010, Az. 4 W 40/10, der Fall war),
sondern - wenn auch wegen vorheriger Verstöße gewissermaßen anlassbezogen -
bereits zuvor im Hinblick auf erst zukünftige und erwartete Rechtsverletzungen
in Bezug auf bestimmte Tonaufnahmen, um so Löschungen prophylaktisch zu
verhindern. Eine solche Art von Vorratsspeicherung ist vom Gesetz, auch vor dem
Hintergrund, dass die Verkehrsdaten nach §§ 96 II,
97 III TKG grundsätzlich zu löschen sind, nicht vorgesehen, und kann
vom Gericht unter weiterer Einschränkung des Fernmeldegeheimnisses und des
Datenschutzrechts auch nicht begründet werden. Es besteht nach der gesetzlichen
Regelung kein Anspruch auf Speicherung von Verkehrsdaten quasi "auf Zuruf".
Das Gesetz regelt einen Auskunftsanspruch, nicht jedoch einen Anspruch auf eine
den Anspruch erst ermöglichende Sicherung (OLG Frankfurt, Beschl. v.
12.11.2009, Az. 11 W 41/09; Beschl. v. 17.11.2009, Az. 11 W
54/09 = GRUR-RR 2010, 91; s.a. Maaßen,
MMR 2009, 511, 515). Ein anderes rechtfertigt auch nicht die
Erwägung, dass das Verfahren gemäß § 101 IX UrhG bei
kurzzeitiger Löschung sinnentleert würde; denn es obliegt insoweit zunächst dem
Gesetzgeber, gegebenenfalls solche erweiterten Eingriffe und die
Speichernotwendigkeiten und - modalitäten näher zu regeln. Ein Löschungsverbot
in Bezug auf die in Rede stehenden Verkehrsdaten zu dem Zweck, auf dieser
Grundlage dann erst ein Gestattungsverfahren nach § 101 IX UrhG
durchzuführen, ist im Gesetz mit den betreffenden grundrechtsrelevanten
Einschränkungen nicht vorgesehen. Ebenso wenig berechtigt und verpflichtet ein
zwischen den Parteien bestehendes gesetzliches Schuldverhältnis aus
§ 101 II UrhG eine Sicherungsverpflichtung in Bezug auf erst
zukünftige Rechtsverletzungen, schon deshalb, weil ein mutmaßlicher
Rechtsverletzer noch nicht konkretisiert ist und eine Prüfung der
Eingriffsvoraussetzungen insofern noch nicht möglich ist. Dies verhält sich im
Kern wiederum auch anders als in dem vom OLG Hamburg entschiedenen Fall
(Urt. v. 17. 02.2010, Az. 5 U 60/09), in dem der
Provider bereits auf den konkreten Verbindungsvorgang hingewiesen, ein
mutmaßlicher Rechtsverletzer konkretisiert und vorbeugend das weitere Vorhalten
der Daten begehrt war. Das Dilemma, in dem der Rechteinhaber stecken mag, weil
die fraglichen Daten bereits gelöscht werden, bevor die richterliche Anordnung
greifen kann, so dass der Auskunftsanspruch ins Leere zu gehen droht, kann von
Seiten des Gerichts nicht unter Zurückstellung der Vorgaben des Gesetzes und
des Bundesverfassungsgerichts (NJW 2008, 822 - Online-Durchsuchung;
MMR 2008, 303 - Vorratsdatenspeicherung; MMR 2009, 29;
NJW 2010, 833) im Sinne der Antragstellerin aufgelöst werden
(s. krit. auch Wimmers, in: Schricker/Loewenheim, Urheberrecht,
4. Aufl, 2010, § 101 Rn. 112 a).
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