JurPC Web-Dok. 115/2009 - DOI 10.7328/jurpcb/2009246106

VG Wiesbaden
Urteil vom 04.09.2008

6 K 669/08.WI

Auskunft über die im Schengener Informationssystem gespeicherten Daten

JurPC Web-Dok. 115/2009, Abs. 1 - 35


§ 19 Abs. 4 Nr. 1 BDSG, § 12 Abs. 5 BKAG, Artikel 98, 109, 111, 112, 114 SDÜ, Art. 6 des Gesetzes zu dem Schengener Übereinkommen

Leitsätze

  1. Das BKA-Gesetz findet auf das Schengener Durchführungsabkommen keine Anwendung mit der Folge, dass die Datei "NSIS-Personenfahndung" keine Verbunddatei nach § 6 Abs. 1 bis 3 BKA-Gesetzes ist.
  2. Ein Auskunftsanspruch ergibt sich ausschließlich aus Artikel 109 Abs. 1 SDÜ i.V.m. § 19 Abs. 1 BDSG.
  3. Zum Auskunftsanspruch eines Betroffenen auf die im Schengener Informationsystem von anderen Staaten eingestellten Daten (hier Italien).
  4. Bei einer Ausschreibung zur Fahndung im SIS ist nach Artikel 98 SDÜ eine Auskunft zu erteilen, wenn die ordnungsgemäße Erfüllung der in der Zuständigkeit der verantwortlichen Stelle liegenden Aufgaben nicht gefährdet wird.

T a t b e s t a n d

Der Kläger begehrt Auskunft über die zu seiner Person im Schengener Informationssystem gespeicherten Daten. JurPC Web-Dok.
115/2009, Abs. 1
Mit Antrag vom 11.09.2007 beantragte der Kläger bei der Beklagten ihm Auskunft zu erteilen, ob und gegebenenfalls was, von wem, gegen ihn vorliegt bzw. im BKA-Fahndungssystem stehe. Mit Bescheid vom 02.07.2008 wurde dem Kläger von der Beklagten mitgeteilt, das Rechtsgrundlage für eine Auskunft des Betroffenen nach dem Schengener Durchführungsabkommen Artikel 109 SDÜ in Verbindung mit § 12 Abs. 5 BKA-Gesetz in Verbindung mit § 19 BDSG sei. Die Abwägung zwischen dem Interesse des Klägers auf allgemeine Information und dem Interesse der speicherten Stelle auf Geheimhaltung der erhobenen Informationen habe erbracht, das im konkreten Fall das Informationsinteresse des Klägers zurückstehen müsse. Gemäß § 19 Abs. 5 BDSG bedürfe die Ablehnung der Auskunftserteilung keiner Begründung, wenn damit der mit der Auskunftsverweigerung verfolgte Zweck gefährdet werde. Abs. 2
Mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 10.03.2008, eingegangen bei der Beklagten am selben Tage, hat der Kläger Widerspruch eingelegt. Zur Begründung führt er im Wesentlichen aus, dass es offensichtlich um eine Eintragung der Justizbehörden aus Italien gehe. Es gebe insoweit ein Rechtsersuchen aus dem Jahre 2004. Es schienen wohl Haftbefehle gegen ihn vorzuliegen. Eine Auslieferung an Italien erfolge jedoch nicht. Das Oberlandesgericht München habe mit Beschluss vom 01.03.2005 die Auslieferung an Italien für unzulässig erklärt. Dies auch, weil der Kläger vom Landgericht Nürnberg/Fürth mit Urteil vom 17.11.1999 zu einer Freiheitsstrafe von 11 Jahren und 6 Monaten wegen Bandenmäßigen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in acht Fällen verurteilt worden sei. Die dem Kläger von der italienischen Behörden zur Last gelegten Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung zum Zwecke des Rauschgifthandels stelle keine andere Tat dar. Mit der Aburteilung und mittlerweile auch Büßung der Strafe sei die Tat getilgt. Abs. 3
Der Kläger habe deshalb ein Interesse daran zu erfahren, ob wegen dieser im Raum stehenden Haftbefehle Eintragungen im Schengener Informationssystem enthalten seien. Gemäß Artikel 111 SDÜ habe jeder das Recht, im Hoheitsgebiet jeder Vertragspartei eine Klage wegen seiner Person betreffenden Ausschreibungen, insbesondere auch Berichtigung, Löschung, Auskunftserteilung oder Schadensersatz vor dem nach nationalem Recht zuständigen Gericht oder der zuständigen Behörde zu erheben. Ein solches Verfahren solle hier durchgeführt werden. Er müsse deshalb wissen, welche konkreten Eintragungen vorgenommen worden seien. Abs. 4
Mit Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 21.05.2008 wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, dass eine Auskunft gemäß § 19 Abs. 4 Nr. 1 BDSG unterbleiben könne, wenn die Auskunft die ordnungsgemäße Erfüllung der in der Zuständigkeit der speichernden Stelle liegenden Aufgaben gefährden würden und deswegen das Interesse des Betroffenen an der Auskunft zurücktreten müsse. Diese Voraussetzungen lägen vorliegend vor. Eine weitere Begründung der Auskunftserteilung könne nicht erfolgen, da durch die Mitteilung der tatsächlichen und rechtlichen Gründe der mit der Auskunftsverweigerung verfolgte Zweck gefährdet werde. Abs. 5
Bereits am 28.12.2007 hatten die italienischen Behörden der Beklagten im Rahmen des Sirene-Verfahrens mitgeteilt: "Bezugnehmend auf vorherigen Schriftverkehr wird mitgeteilt, das laut Mitteilung der zuständigen Justizbehörde (Procura Generale della Repubblica presso la Corte d'Appello di Milano) die dem Gesuchten in Italien zur Last gelegten Straftaten andere sind als diejenigen, wegen derer der Gesuchte von den Behörden in Ihrem Land verfolgt wurde. Konkret ist der Gesuchte in Italien wegen Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung zum Zwecke des BTM-Handels angeklagt, während der Gesuchte in Deutschland wegen einzelnen Fällen der illegalen Einfuhr von BTM verurteilt wurde. Laut o. a. Auskunft befindet die italienische Justizbehörde die Straftaten für unterschiedlich, daher wird die Fahndung nicht aus dem SIS gelöscht. Darüber hinaus dürfen Artikel 109/2 SDÜ dem Gesuchten keine Auskünfte über die Daten der Fahndungsausschreibung und der damit zusammenhängenden Formulare erteilt werden.". Abs. 6
Mit Schriftsatz des Bevollmächtigten des Klägers vom 23.06.2008, eingegangen beim Verwaltungsgericht Wiesbaden am selben Tage, hat der Kläger Klage erhoben. Er ist der Auffassung, dass die Beklagte verpflichtet sei, die entsprechenden Auskünfte zu erteilen. Aufgrund des Schengener Durchführungsübereinkommens habe der Kläger gerade das Recht, dass ihm Auskünfte erteilt werden um sich gegebenenfalls gegen solche Daten, die zu Unrecht gespeichert würden zur Wehr setzen zu können. Er habe auch das Recht, solche Daten entfernen zu lassen. Die Mailänder Justiz gehe offensichtlich noch davon aus, dass der Kläger eine Haftstrafe von zehn Jahren, auch in Italien, zu verbüßen habe. Dass dies nicht der Fall sei, sei aber vom Oberlandesgericht München festgestellt worden. Dem Auslieferungsersuchen sei nicht stattgegeben worden. Es könne deshalb nicht angehen, dass man und zwar von staatlicher Seite aus den Kläger nicht ausliefere, dies aber faktisch innerhalb der EU dadurch erreiche, dass entsprechende Haftbefehle im Schengener Informationssystem abgespeichert und nicht gelöscht würden. Dies sei EU-rechtswidrig. Abs. 7
Gemäß Artikel 112 SDÜ seien weiterhin die zur Personenfahndung in dem Schengener Informationssystem aufgenommenen Personendaten nicht länger als für den verfolgten Zweck erforderlich zu speichern. Spätestens drei Jahre nach ihrer Einspeicherung sei die Erforderlichkeit der weiteren Speicherung von der ausschreibenden Vertragspartei zu prüfen. Es lasse sich nicht feststellen, ob eine solche Prüfung überhaupt erfolgt sei. Die Haftbefehle stammten offensichtlich vom 02. Juni 1998, das Urteil des Landgerichts Mailand vom 29.10.2001. Der Beschluss des Oberlandesgerichts München stamme vom 01.03.2005. Abs. 8
Der Kläger beantragt, Abs. 9
den Bescheid des Bundeskriminalamtes vom 07.02.2008 und den Widerspruchsbescheid des Bundeskriminalamtes vom 21.05.2008 aufzuheben und das Bundeskriminalamt zu verpflichten, dem Kläger gegenüber Auskunft über die Daten zu erteilen, die zu seiner Person im Schengener-Informationssystem enthalten sind.
Die Beklagte beantragt, Abs. 10
die Klage abzuweisen.
Das Beklagte Bundeskriminalamt nimmt zunächst zur Klageerwiderung auf seinen Bescheid vom 07.02.2008 und seinen Widerspruchsbescheid vom 21.05.2008 Bezug. Ferner führt es aus, dass Sirene Italien der Beklagten mitgeteilt habe, dass einer Auskunftserteilung nicht zugestimmt werde und die Ablehnung unter anderem auf Artikel 109 Abs. 2 SDÜ gestützt werde. Auch lege nach Auffassung der italienischen Justiz kein Fall von "ne bis en idem" vor. Die Entscheidung der Sirene Italien sei für das beklagte Bundeskriminalamt bindend mit der Konsequenz, dass eine Auskunftserteilung nicht erfolgen könne. Insoweit liege das erforderliche Einvernehmen im Sinne des § 12 Abs. 5 BKA-Gesetz nicht vor. Abs. 11
Soweit der Kläger bei dem Bundeskriminalamt mit Schriftsatz vom 23.06.2008 die Löschung seiner personenbezogenen Daten im Schengener Informationssystem beantragte und dies ohne Abschluss des Vorverfahrens bereits im Klageverfahren geltend machte, wurde das Verfahren abgetrennt und mit Beschluss vom 30.07.2008 eingestellt (Az.: 6 K 821/08). Abs. 12
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, die Gerichtsakte 6 K 821/08, die Strafakte der Staatsanwaltschaft Nürnberg/Füth, Az. ......, den Auslieferungsvorgang des OLG München, Az. ........, sowie zwei Heftstreifen Behördenakten Bezug genommen, welche sämtlich zum Gegenstand der Entscheidung und mündliche Verhandlung gemacht worden sind. Abs. 13

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig. Auch, wenn die Daten im Schengener Informationssystem von einem anderen Vertragsstaat eingestellt wurden, kann sich der Kläger an das zuständige nationale Gericht in Deutschland wenden, Art. 111 SDÜ (Schengener Durchführungsübereinkommen). Abs. 14
Die Klage ist auch begründet. Denn der Kläger hat einen Anspruch auf Auskunft über die im Schengener Informationssystem (SIS) zu seiner Person gespeicherten Daten. Abs. 15
Gemäß Artikel 109 SDÜ kann ein Betroffener in jedem Schengen-Staat Auskunft über die zu seiner Person im SIS gespeicherten personenbezogenen Daten verlangen. Die Auskunft richtet sich insoweit nach dem Nationalen Recht des Staates, in dem das Auskunftsverlangen geltend gemacht wird. Abs. 16
Das Bundeskriminalamt ist die zuständige Behörde im Rahmen des Schengener Durchführungsübereinkommens (SDÜ). Gemäß Artikel 5 des Gesetzes zu dem Schengener Übereinkommen vom 19. Juni 1990 betreffend den schrittweisen Abbau der Kontrollen an den gemeinsamen Grenzen vom 19.06.1990 (BGBl II 1993, 1010)  ist das Bundeskriminalamt bei verdeckten Registrierung gemäß Artikel 99 SDÜ, ansonsten nach Art. 6 des Gesetzes zu dem Schengener Übereinkommen vom 19. Juni 1990 für die Auskunft bei Ausschreibungen im SIS zuständig. Dies auch, wenn es der Bundesgesetzgeber unterlassen hat, eine nationale Kontrollinstanz gemäß Artikel 114 SDÜ zu bestimmen, denn ganz offensichtlich nimmt das Bundeskriminalamt auch ohne gesonderte gesetzliche Aufgabenzuweisung diese Funktion und Aufgabe wahr. Abs. 17
Gemäß Artikel 109 Abs. 1 Satz 1 SDÜ erfolgt die Beauskunftung nach nationalem Recht. Zwar enthält § 12 Abs. 5 BKA-Gesetz eine Auskunftsregelung. Diese bezieht sich jedoch auf Beauskunftungen im polizeilichen Informationssystem (INPOL). Abs. 18
Wie das Verwaltungsgericht Wiesbaden mit Urteil vom 28.11.2006 (Az.: 6 E 864/06) bereits feststellte ist die Datei "NSIS-Personenfahndung" keine Verbunddatei nach § 6 Abs. 1 bis 3 BKA-Gesetz. Denn das BKA-Gesetz findet auf das Schengener Durchführungsabkommen keine Anwendung. Insoweit findet das BKA-Gesetz erst recht keine Anwendung auf Datensätze, welche im SIS von anderen Behörden anderer Staaten in ihrem nationalen SIS eingestellt worden sind. Abs. 19
Insoweit ergibt sich der Auskunftsanspruch des Klägers aus Artikel 109 Abs. 1 SDÜ i.V.m. § 19 Abs. 1 BDSG. Hiernach ist einem Betroffenen Auskunft über die zu seiner Person gespeicherten Daten zu erteilen, auch soweit sie sich auf die Herkunft der Daten beziehen, die Empfänger oder Kategorien von Empfängern, an die die Daten weitergegeben werden und den Zweck der Speicherung (§ 19 Abs. 1 Satz 1 BDSG). Gemäß § 19 Abs. 4 Nr. 1 BDSG kann die Auskunft jedoch unterbleiben, wenn die Auskunft die ordnungsgemäße Erfüllung der in der Zuständigkeit der verantwortlichen Stellen liegenden Aufgaben gefährden würde. Abs. 20
Eine Gefährdung der Aufgaben des Bundeskriminalamtes ist aber nicht ersichtlich und wird von diesem auch nicht geltend gemacht. Bezüglich der Verweigerung der Auskunft beruft es sich vielmehr auf die Mitteilung der italienischen Behörden, wonach die Auskunft gemäß Artikel 109 Abs. 2 SDÜ verweigert werde. Eine entsprechende Erklärung der italienischen Behörden in dieser Richtung erfolgte letztmals kurz vor der mündlichen Verhandlung. Hier teilte Sirene Italien am 03.09.2008 mit, dass die Generalstaatsanwaltschaft Mailand mitgeteilt habe, dass "die Straftat unerlaubter Rauschgift" im Rahmen einer kriminellen Vereinigung nicht dieselbe Straftat zu sein scheine, für die die gesuchtePerson vom Gericht Nürnberg verurteilt wurde. Daher könne die Ausschreibung nicht gelöscht werden und der Zugriff auf die SIS-Information werde gemäß Artikel 109 Abs. 2 SDÜ verweigert. Ob die Justizbehörde Mailand auch dem Verwaltungsgericht Wiesbaden direkt eine Antwort zugeschickt habe, sei nicht bekannt. Abs. 21
Hierbei bezieht sich Sirene Italien auf ein umfängliches Aufklärungsschreiben des Gerichtes an die Beklagte vom 23.07.2008 (Blatt 40 bis 43 der Gerichtsakte), welches auch an die Staatsanwaltschaft in Mailand gesandt wurde um dieser gemäß Artikel 109 Abs. 1 Satz 3 SDÜ ausreichend Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Abs. 22
Trotz dieses Versuches den italienischen Behörden eine ausreichende Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben, verweisen diese jedoch ganz pauschal nur auf Artikel 109 Abs. 2 SDÜ. Abs. 23
Nach Art. 109 Abs. 2 SDÜ hat eine Auskunft an den Betroffenen zu unterbleiben, wenn dies zur Durchführung einer rechtmäßigen Aufgabe im Zusammenhang mit der Ausschreibung oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten unerlässlich ist. Die Auskunftserteilung unterbleibt, während der Ausschreibung zur verdeckten Registrierung. Abs. 24
Warum eine Auskunftserteilung gegenüber dem Kläger über eine mögliche Ausschreibung die Durchführung der rechtmäßigen Aufgaben der italienischen Behörden behindert, ist nicht ersichtlich und wird von der Beklagten bzw. den dahinter stehenden italienischen Behörden nicht erklärt. Abs. 25
Ausweislich der Sirene-Mitteilung vom 3.09.2008 steht zwar fest, dass der Kläger von den italienischen Behörden gesucht wird. Nicht fest steht jedoch, dass vorliegend eine Ausschreibung zur verdeckten Registrierung gemäß Artikel 99 SDÜ erfolgt ist und deswegen eine Auskunft kraft Gesetzes zu unterbleiben hat (vgl. auch Art. 5 des Gesetzes zu dem Schengener Übereinkommen vom 19. Juni 1990 betreffend den schrittweisen Abbau der Kontrollen an den gemeinsamen Grenzen vom 19.06.1990). Eine verdeckte Registrierung und  Ausschreibung wird weder von den italienischen Behörden noch von der Beklagten geltend gemacht. Abs. 26
Fehlt es an einer verdeckten Registrierung bedarf es insoweit der Darlegung, inwieweit eine Auskunftserteilung zur Durchführung einer rechtmäßigen Aufgabe im Zusammenhang mit der Ausschreibung gefährdet und damit zu unterbleiben hat. Ein reiner Bezug auf die Norm reicht dazu nicht. Insoweit entspricht der Regelungsinhalt von Artikel 109 Abs. 2 SDÜ der nationalen Norm des § 19 Abs. 4 Nr. 1 BDSG, welche gerade eine Gefährdung der Aufgaben voraussetzt. Dass eine Beauskunftung der im SIS gespeicherten Daten des Klägers, die in der Zuständigkeit der verantwortlichen Stellen liegen Aufgaben gefährden würde, ist vorliegend nicht im Ansatz - weder von dem Beklagten noch von den italienischen Behörden - dargelegt worden. Vielmehr ergibt sich aus den vorliegenden Unterlagen, dass der Kläger durch das Landgericht Nürnberg/Fürth mit Urteil vom 17.01.1999 wegen bandenmäßigen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in acht Fällen, in einem Fall mit unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von elf Jahren und sechs Monaten verurteilt worden ist. Dabei ist festzustellen, dass eine Bande eine kriminelle Vereinigung ist. Abs. 27
Insoweit hat das Oberlandesgericht München mit Beschluss vom 01.03.2005, Az.: ...., festgestellt, dass die dem Kläger von den italienischen Behörden zur Last gelegten Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung zum Zwecke des Rauschgifthandels keine andere Tat i.S.d. Artikel 54 SDÜ darstelle. Der der deutschen Verurteilung zugrunde liegende Lebenssachverhalt decke sich mit dem Lebenssachverhalt, der dem italienischen Verfahren zugrunde liege. In beiden Fällen gehe es um die Rolle des Klägers als Organisator von Rauschgifttransporten nach Italien. Wenn das italienische Recht das Verhalten des Klägers unter andere Straftatbestände einordne, so ändere sich nichts daran, dass es sich um dieselbe Tat handelt. Einer Überlegung, der sich das Geicht anschließt. Abs. 28
Grundlage dieser Entscheidung des Oberlandesgericht München war ein Auslieferungsersuchen zur Strafverfolgung im Haftbefehl des Tribunale di Milano, ufficio del Giudice per le indagini preliminari vom 02.06.1998, GZ-Nr.: .......... R.G.N.R. und Nr. ...... R.G.G.I.P. genannten Straftaten und der Srafvollstreckung der im Urteil des Tribunale di Milano 29.10.2001 (Gz.N. .......) verhängten Freiheitsstrafe von 10 Jahren. Abs. 29
Damit steht zu erwarten, dass der Kläger im SIS zur Fahndung nach Artikel 98 SDÜ ausgeschrieben ist. Hiernach werden unter anderem Personen ausgeschrieben, denen ein Strafurteil oder eine Ladung zum Antritt einer Freiheitsentziehung zugestellt werden muss. Diese Informationen sind allgemein bekannt. Insoweit vermag das erkennende Gericht nicht zu erkennen, inwieweit eine rechtmäßige Aufgabe im Zusammenhang mit einer Ausschreibung durch das vorliegende Auskunftsersuchen gefährdet wird. Auch ist durch eine Auskunft die ordnungsgemäße Erfüllung der in der Zuständigkeit der verantwortlichen Stelle liegenden Aufgaben nicht gefährdet, mithin liegt kein Grund zur Verweigerung einer Auskunft aus dem SIS vor. Abs. 30
Die Verweigerung der Auskunft durch die italienischen Behörden führt auch nicht dazu, dass sich für das beklagte Bundeskriminalamt ein Auskunftsverweigerungsrecht ergibt. Denn nach Artikel 109 Abs. 1 Satz 3 SDÜ darf eine Vertragspartei, hier das Bundeskriminalamt, welches selber die Ausschreibung nicht vorgenommen hat, die Auskunft der Ausschreibungsdaten nur erteilen, wenn vorher der ausschreibenden Vertragspartei Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden ist. Mithin muss die ausschreibende Stelle in ihrer Stellungnahme gegenüber der auskunftspflichtigen Stellen konkret mitteilen, welche Gründe für eine Auskunftsverweigerung sprechen. Die ausschreibenden italienischen Behörden sind sowohl von der Beklagten - als auch von dem erkennenden Gericht - um entsprechende Stellungnahme gebeten worden. Eine substantiierte Stellungnahme erfolgte nicht. Abs. 31
Die Auskunft durch das beklagte Bundeskriminalamt ist damit zu Unrecht verweigert worden mit der Folge, dass dem Kläger ein Auskunftsanspruch der zu seiner Person im Schengener Informationssystem gespeicherten Daten zusteht. Abs. 32
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Abs. 33
Der Ausspruch hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit bezüglich der Kosten folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO entsprechend. Abs. 34
Rechtsmittelbelehrung   ...
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115/2009, Abs. 35
[ online seit: 16.06.2009 ]
Zitiervorschlag: Wiesbaden, VG, Auskunft über die im Schengener Informationssystem gespeicherten Daten - JurPC-Web-Dok. 0115/2009