| Gründe: | | I. | | Der Kläger (eine qualifizierte Einrichtung nach § 4 UKlaG) nimmt
mit der am 13.07.2006 erhobenen Klage die Beklagte auf Unterlassung einer
Verlosung von Eintrittskarten zur Fußballweltmeisterschaft (FIFA WM) 2006 in
Anspruch. Eine gleichlautende, auf seinen Antrag hin am 22.03.2006 erlassene
einstweilige Verfügung des Landgerichts Bonn (11 O 41/06) war zuvor wegen eines
Vollziehungsmangels unwirksam geworden.
| Abs. JurPC Web-Dok. 200/2007, Abs. 1 | Die Beklagte bewarb die Verlosung - wie aus den vorstehend
eingeblendeten Bildschirmkopien ersichtlich - im März 2006 auf ihrer
Internetseite. Nach Beantwortung der (sehr einfachen) Gewinnfrage und dem
Anklicken der Schaltfläche "Weiter" wurden die Interessenten auf der Folgeseite
mit der Überschrift "Einfach ausfüllen und gewinnen!" zur Angabe persönlicher
Daten (von denen einige als "optionale Angaben" gekennzeichnet waren)
aufgefordert. Rechts davon (unter der Überschrift) befanden sich mehrere
Kontrollkästchen. Sie betrafen eine Einverständniserklärung mit der
Weiterleitung von Vertragsdaten und der Information über Produkte und
Dienstleistungen der Unternehmensgruppe der Beklagten sowie das Einverständnis
mit den Teilnahmebedingungen des Gewinnspiels. Bestätigten die Interessenten
nur das letzte Kontrollkästchen, erschien beim Anklicken der Schaltfläche
"senden" in roten Buchstaben der Hinweis: "Es fehlen noch Angaben. Bitte tragen
Sie diese nach." Neben dem Kontrollkästchen zur Einverständniserklärung in die
Datenweitergabe erschien der rot umrandete Hinweis: "Bitte bestätigen." In Höhe
des Kontrollkästchens zur Art der Informationserteilung erschien der Hinweis:
"Bitte mindestens einen Kontaktweg auswählen." | Abs. 2 | Der Kläger hat geltend gemacht, dass die Beklagte unter Ausnutzung
ihrer besonderen Stellung als Inhaberin von WM-Tickets die angesprochenen
Verbraucher durch hohe Gewinnanreize veranlasse, in die Verwendung ihrer
personenbezogenen Daten zu Wettbewerbszwecken einzuwilligen; dies mache sie
aber nicht rechtzeitig deutlich, sondern erst nach einem Versuch des
Verbrauchers, ohne Anklicken der Einverständniserklärung an der Verlosung
teilzunehmen. Wegen des genauen Klageantrags und der weiteren Einzelheiten des
erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird auf das Urteil des Landgerichts
verwiesen. Mit diesem Urteil hat das Landgericht die Klage abgewiesen, weil
hinsichtlich des beanstandeten Verhaltens der Beklagten nach dem Ende der
Fußballweltmeisterschaft 2006 keine Wiederholungsgefahr mehr bestehe.
| Abs. 3 | Im Berufungsverfahren verfolgt der Kläger seinen erstinstanzlichen
Klageantrag (mit einem nachfolgend zu behandelnden Formulierungsunterschied)
weiter. Er meint, es bestehe eine Parallele zu dem Verfahren auf Erlass einer
einstweiligen Verfügung 31 O 298/06 LG Köln = 6 U 184/06 OLG Köln, das sich
ebenfalls auf eine Verlosung von Tickets für die FIFA WM 2006 bezog und in dem
der Senat in der Gestaltung des (auf S. 33 ff. der Berufungserwiderung [Bl. 279
ff. d.A.] wiedergegebenen) Internet-Auftritts eine unangemessene unsachliche
Beeinflussung der Verbraucher gesehen hatte. Die Beklagte verteidigt mit
umfangreichen schriftsätzlichen Ausführungen, auf die verwiesen wird, das
angefochtene Urteil.
| Abs. 4 | II. | | Die zulässige Berufung hat in der Sache Erfolg.
| Abs. 5 | Nach dem unstreitigen Sachverhalt steht dem gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 3
UWG aktiv legitimierten Kläger der geltend gemachte wettbewerbsrechtliche
Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte aus §§ 3, 4 Nr. 1, 8 Abs. 1 S. 1 UWG
zu. | Abs. 6 | 1. Die an die Antragsfassung anknüpfenden Einwendungen der
Beklagte erweisen sich allesamt als unbegründet. | Abs. 7 | a) Wie der Kläger mit Schriftsatz vom 06.08.2007 klargestellt hat,
ist mit der gegenüber dem erstinstanzlichen Klageantrag leicht veränderten
(statt die Verlosung von Tickets "zur" FIFA WM 2006 die Verlosung von Tickets
"für die" FIFA WM 2006 angreifenden) Fassung seines Berufungsantrags keine
Änderung seines Begehrens in der Sache verbunden. Die Beklagte, die hierin eine
unzulässige Klageänderung sieht, vermag selbst nicht anzugeben, worin der
sachliche Unterschied beider Formulierungen bestehen und warum der neue Antrag
nunmehr unbestimmt sein soll. | Abs. 8 | b) Der Senat versteht das Begehren des Klägers dahin, dass er eine
Verlosung von Tickets durch die Beklagte wie für die FIFA WM 2006 untersagt
wissen will, wenn dies in der näher beschriebenen Art und Weise geschieht; die
vom Berufungsantrag (unter Einblendung der dort in Bezug genommenen
Bildschirmkopien) nur redaktionell geringfügig abweichende Fassung der
Urteilsformel trägt diesem eindeutigen Sinngehalt des Klagebegehrens Rechnung.
| Abs. 9 | Der Antrag des Klägers ist (und war von Beginn des Rechtsstreits
an) nämlich so auszulegen, dass er die Beklagte auf Unterlassung eines mit der
beanstandeten Ticket-Verlosung zur FIFA WM 2006 im Kern gleichen künftigen
Verhaltens in Anspruch nimmt. Die Klage wurde der Beklagten vier Tage nach dem
Endspiel der Fußballweltmeisterschaft 2006 zugestellt. Die Erwähnung der
Verlosung von Tickets zur nicht wiederholbaren FIFA WM 2006 im Klageantrag
konnte danach nur als beispielhafte Umschreibung der konkreten Verletzungsform
verstanden werden, deren Unterlassung der Kläger begehrt. Dass er seinen
Klageantrag so verstanden wissen wolle, hat er bereits mit Schriftsatz vom
19.12.2006 klar gestellt. | Abs. 10 | Ein solches Verständnis des Klageantrags ist möglich, denn nach
der in Rechtsprechung und Schrifttum herrschenden "Kerntheorie" fällt in den
Verbotsbereich eines Unterlassungstitels von vornherein nicht nur die
identische Wiederholung des untersagten konkreten Verhaltens, sondern es werden
davon auch solche Handlungen erfasst, die nur unbedeutend von der verbotenen
Form abweichen und den Kern des gerichtlichen Verbots unberührt lassen, wenn
sich nur das Charakteristische des verbotenen Verhaltens in der im
anschließenden Vollstreckungsverfahren beanstandeten Handlung wiederfindet
(BGHZ 126, 287 [295] = GRUR 1994, 844 - Rotes Kreuz; BGH, GRUR 2006, 421 [422]
- Markenparfümverkäufe; Hefermehl / Köhler / Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 25.
Aufl., UWG § 12, Rn. 6.4; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und
Verfahren, 9. Aufl., Kap. 57 Rn. 12 ff.; jeweils m.w.N.). Auch eine
vertragliche Unterlassungserklärung, die ihrem Wortlaut nach allein auf ein
konkretes Gewinnspiel Bezug nimmt, das im Zeitpunkt der Abmahnung und
Unterwerfung bereits abgeschlossen war und nicht wiederholt werden kann,
erfasst danach alle Verhaltensweisen, die für das beanstandete Gewinnspiel
charakteristisch sind und seine Wettbewerbswidrigkeit begründen (BGH, GRUR
1996, 290 [291] - Wegfall der Wiederholungsgefahr I). Nichts anderes gilt, wenn
eine konkrete Werbung durch unmittelbare Bezugnahme mit dem Vergleichspartikel
"wie" zum Gegenstand des Klageantrags gemacht worden ist, wobei die Hinzufügung
abstrakt formulierter Merkmale möglich ist, aber lediglich dazu dient, den
Kreis der Varianten näher zu bestimmen, die von dem Verbot als kerngleiche
Verletzungsformen erfasst sein sollen (BGH, GRUR 2006, 164 [165] -
Aktivierungskosten II). | Abs. 11 | c) Nach diesen Grundsätzen scheitert das Unterlassungsbegehren des
Klägers nicht am Fehlen der erforderlichen Wiederholungsgefahr (§ 8 Abs. 1 S. 1
UWG). Denn weil sich die durch eine Verletzungshandlung begründete tatsächliche
Vermutung der Wiederholungsgefahr nach der "Kerntheorie" nicht auf die genau
identische Verletzungsform beschränkt, sondern alle im Kern gleichartigen
Verletzungshandlungen umfasst (BGH, a.a.O.; vgl. auch BGH, GRUR 1997, 379 [380]
- Wegfall der Wiederholungsgefahr II; GRUR 2000, 337 [338] - Preisknaller; GRUR
2005, 443 [446] - Ansprechen in der Öffentlichkeit II), kommt es nicht darauf
an, ob einzelne Handlungselemente des beanstandeten Verhaltens einmalig und
unwiederholbar sind, solange in Zukunft weitere im Kern gleichartige Verstöße
zu erwarten sind (Hefermehl / Köhler / Bornkamm, a.a.O., § 8, Rn. 1.36; 1.41;
vgl. die Beispiele bei Teplitzky, a.a.O., Kap. 6 Rn. 14). Anders liegt es nur,
wenn mit dem Ende der rechtsverletzenden Handlung auch jede Wahrscheinlichkeit
für eine Wiederaufnahme ähnlicher Tätigkeiten durch den Verletzer beseitigt ist
(BGH, GRUR 1992, 318 [319 f.] - Jubiläumsverkauf [kritisch dazu Hefermehl /
Köhler / Bornkamm, a.a.O., § 8, Rn. 1.41; Teplitzky, a.a.O.]; GRUR 2001, 453
[455] - TCM-Zentrum; GRUR 2004, 162 [164] - Mindestverzinsung). Davon kann im
Streitfall keine Rede sein: | Abs. 12 | Solange die Beklagte keine anderslautende strafbewehrte
Unterlassungserklärung abgibt, erscheint es nämlich keineswegs ausgeschlossen,
dass sie in absehbarer Zeit eine Aktion durchführt, die der streitbefangenen
Verlosung von Tickets für die FIFA WM 2006 im Kern gleichartig ist, indem sie
über ähnlich gestaltete Internetseiten ähnlich begehrte Eintrittskarten für
eine attraktive Publikumsveranstaltung auslobt. Allein aus dem Bereich des
Sports sind in naher Zukunft viele andere vergleichbare Großereignisse - von
der Fußballeuropameisterschaft 2008 (in Österreich und der Schweiz) bis zu den
Olympischen Winterspielen 2018 (vielleicht in München) - vorstellbar. | Abs. 13 | 2. Die Gestaltung des Internet-Auftritts und damit die Art und
Weise der von der Beklagten durchführten Ticket-Verlosung ist geeignet, die
Entscheidungsfreiheit der angesprochenen Verbraucher in unangemessener
unsachlicher Weise zu beeinträchtigen (§ 4 Nr. 1 UWG). Soweit der Kläger sich
in der Berufungsinstanz - den Hinweisen des Senats im Verfahren 6 U 184/06
folgend - jetzt vor allem auf diesen Aspekt der unsachlichen
Verbraucherbeeinflussung stützt, handelt es sich nur um die rechtliche
Einordnung des schon mit der Klage geführten, sachlich unveränderten Angriffs
und (im Unterschied zur Fallgestaltung der Entscheidung BGH, GRUR 2007, 161 -
dentalästhetika II) nicht um einen neuen anspruchsbegründenden
Lebenssachverhalt, so dass die Verjährungseinrede der Beklagten ins Leere geht. | Abs. 14 | a) Gewinnverlosungen sind wettbewerbsrechtlich grundsätzlich
zulässig. Besondere Umstände, die ihre Unlauterkeit begründen, können aber
nicht nur auf Grund der Sondertatbestände einer Koppelung der Teilnahme mit dem
Warenabsatz (§ 4 Nr. 6 UWG) und einer Intransparenz der Teilnahmebedingungen (§
4 Nr. 5 UWG) oder bei Irreführung des Publikums über die Gewinnchancen (§ 5
UWG), sondern auch in einem unangemessenen Einwirken auf die
Entscheidungsfreiheit des Verbrauchers - wie beim psychischen Kaufzwang oder
beim übertriebenen Anlocken - bestehen (BGH, GRUR 1998, 735 [736] -
Rubbelaktion; GRUR 2000, 820 [821] -Space Fidelity Peep-Show; GRUR 2002, 1003
[1004] - Gewinnspiel im Radio; GRUR 2002, 976 [978] - Koppelungsangebot I;
Piper / Ohly, UWG, 4. Aufl., § 4, Rn. 1/134; Hefermehl / Köhler / Bornkamm,
a.a.O., § 4, Rn. 1.123 ff. m.w.N.). | Abs. 15 | b) Solche besonderen Umstände liegen auch hier vor. | Abs. 16 | In der konkreten Verletzungsform wird die Teilnahme des
Verbrauchers an der Verlosung gekoppelt an seine Erklärung, mit der Weitergabe
der Vertragsdaten aus seinen Verträgen mit der Beklagten oder ihren
Schwesterunternehmen und mit der Übermittlung von Werbesendungen oder mit
Werbeanrufen einverstanden zu sein. Auf diese Weise soll er durch einen
aleatorischen Anreiz - also durch ein sachfremdes Motiv - bewegt werden, einen
Teil seiner durch § 12 Abs. 1 und 2 TMG (früher § 3 Abs. 1 und 2 TDSG) und § 7
Abs. 2 Nr. 2 und 3 UWG ausdrücklich geschützten Privatsphäre preiszugeben.
| Abs. 17 | Die Einflussnahme auf die Entscheidung des Verbrauchers, ob er die
erforderliche Einwilligung erteilen will oder nicht, beschränkt sich aber nicht
nur auf die Auslobung eines attraktiven Gewinns und den aleatorischen Anreiz.
Vielmehr wird sie in unangemessener Weise verstärkt durch die psychisch
schwierige Situation, in der sich der Verbraucher befindet, wenn er erstmals
von der Koppelung zwischen Gewinnspielteilnahme und Einwilligungserklärung
erfährt. | Abs. 18 | Diese von der Beklagten hergestellte Abhängigkeit ist für den
Verbraucher nämlich erstmals erkennbar, nachdem er sich (mit Beantwortung der
Gewinnfrage und Anklicken der "weiter"-Schaltfläche, dem Ausfüllen der Felder
mit seinen persönlichen Daten auf der Folgeseite und dem Anklicken der
Schaltfläche "senden") bereits für die Teilnahme an der Verlosung entschieden
hat. Gerade demjenigen Verbraucher, der die Einwilligungserklärung ursprünglich
nicht abgeben will und sich durch Offenlassen der entsprechenden
Kontrollkästchen stillschweigend gegen ihre Erteilung ausgesprochen hat, wird
nunmehr mitgeteilt, dass sein Entschluss zur Teilnahme am Gewinnspiel mit dem
Verzicht auf die Einwilligungserklärung nicht vereinbar sei. Will er in dieser
Lage dem Schutz seiner Privatsphäre Vorrang einräumen, muss er seine bereits
getroffene Entscheidung zur Gewinnspielteilnahme revidieren; die erst zu diesem
Zeitpunkt offenbarte Kopplung führt also dazu, dass der Verbraucher durch
psychischen Druck zu einer Entscheidung - für die Abgabe seiner
Einwilligungserklärung - veranlasst wird, die er zunächst bewusst nicht treffen
wollte.
| Abs. 19 | Dies stellt - wie der Senat selbst feststellen kann - eine
unangemessene unsachliche, die freie Willensbildung der angesprochenen
Verbraucher beeinträchtigende Einflussnahme dar, die wettbewerbsrechtlich nicht
hinzunehmen ist. | Abs. 20 | c) Im Ergebnis ohne Erfolg macht die Beklagte geltend, dass die
Umstände des Streitfalles sich wesentlich von denen des Verfahrens 6 U 184/06
unterschieden.
| Abs. 21 | aa) Entgegen der Auffassung der Beklagten wird der Verbraucher im
Streitfall keineswegs von Anfang an und nicht einmal beim genauen Betrachten
der zweiten Internetseite gemäß der oben wiedergegebenen Bildschirmkopie zu (2)
darüber aufgeklärt, dass eine Gewinnspielteilnahme für ihn nur möglich ist,
wenn er die gewünschte Einwilligungserklärung abgibt. | Abs. 22 | Soweit die Beklagte darauf hinweist, dass der Verbraucher im
Parallelfall sogenannte mit einem Sternchenhinweis markierte "Pflichtfelder"
auszufüllen hatte, während hier gerade die "optionalen Angaben" mit einem
Sternchenhinweis gekennzeichnet seien, ist dies unerheblich. In beiden Fällen
bezogen sich die Sternchenhinweise auf die Felder, in die der Verbraucher seine
persönlichen Daten einzutragen hatte. Aus dem Umstand allein, dass im linken
Teil der Internetseite einzelne Felder als "optionale Angaben" bezeichnet sind,
wird er nicht den - für ihn fernliegenden - Umkehrschluss ziehen, dass es sich
dann bei den Kontrollkästchen im völlig anders gestalteten rechten Teil der
Seite um Pflichtangaben handeln müsse. Zudem handelt es sich bei der durch die
Kontrollkästchen vorgegebenen Auswahlmöglichkeit zwischen "ja" oder "nein"
überhaupt nicht im gleichen Sinne um "Angaben" wie bei den selbst
einzusetzenden Daten im linken Teil.
| Abs. 23 | Aus der Überschrift "Einfach ausfüllen und gewinnen!" folgt nichts
anderes. Diese befindet sich zwar genau über den Erklärungen auf dem rechten
Teil der Internetseite. Sie wird von einem durchschnittlich informierten und
situationsadäquat aufmerksamen Verbraucher aber nicht so verstanden, als sei
das Anklicken bestimmter - oder sogar aller - Kontrollkästchen notwendige
Bedingung für die Gewinnspielteilnahme.
| Abs. 24 | Im Gegenteil wird dem Verbraucher gerade durch die mittels
Kontrollkästchen eingeräumte Auswahlmöglichkeit suggeriert, er könne sich für
oder gegen die Abgabe der entsprechenden Erklärung entscheiden und dennoch am
Gewinnspiel teilnehmen. Unabhängig von der Frage, ob die Beklagte diesen
Eindruck sogar erwecken muss, damit die im Anklicken des Kontrollkästchens
liegende elektronische Erklärung des Verbrauchers als "bewusst und eindeutig
erteilt" im Sinne von § 13 Abs. 2 Nr. 1 TMG gewertet werden kann, wird der
Verbraucher beim Lesen des rechten Teils der Internetseite um so mehr annehmen,
dass es sich bei der Einwilligung in die Datenweitergabe und in die
Übermittlung von Werbesendungen um "freiwillige" Erklärungen handele, als ihm
dort für die Kommunikationswege sogar vier Möglichkeiten zur Auswahl geboten
und im Fließtext hinzu gesetzt wird: "Diese Angaben haben keinen Einfluss auf
die Wirksamkeit meiner Verträge ..." Undeutlich bleibt, um welche Verträge es
sich hierbei handelt: um den vermeintlich abzuschließenden Gewinnspielvertrag
oder die bestehenden Telekommunikationsverträge. Erst danach wird der
Verbraucher gefragt, ob er sich mit den Teilnahmebedingungen einverstanden
erklärt. Einem verständigen Verbraucher ist klar, dass ohne die Bejahung dieser
Frage - durch Anklicken des Kontrollkästchens - eine Gewinnspielteilnahme für
ihn nicht möglich sein wird. Er überträgt diese Erkenntnis aber nicht auf die
wesentlich umfangreichere vorangehende Erklärung, die zu bejahen er bis zu
diesem Zeitpunkt gerade vermieden hat. All dies führt dazu, dass eine
hinreichende Aufklärung, die den Verbraucher erst gar nicht in die oben
dargestellte psychisch schwierige Entscheidungssituation gelangen lässt, in
Wirklichkeit nicht stattfindet.
| Abs. 25 | bb) Erst recht wird die Lage des Verbrauchers nicht dadurch
entscheidend verbessert, dass er - wie in § 13 Abs. 2 Nr. 4, Abs. 3 S. 1 TMG
vorgeschrieben - im Fließtext der Einwilligungserklärung auf seine Möglichkeit
zum jederzeitigen Widerruf hingewiesen wird. | Abs. 26 | Durch die Möglichkeit zum nachträglichen Widerruf wird der mit der
Art und Weise der Internet-Verlosung aufgebaute psychologische Druck, der den
Verbraucher zur Erteilung seiner Einwilligung veranlassen soll, weder beseitigt
noch nennenswert vermindert. Im Gegenteil wird er - unter dem Einfluss des
aleatorischen Anreizes stehend - um so eher zur Abgabe der Erklärung bereit
sein, die ihm unerwartet als notwendige Bedingung der Gewinnspielteilnahme
abgefordert wird, wenn er beim Lesen des vorformulierten Textes erfährt, dass
er die Erklärung jederzeit widerrufen könne. Hat er sie aber einmal abgegeben,
um mitspielen zu können, müsste er selbst erneut aktiv werden, um den Widerruf
auszusprechen. Der von der Beklagten mit der Veranstaltung der Verlosung
erstrebte und erlangte Wettbewerbsvorteil liegt gerade darin, dass ein
beachtlicher Teil der Verbraucher den mit Mühen verbundenen Widerruf nicht von
sich aus aussprechen wird. | Abs. 27 | III. | | Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO. | Abs. 28 | Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §
708 Nr. 10, 711 ZPO. | Abs. 29 | Ein gesetzlicher Grund zur Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2
ZPO) liegt nicht vor. Die Entscheidung betrifft die tatrichterliche Anwendung
gesetzlicher Bestimmungen und allgemein anerkannter Rechtsgrundsätze auf den
Einzelfall. Für eine grundsätzliche Bedeutung der Sache ist ebenso wenig
ersichtlich wie für eine die Einheitlichkeit der Rechtsprechung gefährdende
Divergenz zu der von der Beklagten zwar angeführten, aber nicht im Wortlaut
mitgeteilten (unveröffentlichten) Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamburg
vom 22.11.2006 - 3 W 198/06. | Abs. JurPC Web-Dok. 200/2007, Abs. 30 |
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