| | Die Antragstellerin begehrt Prozesskostenhilfe für eine gegen die
Antragsgegner gerichtete Klage, mit der sie einen Unterlassungsanspruch aus §
97 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 UrhG sowie einen Anspruch auf Erstattung vorgerichtlich
entstandener Anwaltskosten in Höhe von 461,60 EUR geltend zu machen
beabsichtigt. | JurPC Web-Dok. 197/2007, Abs. 1 | Die Antragstellerin verfasste das Gedicht [Titel des Gedichts]. Mehrere
registrierte Nutzer des von den Antragsgegnern betriebenen Internetportals
"g....." gaben dieses Gedicht in ihren Profildarstellungen wieder; die
Antragstellerin wendet sich allein gegen die Veröffentlichung des Gedichts
durch die Nutzerin mit der Nummer ~7. Mit E-Mail vom 03.12.2006 (Bl 40 d.A.)
wies die Antragstellerin die Antragsgegner auf die Verwendung des von ihr
selbst im Internet veröffentlichten Gedichtes durch die im Einzelnen benannten
Nutzer hin und verlangte, den Gedichttext umgehend zu entfernen. Die
Antragsgegner wandten sich daraufhin mit Mail vom 04.12.2006 an die einzelnen
Nutzer und forderten sie dazu auf, "die entsprechenden Inhalte umgehend aus
deinem Userprofil zu entfernen. Andernfalls sehen wir uns gezwungen deinen
Account zu deaktivieren" (Bl 41 d.A.). Die Antragstellerin wurde über diese
Anschreiben informiert; in gleicher Weise hatten die Antragsgegner auch schon
auf frühere Hinweise darauf reagiert, dass einzelne Nutzer das Gedicht der
Antragstellerin in ihrem Lebensprofil verwendet hatten. Bei einer Nachkontrolle
am 12.12. wurden vier Nutzer, die das Gedicht noch nicht entfernt hatten,
nochmals auf den Verstoß hingewiesen. Bei einer weiteren Kontrolle am
01.01.2007 stellten die Antragsgegner fest, dass nur noch die Nutzerin ~7 das
Gedicht in ihrem Profil verwendete; die Administration der Antragsgegner
entfernte daraufhin das Gedicht aus dem Profil dieser Nutzerin. | Abs.
2 | Nach ihrer Aufforderung vom 04.12.2006 schaltete die
Antragstellerin ihre jetzige Prozessbevollmächtigte ein, wobei der Zugang eines
ersten Schriftsatzes vom 18.12.2006 mit der Aufforderung zur Abgabe einer
strafbewehrten Unterlassungserklärung streitig ist. Auf einen zweiten
Schriftsatz vom 30.12.2006 (Bl 27 d.A.), bei der Post eingeliefert am
03.01.2007, antworteten die Antragsgegner mit Schreiben vom 05.01.; sie
verweigerten die Abgabe der Unterlassungserklärung mit dem Hinweis darauf, dass
sie in adäquater Weise den Aufforderungen zur Entfernung des beanstandeten
Gedichts nachgekommen seien (Bl 46 f d.A.). | Abs. 3 | Mit Antragsschrift vom 29.01.2007 begehrt die Antragstellerin
Prozesskostenhilfe für einen Unterlassungsantrag, mit dem den Antragsgegnern
verboten werden soll, das Gedicht [Titel des Gedichts] auf der
Internetadresse www.g.....de mit der id ~7 öffentlich zugänglich zu machen,
sowie für einen Zahlungsantrag in Höhe von 461,60 EUR nebst
Rechtshängigkeitszinsen "zur Freistellung von der
Rechtsanwaltsgebührenforderung". | Abs. 4 | Mit Beschluss vom 09.08.2007 (Bl 48 ff d. A.) hat das Landgericht
den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe mit der Begründung
zurückgewiesen, dass die beabsichtigte Klage keine Aussicht auf Erfolg habe.
Gegen den ihr am 13.08.2007 zugestellten Beschluss hat die Antragstellerin am
24.08.2007 sofortige Beschwerde eingelegt, mit der sie ihren Antrag auf
Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die beabsichtigte Klage weiter verfolgt
(Bl 58 f d.A.). Das Landgericht hat der Beschwerde mit Beschluss vom 03.09.2007
nicht abgeholfen (Bl 61 f d.A.). | Abs. 5 | | Die sofortige Beschwerde ist gem. §§ 127 Abs. 2, 567, 569 ZPO
zulässig; in der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg. Das Landgericht hat es zu
Recht abgelehnt, der Antragstellerin Prozesskostenhilfe für die Klage zu
bewilligen, weil dieser die hinreichende Erfolgsaussicht fehlt (§ 114 ZPO), und
zwar sowohl in Bezug auf den Unterlassungs- (1.) als auch den Zahlungsantrag
(2.).
| Abs. 6 | 1. Der Antragstellerin steht der geltend gemachte
Unterlassungsanspruch aus § 97 Abs. 1 S. 1 UrhG nicht zu. Nachdem das Gedicht
der Antragstellerin aus dem Profil der Nutzerin ~7 entfernt wurde, richtet sich
der Unterlassungsantrag allein gegen künftige Verwendungen durch diese
Nutzerin. Dieser Unterlassungsanspruch ist jedoch nicht begründet, da die
Gefahr einer in der Verantwortung der Antragsgegner stehenden Rechtsverletzung
durch nochmalige Veröffentlichung des Gedichtes unter der Nummer ~7 nicht
gegeben ist. Die Antragsgegner sind nämlich nicht als Störer verantwortlich für
die inzwischen behobene Urheberrechtsverletzung, so dass diese Verletzung nicht
die tatsächliche Vermutung einer Wiederholungsgefahr begründen kann;
Anhaltspunkte für eine Erstbegehungsgefahr, an die eine vorbeugende
Unterlassungsklage anknüpfen könnte, sind weder ersichtlich noch dargetan. Im
Einzelnen:
| Abs. 7 | Wie vom Landgericht bereits zutreffend ausgeführt, worauf zur
Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird, setzt eine Haftung der
Antragsgegner als Störer jedenfalls für die ungenehmigte Vervielfältigung (§§
15 Abs. 1 Nr. 1, 16 UrhG) des Gedichtes durch die Nutzerin ~7 den Verstoß gegen
eine zumutbare Prüfungspflicht voraus. Kommt eine solche - präventive -
Kontrollpflicht vor Kenntnisnahme des Internetanbieters fremder Inhalte von dem
Urheberrechtsverstoß nicht in Betracht, wie es vorliegend in Ansehung der
Nutzerin ~7 außer Streit steht, dann muss er nachfolgend nach Kenntniserlangung
"unverzüglich tätig" werden, "um die Information zu entfernen oder den Zugang
zu ihr zu sperren" (§ 10 Nr. 2 TMG, wortgleich mit §§ 11 Nr. 2 TDG). Nach
inzwischen gefestigter Rechtsprechung des BGH finden die Haftungsprivilegien
der §§ 10 TMG bzw. 11 TDG zwar keine unmittelbare Anwendung auf den
urheberrechtlichen Unterlassungsanspruch; zur Begründung einer die
Störereigenschaft begründenden Garantenstellung nach Kenntnis von einer
rechtswidrigen Handlung wird jedoch die in §§ 10 Nr. 2 TMG bzw. 11 Nr. 2 TDG
normierte Pflicht zu unverzüglichem Handeln herangezogen (statt vieler BGH GRUR
2004, 860, 864 - Internet I). Vom Ergebnis her verlangt § 10 Nr. 2 TMG die
Sperrung oder Entfernung der rechtswidrigen Information, wobei der Anbieter
unverzüglich tätig werden muss. Die Unverzüglichkeit wiederum ist im Sinne
eines Verschuldens zu verstehen, so dass Zumutbarkeitsfragen eine Rolle
spielen. Geht es um die Verletzung nicht hochrangiger Rechtsgüter, kann der
Anbieter grundsätzlich zunächst den Nutzer zur Stellungnahme und Entfernung des
inkriminierten Inhaltes auffordern ( Spindler /Schmitz/ Geis, TDG, 2004, § 11
Rdn. 50 f, 55).
| Abs. 8 | Ausgehend hiervon ist eine Störereigenschaft der Antragsgegner
wegen Verletzung der Pflicht zu unverzüglicher Reaktion auf den ihnen zur
Kenntnis gebrachten Urheberrechtsverstoß nicht begründbar. Denn die
Antragsgegner sind unmittelbar nach Hinweis der Antragstellerin vom 03.12.
tätig geworden, indem sie am Folgetag die einzelnen Nutzer zur Entfernung des
Gedichtes aufforderten. Unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des
vorliegenden Falles durften die Antragsgegner die Aufforderung an die Nutzer
nach acht Tagen wiederholen, bis sie schließlich weitere 14 Tage später von
sich aus - da der Zugang des Schriftsatzes vom 18.12.2006 von der
beweispflichtigen Antragstellerin nicht nachgewiesen werden kann - das Gedicht
aus dem Profil der Nutzerin ~7 löschten; mit dieser Vorgehensweise sind sie
gerade noch im Rahmen dessen geblieben, was in zeitlicher Hinsicht bis zur
Entfernung der beanstandeten Information als pflichtgemäß zu akzeptieren ist.
| Abs. 9 | Bei der gebotenen Konkretisierung der Verhaltensanforderung des §
10 Nr. 2 TMG im dargestellten Sinne sind im Einzelnen folgende Umstände zu
berücksichtigen: Es handelt sich um eine äußerst geringfügige
Urheberrechtsverletzung, indem die Einbindung des Gedichtes in die individuell
erstellten Profile der jugendlichen Nutzer nicht nur weit jenseits jeglicher
Kommerzialisierung liegt, sondern sich sogar einer rein privaten Zwecksetzung
annähert, vergleichbar einer Wiedergabe des Gedichtes in den "Poesiealben" oder
"Freundschaftsbüchern" früherer Zeiten. Die Antragstellerin hat zu dieser
Verwendung des inhaltlich die Altersgruppe der 13-, 14-Jährigen ansprechenden
Gedichtes auch regelrecht eingeladen, indem sie dieses kopierbar auf ihrer
Internetseite darstellte, wie unwidersprochen von den Antragsgegnern
vorgetragen. Die von den Antragsgegnern gewählte Vorgehensweise, zunächst die
Nutzer selbst anzusprechen, um auf freiwilliger Basis eine Entfernung des
beanstandeten Inhaltes zu erreichen, genügte in der Vergangenheit den
Erwartungen der Antragstellerin; auch vorliegend wurde sie hiervon in Kenntnis
gesetzt, wobei zwangsläufig damit zu rechnen war, dass auf diesem Weg der
Verstoß nicht innerhalb weniger Tage zu beseitigen sein würde, da nicht jeder
private Nutzer regelmäßig E-Mail-Eingänge kontrollieren wird. Da schließlich
die Antragsgegner die Befolgung ihrer ersten Aufforderung vom 04.12.
kontrollierten, bis sie schließlich eingriffen und das Gedicht löschten, sind
sie insgesamt - im vorliegenden konkreten Fall - noch unverzüglich tätig
geworden.
| Abs. 10 | Dies bedeutet, dass die erfolgte Urheberrechtsverletzung durch die
Nutzerin ~7 nicht den Antragsgegnern als Störern anzulasten ist. Hieraus folgt
wiederum, dass bereits keine widerrechtliche Verletzung im Sinne des § 97 Abs.
1 S. 1 UrhG vorliegt, die eine Wiederholungsgefahr indizieren könnte, so dass
schon aus diesem Grund dem Unterlassungsanspruch keine Aussicht auf Erfolg
zukommt (§ 114 ZPO). Damit bedarf es keiner Vertiefung, ob im vorliegenden Fall
überhaupt die Regelannahme erlaubt ist, die vorangegangene rechtswidrige
Beeinträchtigung trage die tatsächliche Vermutung einer Wiederholungsgefahr, da
es hierfür kumuliert zweier rechtswidriger Verhaltensweisen bedürfte - einer
nochmaligen Verwendung des Gedichtes durch die Nutzerin ~7 und einer
verzögerten Reaktion der Antragsgegner; dies erscheint durchaus fraglich.
| Abs. 11 | 2. Auch dem Antrag auf Zahlung der außergerichtlichen
Anwaltskosten - sei er nun als Zahlungs- oder als Freistellungsantrag
auszulegen - kommt keine hinreichende Erfolgsaussicht zu. Nach der ständigen
Rechtsprechung des BGH sind Abmahnkosten nur dann gemäß § 683 BGB unter dem
Gesichtspunkt einer Geschäftsführung ohne Auftrag erstattungsfähig, wenn
berechtigterweise abgemahnt wurde (Palandt/Sprau, BGB, 65. Auflage, § 683 Rdn.
7 a m.w.N.), wobei zur Beurteilung auf die Sach- und Rechtslage bei Zugang der
entsprechenden Schreiben abzustellen ist. Von einer berechtigten Abmahnung kann
vorliegend keine Rede sein, da der Schriftsatz vom 18.12.2006, der bereits zum
Anfall der geltend gemachten Anwaltskosten führte, nicht nachweisbar zuging,
und bei Zugang des Schriftsatzes vom 30.12. das Gedicht aus dem Profil der
Nutzerin ~7 bereits entfernt worden war. Insbesondere aber erfolgte die
Einschaltung der jetzigen Prozessbevollmächtigten nach Maßgabe der
voranstehenden Ausführungen unter Ziff. 1 verfrüht, nämlich zu einem Zeitpunkt,
da den Antragsgegnern noch keine Verletzung ihrer Handlungspflicht nach
Kenntnisnahme von der Urheberrechtsverletzung vorgeworfen werden kann. Damit
kann die begehrte Erstattung der Anwaltskosten auch nicht auf Verzug (§ 286
Abs. 1 BGB) gestützt werden.
| Abs. 12 | Insgesamt war daher die sofortige Beschwerde mangels
Erfolgsaussicht der Klage zurückzuweisen.
| Abs. 13 | Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, da die
Antragstellerin die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens gemäß § 22 GKG,
1811 KV auch ohne besonderen Ausspruch zu tragen hat und Kosten der
Antragsgegner nicht erstattet werden (§ 127 Abs. 4 ZPO). | JurPC Web-Dok. 197/2007, Abs. 14 |
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