JurPC Web-Dok. 45/2000 - DOI 10.7328/jurpcb/20001511

Manzur Esskandari *

Rezension krit, EStR, LStR, KStR

JurPC Web-Dok. 45/2000, Abs. 1 - 35


Loseblattwerk in 2 Ordnern, DIN A5,
Grundwerk mit ca. 2.900 Seiten und CD-ROM, DM 148,-,
Stollfuß Verlag
ISBN 3-08-350600-7,
es erscheinen jährlich ca. 6 Aktualisierungen.
"Verwaltungsvorschriften (Verwaltungsanordnungen, Verwaltungsverordnungen) können einen Einzelfall betreffen, aber auch eine Vielzahl von Fällen. Auch wenn sie, wie häufig, eine Vielzahl von Fällen betreffen, sind sie keine Rechtsnormen. Sie sind nicht für die Staatsbürger, sondern nur für die Verwaltungsbehörden verbindlich." (Lang, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, 16. Auflage 1998, § 5 Rn. 20). Auch die Finanzgerichtsbarkeit hat grundsätzlich ausschließlich der Autorität des Gesetzes zu folgen.JurPC Web-Dok.
202/1999, Abs. 1
Aus der steuerberatenden Praxis sind die Steuerrichtlinien allerdings nicht nur nicht hinwegzudenken, sie stellen die steuerrechtliche Dogmatik beinahe auf den Kopf. In der Praxis beherrschen Verwaltungsanordnungen die Rechtswirklichkeit im Steuerrecht (vgl. Schick, Finanzrundschau 1983, 500).Abs. 2
Das Besteuerungsverfahren ist ein Massengeschäft. Formularmäßige Tätigkeit geht vor einzelfallbezogener Arbeit. Das Formulieren von typischen Sachverhalten, Erfahrungsregeln - seien diese erkannt oder einfach behauptet - drängen sich immer wieder vor das arbeitsintensive Einsteigen in einen individuellen Fall (vgl. hierzu auch Wassermeyer, Deutsche Steuer-Zeitung 1985, 159, 165). Weil dies im ersten Durchlauf der Veranlagung so ist, stellt im Grunde genommen das Einspruchsverfahren eher ein verlängertes Veranlagungsverfahren als ein Rechtsmittelverfahren dar. Denn wenn der Steuerbescheid ergangen ist und im Einzelfall besondere Aktivitäten des Finanzamtes gefordert werden, die eine Einzelfallbeurteilung ermöglichen, zwingt erst der Einspruch die Finanzverwaltung nicht nur zur Überprüfung des Ausgangsbescheides, sondern zur erstmaligen korrekten Rechtsanwendung. Die wenigsten Einspruchsentscheidungen werden deshalb mit der Klage zum Finanzgericht angefochten; im Durchschnitt sind es lediglich 2 bis 3 %.Abs. 3
Bedenkt man nun weiter, daß Finanzministerien und Oberfinanzdirektionen jährlich etwa 2.000 Verwaltungsvorschriften zu erlassen pflegen und derzeit insgesamt etwa 40.000 derartiger Verwaltungsvorschriften existieren, läßt sich erst die rechte Bedeutung dieses Rechts eigener Art für die tägliche Arbeit des steuerlichen Beraters begreifen.Abs. 4
Richtig ist sicherlich, daß der Behauptung, die Vielzahl der Verwaltungsvorschriften sei oft allein aus bürokratischer Reklamentiersucht und als Aktivitätsdemonstration der Oberbehörden zu erklären, nicht die Berechtigung abgesprochen werden kann. Doch gerade für den Bereich des steuerrechtlichen Alltagsgeschäfts darf die vereinheitlichende Wirkung von Verwaltungsvorschriften nicht übersehen werden. Diese trägt in einer Vielzahl von Fällen dazu mit bei, die gesetzlich geforderte Gleichmäßigkeit der Besteuerung zu gewährleisten. Die Finanzverwaltung und auch die steuerlichen Berater werden entlastet. Auch eine gewisse Erhöhung der Rechtssicherheit ist nicht zu verkennen; das Verhalten der Finanzbehörden wird voraussehbar.Abs. 5
Der Vorteil, daß durch Steuerrichtlinien steuerrechtliche Normen - die bekanntermaßen selten die nötige Eindeutigkeit in sich tragen - eine einheitliche Auslegung erfahren, ist allerdings aus der Sicht des Steuerbürgers mit einem entscheidenden Mangel behaftet. Denn die Richtliniengeber verfahren nach dem Grundsatz, im Zweifel für den Fiskus.Abs. 6
An dieser Stelle nun zeigt sich die Stärke von krit aus dem Hause Stollfuß. Das Werk selbst versteht sich als "Berater-Richtlinien". Vor der aufgezeigten Bedeutung der Steuerrichtlinien für die praktische Arbeit im Steuerrecht trägt dieser Titel einen hohen Anspruch in sich. Schon einmal vorweg gesagt: Das Werk wird seinem Anspruch auch gerecht.Abs. 7
Traditionell erschien krit in drei separaten Bänden. Seit diesem Jahr ist neu, daß der Stollfuß-Verlag krit zu einem einheitlichen Werk in Loseblattform zusammengefügt hat. Diese Darstellungsvariante hat nicht nur generell einige Vorteile für sich. Gerade im Bereich des Steuerrechts mit einer ausgesprochen kurzen Halbwertzeit der Normen kann diese Änderung nur als Vorteil gewertet werden und garantiert sicherlich ein Plus an jederzeitiger Aktualität. Als weitere Gewähr hierfür kündigt der Stollfuß Verlag jährlich 6 Aktualisierungen des Werkes an. Als konsequent und nicht nur vor dem Hintergrund der Aktualität, sondern sicherlich insgesamt auf der Höhe der Zeit, kann es bewertet werden, wenn der Verlag den gesamten Inhalt des Werkes auch auf beiliegender CD-ROM anbietet.Abs. 8
Als Autoren von krit fungieren bekannte Namen, die überwiegend aus der Finanzverwaltung und der Finanzgerichtsbarkeit stammen. Weil letzteres so ist, wird mitunter eingewandt, daß der Finanzverwaltung zugehörige Autoren nicht unbedingt zu einer kritischen Auseinandersetzung mit der offiziellen Verwaltungsmeinung prädestiniert seien; niemand könne mit zwei Zungen sprechen. Dieser Einwand wird aber nicht nur durch das Werk selbst und die dort sich mitunter deutlich von den Steuerrichtlinien absetzende Auffassung widerlegt. Übersehen wird nämlich auch, daß es sicherlich gerade diese Autorengruppe ist, die "ihre" Richtlinien am besten kennt. Die gründliche Kenntnis einer Materie ist nun aber sicherlich die beste Gewähr für eine fundierte und kritische Auseinandersetzung.Abs. 9
Der Aufbau des zweibändigen Loseblattwerkes selbst erfolgt in einzelnen Fächern. Das auf die verschiedenen Verzeichnisse (Fach A) folgende Fach B enthält die für die Bereiche Einkommen- und Lohnsteuer- sowie Körperschaftsteuerrecht maßgebenden Gesetzestexte (EStG und KStG) und die dazugehörigen Durchführungsverordnungen (EStDV, LStDV und KStDV). Im vorletzten Fach (Fach F) sind die für diesen Teil des Ertragssteuerrechts wichtigsten Nebengesetze und Verwaltungsanweisungen abgedruckt und kritisch kommentiert. Zu nennen sind hier insbesondere das Eigenheimzulagengesetz, der Mitunternehmererlaß (BMF-Schreiben vom 20.12.1977, IVB2-F2241-231/77, BStBl. I 1978, 8), das Umwandlungssteuergesetz und der Umwandlungssteuererlaß (BMF-Schreiben vom 25.3.1998, IVB7- S1978-21/98/ IVB2-S1909-33/98, BStBl. I 1998, 268). Das letzte Fach (Fach G) enthält ein ausführliches Stichwortverzeichnis.Abs. 10
Den Hauptteil des Werkes stellen die Fächer C bis E dar. Fach C enthält die Kommentierung der Einkommensteuerrichtlinien, Fach D die der Lohnsteuerrichtlinien und Fach E dementsprechend die der Körperschaftsteuerrichtlinien.Abs. 11
Die Kommentierung der Einkommensteuerrichtlinien ist unter zehn Autoren aufgeteilt. Dies tut der Geschlossenheit und Einheitlichkeit der Darstellung jedoch keinen Abbruch. Im Gegenteil wird eine in sich widerspruchsfreie und stringente Darstellung insgesamt dadurch erreicht, daß die Autoren der "Kern-Fächer" Fächer aus dem Anhang mitkommentieren, die der Sache nach zusammengehören. So behandelt Meier beispielsweise den Mitunternehmererlaß (Anhang 5), nachdem auch die Anmerkungen zu den Einkommensteuerrichtlinien zu §§ 15, 15 a EStG aus seiner Feder stammen. Gleiches gilt für Ramisch, der konsequenterweise das BMF-Schreiben vom 10.02.1998 (BStBl. I 1998, 190), welches sich mit Zweifelsfragen zum Eigenheimzulagengesetz und zum Vorkostenabzug bei einer nach dem Eigenheimzulagengesetz begünstigten Wohnung (§ 10 EStG) ebenso beschäftigt wie mit der Vorläufervorschrift zum Eigenheimzulagengesetz, § 10e EStG (Anhang 3), kommentiert.Abs. 12
Eine ebensolche Leistung vollbringt Posdziech, der nicht nur die gesamten Körperschaftsteuerrichtlinien kommentiert, sondern zudem den Umwandlungssteuererlaß (BMF-Schreiben vom 25.3.1998, BStBl. I 1998, 268) (Anhang 7).Abs. 13
Die Lohnsteuerrichtlinien schließlich werden von Fumi und Urban bearbeitet.Abs. 14
Insgesamt orientiert sich die Kommentierung der verschiedenen Richtlinien und Erlasse nicht nur an deren Aufbau und Vorgaben, sondern versucht eine eigene - in vielen Fällen muß man bedauerlicherweise sagen: überhaupt eine - Systematik in die Materie zu bringen. Durchgehend läßt sich dabei feststellen, daß die relevante Literatur und die BFH-Rechtsprechung nahezu vollständig in die Ausführungen eingearbeitet ist.Abs. 15
Die Darstellungen arbeiten in geeigneten Fällen mit der veranschaulichenden Wirkung von Beispielen. Dies bietet sich häufig dann an, wenn die steuerlichen Konsequenzen - rechnerisch - aufgezeigt werden sollen. Daneben werden eine Vielzahl von Gestaltungshinweisen gegeben.Abs. 16
Küppers (EStK 13/66 ff) nimmt beispielweise ausführlich Stellung zu den Voraussetzungen der betrieblichen Veranlassung einer Verbindlichkeit. Zutreffend weist er auf die BFH-Rechtsprechung hin, wonach es gewillkürte Betriebsschulden nicht gebe (vgl. BFH vom 17.4.1985, BStBl. II, 510, 512). Als Gestaltungshinweis macht er deshalb darauf aufmerksam, daß eine außerbetrieblich begründete Verbindlichkeit dadurch zu einer betrieblichen umqualifiziert werden kann, daß aus den Betrieb bare Mittel entnommen werden, mit ihnen die außerbetriebliche Verbindlichkeit getilgt und der Liquidationsbedarf des Betriebs durch die Aufnahme eines - nun betrieblichen - Darlehens gedeckt wird. In diesem Zusammenhang nennt Küppers die BFH-Rechtsprechung zum sogenannten Zweikonten- bzw. Dreikontenmodell (vgl. BFHGrS vom 8.12.1997, BStBl. II 1998, 193). Danach erfährt diese Gestaltungsvariante die ausdrückliche Billigung des BFH. Hinzuweisen wäre allerdings darauf gewesen, daß das vom großen Senat des BFH noch im Dezember 1997 ausdrücklich steuerlich anerkannte Zwei- oder Mehrkontenmodell durch die Neuregelungen in § 4 Abs. 4a EStG und § 9 Abs. 5 EStG durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 mit Wirkung für alle Schuldzinsen, die nach dem 31. Dezember 1998 wirtschaftlich entstehen (vgl. § 52 Abs. 11 EStG), für alle Einkunfts- und Gewinnermittlungsarten abgeschafft wurde. Hilfreich wäre es hier, wenn für die Zukunft Vorschläge für alternative Gestaltungsmöglichkeiten im Zusammenhang mit der Neuregelung gemacht werden würden. Man könnte beispielsweise an eine rechtzeitige Entnahme von Liquiditätsüberschüssen unter Vermeidung eines zeitlichen Zusammenhangs mit Betriebsausgaben und der Entstehung negativer Kontensalden denken.Abs. 17
Wie sich bei sorgfältiger Planung beim Erwerb eines Gebäudes oder Gebäudebestandteils sofort abzugsfähiger Erhaltungsaufwand durch das Vermeiden der Erhöhung von Anschaffungskosten erreichen läßt, beschreibt Küppers in EStK 32a/28. Nach der Entscheidung des BFH vom 17.12.1996 (BStBl. II 1997, 348) hat nämlich der Erwerber einer Wohnung Renovierungskosten, die der Veräußerer der Wohnung im Kaufvertrag in Rechnung stellt, als Bestandteil des Kaufpreises und damit als Anschaffungskosten der Wohnung anzusetzen. Zur Vermeidung dieser für den Erwerber ungünstigen Rechtsfolge empfiehlt Küppers deshalb zutreffend, derart rechtzeitig zu planen, daß die Renovierungsarbeiten entweder für Rechnung des Erwerbers oder direkt von diesem vorgenommen werden.Abs. 18
Wie sich eine von der Finanzverwaltung als Billigkeitsregelung gedachte Verwaltungsvorschrift zu Lasten des Steuerpflichtigen auswirken kann, darauf macht Küppers in EStK 43/2, 3 aufmerksam. Grundsätzlich ist es so, daß die Absetzungen für Abnutzung (AfA) nach § 7 EStG mit der Anschaffung oder Herstellung eines Wirtschaftsgutes beginnen (vgl. Drenseck, in: Schmidt, EStG, 18. Auflage 1999, § 7, Rn. 90). R 43 Abs. 2 EStR gewährt dem Steuerpflichtigen nun ein Wahlrecht in den Fällen, in denen bei der Errichtung eines zur unterschiedlichen Nutzung bestimmten Gebäudes zunächst ein zum Betriebsvermögen gehörender Gebäudeteil und danach ein zum Privatvermögen gehörender Gebäudeteil fertiggestellt wird. Danach hat der Steuerpflichtige einerseits die Möglichkeit, vorerst in die AfA-Bemessungsgrundlage des fertiggestellten Gebäudes die Herstellungskosten des noch nicht fertiggestellten Gebäudes einzubeziehen oder - andererseits - hierauf zu verzichten. Bezieht der Steuerpflichtige die Herstellungskosten des noch nicht fertiggestellten Gebäudeteils, welcher seinem Privatvermögen zuzuordnen ist - es mag sich um eine für eigene Zwecke zu nutzende Wohnung handeln -, in die AfA-Bemessungsgrundlage ein, so wird der auf den letztgenannten Teil entfallende Grund und Boden zunächst dem Betriebsvermögen zugeordnet. In diesem Fall kommt es aber bei der Fertigstellung des privaten Gebäudeteils zu einer Entnahme aus dem Betriebsvermögen, einschließlich des auf diesen Gebäudeteil entfallenden Grund und Bodens. Weil sich dies gewinnerhöhend auswirken kann, - so der ausdrückliche Hinweis von Küppers - sollten die steuerlichen Folgen vor der Ausübung des Wahlrechtes bedacht werden.Abs. 19
Wichtig ist auch der Hinweis von Rauh zur abzugsberechtigten Person bei den Sonderausgaben i.S.v. § 10 EStG. Angesprochen ist eine Konstellation, die häufiger auftritt und regelmäßig für Überraschungen bei den Betroffenen sorgt. Es ist dies beispielsweise der Fall, daß Eltern wegen des günstigen Schadensfreiheitsrabattes für ihre Kinder eine Kfz-Haftpflichtversicherung abschließen, die Zahlungen der Versicherungsprämien jedoch direkt von den Kindern erfolgen. H 86a EStR weist nun zur Bestimmung der abzugsberechtigten Person derartiger Versicherungsprämien als Sonderausgaben auf die Entscheidung des BFH vom 8.3.1995 (BStBl. II 1995, 637) hin. Danach können Aufwendungen nur dann abgezogen werden, wenn diese auf eigenen Verpflichtungen des Steuerpflichtigen beruhen und von ihm selbst entrichtet werden (sogenanntes Schuldnerprinzip). In der genannten Konstellation können deshalb weder die Eltern, noch die Kinder die Versicherungsprämien als Sonderausgaben in Ansatz bringen. Denn die Eltern zahlen die Prämien nicht selbst, den Kindern fehlt es an einer eigenen Verpflichtung zur Zahlung. Zutreffend weist Rauh deshalb darauf hin, daß ein derartiger abgekürzter Zahlungsweg zwingend zu vermeiden ist. Bei solchen Zahlungsübernahmen müssen deshalb zur Erhaltung des Sonderausgabenabzugs die für die Zahlung der Prämien erforderlichen Geldbeträge nicht direkt der Versicherung, sondern dem Versicherungsnehmer zugeleitet werden, damit dieser dann seine eigene Schuld begleichen kann.Abs. 20
Eine konkrete Rechtsbehelfsempfehlung gibt Meier im Hinblick auf das BMF-Schreiben vom 28.4.1998, BStBl. I 1998, 583. Dieses BMF-Schreiben zeigt ausführlich die ertragssteuerlichen Folgen der neuesten Rechtsprechung des BFH zur mitunternehmerischen Betriebsaufspaltung (vgl. BFH vom 23.4.1996, BStBl. II 1998, 325). In der genannten Entscheidung hatte der BFH unter Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung die Auffassung vertreten, bei einer Betriebsaufspaltung habe die Qualifikation des überlassenen Vermögens als Betriebsvermögen der Besitzpersonengesellschaft sowie der Einkünfte aus der Verpachtung dieses Vermögens als gewerbliche Einkünfte der Gesellschafter der Besitzpersonengesellschaft Vorrang vor der Qualifikation des Vermögens als Sonderbetriebsvermögen und der Einkünfte aus der Verpachtung als Sonderbetriebseinkünfte der Gesellschafter bei der Betriebspersonengesellschaft. Unter Ziff. 4 des genannten Schreibens äußert sich der BMF nun zu der erstmaligen Anwendung dieser Rechtsprechung zur Betriebsaufspaltung zwischen Schwesterpersonengesellschaften. Wurde bisher nach einer Rechtsprechungsänderung auf Antrag die bisherige Rechtsprechung für einen Übergangszeitraum oder für bereits verwirklichte Gestaltungen weiter angewandt, so soll nach Auffassung der Verwaltung nunmehr die bisherige Rechtsprechung von Amts wegen auf Wirtschaftsjahre angewandt werden, die vor dem 1.1.1999 beginnen. In diesen Wirtschaftsjahren soll die neue Rechtsprechung lediglich auf Antrag Anwendung finden. Ein solcher Antrag soll nach dem BMF-Schreiben nur einheitlich für alle vor dem 1.1.1999 beginnenden Wirtschaftsjahre (gemeint ist wohl, soweit die entsprechenden Veranlagungen nach den Vorschriften der AO noch änderbar sind, vgl. Meier, EStK 15/65), für alle Steuerarten und für alle Beteiligten gestellt werden.Abs. 21
Meier weist darauf hin, daß es wohl nicht möglich sein dürfte, die Anwendung geltenden Rechts von einem Antrag abhängig machen zu wollen. Er stellt die Überlegung an, daß eine (Sprung-)Klage Erfolg versprechen könne, wenn die Finanzverwaltung die Anwendung der neuen Rechtsprechung mit der Begründung verweigere, es sei kein einheitlicher Antrag gestellt.Abs. 22
Die Bearbeitungsschwerpunkte von Fumi und Urban zu den Lohnsteuerrichtlinien orientieren sich an den traditionellen Knackpunkten in der Praxis in diesem Bereich. Genannt seien hier die Bewertung der Sachbezüge (§ 8 Abs. 2 EStG), die in R 31 LStR behandelt werden. Hier wie auch im übrigen zeichnen sich die kritischen Anmerkungen von Fumi und Urban durch die zahlreichen Beispielsfälle und die in geeigneten Fällen angebrachten Gestaltungshinweise aus. Dies läßt sich ebenfalls festmachen in R 33 LStR, dem Abschnitt, der sich mit den Werbungskosten i.S.d. § 9 EStG beschäftigt. Ausführlich und nahezu abschließend wird beispielsweise R 41 LStR behandelt. Dieser Abschnitt der Lohnsteuerrichtlinien führt aus, unter welchen Voraussetzungen und in welchem Umfang Umzugskosten als Werbungskosten steuerlich in Ansatz gebracht werden können. Die eher unsystematische und gerade im Hinblick auf die Art der relevanten Kosten lückenhafte Darstellung der Richtlinien wird durch die Ausführungen von Fumi und Urban in LStK 41/1 ff nicht nur ergänzt, sondern erfährt eine eigene Systematik. Gleiches läßt sich sagen für die Ausführungen in LStK 42: Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte. Zu Recht machen Fumi und Urban darauf aufmerksam, daß die Finanzgerichte gerade nicht an die hier stark typisierenden Verwaltungsvorschriften zur Bestimmung des Lebensmittelpunkts des Steuerpflichtigten gebunden sind. Wo eine Person den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen hat, wird bestimmt durch die persönlichen Beziehungen zu dem Ort und die Art und Weise, wie die Beziehungen aufrechterhalten werden (vgl. BFH vom 13.12.1985, BStBl. II 1986, 221). In diesem Bereich können Typisierungen immer nur einen ersten Anhalt geben; ob eine Person persönliche Beziehungen zu einem Ort tatsächlich hat, kann in der Regel immer nur im konkreten Einzelfall beurteilt werden. Hier besteht deshalb einiger Argumentationsspielraum für den Steuerpflichtigen und seinen Berater.Abs. 23
Der Lebensmittelpunkt des Steuerpflichtigen spielt eine weitere Rolle für die Anerkennung von Kosten im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung (vgl. hierzu: R 43 LStR. Auch hierzu liefern Fumi und Urban wieder zahlreiche Argumentationshilfen (vgl. LStK 43/12 ff).Abs. 24
Zutreffend weisen Fumi und Urban auch darauf hin (LStK 45/1), daß die Verweisung in H 45 LStR (Allgemeine Grundsätze) auf das BMF-Schreiben vom 16.6.1998 (BStBl. I 1998, 351) insofern irreführend ist, als daß sich das BMF-Schreiben mit der gesetzlichen Arbeitszimmerregelung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 b (i.V.m. § 9 Abs. 5) EStG und nur am Rande mit den allgemeinen Grundsätzen zur Anerkennung eines häuslichen Arbeitszimmers beschäftigt.Abs. 25
In den meisten Fällen kommt es allerdings für die Veranlagungszeiträume ab 1996 auf die Frage, ob ein Raum als steuerliches Arbeitszimmer anzuerkennen ist, nicht mehr an, da die Nichtabzugsfähigkeit der Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer gesetzlicher Regelfall geworden ist.Abs. 26
Bei der Kommentierung der Körperschaftsteuerrichtlinien, die - wie bereits erwähnt - komplett aus der Feder von Posdziech stammt, seien die Anmerkungen zu Abschnitt 31 der KStR 31 hervorgehoben. Abschnitt 31 KStR ist der verdeckten Gewinnausschüttung nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG gewidmet. Diese Vorschrift, die so schlicht daherkommt: "Auch verdeckte Gewinnausschüttungen (...) mindern das Einkommen nicht", ist sicherlich der zentrale Streitpunkt im Körperschaftsteuerrecht. Wenn man bedenkt, daß der Becksche Kurzkommentar zum KStG mit ca. 700 Seiten eine ungefähr 100-seitige schon fast monographische Abhandlung über die verdeckte Gewinnausschüttung von Streck enthält, läßt sich die Bedeutung der Kommentierung von Posdziech in KStK 31/1 ff mit gut 55 Seiten recht einordnen. An den Richtlinien in Abschnitt 31 KStR entlang, gelingt es Posdziech, eine geschlossene Darstellung der Voraussetzungen und Folgen einer verdeckten Gewinnausschüttung aufzuzeigen. Die Darstellung gewinnt an Klarheit dadurch, daß an geeigneten Stellen erläuternde Beispiele eingearbeitet werden. Die eigene Erfahrung und Kompetenz schlägt sich auch hier in den zahlreichen Gestaltungshinweisen nieder.Abs. 27
Es ist beispielsweise bekannt, daß die wenigsten Gesellschaften mit beschränkter Haftung tatsächlich nach den gesetzlichen Vorgaben geführt werden. Anfällig hierfür sind insbesondere solche Gesellschaften, bei denen es sich faktisch um eine Einmanngesellschaft handelt. In diesen Fällen, in denen ein beherrschender Gesellschafter gleichzeitig Geschäftsführer der GmbH ist, muß derzeit nach Abschnitt 31 Abs. 5 Satz 6 KStR zivilrechtlich wirksam im voraus klar und eindeutig vereinbart werden, ob der beherrschende Gesellschafter für eine Leistung an seine Gesellschaft einen gesellschaftsrechtlichen oder einen schuldrechtlichen Ausgleich sucht. Bei einer fehlenden Vereinbarung sind die Vergütungen, die die GmbH dem beherrschenden Gesellschafter oder einer ihm nahestehende Person für seine Leistungen gewährt, indiziell verdeckte Gewinnausschüttungen (Posdziech, KStK 31/136). Aus diesem Grund weist Posdziech zur Gestaltung derartiger Vereinbarungen auf zweierlei hin: Zum einen empfiehlt er, nicht nur sämtliche Tätigkeitsvergütungen einschließlich der Sachbezüge und Sozialleistungen, sondern auch alle anderen Vergütungen für Leistungen des beherrschenden Gesellschafters oder einer ihm nahestehenden Person im voraus eindeutig klar und schriftlich zu vereinbaren (KStK 31/137). Zum anderen rät er, sämtliche Schriftformklauseln in schuldrechtlichen Vereinbarungen zwischen Kapitalgesellschaft und zumindest ihrem beherrschenden Gesellschafter ersatzlos zu streichen (KStK 31/142). Auf diese Weise wird nämlich erreicht, daß im Einzelfall eine auch steuerlich anzuerkennende mündliche Vereinbarung belegbar ist. Und zwar kommt es bei einer mündlich geschlossenen Vereinbarung für die steuerliche Anerkennung darauf an, ob der mündliche Abschluß des Vertrages und sein Inhalt nachgewiesen werden können (vgl. Abschnitt 31 Abs. 5 Satz 9 KStR). Solange eine Schriftformklausel jedoch mündliche Abreden gänzlich als wirkungslos betrachtet, ist der Nachweis einer mündlichen Vereinbarung von vornherein ausgeschlossen.Abs. 28
Wie eingangs bereits erwähnt, liefert der Stollfuß-Verlag das Loseblattwert krit mit einer CD aus, die das gesamte Werk umfaßt. Die CD ist dabei nicht nur eine Art Zugabe zu der Schriftausgabe, sondern bietet vor allem einige eigenständige Funktionen an.Abs. 29
Im Einzelnen:
Die Installation der CD erfolgt ohne Schwierigkeiten. Sie ist im wesentlichen selbsterklärend und dürfte auch dem Ungeübten keinerlei Schwierigkeiten bereiten. Der Inhalt der CD wird bei der Installation komplett auf die Festplatte kopiert. Für das Arbeiten mit krit am PC ist es deshalb erfreulicherweise nicht erforderlich, daß sich die CD im Laufwerk befindet.
Abs. 30
Zur Suche bietet das Programm zunächst ein Inhaltsverzeichnis, welches sich an den Fächern A bis F und innerhalb dieser Fächer wiederum an den einzelnen Abschnitten der Richtlinien orientiert. Eine Suche ist des weiteren auch über den Index möglich. Dieser entspricht dem Sachverzeichnis des Loseblattwerkes. Schließlich kann über Suchbegriffe, von denen maximal drei miteinander kombiniert werden können, wahlweise im Gesamtwerk oder in Teilbereichen von krit direkt gesucht werden. Interessant hierbei ist, daß sich die Suche auch thematisch nach den verschiedensten Steuerarten beschränken läßt.Abs. 31
Einen deutlichen Vorteil der CD gegenüber dem Loseblattwerk stellt die Möglichkeit dar, die Suche auf Veröffentlichungen im Bundessteuerblatt zu erstrecken bzw. zu beschränken. Denn in die CD-Version von krit sind alle Fundstellen aus dem Bundessteuerblatt, auf die in den Richtlinien Bezug genommen wird, eingespeist. Dies gilt sowohl für die Rechtsprechung des BFH, als auch für Schreiben des BMF. Vor diesem Hintergrund ist es dann schon beinahe als selbstverständlich zu werten, wenn ein direkter Zugriff auf den Text der Normen besteht, die in den Richtlinien angesprochen werden.Abs. 32
Insgesamt ist die CD-Version von krit ebenso schnörkellos im Layout, wie effizient in der Funktionsweise. Das Ausdrucken von Dokumenten bereitete auf Anhieb keinerlei Schwierigkeiten. Für das Wiederauffinden von Textstellen lassen sich Lesezeichen setzen und Anmerkungen schreiben. Die Anmerkungen lassen sich in einer gesonderten Datei ablegen. So dürfte es auch möglich sein, daß mehrere Nutzer, die mit dem Programm arbeiten, ihre Anmerkungen getrennt voneinander halten.Abs. 33
Innerhalb der Dokumente läßt sich auf einfachste Weise vor- und zurückblättern. Mittels der Funktion "Kopieren" kann eine ganze Seite bzw. ein ausgewählter Bereich in die Zwischenablage kopiert und auf diese Weise in - beispielsweise - einer Textverarbeitung weiter bearbeitet werden. So, wie sich innerhalb verschiedener Dokumente vor- und zurückblättern läßt, ist auch ein Vor- und Zurückgehen innerhalb einer mittels der Suchfunktion gefundenen Trefferliste möglich. Interessant ist schließlich noch die Funktion "Zitieren in". Diese ermöglicht die Darstellung aller Dokumente, in denen auf das aktuelle Dokument verwiesen wird und kann so manche Anregung geben.Abs. 34
Zusammenfassend läßt sich somit sagen, daß krit (Loseblatt und CD) nicht nur nach Art und Qualität der Darstellung ein vorzügliches Hilfsmittel für jeden darstellt, der sich bei seiner täglichen Arbeit mit den Richtlinien der Finanzverwaltung beschäftigen muß. Vor allem die neue Form des Loseblattwerkes bietet Vorteile im Hinblick auf aktuelleste Informationen. Als weiteres deutliches Plus ist die neu hinzugekommene CD-Version zu bewerten. Gerade bei der Suche nach Textstellen oder Entscheidungen der Rechtsprechung wird diese die Arbeit erleichtern.
JurPC Web-Dok.
202/1999, Abs. 35
* Rechsanwalt Manzur Esskandari ist Mitglied der Rechtsanwalts- und Notariatskanzlei Roling, Toennes, Klages in Osnabrück.
[online seit: 03.01.2000]
Zitiervorschlag: Autor, Titel, JurPC Web-Dok., Abs.
Zitiervorschlag: Esskandari, Manzur, Rezension krit, EStR, LStR, KStR - JurPC-Web-Dok. 0045/2000