JurPC Web-Dok. 127/1999 - DOI 10.7328/jurpcb/1999147124

BGH, Urteil vom 15. Oktober 1998

I ZR 120/96

Möbelklassiker

JurPC Web-Dok. 127/1999, Abs. 1 - 31


UrhG § 97 Abs. 1 Satz 1

Leitsatz

Die urheberrechtliche Störerhaftung von Personen, die nicht selbst die rechtswidrige Nutzungshandlung vorgenommen haben, setzt - wie die wettbewerbsrechtliche Störerhaftung Dritter - die Verletzung von Prüfungspflichten voraus. Dementsprechend haftet ein Presseunternehmen wegen des Abdrucks von Anzeigen mit urheberrechtsverletzendem Inhalt - ebenso wie bei der Veröffentlichung wettbewerbswidriger Anzeigen - nur in Fällen grober, unschwer zu erkennender Verstöße.

Tatbestand

Die Klägerin ist - für den Fall des Bestehens von Urheberrechtsschutz - Inhaberin der ausschließlichen Nutzungsrechte an Möbelmodellen, die Le Corbusier entworfen hat (u.a. den Modellen LC 1 bis LC 4, LC 6 bis LC 8).JurPC Web-Dok.
127/1999, Abs. 1
In der Tageszeitung "R.", deren Verlegerin die Beklagte ist, erschien in der Ausgabe vom 26. Februar 1993 eine Anzeige des italienischen Unternehmens "C. M. SRL" (im folgenden: "C. M."), in der unter der Überschrift "Klassiker - Direkt in Italien bestellen" auch die Möbelmodelle LC 2, LC 4 und LC 6 abgebildet und angeboten wurden.Abs. 2
Die Klägerin erwirkte daraufhin gegen die "C.M." eine am 3. März 1993 erlassene einstweilige Verfügung des Landgerichts Frankfurt am Main, die diesem Unternehmen untersagte,

"Nachbildungen (Plagiate) der Le Corbusier Möbelmodelle LC 1 (kleiner Sessel), LC 2 (Sofa), LC 4 (Liege), LC 6 (Tisch), ... in Deutschland anzukündigen, zu bewerben, feilzuhalten und/oder in Verkehr zu bringen."

Abs. 3
Mit Anwaltsschreiben vom 9. März 1993 wandte sich die Klägerin wegen der Werbeanzeige der "C.M." in der "R." vom 26. Februar 1993 auch an die Beklagte. Sie teilte ihr mit, sie habe die urheberrechtlichen Nutzungsrechte an den Möbelmodellen LC 2, LC 4 und LC 6 erworben; die in der Anzeige beworbenen Modelle seien Plagiate. Die Klägerin forderte die Beklagte auf, sich strafbewehrt u.a. zu verpflichten, es zu unterlassen, Werbeanzeigen der "C.M." zu veröffentlichen, "die Plagiate von Le Corbusier ... Möbelmodellen, beispielsweise der Le Corbusier Möbelmodelle LC 2 (Sofa), LC 4 (Liege), LC 6 (Tisch) ... zum Gegenstand haben ...".Abs. 4
Mit einem weiteren Anwaltsschreiben vom 19. März 1993 mahnte die Klägerin die Abgabe der Unterlassungserklärung an und verwies dabei auf die gegen "C.M." erwirkte einstweilige Verfügung, deren Inhalt sie - auf entsprechende Bitte - der Beklagten auch in Kopie mitteilte.Abs. 5
In der Ausgabe der "R." vom 26. März 1993 erschien erneut eine Anzeige der "C.M.". Diese entsprach nach Inhalt und Gestaltung weitgehend der Anzeige vom 26. Februar 1993, enthielt jedoch - anders als diese - keine Abbildungen der Modelle LC 2, LC 4 und LC 6, weil die Beklagte die Veröffentlichung einer solchen Anzeige abgelehnt hatte.Abs. 6
Eine weitere Anzeige der "C.M." erschien in der "R." vom 18. Mai 1993. Darin bewarb sie "Klassiker"-Möbelmodelle, in diesem Fall u.a. das als Ein- und Zweisitzer abgebildete Modell LC 3 von Le Corbusier.Abs. 7
Unter der Überschrift "Müssen Klassiker teuer sein?" erschien in der "R." vom 7. Juni 1994 erneut eine Anzeige der "C.M.". Diese Anzeige nahm weder im Text noch in den Abbildungen ausdrücklich auf Möbelmodelle von Le Corbusier Bezug.Abs. 8
Die Klägerin wirft der Beklagten vor, durch Veröffentlichung der Anzeigen der "C.M." deren Urheberrechtsverletzungen und wettbewerbswidrige Handlungen gefördert zu haben. Sie hat beantragt,Abs. 9
die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, Werbeanzeigen der Firma "C.M.", "I- F.", zu veröffentlichen, die Nachbildungen von Le Corbusier Möbelmodellen zum Gegenstand haben, insbesondere die in der "R." vom 26. Februar und 18. Mai 1993 abgedruckten Werbeanzeigen erneut zu veröffentlichen.Abs. 10
Die Beklagte hat demgegenüber die Ansicht vertreten, bei der Veröffentlichung von Anzeigen beschränke sich ihre Prüfungspflicht auf grobe, leicht erkennbare und eindeutige Verstöße gegen gesetzliche Vorschriften. Diese Pflicht habe sie nicht verletzt.Abs. 11
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Gegen dieses Urteil hat die Beklagte Berufung eingelegt. Die Klägerin hat dazu beantragt, die Berufung mit der Maßgabe zurückzuweisen, daß der Beklagten insbesondere untersagt wird, die in der "R." vom 26. Februar und 18. Mai 1993 sowie vom 7. Juni 1994 abgedruckten Werbeanzeigen erneut zu veröffentlichen. In der letzten mündlichen Berufungsverhandlung hat sich die Beklagte verpflichtet, "es zu unterlassen, Werbeanzeigen zu veröffentlichen, die unschwer erkennbar Abbildungen von Le Corbusier-Möbeln zum Gegenstand haben".Abs.12
Das Berufungsgericht hat ausgesprochen, daß die Beklagte verpflichtet sei, es zu unterlassen, Werbeanzeigen der "C.M." zu veröffentlichen, die Nachbildungen der Le Corbusier Möbelmodelle LC 1 (Sessel), LC 2 (Sessel, Sofa/Zwei- und Dreisitzer), LC 3 (Sessel, Sofa/Zweisitzer), LC 4 (Liege), LC 6 (Tisch), LC 7 (Armlehndrehstuhl) und/oder LC 8 (Hocker) zum Gegenstand haben, insbesondere die in der "R." vom 26. Februar 1993, 18. Mai 1993 und 7. Juni 1994 abgedruckten Werbeanzeigen erneut zu veröffentlichen. Den weitergehenden Klageantrag hat das Berufungsgericht abgewiesen und im übrigen die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.Abs. 13
Mit ihrer Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf volle Klageabweisung weiter. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.Abs. 14

Entscheidungsgründe

I. Das Berufungsgericht hat die Beklagte gemäß § 97 Abs. 1 Satz 1 UrhG als Teilnehmerin an einer Urheberrechtsverletzung zur Unterlassung verurteilt. Das Verbot sei allerdings auf diejenigen Möbelmodelle von Le Corbusier zu beschränken, an denen die Klägerin die ausschließlichen Nutzungsrechte erworben habe und welche die "C.M." nach ihrem Prospekt tatsächlich angeboten habe. Diese - im Tenor des Berufungsurteils benannten Modelle - seien urheberrechtlich geschützt.Abs. 15
Ein Verleger hafte für die Veröffentlichung einer Anzeige, in der Plagiate feilgehalten würden, unter dem Gesichtspunkt der Beihilfe, falls die Pflicht zur Prüfung, ob die Anzeige einen gesetzwidrigen Inhalt habe, verletzt worden sei. Die Prüfungspflicht beziehe sich regelmäßig nur auf grobe, für Verleger oder Redakteur unschwer zu erkennende Verstöße.Abs. 16
Die Veröffentlichung der Anzeige in der Ausgabe vom 26. Februar 1993 habe danach noch keinen Unterlassungsanspruch begründet, weil die mit ihr verbundene Urheberrechtsverletzung erst nach eingehender urheberrechtlicher Prüfung erkennbar gewesen sei. Die Beklagte sei aber unter dem Gesichtspunkt der Erstbegehungsgefahr zur Unterlassung zu verurteilen, weil sie trotz der ihr mitgeteilten Umstände auch im Rechtsstreit darauf beharrt habe, sie sei zur erneuten Veröffentlichung der Anzeigen vom 26. März und 18. Mai 1993 befugt. Der Abdruck der Anzeige vom 7. Juni 1994 habe zudem die Wiederholungsgefahr begründet.Abs. 17
Wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche seien dagegen nicht gegebenAbs. 18
II. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision der Beklagten hat Erfolg. Der Klägerin steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch auch in dem eingeschränkten Umfang, in dem das Berufungsgericht ihn zugesprochen hat, nicht zu.Abs. 19
1. Das Berufungsgericht ist im Ansatz zutreffend davon ausgegangen, daß der Inhaber der ausschließlichen Nutzungsrechte an einem urheberrechtlich geschützten Werk von einem Verleger Unterlassung verlangen kann, der durch Veröffentlichung einer Zeitungsanzeige, in der Vervielfältigungsstücke widerrechtlich der Öffentlichkeit angeboten werden, Beihilfe zur Urheberrechtsverletzung begangen hat (§ 97 Abs. 1, § 17 Abs. 1 UrhG). Unter diesem Gesichtspunkt steht der Klägerin jedoch der geltend gemachte Unterlassungsanspruch schon deshalb nicht zu, weil weder festgestellt noch auch nur vorgetragen ist, daß die Beklagte zu einer fremden Urheberrechtsverletzung schuldhaft Hilfe geleistet hat.Abs. 20
2. Unabhängig von der Haftung für Täterschaft und Teilnahme kann aber auch im Urheberrecht derjenige als Störer zur Unterlassung verpflichtet sein, der in irgendeiner Weise - sei es auch ohne Verschulden - willentlich und adäquat kausal zu einer Urheberrechtsverletzung beigetragen hat (§ 97 Abs. 1 Satz 1 UrhG; Schricker/Wild, Urheberrecht, § 97 Rdn. 41; v. Gamm, Urheberrechtsgesetz, § 97 Rdn. 20). Dabei kann als Mitwirkung auch die Unterstützung oder Ausnutzung der Handlung eines eigenverantwortlich handelnden Dritten genügen, sofern der in Anspruch Genommene die rechtliche Möglichkeit zur Verhinderung dieser Handlung hatte (vgl. dazu - zum Unterlassungsanspruch gegen einen Störer im Wettbewerbsrecht - BGH, Urt. v. 10.10.1996 - I ZR 129/94, GRUR 1997, 313, 315 = WRP 1997, 325 - Architektenwettbewerb, m.w.N.).Abs. 21
(1) Nach Ansicht des Berufungsgerichts hat die Beklagte durch Veröffentlichung von Anzeigen der "C.M." dazu beigetragen, daß diese widerrechtlich die ausschließlichen Nutzungsrechte der Klägerin an den im Tenor des Berufungsurteils genannten Möbelmodellen, die Le Corbusier geschaffen hat, verletzen konnte. Die Revision rügt, das Berufungsgericht habe keine ausreichenden Feststellungen dazu getroffen, ob diese Möbelmodelle die Schutzvoraussetzungen von Werken der angewandten Kunst erfüllen (§ 2 Abs. 1 Nr. 4 UrhG; vgl. dazu auch BGH, Urt. v. 10.12.1986 - I ZR 15/85, GRUR 1987, 903 - Le Corbusier-Möbel). Diese Frage kann jedoch offenbleiben, weil jedenfalls die sonstigen Voraussetzungen der Störerhaftung nicht gegeben sind.Abs. 22
(2) Ebenso wie die wettbewerbsrechtliche Störerhaftung nicht über Gebühr auf Dritte, die dem fraglichen Verbot nicht selbst unterworfen sind, erstreckt werden darf (vgl. dazu BGH GRUR 1997, 313, 315 f. - Architektenwettbewerb), dürfen auch in die - nicht von einem Verschulden abhängige - Störerhaftung nach § 97 Abs. 1 Satz 1 UrhG nicht über Gebühr Personen, die nicht selbst die rechtswidrige Nutzungshandlung vorgenommen haben, einbezogen werden. Die Bejahung der Störerhaftung Dritter nach § 97 Abs. 1 Satz 1 UrhG setzt deshalb wie die wettbewerbsrechtliche Störerhaftung Dritter die Verletzung von Prüfungspflichten voraus. Wer nur durch Einsatz organisatorischer oder technischer Mittel an der von einem anderen vorgenommenen urheberrechtlichen Nutzungshandlung beteiligt war, muß demgemäß, wenn er als Störer in Anspruch genommen wird, ausnahmsweise einwenden können, daß er im konkreten Fall nicht gegen eine Pflicht zur Prüfung auf mögliche Rechtsverletzungen verstoßen hat. So muß er insbesondere geltend machen können, daß ihm eine solche Prüfung nach den Umständen überhaupt nicht oder nur eingeschränkt zumutbar war (vgl. dazu - zum Wettbewerbsrecht - BGH GRUR 1997, 313, 316 - Architektenwettbewerb; Gloy/Ahrens, Handbuch des Wettbewerbsrechts, 2. Aufl., § 58 Rdn. 62 ff.; vgl. dazu weiter - zum Urheberrecht - BGH, Urt. v. 9.6.1983 - I ZR 70/81, GRUR 1984, 54, 55 - Kopierläden; Braun, ZUM 1990, 487, 490 f.).Abs. 23
Dementsprechend wird die wettbewerbsrechtliche Störerhaftung des Zeitungs- und Zeitschriftengewerbes im Anzeigengeschäft in ständiger Rechtsprechung nur unter besonderen Voraussetzungen bejaht. Um die tägliche Arbeit von Presseunternehmen nicht über Gebühr zu erschweren und die Verantwortlichen nicht zu überfordern, obliegt diesen keine umfassende Prüfungspflicht. Vielmehr haftet ein Presseunternehmen für die Veröffentlichung wettbewerbswidriger Anzeigen nur im Fall grober, unschwer zu erkennender Verstöße (vgl. BGH GRUR 1997, 313, 316 - Architektenwettbewerb, m.w.N.). Diese Grundsätze gelten im Anzeigengeschäft der Presse auch insoweit, als es um die Störerhaftung wegen des Abdrucks von Anzeigen mit urheberrechtsverletzendem Inhalt geht.Abs. 24
(3) Das Berufungsgericht hat dies nicht verkannt. Seine Beurteilung, daß gleichwohl unter den Umständen des vorliegenden Falles eine Störerhaftung des beklagten Verlags anzunehmen sei, hält jedoch den Revisionsangriffen nicht stand.Abs. 25
Die Veröffentlichung der ersten Anzeige der "C. M." in der Ausgabe der "R." vom 26. Februar 1993 hat, wie vom Berufungsgericht zutreffend entschieden, keine Störerhaftung der Beklagten begründet. Die Beurteilung dieser Anzeige als urheberrechtsverletzend setzte jedenfalls besondere Kenntnisse im Urheberrecht und zudem Kenntnisse der hier gegebenen tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse voraus, die in der Person des Verlegers oder des für ihn handelnden Redakteurs, der die Veröffentlichung von Anzeigen vorbereitet, allenfalls zufällig hätten vorhanden sein können.Abs. 26
Auch aufgrund späterer Anzeigenveröffentlichungen ergibt sich keine Störerhaftung der Beklagten. Das Abmahnschreiben der Klägerin vom 9. März 1993 enthält an konkretem Vorbringen zu einer Urheberrechtsverletzung lediglich die Behauptung, daß in der Anzeige vom 26. Februar 1993 Plagiate berühmter Möbelmodelle des 20. Jahrhunderts beworben worden seien, sowie Ausführungen dazu, daß aus dem Produktionsprogramm der Klägerin bestimmte Möbelmodelle von Le Corbusier (LC 2, LC 4 und LC 6) betroffen seien und die Klägerin ausschließliche urheberrechtliche Nutzungsrechte an diesen Modellen besitze. Durch die spätere Übersendung einer einstweiligen Verfügung des Landgerichts Frankfurt am Main vom 3. März 1993 erfuhr die Beklagte von der Klägerin weiter, daß der "C.M." die Werbung und der Vertrieb hinsichtlich der Möbelmodelle von Le Corbusier LC 1, LC 2, LC 4 und LC 6 untersagt worden sei. Es kann dabei offenbleiben, ob die Beklagte auf diese Weise hinreichend über die Rechtslage unterrichtet war, soweit es um eine Werbung für die genannten Möbelmodelle ging. Denn die Beklagte hat nach dem 26. Februar 1993 keine Anzeige mehr veröffentlicht, die sich auf die Möbelmodelle bezog, die in der Anzeige von diesem Tag beworben oder in der einstweiligen Verfügung vom 3. März 1993 genannt waren. Dies gilt nicht nur für die Anzeige vom 26. März 1993, sondern auch für die Anzeige vom 18. Mai 1993, in der zwar auch ein Möbelmodell von Le Corbusier (LC 3, als Sessel und Zweiersofa) abgebildet ist, jedoch kein Modell, zu dem die Klägerin der Beklagten bereits Hinweise zur Urheberrechtslage gegeben hatte. Die allgemeine Aussage der Klägerin in ihrem Schreiben vom 11. Mai 1993, die "C.M." biete "durchweg nur Plagiate bekannter bis berühmter Möbelmodelle des 20. Jahrhunderts" an, mußte die Beklagte nicht veranlassen, einschlägige Anzeigen dieses Unternehmens allgemein nicht mehr zu veröffentlichen. Derartige unsubstantiierte Hinweise von Wettbewerbern können für ein Zeitungsunternehmen grundsätzlich keine ausreichende Grundlage sein, Anzeigenaufträge abzulehnen. Würden sie genügen, um die Prüfungspflicht der Presse entscheidend zu erhöhen, wären die Beschränkungen ihrer Prüfungspflichten, die auch zum Schutz der Pressefreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG) erforderlich sind (vgl. BGH, Urt. v. 26.4.1990 - I ZR 127/88, GRUR 1990, 1012, 1014 = WRP 1991, 19 - Pressehaftung I), weitgehend gegenstandslos (vgl. dazu auch OLG Koblenz WRP 1988, 325 f.; Ahrens aaO § 58 Rdn. 71).Abs. 27
Der Anzeige der "C.M." vom 7. Juni 1994 kann - entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts - keine Verletzung von Urheberrechten an Möbelmodellen von Le Corbusier entnommen werden. Solche Möbelmodelle werden in der Anzeige nicht beworben; eine Verletzung des Verbreitungsrechts an diesen Werken (§ 17 Abs. 1 UrhG) kommt daher nicht in Betracht. Etwas anderes folgt auch nicht daraus, daß die Anzeige möglicherweise dazu führen konnte, daß auf etwaige Nachfragen von Interessenten auch Möbelmodelle von Le Corbusier angeboten wurden. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts bietet die Anzeige deshalb auch keine Grundlage für die Annahme einer Wiederholungsgefahr.Abs. 28
(4) Dem Berufungsgericht kann aber auch nicht in seiner Beurteilung zugestimmt werden, daß sich eine Störerhaftung der Beklagten aus dem Gesichtspunkt der Erstbegehungsgefahr ergibt. Voraussetzung für die Annahme einer Erstbegehungsgefahr wäre die ernsthafte und greifbare Besorgnis, daß die Beklagte, die hier als Verlegerin in Anspruch genommen wird, bei nächster Gelegenheit erneut Anzeigen der beanstandeten Art abdrucken werde. Das Berufungsgericht hat im Ausgangspunkt zutreffend angenommen, daß sich eine solche Besorgnis unter Umständen auch aus dem Prozeßverhalten der in Anspruch genommenen Partei ergeben kann (vgl. BGH, Urt. v. 19.3.1992 - I ZR 166/90, GRUR 1993, 53, 55 = WRP 1992, 762 - Ausländischer Inserent). Die Revision beanstandet aber zu Recht die Annahme des Berufungsgerichts, die Beklagte habe im Rechtsstreit auf einem unzutreffenden Rechtsstandpunkt beharrt. Die Beklagte hatte bereits vorprozessual gegenüber der Klägerin erklärt, sie werde selbstverständlich die gegen die "C.M." ergangene einstweilige Verfügung beachten (vgl. die Schreiben der Beklagten vom 23.3.1993 und vom 6.5.1993). Daran hat sich die Beklagte in der Folgezeit auch gehalten. Das Berufungsgericht hat keine Feststellungen getroffen, aus denen sich ergeben könnte, daß die Beklagte im Rechtsstreit zunächst Grund zu weiteren Erklärungen gehabt haben könnte. Die Beklagte hat sich jedenfalls nach der Beweisaufnahme zu den Rechten der Klägerin an Möbelmodellen von Le Corbusier nicht mehr berühmt, Werbeanzeigen Dritter für diese Möbelmodelle abdrucken zu dürfen. Sie hat sich vielmehr verpflichtet, es zu unterlassen, Werbeanzeigen zu veröffentlichen, die unschwer erkennbar Nachbildungen von Le Corbusier-Möbeln zum Gegenstand haben.Abs. 29
III. Auf die Revision der Beklagten war danach das Berufungsurteil im Kostenpunkt und insoweit aufzuheben, als zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist. Auf die Berufung der Beklagten war das landgerichtliche Urteil im gleichen Umfang abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.Abs. 30
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
JurPC Web-Dok.
127/1999, Abs. 31
[online seit: 16.07.99 ]
Zitiervorschlag: Gericht, Datum, Aktenzeichen, JurPC Web-Dok., Abs.
Zitiervorschlag: Bundesgerichtshof, Möbelklassiker - JurPC-Web-Dok. 0127/1999