JurPC Web-Dok. 83/1999 - DOI 10.7328/jurpcb/199914582

LG Frankfurt a.M.
Urteil vom 08.04.99 (2/03 O 97/99)

Fernsehfee

JurPC Web-Dok. 83/1999, Abs. 1 - 23


GG Art. 5 Abs. 1, UWG § 1, BGB §§ 823 Abs. 2, 1004

Leitsätze (der Redaktion)

  1. Der Vertrieb einer sog. "Fernsehfee", mit deren Hilfe die Fernsehzuschauer Werbeblocks durch automatisches Umschalten auf ein werbefreies Programm ausblenden können, stellt keinen Behinderungswettbewerb im Verhältnis zu den privaten werbefinanzierten Fernsehsendern dar. Es fehlt zum einen an einem konkreten Wettbewerbsverhältnis, zum anderen bei unterstelltem Wettbewerbsverhältnis an der finalen Zielrichtung, mit nicht leistungsbezogenen Mitteln den eigenen Wettbewerb fördern zu wollen. Verfassungsrechtliche Gesichtspunkte führen nicht zu einer anderen Bewertung.
  2. Der Vertrieb der "Fernsehfee" stellt auch keinen betriebsbezogenen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb der privaten Fernsehsender dar, da die "Fernsehfee" sich nicht zielgerichtet gegen die privaten Sender richtet, sondern sich an die Fernsehzuschauer wendet.

Tatbestand

Die Verfügungsklägerin (im folgenden: Klägerin) betreibt einen werbefinanzierten Fernsehsender. Die Verfügungsbeklagte (im folgenden: Beklagte) wurde im Oktober 1998 gegründet und vertreibt eine sog. "Fernsehfee" zum Preis ab 299 DM zuzüglich einer monatlichen Gebühr für das Sendestudio, mit der der Fernsehkonsum auf vielfältige Weise gesteuert werden kann. Unter anderem ist es möglich, das Gerät mit einer "Spot-Stop"-Funktion auszurüsten, die es ermöglicht, Werbung gezielt auszublenden. Bei der Fernsehfee handelt es sich um ein Zusatzgerät zum Fernsehgerät nebst Fernbedienung, das programmiert werden kann, bei Beginn des Werbeblocks in einen anderen Kanal umzuschalten und am Ende des Werbeblocks wieder zurückzuschalten. Ermöglicht wird dies durch ein UKW-Signal, welches aus einem Studio in Koblenz bei Beginn und Ende der Werbung gesendet und an die "Fernsehfeen" weitergeleitet wird. Die dem zugrundeliegende Erfindung wurde bereits 1994 patentiert. Die Programmierung der Fensehfee kann jederzeit erfolgen und auch wieder aufgehoben werden.JurPC Web-Dok.
83/1999, Abs. 1
In einer Presse-Mitteilung vom 14. Januar 1999 unter der Überschrift: "Bundesweite Ausstrahlung des TV-Werbeblocker-Signals ..." lud die Beklagte zu einer Pressekonferenz am 26. Januar 1999 und teilte mit, daß auch daran gedacht sei, mit Herstellern von Fernsehgeräten zusammenzuarbeiten, um die Fernsehfee künftig direkt in die Fernsehgeräte einbauen zu lassen.Abs. 2
Die Klägerin ist der Auffassung, der Vertrieb der Fernsehfee mit der Spot-Stop-Funktion verstoße gegen § 1 UWG unter dem Gesichtspunkt der unlauteren Behinderung und stelle im übrigen einen Eingriff in ihren eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb dar. Sie befürchtet, daß die Werbewirtschaft die Werbespots bei ihr ausstrahlen läßt, die Haushalte, die über eine Fernsehfee mit Spot-Stop-Funktion verfügen, bei der Berechnung der Reichweite der Werbeinseln, die derzeit nach ihren Angaben bei 78% des sie umgebenden Programms liegt, gänzlich ausklammert. Die staatlichen Organe hätten gegenüber dem privaten Rundfunk eine Schutzfunktion, die bei der Auslegung der Generalklausel des § 1 UWG besonders zu berücksichtigen sei. Das von der Beklagten beworbene Produkt ziele unmittelbar und betriebsbezogen darauf, die Werbemöglichkeiten des privaten Rundfunks und damit der Klägerin zu blockieren und ihr "die finanziellen Wurzeln" abzuschneiden. Wer sich die Fernsehfee mit der Spot-Stop-Funktion anschaffe, werde in 99% der Fälle die Werbung permanent ausblenden. So werde das Gerät auch von der Beklagten beworben ("Nie wieder Werbung!"). Die Klägerin habe jedoch ein Recht auf Erhaltung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, von denen sie bei Beginn ihrer Tätigkeit, als sie Milliarden in ihr Unternehmen investiert habe, ausgegangen sei. Ihre Investitionen hätten sich noch nicht amortisiert. Es sei sittenwidrig, wenn ein Wettbewerber ein Geschäft daraus mache, einen anderen Mitbewerber systematisch zu schädigen.Abs. 3
Die Klägerin beantragt,

es der Beklagten bei Meidung eines Ordnungsgeldes in Höhe von bis zu DM 500.000,- für jeden Fall der Zuwiderhandlung, ersatzweise Ordnungshaft, bzw. Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten, jeweils zu vollziehen an ihren Vorstandsmitgliedern, zu untersagen, ein technisches Gerät zu vertreiben und zu bewerben, soweit es dem Fernsehzuschauer ermöglicht wird, in programmierter Form im voraus im Fernsehen ausgestrahlte Werbung abzuschalten und auf ein werbefreies Programm umzuschalten, insbesondere, wenn dies unter der Bezeichnung "Der TV-Werbeblocker" geschieht.

Abs. 4
Die Beklagte beantragt,

den Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.

Abs. 5
Die Beklagte ist der Auffassung, der Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung sei bereits unzulässig, weil es an dem erforderlichen Eilbedürfnis fehle.Abs. 6
Eine positive Bestandsgarantie für den privaten Rundfunk gebe es nicht; das Bundesverfassungsgericht verbiete lediglich Regelungen, die den privaten Rundfunkanstalten ihre Existenz erschwerten. Dieses Abwehrrecht würde durch das Produkt der Klägerin nicht verletzt. Der Fernsehzuschauer sei es, der entscheide, ob er die Werbung sehen will, oder nicht. Dessen Grundrechte aus Art. 2 Abs. 1 und Art. 5 Abs. 1 GG (passive Informationsfreiheit) würden verletzt, wenn in seine Möglichkeiten eingegriffen würde, den Konsum von Werbespots zu steuern. Im übrigen würde ihr Grundrecht aus Art. 14 verletzt, wenn das Gerät verboten würde.Abs. 7
Ein Anspruch aus § 1 UWG scheitere darüber hinaus am Bestehen eines Wettbewerbsverhältnisses, der aus § 823 Abs. 1 an der fehlenden Betriebsbezogenheit des Eingriffs.Abs. 8

Entscheidungsgründe

Der Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung ist zulässig, insbesondere besteht die Vermutung der Dringlichkeit gemäß § 25 UWG. Diese wird nur dann widerlegt, wenn der Anspruchsteller trotz positiver Kenntnis zunächst nicht aktiv wird (Baumbach/Hefermehl § 25 Rn. 13). Das hat die Beklagte nicht dargetan; sie meint lediglich, die Erfindung müsse der Klägerin schon längst bekannt sein. Das widerlegt die Vermutung der Dringlichkeit jedoch nicht (OLG Frankfurt WRP 1986, 485).Abs. 9
Der Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung ist jedoch nicht begründet.Abs. 10
Die Klägerin hat keinen Unterlassungsanspruch gemäß § 1 UWG unter dem Gesichtspunkt des unlauteren Behinderungswettbewerbs. Fraglich ist bereits, ob zwischen den Parteien ein Wettbewerbsverhältnis besteht; jedenfalls behindert die Beklagte die Klägerin nicht in unlauterer Weise; verfassungsrechtliche Gesichtspunkte führen nicht zu einem anderen Ergebnis.Abs. 11
Das Bestehen eines konkreten Wettbewerbsverhältnisses ist ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal des § 1 UWG. Ein konkretes Wettbewerbsverhältnis besteht, wenn zwischen den Vorteilen, die jemand durch eine konkrete Maßnahme für sich oder einen Dritten zu erreichen sucht und den Nachteilen, die ein anderer dadurch erleidet, eine Wechselbeziehung in dem Sinne besteht, daß der eigene Wettbewerb gefördert und der fremde Wettbewerb beeinträchtigt werden kann (BGH, GRUR 1951, 283 - Möbelbezugsstoffe; WRP 1997, 843, 845 - Emil-Grünbär-Klub; Baumbach/Hefermehl, Einl. UWG Rn. 216). In diesen Fällen greift der Verletzer in eine durch das UWG geschützte Rechtsposition eines Konkurrenten ein mit der Folge, daß ein Unterlassungsanspruch entsteht (BGH, NJW 1991, 1485, 1486 - Finnischer Schmuck). Wesentlich dafür, ob eine Wechselwirkung in dem genannten Sinne besteht, ist die Gleichheit der Kunden- bzw. Lieferantenkreise; der Verletzer muß der Mitbewerber des Verletzten sein (Baumbach/Hefermehl, Einl. UWG Rn. 216; Gloy, § 10 Rn. 1). Grundsätzlich muß es sich also um Waren oder gewerbliche Leistungen handeln, die substituierbar sind. Das ist bei dem Fernsehangebot der Klägerin und dem Fernsehzusatzgerät der Beklagten nicht der Fall; im Gegenteil - die Angebote ergänzen sich gerade.Abs. 12
Allerdings kann auch zwischen Anbietern nicht substituierbarer Leistungen ein Wettbewerbsverhältnis ad hoc durch die Art der angegriffenen Werbung entstehen, etwa durch den Slogan "Statt Blumen Onko-Kaffee" (BGH GRUR 1972, 553; Baumbach/Hefermehl Einl. UWG Rn. 228). Charakteristisch für diese Art der Werbung ist es, daß die - an sich fehlende - Substituierbarkeit zum Gegenstand der Werbung gemacht und die branchenverschiedenen Güter in Beziehung zueinander gesetzt werden.Abs. 13
Auch dies ist vorliegend nicht der Fall. Die Fernsehfee der Beklagten soll das Fernsehangebot der Klägerin gerade nicht ersetzen, sondern ergänzen. Die Befürchtung der Klägerin, der Bestand des privaten Rundfunks werde gefährdet, gilt in gleicher Weise für die Fernsehfee, soweit die Spot-Stop-Funktion betroffen ist. Sollte es tatsächlich eines Tages keine privaten Fernsehsender mehr geben, bestünde auch weniger Anlaß, die Fernsehfee zu kaufen.Abs. 14
Auch bei extensiver Auslegung des Tatbestandsmerkmals "konkretes Wettbewerbsverhältnis" genügt es jedenfalls nicht, daß der wirtschaftliche Vorteil des einen mit einem wirtschaftlichen Nachteil des anderen einhergeht. Denn in dieser Form stehen letztendlich sämtliche Waren und Dienstleistungen im Wettbewerb zueinander, da die Konsumenten die ihnen zur Verfügung stehenden Mittel nur einmal verwenden können.Abs. 15
Die Klägerin kann sich für die Annahme eines konkreten Wettbewerbsverhältnisses auch nicht auf die Entscheidung Piratenkartedes OLG Frankfurt am Main (NJW 1996, 264) berufen. Dort wurde die Frage erörtert, daß es für die Annahme eines Wettbewerbsverhältnisses genügt, wenn ein potentieller Wettbewerb besteht, weil die Parteien sich wahrscheinlich künftig am Markt begegnen. Die weitere Voraussetzung der Substituierbarkeit der Produkte war in dem dort zu entscheidenden Fall gegeben; jemand, der eine "Piratenkarte" kauft, benötigt nicht mehr den Decoder und die sog. Smartcard der dortigen Antragstellerin, um Pay-TV empfangen zu können. Hierin liegt auch der entscheidende Unterschied zu dem vom OLG München am 7.12.1989 (ZUM 1990, 198) entschiedenen Fall, auf den die Klägerin sich in der mündlichen Verhandlung berufen hat.Abs. 16
Selbst wenn man davon ausgeht, daß die Beklagte sich zu der Klägerin in ein konkretes Wettbewerbsverhältnis gesetzt hat, ist der Tatbestand des § 1 UWG nicht erfüllt, weil der Beklagten nicht der Vorwurf des unlauteren Behinderungswettbewerbs gemacht werden kann. Diese Fallgruppe des § 1 UWG ist dadurch gekennzeichnet, daß die Werbemaßnahme darauf gerichtet ist, den Konkurrenten daran zu hindern, sein Leistungsangebot frei zur Entfaltung zu bringen. Das Wettbewerbswidrige liegt darin, daß der Wettbewerber ohne eine echte eigene Leistung aus der wettbewerbswidrigen Behinderung des Mitbewerbers, durch die der Leitungsvergleich verfälscht oder ausgeschlossen wird, Vorteile auf dem Markt zu erzielen sucht (Baumbach/Hefermehl § 1 Rn. 208). Dem Behinderungswettbewerb wohnt also ein finales Element inne, gerade durch Benachteiligung des Konkurrenten mit nicht leistungsbezogenen Mitteln den eigenen Wettbewerb zu fördern, etwa dadurch, daß die Plakate eines konkurrierenden Plakatierers überklebt werden und dessen Dienstleistung für das mit dem Plakat werbende Unternehmen zunichte gemacht wird (OLG Stuttgart, NJW-RR 1996, 1515). Eine entsprechende Fallgestaltung liegt hier nicht vor. Die Beklagte ist kein Unternehmen, das seinerseits mit der Ausstrahlung fremder Werbung Geld verdient und die der Klägerin blockiert, um das eigene Leistungsangebot besser am Markt plazieren zu können. Das Angebot der Beklagten zielt vielmehr darauf, dem Fernsehzuschauer eine Möglichkeit anzubieten, sozusagen das "Zappen" zu automatisieren. Der Fernsehzuschauer ist es, der - wie bisher - entscheidet, ob er die Werbung zur Kenntnis nehmen möchte oder nicht. Das Anliegen der Beklagten ist es nicht, die Klägerin vom Markt zu verdrängen; dies könnte sich im Gegenteil zugleich negativ auf ihren Wettbewerb auswirken. Zu einer wirtschaftlichen Schlechterstellung der Klägerin kommt es nur, wenn die Fernsehzuschauer sich entscheiden, in einem bestimmten Umfang von der Spot-Stop-Funktion Gebrauch zu machen und die Werbung treibende Wirtschaft sich entscheidet, Werbespots nur noch gegen ein geringeres Entgelt als bisher ausstrahlen zu lassen. Hiervon ist jedoch nicht nur die Klägerin betroffen, sondern sämtliche werbefinanzierten Fernsehsender. Auch dies zeigt die wettbewerbsrechtliche Neutralität des Vertriebs der Fernsehfee.Abs. 17
Art. 5 Abs. 1 GG (Rundfunkfreiheit) führt nicht zu einem anderen Ergebnis. Zwar wird die Auslegung der Generalklausel des § 1 UWG von den Grundrechten beeinflußt (BVerfGE 7, 198, 206 ff. - Lüth). Die Klägerin hat jedoch zum einen nicht substantiiert dargelegt, daß die Fernsehfee sie in ihrem Bestand gefährden wird. Zum anderen genießen die privaten Rundfunksender, anders als die öffentlichrechtlichen Rundfunksender keinen Schutz hinsichtlich ihres Bestands und ihrer zukünftigen Entwicklung.Abs. 18
Die Klägerin hat die von ihr geäußerte Befürchtung, die Fernsehfee werde sich als "Totengräber" des privaten Rundfunks erweisen, nicht durch Tatsachen untermauert. Diese Entwicklung liegt auch keineswegs auf der Hand. Selbst wenn die Vermutung der Klägerin als richtig unterstellt wird, daß jeder zweite Haushalt, der über ein Fernsehgerät verfügt, eine Fernsehfee mit der Spot-Stop-Funktion an das Gerät anschließt und dauerhaft die Werbung ausblendet, folgt daraus nicht zwingend der wirtschaftliche Ruin der Klägerin. Denn von dieser Entwicklung wären alle werbefinanzierten Fernsehsender betroffen. Das bedeutet, die Nachfrager der Werbeinseln würden gegebenenfalls gegenüber den Konkurrentinnen der Klägerin in gleicher Weise auf Preisreduzierungen bestehen. Das wiederum bedeutet für die Anbieter von Fernsehrechten, etwa die Veranstalter von Sportwettkämpfen, daß sie ihrerseits die derzeit erzielbaren Summen für die Übertragungsrechte etwa der Champions-League oder der Bundesliga außerhalb des Pay-TV nicht mehr erreicht werden können. Neben den Einnahmen vermindern sich insoweit also auch die Ausgaben der Klägerin, was gegen eine Bedrohung ihres Bestands spricht.Abs. 19
Im übrigen hat die Klägerin ebensowenig einen Anspruch auf staatlichen Schutz ihrer wirtschaftlichen Rahmenbedingungen wie jedes andere private Unternehmen. Das Bundesverfassungsgericht hat ausgesprochen, daß es einer positiven Ordnung bedarf, "die sicherstellt, daß der Rundfunk ebensowenig wie dem Staat einzelnen gesellschaftlichen Gruppen ausgeliefert wird, sondern die Vielfalt der Themen und Meinungen aufnimmt und wiedergibt, die in der Gesellschaft insgesamt eine Rolle spielen. Zu diesem Zweck sind materielle, organisatorische und prozedurale Regelungen notwendig, die an der Aufgabe der Rundfunkfreiheit orientiert und geeignet sind zu bewirken, was Art. 5 Abs. 1 GG in seiner Gesamtheit gewährleisten will." (BVerfGE 83, 238, 296 unter Bezugnahme auf BVerfGE 57, 295, 320; Hervorhebung von Verf.). Der Gesetzgeber hat also dafür zu sorgen, daß in einer dualen Rundfunkordnung, in der öffentlichrechtliche und private Veranstalter nebeneinander bestehen, die verfassungsrechtlichen Anforderungen gleichgewichtiger Vielfalt in der Berichterstattung im Ergebnis durch das Gesamtangebot aller Veranstalter erfüllt werden (BVerfGE 83, 238, 297). Seine Aufgabe ist es jedoch nicht, die Höhe der Werbeeinnahmen der privaten Fernsehsender sicherzustellen. Dem besonderen Schutz des Staates unterstellt ist vielmehr der öffentlichrechtliche Rundfunk, dessen Aufgabe es ist, die unerläßliche Grundversorgung der Bevölkerung ohne Einbuße zu erfüllen, da an die Vielfalt der Programmgestaltung des privaten Rundfunks im Hinblick auf ihre Werbefinanzierung weniger hohe Anforderungen zu stellen sind (BVerfGE 83, 238, 297; 90, 60, 90). Es ist der öffentlichrechtliche Rundfunk, dessen Finanzierung sichergestellt werden muß, um die "derzeitigen Defizite des privaten Rundfunks an gegenständlicher Breite und thematischer Vielfalt" hinnehmen zu können (BVerfGE 90, 60, 90 f.; BverfGE 83, 238, 298).Abs. 20
Auch ein Unterlassungsanspruch gemäß §§ 1004, 823 Abs. 2 BGB unter dem Gesichtspunkt des Eingriffs in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb besteht nicht, weil es an der erforderlichen Betriebsbezogenheit des Eingriffs fehlt. Betriebsbezogener Eingriff ist eine unmittelbare Beeinträchtigung des Gewerbebetriebs als solchen, er muß sich spezifisch gegen den betrieblichen Organismus oder die unternehmerische Entscheidungsfreiheit richten. Kein Eingriff in diesem Sinne liegt vor bei mittelbarer Beeinträchtigung des Gewerbebetriebs durch ein außerhalb eingetretenes, mit seiner Wesenseigentümlichkeit nicht in Beziehung stehendes Schadensereignis (Palandt-Thomas § 823 Rn. 21).Abs. 21
An einer Betriebsbezogenheit in diesem Sinne fehlt es hier, denn die Fernsehfee richtet sich nicht spezifisch gegen die privaten Rundfunkanstalten, sondern wendet sich an die Fernsehzuschauer. Selbst wenn man mit der Klägerin die Gefahr sieht, daß diese sich nicht mehr aus Werbeeinnahmen finanzieren kann, könnte das nur die Folge daraus sein, daß die meisten ihrer Zuschauer systematisch die Werbung ausblenden, und das wiederum von den werbenden Unternehmen zum Anlaß genommen wird, keine Werbung mehr bei der Klägerin zu schalten oder nur zu Preisen, die für die Klägerin unwirtschaftlich sind.Abs. 22
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91Abs. 1 ZPO, die über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 6, 711 ZPO. Die Streitwertfestsetzung hat ihre Rechtsgrundlage in §§ 3 ZPO, 20 GKG.
JurPC Web-Dok.
83/1999, Abs. 23
[online seit: 21.05.99]
Zitiervorschlag: Gericht, Datum, Aktenzeichen, JurPC Web-Dok., Abs.
Zitiervorschlag: Frankfurt, LG, Fernsehfee - JurPC-Web-Dok. 0083/1999