JurPC Web-Dok. 100/2001 - DOI 10.7328/jurpcb/2001165106

OLG München
Urteil vom 11.01.2001

6 U 5719/99

Keine Titelschutzanzeige im Internet

JurPC Web-Dok. 100/2001, Abs. 1 - 68


MarkenG §§ 14 Abs. 2 Ziffer 2, Abs. 3 Ziffer 2, Abs. 5, Abs. 6

Leitsätze (der Redaktion)

1.Für die Frage der Verwechselungsfähigkeit eines kombinierten Wort-/Bildzeichens ist beim Gesamteindruck des Zeichens regelmäßig der Wortbestandteil maßgeblich, da dieser die einfachste Bezeichnungsform darstellt.

2.Eine Titelschutzanzeige gibt es im Internet (noch) nicht.

Tatbestand

Der Kläger fordert aufgrund eines Marken- und Kennzeichenrechts, welches er von der Unternehmerin ... herleitet, von der Beklagten, die Verwendung des Zeichens "..." als Domain-Namen im Internet zu unterlassen.JurPC Web-Dok.
100/2001, Abs. 1
... ist Inhaberin der am 11.08.1997 angemeldeten Wort-Bildmarke Nr. ..., die am 09.03.1998 für die Klassen 20, 37, 38 und 42 sowie u.a. für die Waren- und Dienstleistungsgruppen "Möbel, insbesondere Küchenmöbel und Kücheneinrichtungen und Teile davon" sowie "Telekommunikation, insbesondere Informationsübermittlung im Internet sowie Bildschirmtextdienste, insbesondere über Küchen und Kücheneinrichtungen" eingetragen worden ist. Wegen der Waren- und Dienstleistungsgruppen im einzelnen wird auf die Anlage K 1 verwiesen.Abs. 2
Der Bildbestandteil der Marke zeichnet sich dadurch aus, dass die schwarze Schrift "..." orange untermalt ist. Dabei ist das Wort "online" schwarz-orange unterstrichen. Der Buchstabe "o" ist nach oben versetzt und von einem Kringel umgeben, so dass sich eine Form ergibt, die dem im Internet geläufigen At-Kontrollzeichen, dem sogenannten "Klammeraffen", ähnlich ist. Die Gestaltung des Zeichens im einzelnen ergibt sich aus einer der Anlagen P 12 gemäß nachfolgender Abbildung.Abs. 3
(Es folgt die Abbildung, Anm. der Redaktion.) Abs. 4
Die Beklagte, eine Herstellerin von Kücheneinrichtungen, die sie bundesweit über Fachhändler vertreibt, ließ am 10.06.1997 die Internet-Domain http://www. ... registrieren. Sie nutzt sie seit einem im einzelnen zwischen den Parteien umstrittenen Zeitpunkt im Jahre 1997, wobei die Parteien desweiteren streiten, ob die konkrete Nutzung Rechte für die Beklagte begründet oder dafür nicht ausreicht. Unter diesem Domain-Namen hat die Beklagte auf mehreren Web-Seiten eigene und fremde Kücheneinrichtungen angeboten. Dabei verwendete sie den Ausdruck "..." auch im eigentlichen Werbetext. Unter anderem hieß es dort: "... präsentiert Ihnen renommierte Küchenhersteller" sowie "... - Der interaktive Treffpunkt für Küche, Kochen und Genießen" sowie "... wird betrieben von ... Internationale Fachzeitschrift für Küchenforschung, Küchenplanung, Bad und Hausarbeitsraum .... im Verlag Die Planung Verlagsgesellschaft mbH" und "Zuständig für alle anderen Angebote und Inhalte sind allein die jeweils genannten ...". Wegen der weiteren Einzelheiten der Ausgestaltung des Internet-Angebots der Beklagten wird auf die Anlagen K 5 (zur Klage) und P 4 verwiesen.Abs. 5
Zugleich bewarb die Beklagte mit Schreiben an andere Küchenhersteller die neu eröffnete Webseite als "interaktiven Treffpunkt für Küche, Kochen und Genießen" und "virtuellen Kommunikationsraum mit Platz für Selbstdarstellung, Produkt-Informationen, Electronic Commerce und Endverwender-Kontakten". Wegen der Einzelheiten dieser Schreiben wird auf das Anlagenkonvolut P 9 verwiesen.Abs. 6
Der Kläger macht geltend, er habe ausschließliche Lizenzrechte an den Kennzeichen von Frau ... erlangt. Er ist der Auffassung, die Beklagte verletze durch die Registrierung und Benutzung der Internet-Domain "..." diese Kennzeichenrechte.Abs. 7
Der Kläger behauptet, Frau ... habe bereits seit Mai 1997 die Bezeichnung "..." im geschäftlichen Verkehr benutzt. Sie sei von ihr auf ihren Briefköpfen als schlagwortartiges Unternehmenskennzeichen geführt worden. Unter diesem Briefkopf seien bereits seit Mai 1997 Geschäfte durchgeführt worden. Zum Beweis hierfür hat der Kläger als Anlagen K 7 und K 8 zwei Rechnungen vorgelegt und die Einvernahme der Zeugin ... angeboten.Abs. 8
Die Markeninhaberin ... habe das ausschließliche Recht zur Nutzung der Marke ... zunächst zum Zeitpunkt der Anmeldung der Marke (11.08.1997) mündlich auf die ... Küchen GmbH übertragen. Zum Beweis hierfür legt der Kläger als Anlage K 2 eine mit "Markenlizenzvertrag" überschriebene Vertragsurkunde vor. Er behauptet, bei diesem Schriftstück handele es sich um die schriftliche Fixierung der mündlichen Vereinbarung. Es sei am 03.04.1998 "zu Dokumentationszwecken" unterzeichnet worden. Bei dem auf dem Schriftstück verzeichneten Datum "03.04.1997" handele es sich um ein "offensichtliches Versehen". Abs. 9
Die ... GmbH habe sodann ihren Geschäftsbetrieb mit Wirkung vom 01.01.1998 auf den Kläger übertragen. Zum Beweis hierfür legt der Kläger als Anlage K 9 einen Kaufvertrag sowie als Anlage K 10 eine Gewerbeanmeldung vom 29.12.1997 vor. Die Registrierung und Benutzung des Domain-Namens "..." durch die Beklagte stelle eine Markenrechtsverletzung dar.Abs. 10
Es handele sich um eine kennzeichenmäßige Verwendung der geschützten Marke des Klägers. Unternehmen würden von Internet-Benutzern regelmäßig unter ihrer Firma und/oder Marke im Internet gesucht. Web-Seiten, die unter der Firma und/oder Marke eines Unternehmens im Internet aufgerufen werden könnten, würden regelmäßig dem Unternehmen bzw. Markeninhaber selbst zugeordnet. Der Domain-Name habe infolgedessen Markenfunktion.Abs. 11
Es bestehe auch Verwechslungsgefahr mit dem Markennamen des Klägers. Der Domain-Name der Beklagten "..." sei mit der Klagemarke "..." graphisch nahezu und phonetisch vollständig identisch. Ebenso sei der Sinngehalt der sich gegenüberstehenden Bezeichnungen identisch.Abs. 12
Die Beklagte biete im Internet Waren und Dienstleistungen im Bereich von Küchen und Kücheneinrichtungen und damit identische Waren und Dienstleistungen an.Abs. 13
Die Marke des Klägers sei auch kennzeichnungskräftig. Nach der Praxis des deutschen Patent- und Markenamtes würden Marken mit dem Bestandteil ... als unterscheidungskräftig und nicht freihaltebedürftig angesehen. Hierzu hat der Kläger als Anlagen K 9 und K 10 Rechercheberichte über beim Deutschen Patent- und Markenamt registrierte Marken mit dem Bestandteil "..." vorgelegt.Abs. 14
Das Schriftbild in der Marke des Klägers, bei dem das o hochgestellt sei, ändere nichts an der Verwechselbarkeit. Im Gegenteil deute das hochgestellte o den für e-mail Adressen im Internet geläufig gewordenen "Klammeraffen" an und weise darauf hin, daß die Marke auch im Internet benutzt werde. Damit sei die Verwechslungsgefahr gerade mit der Bezeichnung ... im Internet verstärkt.Abs. 15
Der Kläger hat beantragt:

I. Der Beklagten wird bei Meidung eines Ordnungsgeldes von 5,- DM bis 500.000,- DM, an dessen Stelle im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ordnungshaft bis zu 6 Monaten tritt, oder bei Meidung einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu vollziehen an ihrem Geschäftsführer für jeden einzelnen Fall der Zuwiderhandlung
untersagt,
im geschäftlichen Verkehr im Internet die Bezeichnung "..." als Domain-Namen für Möbel, insbesondere Küchenmöbel, Kücheninstallation und Reparatur, Informationen über Küchen, Küchenhersteller und Küchenhändler sowie für Planung insbesondere für Küchen zu benutzen und/oder benutzen zu lassen und/oder diese Kennzeichnung als Domain-Namen reserviert zu halten.

II. Die Beklagte wird verurteilt, durch Abgabe einer entsprechenden Erklärung gegenüber dem deutschen Network Information Center (DE-NIC) zu veranlassen, die Registrierung des Domain-Namens "..." zu löschen.

Abs. 16
Die Beklagte hat beantragt:

Die Klage wird abgewiesen.

Abs. 17
Die Beklagte hat die Echtheit des vom Kläger als Anlage K 2 vorgelegten "Markenlizenzvertrages" bestritten. Der Vertrag trage das Datum 03.04.1997. Zu diesem Zeitpunkt solle nach dem Vertragstext Frau ... Inhaberin der Marke ... gewesen sein. Da die Marke jedoch erst am 11.08.1997 angemeldet worden und erst zu diesem Zeitpunkt die Zuteilung der Registernummer erfolgt sei, handele es sich offensichtlich um einen nachträglich konstruierten Lizenzvertrag. Ferner bestreitet die Beklagte die Übernahme des Geschäftsbetriebes der Hierhager Küchen GmbH durch den Kläger.Abs. 18
Ferner ist die Beklagte der Ansicht, durch die Inbetriebnahme ihrer Domain "..." bereits im Juni 1997 habe sie prioritätsältere Kennzeichenrechte an dieser Bezeichnung erlangt.Abs. 19
Die Bezeichnung "..." sei zum einen als Unternehmenskennzeichen anzusehen. Dazu seien Namensfunktion und Unterscheidungskraft erforderlich. Beides sei hier gegeben. Abs. 20
Die Namensfunktion einer Domain sei in der Rechtsprechung der Instanzgerichte mittlerweile anerkannt.Abs. 21
Die Bezeichnung "..." sei auch unterscheidungskräftig. Sie sei in ihrer Zusammensetzung geeignet, das Unternehmen der Beklagten von anderen Unternehmen abzugrenzen. Es werde ein gebräuchliches deutsches Wort mit einem englischen Wort kombiniert, so daß eine eigenartige, im Deutschen ungebräuchliche Bezeichnung entstehe.Abs. 22
Sehe man die Bezeichnung ... hingegen nicht als unterscheidungskräftig an, so sei die Klage jedenfalls aus einem anderen Grund abzuweisen. Der Schutzbereich der Klagemarke könne dann nicht auf die von der Beklagten benutzte Domain ausgedehnt werden. Wenn eine Bezeichnung schon als Unternehmenskennzeichen nicht unterscheidungskräftig sei, so sei eine Unterscheidungskraft als Marke erst recht nicht gegeben. Die Klagemarke könne dann nur aufgrund ihrer besonderen Gestaltung eingetragen sein. In diesem Fall wäre dann aber auch der Schutzbereich auf die eingetragene oder eine ähnliche graphische Gestaltung beschränkt. Die von der Beklagten benutzte Domain weise eine von der Klagemarke verschiedene, unähnliche Gestaltung auf, da weder ein hochgestelltes Sonderzeichen noch die farbliche Gestaltung in orange oder schwarz in der Domain der Beklagten enthalten sei. Der Domain-Name der Beklagten "..." begründe schließlich prioritätsälteren Titelschutz. Er sei von der Beklagten von vornherein als Titel eines Mediums konzipiert worden, in dem Hersteller und Fachhändler sowie Kunden Informationen über Küchen austauschen können und das darüber hinaus einen stets aktualisierten Unterhaltungs- und Informationsteil, unabhängig von den einzelnen Herstellern und Fachhändlern, umfassen sollte. Ein solches Medium stelle ein den Druckschriften vergleichbares Werk im Sinne des § 5 Abs. 3 MarkenG dar. Es erfülle dieselben Funktionen wie eine Zeitschrift, nutze als Kommunikationsmittel jedoch - entsprechend den geänderten Gewohnheiten der Konsumenten und Händler - nicht bedrucktes Papier, sondern das Internet. Der Gesetzgeber habe durch die Fassung des § 5 Abs. 3 MarkenG gerade die Möglichkeit geschaffen, daß der Schutz von Titeln mit der technischen Entwicklung Schritt halte und die Titel von Werken, die die Funktionen von Druckschriften übernähmen, angemessen geschützt würden.Abs. 23
Der Kläger hält dem entgegen, die Bezeichnung "..." sei kein Unternehmenskennzeichen. Es handele sich nicht um die Firma der Beklagten, denn diese firmiere unter "rational einbauküchen GmbH". Die Bezeichnung sei aber auch keine besondere Geschäftsbezeichnung, weil es sich weder um eine schlagwortartige Abkürzung noch um einen sonstigen Firmenbestandteil der Beklagten handele. Auch ein sonstiges betriebliches Unterscheidungszeichen im Sinne des § 5 Abs. 2 Satz 2 MarkenG liege mangels Verkehrsgeltung nicht vor. Abs. 24
Auf die zum Domain-Namen zitierte Rechtsprechung könne sich die Beklagte in diesem Zusammenhang nicht berufen. Diese sei unter dem Gesichtspunkt ergangen, ob der Markeninhaber gegen eine Domain-Registrierung als zeichenrechtliche Verletzungshandlung vorgehen könne. Hiermit habe die Frage, ob die Benutzung eines Domain-Namens einen selbständigen Markenschutz entstehen lasse, nichts zu tun.Abs. 25
Schließlich komme der Bezeichnung kein Titelschutz zu. Bei den unter der Domain erscheinenden Texten handele es sich nicht, wie bei Zeitungen oder Zeitschriften, um redaktionelle Beiträge, die über themenspezifische Bereiche informierten, sondern um reine Werbeseiten der Beklagten.Abs. 26
Mit Endurteil vom 06.10.1999 hat das Landgericht die Klage abgewiesen, weil keine Verwechslungsgefahr bestehe. Zwar seien die beworbenen Waren teilweise identisch, jedoch werde der Gesamteindruck vorliegend durch die bildliche Ausgestaltung in gleicher Weise geprägt wie durch die Wortbildung, weil die Ausgestaltung mit dem Kringel im Vordergrund stehe, während der Wortbestandteil überwiegend beschreibender Natur sei und daher nur äußerst schwache Kennzeichnungskraft habe. Da nur eines der gleichgewichtigen Elemente übernommen worden sei, scheide eine Verwechslungsgefahr aus. Rechte aus einer geschäftlichen Bezeichnung nach § 15 Abs. 4 und Abs. 2 MarkenG scheiterten, da die Verwendung als Unternehmenskennzeichen nicht ausreichend spezifiziert sei. Auf die umstrittene Aktivlegitimation des Klägers sei damit nicht näher einzugehen.Abs. 27
Mit seiner Berufung macht der Kläger geltend, das Landgericht habe den Bildteil der Klagemarke zu Unrecht überbewertet, prägend sei der Wortteil. Die Beklagte habe auch keine älteren Kennzeichenrechte, denn eine Zeitschrift habe zum Prioritätszeitpunkt noch nicht existiert und für ein Unternehmenskennzeichen fehle es am Hinweis auf ein bestimmtes Unternehmen. Wie sich aus den vorgelegten Unterlagen ergebe, sei der Kläger aktivlegitimiert; ergänzend bezieht er sich auf entsprechenden Zeugenbeweis. Die Beklagte, die Küchenmöbel herstelle, sei auch nach einer Recherche vom 30.05.2000 (Anlage K 12) noch Inhaber der Internet-Domain, wobei sie auf entsprechenden Webseiten ihr eigenes Küchenprogramm präsentiere (Anlage K 5 neu) obwohl sie gemäß Anlage K 12 am 28.06.1999 ihre Rechte veräußert haben will. Bei der Verwechslungsgefahr bestehe eine Wechselwirkung zwischen Branchennähe und Zeichenähnlichkeit. Die konkrete Verwendung im Internet sei identisch mit der Dienstleistungsklasse 42 "Informationsübermittlung im Internet .... insbesondere über Küchen und Kücheneinrichtungen, Sammeln und Liefern von Nachrichten insbesondere über Küchen und Kücheneinrichtungen ....". Wort-Bildmarken würden grundsätzlich durch den Wortbestandteil geprägt, die graphische Ausgestaltung reiche vorliegend nicht aus, die Zeichenähnlichkeit auszuschließen. Das hochgestellte "o" in der Klagemarke begründe keine eigenständige, herkunftshinweisende Funktion. Gemäß Anlage K 7 (neu) setze die Beklagte ferner das "O" graphisch ab und nähere sich so bewusst der Klagemarke. Die Klagemarke sei auch kennzeichnungskräftig, ein direkter Zuordnungsgehalt könne der Wortschöpfung nicht entnommen werden. Die Beklagte könne auch keine prioritätsälteren Rechte geltend machen, denn sie verwende die Bezeichnung weder zur Kennzeichnung ihrer Produkte noch zur Kennzeichnung ihres Unternehmens noch als Hinweis auf die Herkunft eines im Internet veröffentlichten Werkes ihres Unternehmens gemäß § 5 Abs. 1 und 3 MarkenG. Ein Titel müsse das Werk von anderen unterscheiden und zugleich auf ein Unternehmen hinweisen. Die von der Beklagten vorgelegten Anlagen P 9 und P 10 ergäben kein Werk, sondern seien nur Ankündigungsschreiben und ein dazu gehöriger Prospekt. Die Beklagte erscheine ferner nicht als Herausgeberin der Brancheninformation und werde daher auch nicht als Inhaberin oder Verantwortliche für die Informationsseiten angesehen. Man gelange zu Hinweisen gemäß Anlage K 11 ohne jeglichen Hinweis auf die Beklagte. Es fehle aber auch vor allem am Werkcharakter. Titelschutz für ein im Internet verbreitetes periodisches Werk entstehe frühestens mit erstmaliger Verbreitung des Werkes unter der als Titel in Anspruch genommenen Domain. Es fehle vorliegend aber an dem erforderlichen Werk. Anlagen P 9 und P 10 belegten lediglich die Planung einer Zeitschrift im Internet. Auch die weiterhin vorgelegten Anlagen ergäben kein bestehendes Werk zu dem behaupteten Prioritätszeitpunkt. Vorbereitungs- und Herstellungsmaßnahmen reichten nicht aus. Der Zugriffszeitpunkt auf eine Internetzeitschrift dürfe auch nicht nur durch Zeugenbeweis, sondern müsse durch Serverprotokolle unter Beweis gestellt werden, was die Beklagte nicht mache. Nach dem Kaufvertrag benutze die Beklagte seit 01.07.1999 die Domain weder als Unternehmenskennzeichen noch titelmäßig. Gemäß Anlage K 11 werde die Bezeichnung allenfalls einer Firma ... oder dem Verlag "Die Planung" zugeordnet, Titelschutzrechte könnten somit der Beklagten nicht mehr zustehen. Sollte das Gericht die Nutzung eines Domain-Namens mit den fraglichen Informationen als ausreichend für eine Werknutzung unter einem Titel ansehen, so könne sich der Kläger auf eine vorrangigere Priorität berufen, denn die Klageseite habe die Domain "..." schon am 24.02.1997 bei der ... registriert, ab Mai 1997 seien auszugsweise die Seiten gemäß Anlage K 14 ins Internet gestellt gewesen und hätten unter Aufruf der Domain "..." abgerufen werden können.Abs. 28
Zu seiner Aktivlegitimation trägt der Kläger ergänzend vor, schon im Mai/Juni 1997 bzw. noch bei Markenanmeldung sei mit seiner Ehefrau vereinbart worden, dass der Kläger mit der ... Küchen GmbH die Nutzungsrechte an den Marken erhalte.Abs. 29
Da die per Fax begründete Berufung des Klägers auf Grund einer Störung im Empfangsgerät des Oberlandesgerichts München dort nicht innerhalb der Frist ausgedruckt worden war, hat der Kläger innerhalb von 14 Tagen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand unter gleichzeitiger Vorlage eines Schriftsatzes mit der Berufungsbegründung beantragt.Abs. 30
Der Kläger beantragt,

das Urteil der 21. Zivilkammer des Landgerichts München I vom 06. Oktober 1999, AZ.: 21 O 23038/98 abzuändern und zu erkennen:
Der Beklagten wird bei Meidung eines Ordnungsgeldes von 5,- DM bis 500.000,- DM, an dessen Stelle im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ordnungshaft bis zu 6 Monaten tritt, oder bei Meidung einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu vollziehen an ihrem Geschäftsführer für jeden einzelnen Fall der Zuwiderhandlung
untersagt,
im geschäftlichen Verkehr im Internet die Bezeichnung "..." als Domainnamen für Möbel, insbesondere Küchenmöbel, Kücheninstallationen und Reparatur, Informationen über Küchen, Küchenhersteller und Küchenhändler sowie für Planung, insbesondere für Küchen, zu benutzen und/oder benutzen zu lassen und/oder diese Kennzeichnung als Domainnamen reserviert zu halten.

Die Beklagte wird verurteilt, durch Abgabe einer entsprechenden Erklärung gegenüber dem Deutschen Network-Information-Center (DE-NIC) zu veranlassen, die Registrierung des Domainnamen "..." zu löschen.

Abs. 31
Die Beklagte beantragt,

kostenpflichtige Zurückweisung der Berufung.

Abs. 32
Sie macht geltend, die erste Seite (Seite 1 von Anlage P 17) sei am 05.06.1997 unter der Leitseiten-Nr. 41602 bei T-Online allgemein zugänglich installiert worden und ab dem 20.06. weitere Seiten gemäß Anlage P 18; Fremdzugriffe seien gemäß Anlage P 2 ab 17.07.1997 erfolgt. Ende September 1997 sei den Kunden mitgeteilt worden, dass infolge einer Umstellung "..." auch über das Internet erreichbar sein werde. Vom November 1997 bis Ende 1998 sei das Angebot in beiden Netzen, ab da nur noch im Internet abrufbar gewesen. Die Beklagte betreibe unter der genannten Domain eine Art Zeitschrift zum Thema Küche. In einem Rundschreiben zur Anwerbung von Werbekunden vom 18.07.1997 (Anlage P 9) beschreibe sie ihr Angebot als umfassende Informationssammlung im T-Online-Netz zu den Themen Kücheneinrichtungen, Bezugsquellen derselben oder Essen und Trinken. Während die Rubriken "Händler" und "Hersteller" einen werbemäßigen Charakter aufwiesen, seien die Rubriken "im Dialog" und "aktuelles" ausschließlich informativen Zwecken gewidmet. Ähnlich sei auch das im Internet unter "www. ... .de" abrufbare Angebot gestaltet; von der Homepage aus habe der Nutzer Zugriff auf die Rubriken "Händler", "Produkte", "Service + Info", "Kataloge", "Branche aktuell" und "Inhalte", letztere mit einem alphabetischen Inhaltsverzeichnis zu einer Vielfalt von Überschriften.Abs. 33
Was das Vorhandensein eines Werkes anbelangt, so bezieht sich die Beklagte auf Anlage P 14 als Layoutseiten für Akquisition und Anlage P 15 mit "Küchenhoroskop" und "Gewinnspiel" sowie Anlage P 17, die bereits am 10.07. im Internet geschaltet gewesen seien, wofür sie Zeugenbeweis anbietet und weist ferner auf die Einladung zum Sommerfest am 01.08.1997 hin; die Webseite sei ständig weiterentwickelt worden, Anlage P 10 enthalte bereits konkrete Preise für eine Werbung in der Zeitschrift. Ab September 1997 sei der erste Händler mit eigener Seite bei ... abrufbar gewesen.Abs. 34
In rechtlicher Hinsicht macht die Beklagte geltend, der Kläger sei nicht aktivlegitimiert; sie bestreitet die verschiedenen Übertragungsakte und verweist darauf, dass die angeblich nach dem 11.08.1997 schriftlich fixierte Vereinbarung das Datum 03.04.1997 trage (Anlage K 2) und auch Anlage K 9 sich hierauf beziehe. Ein Anspruch aus § 14 Abs. 2 Ziffer 2 MarkenG scheitere an fehlender Verwechslungsgefahr, weil es auf den Gesamteindruck der Marke ankomme. Die Kennzeichnungskraft des Wortbestandteils sei gering, geprägt werde die Marke durch das in der Mitte hochgestellte "o", dessen graphische Gestaltung an den "Klammeraffen" erinnere. Zu Unrecht habe das Landgericht Teilidentität bezüglich der Waren angenommen, da die Beklagte nicht Küchen und Küchenbestandteile unter dem Zeichen angeboten habe, sondern "..." als Titel für eine Online-Zeitschrift benutze, die auch kein "Informations- oder Nachrichtendienst" gemäß dem Warenverzeichnis sei. Ferner habe die Beklagte vor der Anmeldung der Klagemarke Titelschutz gemäß § 5 Abs. 3 MarkenG erlangt durch die Registrierung sowie das Bereithalten entsprechender Inhalte auf der Webseite. Ein periodisch aktualisiertes Informationsangebot im Internet entspreche einer Zeitschrift in klassischer Druckform. Eine Domain könne eigene Kennzeichnungsrechte begründen, sie diene als Mittel zur Identifizierung ihres Betreibers. Die Beklagte nutze die Domain "..." titelmäßig zur Bezeichnung ihrer Online-Zeitschrift zum Thema Küche. Auch liege die markenrechtliche Werkqualität vor. Wie bei Druck-Periodika gebe es werbemäßige Ankündigungen, Hinweise auf Fachhändler und Links zu deren eigenen Seiten, Gewinnspiele, Genießerbücher, Expertentips, Horoskope und Rezepte. Daß einzelne Links zu Anfang noch nicht mit Inhalten hintergelegt gewesen seien, hindere die Entstehung des Werktitelschutzes nicht, zumal die einzelnen Seiten nach der Grundkonzeption einem ständigen Wechsel unterworfen seien. Im Internet gebe es keinen definierten Zeitpunkt der Fertigstellung. Der Verkehr könne sich vielmehr im Verlauf des Herstellungsprozesses ein Bild von dem Werk machen, anders als bei Büchern und Filmen. Wenn die inhaltliche Struktur der Zeitung vollständig erkennbar sei, liege ein bezeichnungsfähiges Werk vor. Der Stand des Werkes zum 11.08.1997 ergebe sich aus den Anlagen B 19 und B 20. Das "Werk" sei bereits damit am 11.08.1997 über übliche Werbeseiten hinaus gegangen und ein titelschutzfähiges Produkt gewesen. Weiteres Material für die Zeit vor dem 11.08.1997 sei nicht vorhanden. Es liege keine Bewerbung der von der Beklagten vertriebenen Produkte vor, sondern, wie sich aus den Anlagen ergebe, ein eigenes verlagsfähiges Produkt. Nur deshalb habe das gesamte Werk auch an eine Verlagsgesellschaft veräußert werden können. Der Titel müsse lediglich das Werk von anderen nach Inhalt und Beschaffenheit unterscheiden, während die Herkunft durch den Verleger oder Verfasser deutlich gemacht werde. Die Rügen des Klägers bezüglich eines fehlenden Herstellerhinweises lägen daher neben der Sache.Abs. 35
Anlage K 14 des Klägers gewähre diesem keine besseren Rechte. Der Zeitpunkt der Verfügbarkeit werde bestritten, Ausdrucke seien nicht vorgelegt. Es handle sich ferner nur um einen "Online-Shop" mit entsprechenden Werbeseiten, kein titelfähiges Werk, wie bei der Beklagten. Abs. 36
Ansprüche aus § 15 Abs. 2 MarkenG kämen nicht in Betracht, da eine firmenmäßige Benutzung vor dem Titel - Prioritätszeitpunkt der Beklagten nicht dargelegt worden sei. Anlagen K 7 und K 8 beträfen interne Vorbereitungshandlungen der Klageseite.Abs. 37
Der Senat hat mit Verfügung vom 25.07.2000 die Beklagte um Erläuterungen gebeten und ferner gefragt, ob weitere Unterlagen für das behauptete Werk vorgelegt werden könnten. Der Senat mußte sich mit P 20 als letzter Anlage hierzu begnügen. Abs. 38
Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf den Inhalt der eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen, die Sitzungsniederschrift und die angefochtene Entscheidung verwiesen. Der Schriftsatz der Beklagten vom 18.12.2000 wurde in rechtlicher Hinsicht gewürdigt, hat aber keinen Anlaß zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung gegeben. Abs. 39

Entscheidungsgründe

Die Berufung des Klägers ist erfolgreich, ihm stehen die eingeklagten Ansprüche gemäß §§ 14 Abs. 2 Ziffer 2, Abs. 3 Ziffer 2, Abs. 5 und Abs. 6 MarkenG zu. Die Berufung ist zulässig, da dem Kläger Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren ist. Im wesentlichen tragen folgende Überlegungen die Entscheidung des Senats.Abs. 40
1. Der Kläger ist aktivlegitimiert bezüglich der Geltendmachung der Rechte aus der Marke Nummer ..., die auf seine Ehefrau, ..., eingetragen ist (Anlage K 1 in beiden Fassungen).Abs. 41
Es wäre zwar eine klarere Vereinbarung sachdienlich gewesen, aber insbesondere die Anlage zur Anlage K 9 (in der in der Sitzung vom 09.08.1999 übergebenen Fassung) ergibt, daß die Markeninhaberin am 30.12.1997, also nach Anmeldung der Klagemarke, dem Übergang eines auf den 03.04.1997 datierten Markenlizenzvertrages (Anlage K 2 in der Fassung zu Blatt 1/12 der Akten) über die (erst danach angemeldete) streitgegenständliche Marke von der "..." auf die Firma ... Küchen, Inhaber ..., also den Kläger persönlich zugestimmt hat. Die Rechtseinräumung nach Anlage K 2 ist für die Klageansprüche ausreichend. Ob die GmbH zwischenzeitlich tatsächlich berechtigt war, ist nicht streitentscheidend. Wesentlich ist allein, daß die Markeninhaberin am 30.12.1997 in Übereinstimmung mit dem Kläger für diesen eine Berechtigung entsprechend der zitierten Anlage K 12 herbeigeführt hat. Einer zusätzlichen Beweisaufnahme durch Einvernahme der angebotenen Zeugen zur Aktivlegitimation des Klägers bedurfte es daher nicht.Abs. 42
2. Im Gegensatz zum Landgericht sieht der Senat die Klagemarke und die Bezeichnung "..." vorliegend als verwechslungsfähig an. Abs. 43
a)Bei kombiniertem Wort/Bildzeichen ist für den Gesamteindruck, auf den es stets ankommt, regelmäßig der Wortbestandteil maßgeblich, da dieser die einfachste Bezeichnungsform darstellt. Bei dem Verhältnis von Bild -und Wortbestandteil und der Frage, ob einer davon prägend ist und ein Übergewicht für die Bezeichnung besitzt, ist vorliegend zu berücksichtigen, daß der Bildteil des Klagezeichens gering ist: Die Farbgebung, die unterschiedliche Schrift und das "Unterstreichen" von "nline" sind völlig unbedeutend. Lediglich das hochgestellte "o" mit der an den "Klammeraffen" angelehnten Formgestaltung fällt auf, jedoch geht dieses Charakteristikum wiederum in dem Begriff "online" auf, weil es nur hierauf hindeutet und keine weitere eigenständige überschießende Aussagekraft hat. Der Wortbestandteil und der Bildbestandteil "online" bilden insoweit lediglich eine Einheit im Sinngehalt. Abs. 44
Der gesamte Wortlaut "..." ist jedoch kein gängiger Begriff der deutschen Sprache und nicht rein beschreibend. Der zweite Teil "online" weist zwar beschreibend auf das Medium hin, jedoch ist nicht eindeutig ersichtlich, was mit der Gesamtbezeichnung gemeint ist. "..." ist im Deutschen ein Raum. Ein solcher ist wohl nicht angesprochen. Es ist jedoch nicht ersichtlich, ob es sich um Möbel, Geräte, Zubehör, Beleuchtung, Rezepte, Gestaltungsmöglichkeiten einer Küche, eine Zeitschrift mit Themen um die Küche im weitesten Sinne, die Werbung eines Kücheneinrichters oder irgendetwas anderes mit Bezug zu einer Küche handelt. Schon damit ist ersichtlich, daß die Bezeichnung "..." nicht rein beschreibend ist, sondern Kennzeichnungskraft hat. In dieser Hinsicht sieht sich der Senat in Übereinstimmung mit der Entscheidung "Tensiontech", einer Entscheidung der zweiten Beschwerdekammer des Harmonisierungsamtes für den Binnenmarkt in GRUR Int. 2000, 553 ff. Die Kennzeichnungskraft ist zwar nicht so groß wie bei einem Phantasiewort ohne Anlehnung an irgendwelche bekannten Begriffe, aber auch nicht im unteren Bereich.Abs. 45
Demnach liegen keine gleichwertigen Zeichenbestandteile bezüglich Wort- und Bildbestandteil vor, die Klagemarke wird vielmehr durch den Wortbestandteil geprägt. Die Beklagte benützt zwar nicht die graphischen Elemente, wohl aber den prägenden Wortbestandteil identisch. Insoweit besteht entgegen der Ansicht des Landgerichts und der Beklagten durchaus Verwechslungsgefahr.Abs. 46
Soweit der Kläger moniert, die Beklagte verwende ein großes, hervorgehobenes O und lehne sich damit an den "Klammeraffen" an, kann dies nicht berücksichtigt werden, da der Klageantrag hierauf nicht abgestellt ist.Abs. 47
b)Was die Warenähnlichkeit anbelangt, so hat die Beklagte selber Küchenmöbel vertrieben und firmiert mit "Einbauküchen" in ihrer Gesamtbezeichnung. Damit liegt Warenidentität vor. Angesichts der Übereinstimmung im Wortbestandteil ist somit Verwechslungsgefahr gegeben. Unter "Einbauküchen" versteht der Verkehr entsprechend dem klägerischen Waren- und Dienstleistungsverzeichnis "Küchenmöbel und Kücheneinrichtung und Teile davon", die dort näher aufgegliedert werden, "Dekorationsartikel" für Küchen, "Accessoires für Küchen", ebenfalls näher aufgegliedert, "Installation und Reparatur von Kücheneinrichtung" usw. Die im Klageantrag desweiteren unter "insbesondere ..." aufgeführten Bereiche finden sich in dem Verzeichnis unmittelbar und können dort eingeordnet werden. Von der Beklagten werden insofern auch keine Einwände erhoben. Abs. 48
3. Der Beklagten stehen zum 11.08.1997, dem Anmeldetag der Klagemarke, keine besseren Rechte zu.Abs. 49
Auf die Frage, ob der Kläger zu einem noch früheren Zeitpunkt Rechte an der Bezeichnung "..." beanspruchen kann, kommt es somit nicht an. Abs. 50
Die Kernfrage der Auseinandersetzung, nämlich ob die Beklagte am 11.08.1997 bereits .über ein ausreichend schutzfähiges Werk verfügte, ist zu ihren Lasten zu verneinen. Der Senat hat die Beklagte ausdrücklich aufgefordert, alles vorzulegen und darzustellen, was es damals unter der Bezeichnung "..." gab, so daß eine weitere Aufklärung nicht mehr möglich ist. Die vorgelegten Unterlagen reichen aus Rechtsgründen und in tatsächlicher Hinsicht nicht aus.Abs. 51
a)Die Beklagte beruft sich zur Erlangung der Rechte an einer geschäftlichen Bezeichnung vor dem 11.08.1997 gemäß § 5 Abs. 3 MarkenG nur noch auf Rechte an einer Art Zeitschrift im Internet. Der Senat hat sich daher nicht mit der Frage zu befassen, ob sie für ihren Geschäftsbetrieb als Kücheneinrichtungshersteller entsprechende Rechte erlangt haben könnte. Hierfür liegt auch nichts vor. Abs. 52
b)Es ist anerkannt, daß "sonstige vergleichbare Werke" gemäß § 5 Abs. 3 MarkenG unter einer Domain Werktitelschutz genießen können.Abs. 53
c) Es muß sich jedoch um ein fertiges Werk handeln, nicht nur um Pläne, Vorbereitungshandlungen oder Ankündigungen. Die Registrierung einer Domain, hier am 10.06.1997, allein reicht nicht, es muß ein bestehendes Werk benutzt werden (vgl. z. B. Ingerl/Rohnke MarkenG 1998, § 5 RN 49). Wenn "Werkstücke" unter dem Titel noch nicht in den Verkehr gebracht werden, so muß das Werk zumindest fertiggestellt sein (Ingerl/Rohnke a.a.O.). Eine Titelschutzanzeige gibt es im Internet oder bei T-Online (noch) nicht.Abs. 54
Für eine "virtuelle Zeitschrift" findet sich keine Rechtsprechung.Abs. 55
Der BGH hat, allerdings für Software, eine Vorverlagerung des Werktitelschutzes auf "eine der Auslieferung des fertigenProdukts unmittelbar vorausgehende werbende Ankündigung" für zulässig gehalten, jedoch eine "Pilotversion" nicht ausreichen lassen (BGH WRP 1997, 1181 "FTOS" [= JurPC Web-Dok. 3/1998, Anm. der Red.] und WRP 1997, 1184 "Power Point" [= JurPC Web-Dok. 18/1997, Anm. der Red.]). Die Rechtsprechung des BGH steht einer Vorverlagerung der Titelschutzentstehung auf solche Entwicklungsphasen entgegen: In der Entscheidung "WINCAD" (allerdings zu Computerprogrammen) hat der BGH ausgeführt (GRUR..1998, 1010 ff), daß an eine öffentliche Ankündigung eines Titels - sofern man sie grundsätzlich zuläßt - jedenfalls strenge Anforderungen zu stellen seien, die es ermöglichen, daß die interessierten Mitbewerber von einer derartigen Ankündigung auf einfachem Wege Kenntnis erlangen können. Sie sollen nicht gezwungen sein, in der allgemeinen Presse oder in anderen Medien nach entsprechenden Ankündigungen zu recherchieren (a.a.O. 1012). Das Internet ist jedoch ein solches "anderes" Medium. Im übrigen weist der BGH wiederum auf die "Aufnahme des Vertriebs des fertigen Programms" oder einer der Auslieferung des fertigenProdukts unmittelbar vorausgehenden werbende Ankündigung hin (Leitsatz 1 und Seite 1013 a.a.O.). Abs. 56
Ingerl/Rohnke wollen (a.a.O.) nicht zwischen Werktitelschutz und Unternehmenskennzeichenschutz differenzieren und daher auch im ersteren Fall schon konkrete Vorbereitungsmaßnahmen ausreichen lassen, sofern sie sich auf ein bestimmtes Werk beziehen. Diese Meinung berücksichtigt nicht, daß der BGH das ablehnt, jedoch z. B. das Handeln im Rechtsverkehr einer lediglich noch nicht eingetragenen GmbH genügen läßt, was aber wiederum seiner Rechtsprechung zur Software entspricht (GRUR 1993, 404 "Columbus").Abs. 57
In Althammer/Ströbele/Klaka, MarkenG, 6. Aufl., 2000, spricht sich Klaka (§ 5 RN 59) für eine Vorverlagerung aus, wenn der Werkentstehungsprozeß ein Stadium erreicht hat, in dem für den maßgebenden Verkehr ein Objekt erkennbar wird, das bezeichnungsfähig ist, wobei ein völlig erprobtes und fehlerfreies Werk nicht Voraussetzung sein sollte. Letzteres ist sicher nicht erforderlich. Andererseits zeigt gerade der vorliegende Streit, daß dann bereits die Angabe eines Inhaltsverzeichnisses ausreichen könnte, wobei aber vorliegend z.B. völlig offen ist, wann die Rubrik "Händler" aktiviert wird. Werden keine Händler geworben oder, wie vorliegend, erst Monate später, führte dies zu einer erheblichen Rechtsunsicherheit und käme einer, im Gegensatz zu anderen Medien, nicht möglichen Titelschutzanzeige im Internet gleich. Dabei ist weiter zu berücksichtigen, daß anerkannte Titelschutzanzeigen in Publikationen erfolgen, die leicht auf bestimmte Titel durchsucht werden können, während das Internet keine derartige Publikation darstellt und es einen großen Aufwand bedeutet auch noch hier dann entsprechend nach Inhalten zu suchen. Zu Recht wird daher von niemand die Eintragung einer Domain für den Erwerb eines Titelschutzes als ausreichend angesehen. Fezer, Markenrecht 2. Auflage 1999, § 15 MarkenG RN 167 c, will externe Vorbereitungshandlungen zur Markteinführung genügen lassen, differenziert aber insoweit zwischen dem Lyrikband eines Autors und z.B. einem internationalen Filmwerk mit dem Erwerb von Immaterialgüterrechten, Abschluß von Verträgen mit Verlagen, Autoren, usw., und der zeitlichen Projektierung der Produktion, wobei er hierin externe Vorbereitungsmaßnahmen sieht. Zu einer Zeitschrift im Internet in der vorliegenden Art äußert er sich nicht. Am 11.08.1997 war noch kein einziger Händler als Werbender gefunden, es gab offenbar nur einen Vertrag mit dem Unternehmen, das die Konzeption erstellte, was einen internen Vorgang darstellt.Abs. 58
In WRP 2000, 969, 673 lehnt Fezer den Werktitelschutz an einem Domainnamen für eine individuell gestaltete Homepage ab (rechte Spalte) und erwähnt zustimmend erst die abrufbare Internetzeitschrift "Hot Wiret" als Werk. Oelschlägel, WRP 1998, 469 ff, nimmt zur Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Hamburg und den Äußerungen von Teplitzky, Deutsch und Ingerl (WRP 1997, 1127) Stellung und schließt sich der Rechtsprechung des BGH an. Der Senat verweist zustimmend auf die Ausführungen auf Seite 472 zum Schutzzweck des § 15 MarkenG, wobei jene Überlegungen zu Computerprogrammen auch für eine virtuelle Zeitschrift zutreffen. Diese wird zwar nicht ohne Kenntnis der Mitbewerber an Pilotkunden verschickt, sondern ist für jedermann in ihrem Entstehungsprozeß im Internet verfolgbar. Es besteht jedoch keine Gewähr dafür, daß das Internet ständig entsprechend abgefragt wird.Abs. 59
Bis zum Bestehen einer Fassung, die einer Null-Nummer oder Erstausgabe einer Printzeitschrift entspricht, ist ungewiss, ob das Produkt überhaupt auf den Markt kommt oder nicht wieder eingestellt wird. Das Entstehenlassen von Titelschutzrechten an Inhaltsverzeichnissen, Eigenwerbung oder Werbemaßnahmen in Bezug auf "Inserenten", vorliegend also Händlern oder Fabrikanten, die ihre eigenen Seiten in die Zeitschrift einstellen wollen, ist weder sinnvoll noch aus irgendwelchen tragfähigen Gründen zu rechtfertigen. Ein Medium im Internet muß nicht gegenüber einem Printmedium bevorzugt werden. Solange nur Ideen und kleine Bausteine offenbart und von Dritten abgerufen werden können, liegt noch keine Benutzungsaufnahme vor. Diese Phase entspricht den Vorbereitungsmaßnahmen im Printbereich, wenn potentielle Werbeinteressenten, Graphiker und Autoren lediglich kontaktiert werden.Abs. 60
d)Am 11.08.1997 verfügte die Beklagte nicht über ein entsprechendes fertiges Produkt, das einen Titelschutz begründen konnte, sondern befand sich noch in reinen Vorbereitungshandlungen.Abs. 61
aa) Soweit die Beklagte in diesem Zusammenhang geltend macht eine virtuelle Zeitschrift sei nie fertig und ständig im Umbruch begriffen, so ist das nicht weiterführend: Richtig ist, daß z. B. ein Roman oder auch ein juristischer Kommentar in Buchform einmal fertig ist und dann, jedenfalls in der jeweiligen Auflage, unverändert bleibt. Für eine Zeitschrift ist es dagegen charakteristisch, daß sich trotz gleichen Titels die jeweiligen Ausgaben inhaltlich unterscheiden. Nun mag eine "Zeitschrift im Internet" nicht wie eine Printausgabe nur zu bestimmten Zeitpunkten durch eine neue Ausgabe ersetzt werden, sondern sich laufend ändern in der Form, daß z.B. die Horoskope nur für den aktuellen Zeitraum verfügbar sind, eine "Meinungsseite" sich durch neue Beiträge und das Löschen älterer Ausführungen ändert oder weitere Händler oder Fabrikanten Werbeseiten einfügen lassen. Dies führt jedoch nicht dazu, daß ein Konzept mit einer Gliederung und einigen, ganz wenigen Beiträgen bereits als fertige Zeitschrift im Internet gewürdigt werden könnte und nicht nur lediglich als die Mitteilung einer Idee, verbunden mit der Werbung gegenüber Dritten, sich an dem geplanten Objekt zu beteiligen. Abs. 62
bb) Mehr kann die Beklagte aber nicht vorweisen, wie sich aus den von ihr vorgelegten Unterlagen ergibt, wobei kein Beweis darüber zu erheben ist, wann diese Unterlagen abrufbar waren:
- Anlage P 4 bewirbt "..." als "interaktiven Treffpunkt", wobei man "Kontakt aufnehmen kann" (Blatt 2), die "Meinung sagen" und "mitmachen" kann (Blatt 3) und dann lediglich noch ein Inhaltsverzeichnis abrufen kann (Blatt 4). Dies stellt lediglich einen Werbeprospekt für ein geplantes Unterfangen dar.
- Anlage P 9 ist lediglich ein Werbeschreiben an mögliche Interessenten für einen Auftritt als Hersteller, Fachhändler oder Dienstleister.
- Anlage P 10 ist eine Werbebroschüre. - Anlage P 11 sind Rechnungen der Werbeagentur gegenüber der Beklagte für Werbematerial, Homepage und Entwicklung der Seiten "Dialog", "Aktuelles" einer Bestellseite und ähnlichem, also reine Entwicklungskosten, und -schnitte.
- Anlage P 11, der Kaufvertrag ist schon wegen des Zeitpunkts (01.07.1999) ohne Belang für den Stichtag 11.08.1997.
- Anlage P 14 sind nach korrigiertem Vortrag der Beklagten lediglich Layoutseiten für die Akquisition, also ein Werbeprospekt, der ein System oder eine Art Inhaltsverzeichnis wiedergibt (Blatt 145 der Akten). Der erste Händler war ab "September" 1997 mit den eigenen Seiten abrufbar, also zu einem nicht genau definierten Zeitpunkt nach dem Stichtag (Blatt 145).
- Anlage P 15, ein "Küchenhoroskop" laut Beklagtenvortrag, erweist sich beim Lesen als eine Werbung für eine Küche von "Rational", nicht als Horoskop. Dasselbe gilt für die Gewinnmöglichkeit einer Espressomaschine oder "Teilnehmen ..." (Blatt 2 und 3 von Anlage P 15). Auf die diesbezüglichen Einwände des Klägers kommt es daher nicht an.
- Anlage P 16 stellt eine Reklamation eines Kunden dar, daß sich die Werbung zu langsam aufbaut, gerichtet an die Werbeagentur. Mehr läßt sich hieraus nicht entnehmen.
- Anlage P 17 ist, falls abrufbar, ein Inhaltsverzeichnis bzw. stellt Entwürfe vor (Seite 2, 3 und 1; Seite 8, 9, 7; Seite 5, 6, 4). Seite 8, 9, 7, 11, 10, 13, 14, 12 (die Nummerierung folgt der dem Senat vorliegenden Zahlenfolge in der Anlage P 17 von vorne nach hinten) ist Werbung für die Beklagte. Seiten 2 und 4 bis 13 befassen sich nur mit der Aufteilung von Deutschland nach Postleitzahlengebieten, stellen also nur eine Information für umworbene Händler dar. Seite 11 und 14 sind wiederum nur Teile eines Inhaltsverzeichnisses. Die letzte Seite gibt allenfalls ein Impressum wieder mit vier Inhaltsrubriken.
- Anlage P 18 stellt offensichtlich nur ein Arbeitspapier der Werbeagentur dar.
Abs. 63
Selbst wenn die "Inhalte" gemäß Blatt 148 der Akten (Schriftsatz der Beklagten vom 05.10.2000 Seite 5) am 11.08.1997 abrufbar waren, handelt es sich, wie aus Vorstehendem folgt, noch nicht um ein titelschutzfähiges "fertiges" Werk im Internet, sondern um reine Werbung der Beklagten bzw. Inhaltsverzeichnisse eines geplanten "Mediums". Abs. 64
- Anlage P 19 und P 20 ergeben nichts anderes: Anlage P 19 ist lediglich eine graphische Schemazeichnung zur Anlage P 17, die anders nummeriert in Anlage P 20 wiederkehrt. Neu ist dabei das "Küchenhoroskop" für den "Löwen", dem hier prophezeit wird, daß er eine "Karat" oder "Palais-Küche" von der Beklagten kauft. Auch das hält der Senat für schlichte Werbung und nicht für den Inhalt einer Art Zeitschrift.Abs. 65
e) Auf die Auseinandersetzung, ob der Werktitel auch Herkunftsfunktion haben muß, kommt es nicht an. Es wird dazu verwiesen auf Fezer § 15 RN 161, BGH GRUR 99, 235, 237 "Wheels Magazine" und BGH in NJW RR 99, 1643 und 1644 ("SZENE"). Abs. 66
f) Auch spielt es keine Rolle, ob der Titel im "T-Online-Netz" oder im Internet verwendet worden ist.Abs. 67
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, die anderen Nebenentscheidungen aus § 708 Nr. 10, § 711, § 546 Abs. 2 ZPO.
JurPC Web-Dok.
100/2001, Abs. 68
[online seit: 21.05.2001]
Zitiervorschlag: Gericht, Datum, Aktenzeichen, JurPC Web-Dok., Abs.
Zitiervorschlag: München, OLG, Keine Titelschutzanzeige im Internet - JurPC-Web-Dok. 0100/2001