JurPC Web-Dok. 55/2020 - DOI 10.7328/jurpcb202035455

VG Kassel

Gerichtsbescheid vom 05.03.2020

3 K 1008/18.KS

Keine Eröffnung des elektronischen Rechtsverkehrs durch Angabe der E-Mail-Adresse des Sachbearbeiters

JurPC Web-Dok. 55/2020, Abs. 1 - 25


Leitsatz:

Durch die bloße Angabe der E-Mail-Adresse des zuständigen Sachbearbeiters allein wird noch nicht die Möglichkeit zur Widerspruchseinlegung im Wege des elektronischen Rechtsverkehrs gem. § 3a Abs. 2 HVwVfG eröffnet. Daher ist eine Rechtsbehelfsbelehrung, die einen Hinweis auf die elektronische Form der Einlegung des Widerspruchs nicht enthält, nicht unvollständig oder unrichtig.

Tatbestand:

Die Klägerin studiert seit dem 01.10.2010 an der Universität in Kassel im Studiengang Lehramt an Gymnasien die Fächer Mathematik und Chemie. Die Erste Staatsprüfung in den Klausuren Mathematik und Chemie bestand sie nicht. In der Wiederholungsprüfung im Fach Mathematik erzielte sie lediglich 4 Punkte. Mit Bescheid vom 10.05.2017 teilte die Hessische Lehrkräfteakademie der Klägerin daraufhin mit, dass sie die Erste Staatsprüfung für das Lehramt an Gymnasien somit wiederholt nicht bestanden habe. Eine zweite Wiederholungsprüfung könne beim Vorliegen besonderer Gründe zugelassen werden. Der Bescheid ging ihren Angaben zufolge bei der Klägerin am 12.05.2017 ein. Er wies im Briefkopf die E-Mail-Adresse der zuständigen Sachbearbeiterin aus. Die Rechtsbehelfsbelehrung enthält den Hinweis, dass gegen den Bescheid innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe schriftlich oder zur Niederschrift bei der Hessischen Lehrkräfteakademie Widerspruch erhoben werden kann.Abs. 1
Mit Schreiben ihrer Bevollmächtigten vom 14.12.2017, welches am 15.12.2017 bei der Hessischen Lehrkräfteakademie eingegangen ist, hat die Klägerin gegen den Bescheid vom 10.05.2017 Widerspruch eingelegt. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, die Rechtsbehelfsbelehrung des Bescheides sei unrichtig, so dass gem. § 58 Abs. 2 VwGO die Jahresfrist gelte. Die Unrichtigkeit der Rechtsbehelfsbelehrung ergebe sich daraus, dass trotz Eröffnung des elektronischen Rechtsverkehrs durch die Angabe einer E-Mail-Adresse im Briefkopf des Bescheides nicht auf die Möglichkeit der elektronischen Widerspruchserhebung gem. § 3a HVwVfG hingewiesen worden sei. Schon durch die Einrichtung einer E-Mail-Adresse sei der Zugang von Dokumenten mit elektronischer Signatur eröffnet (vgl. OVG Koblenz, Urteil vom 08.03.2012 - 1 A 11258/11.OVG -; Bundestagsdrucksache 17/11473, S. 33).Abs. 2
Mit Widerspruchsbescheid vom 20.03.2018 wies die Hessische Lehrkräfteakademie den Widerspruch zurück. Der Widerspruch gegen den Bescheid vom 10.05.2017 sei unzulässig, da er nicht innerhalb der Monatsfrist des § 70 Abs. 1 VwGO eingelegt worden sei. Der Bescheid gelte gem. § 41 Abs. 2 HVwVfG am 13.05.2017 als bekannt gegeben, sodass die Frist mit Ablauf des 13.06.2017 abgelaufen sei und der am 15.12.2017 eingegangene Widerspruch verfristet sei. Insbesondere entspreche die Rechtsbehelfsbelehrung den Anforderungen des § 58 Abs. 1 VwGO, sodass auch die Jahresfrist nicht maßgeblich sei. Die Rechtsbehelfsbelehrung habe keinen Hinweis auf die Möglichkeit einer Widerspruchserhebung durch elektronische Form gem. § 3a Abs. 2 HVwVfG enthalten müssen. Es sei bei der elektronischen Kommunikation mit Behörden zwischen der Übermittlung einfacher elektronischer Dokumente gem. § 3a Abs. 1 HVwVfG und der Übermittlung von mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehenen Dokumenten gem. § 3a Abs. 2 HVwVfG zu unterscheiden. Von einer Zugangseröffnung für einfache elektronische Dokumente könne ausgegangen werden, wenn Behörden auf Briefköpfen oder auf ihrer Homepage eine E-Mail-Adresse angeben. Solle jedoch die elektronische Form eine Schriftform ersetzen, sei der Zugang für Dokumente mit einer qualifizierten elektronischen Signatur nur dann eröffnet, wenn sich die Behörde ausdrücklich zur Entgegennahme bereit erklärt habe (vgl. VG Neustadt, Urteil vom 22.09.2011 - 4 K 540/11.NW -, juris). In diesem Sinne habe die Hessische Lehrkräfteakademie den Zugang nicht eröffnet. Es sei zwar eine dienstliche E-Mail-Adresse der Bearbeiterin im Bescheid angegeben gewesen, ein Zugang für Dokumente mit einer qualifizierten elektronischen Signatur habe die Behörde jedoch weder auf ihren Briefköpfen noch auf ihrer Homepage für eröffnet erklärt. Auch könne von einer konkludenten Zugangseröffnung nicht ausgegangen werden. Die Verwendung der qualifizierten elektronischen Signatur habe sich in der Praxis weder bei Behörden noch beim Bürger durchgesetzt und seien in der Öffentlichkeit weitestgehend unbekannt geblieben (Hessischer Landtag, Drucksache 19/1852, S. 14). Es sei übliche Behördenpraxis, auf die vorhandene Möglichkeit einer elektronischen Widerspruchserhebung ausdrücklich hinzuweisen. Aus den Motiven des Gesetzes zur Förderung der elektronischen Verwaltung vom 25.07.2013 ergebe sich auch lediglich, dass in der öffentlichen Angabe einer E-Mail-Adresse die konkludente Eröffnung des Zugangs elektronischer Dokumente im Sinne von § 3a Abs. 1 HVwVfG zu sehen sei, nicht jedoch im Sinne von § 3a Abs. 2 HVwVfG. Im Übrigen müsse selbst dann, wenn eine konkludente Zugangseröffnung im Sinne von § 3a Abs. 2 HVwVfG angenommen werde, die Rechtsbehelfsbelehrung einen Hinweis auf die Möglichkeit einer elektronischen Widerspruchserhebung nicht enthalten (VG München, Urteil vom 15.11.2013 - M 21 K 12.303 -, Juris; Bay. Verwaltungsgerichthof, Beschluss vom 18.04.2011 - 20 ZB 11.349 -, Juris). Klarstellend werde darauf hingewiesen, dass auch für die Hessische Lehrkräfteakademie keine Rechtspflicht zur Eröffnung eines Zugangs für elektronische Widersprüche bestanden habe. Die Verpflichtung aus § 2 Abs. 1 EGovG bestehe lediglich für Bundesbehörden und für solche Behörden, die Bundesrecht ausführten. Der Widerspruchsbescheid wurde der Bevollmächtigten der Klägerin am 22.03.2018 zugestellt.Abs. 3
Mit ihrer am 20.04.2018 bei Gericht eingegangenen Klage hat die Klägerin im Wesentlichen ausgeführt, die Klage sei nicht verfristet, vielmehr gelte entgegen der Auffassung des Beklagten die Jahresfrist des § 58 Abs. 2 VwGO. Die dem Bescheid beigefügte Rechtsbehelfsbelehrung sei unrichtig gewesen. Zwar müsse die von § 58 Abs. 1 VwGO geforderte Belehrung über den Rechtsbehelf eine Belehrung über Formerfordernisse nicht enthalten. Eine Rechtsbehelfsbelehrung erweise sich jedoch dann als fehlerhaft, wenn ihr ein unrichtiger oder irreführender Zusatz beigefügt werde, der geeignet sei, im Betroffenen einen Irrtum über die formellen und materiellen Voraussetzungen des Rechtsbehelfs hervorzurufen. Die Hessische Lehrkräfteakademie habe durch die Angabe einer E-Mail-Adresse im Briefkopf des Bescheides vom 10.05.2017 die Möglichkeit der elektronischen Kommunikation und damit gleichzeitig auch die Möglichkeit der Widerspruchseinlegung eröffnet, in der Rechtsbehelfsbelehrung aber auf diese Möglichkeit nicht hingewiesen. Soweit der Beklagte vertrete, dass der Zugang für elektronische Dokumente im Sinne von § 3a Abs. 2 HVwVfG nur dann eröffnet sei, wenn nicht nur eine E-Mail-Adresse angegeben sei, sondern darüber hinaus auch ausdrücklich erklärt worden sei, Dokumente mit einer qualifizierten elektronischen Signatur entgegenzunehmen, gehe die überwiegende Auffassung dahin, dass es für die Zulassung zur elektronischen Widerspruchseinlegung genüge, dass überhaupt eine E-Mail-Adresse angegeben werde. Dies ergebe sich auch aus den Motiven zu § 3a Abs. 1 VwVfG (BT-Drucksache 17, 11473, S. 33). Auch habe der Beklagte im Widerspruchsbescheid vom 20.03.2018 das Vorhandensein der Zugangsmöglichkeit nicht in Abrede gestellt. Damit sei infolge der Angabe der E-Mail-Adresse auf dem angefochtenen Bescheid ein entsprechender Zugang und mithin die Möglichkeit der Widerspruchseinlegung unter Verwendung einer elektronischen Signatur aber faktisch eröffnet. Somit habe es auch eines entsprechenden Hinweises in der Rechtsbehelfsbelehrung bedurft. Im Übrigen sei die Klage auch begründet. Die Bewertung der Prüfungsleistung der Klägerin im Fach Mathematik sei fehlerhaft, weil diese unter Verstoß gegen den Beurteilungsspielraum zustande gekommen sei.Abs. 4
Die Klägerin beantragt,Abs. 5
den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides der Hessischen Lehrkräfteakademie, Prüfungsstelle Kassel, vom 10.05.2017 und des hierzu ergangenen Widerspruchsbescheides vom 20.03.2018 zu verpflichten, die Prüfungsleistung der Klägerin im Fach Mathematik vom 13.03.2017 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bewerten und zu bescheiden.Abs. 6
Das beklagte Land beantragt,Abs. 7
die Klage abzuweisen.Abs. 8
Zur Begründung bezieht es sich auf den Widerspruchsbescheid vom 20.03.2018 und führt ergänzend aus, die Hessische Lehrkräfteakademie sei schon technisch nicht in der Lage, eine qualifizierte elektronische Signatur zu überprüfen, da an ihren Computerarbeitsplätzen lediglich mit dem Softwareprogramm „Microsoft Outlook“ gearbeitet werde. Weitere Softwareprogramme seien nicht installiert, eine E-Mail mit einer qualifizierten elektronischen Signatur würde daher fehlerhaft angezeigt werden. Die Hessische Lehrkräfteakademie besitze nicht die für die Überprüfung einer qualifizierten elektronischen Signatur notwendige Hard- und Software und sei daher technisch nicht in der Lage damit versehene E-Mails zu empfangen und die Identität des Absenders zu überprüfen.Abs. 9
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der Behördenakten (2 Hefter) Bezug genommen.Abs. 10

Entscheidungsgründe:

Das Gericht kann gemäß § 84 Abs. 1 VwGO durch Gerichtsbescheid entscheiden, da die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist, der Sachverhalt geklärt ist und die Beteiligten zu dieser Entscheidungsart gehört worden sind.Abs. 11
Die Klage ist unzulässig.Abs. 12
Der Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid der Hessischen Lehrkräfteakademie, Prüfungsstelle Kassel, vom 10.05.2017 ist von derselben Behörde mit dem Widerspruchsbescheid vom 20.03.2018 zu Recht als verspätet zurückgewiesen worden. Dies führt nicht zur Unbegründetheit, sondern zur Unzulässigkeit der am 20.04.2018 beim Verwaltungsgericht Kassel erhobenen Klage, da ein ordnungsgemäßes Vorverfahren gem. § 68 Abs. 1 VwGO nicht durchgeführt worden ist.Abs. 13
Denn der Widerspruch gegen den Bescheid vom 10.05.2017 ist nicht fristgemäß eingelegt worden. Die Hessische Lehrkräfteakademie führt in ihrem Widerspruchsbescheid unter Verweis auf § 41 Abs. 2 HVwVfG als Datum des Zugangs den 13.05.2015 an, die Klägerin gibt selber an, dass Schreiben am 12.05.2017 erhalten zu haben. Ausgehend vom tatsächlichen Zugang bei der Klägerin hat sie die Monatsfrist des § 70 Abs. 1 Satz 1 VwGO nicht eingehalten. Der Widerspruch der Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 14.12.2017 ist am 15.12.2017 und damit nach Ablauf der Monatsfrist bei der Behörde eingegangen.Abs. 14
Entgegen der Auffassung der Klägerin ist im vorliegenden Verfahren nicht die Jahresfrist des § 58 Abs. 2 VwGO zur Anwendung zu bringen. Die Rechtsbehelfsbelehrung ist nicht unrichtig erteilt worden. Insbesondere musste auch nicht auf die Möglichkeit der Einlegung des Widerspruchs auf elektronischen Wege hingewiesen werden.Abs. 15
Gemäß § 58 Abs. 1 VwGO beginnt die Frist für ein Rechtsmittel nur dann zu laufen, wenn der Beteiligte über den Rechtsbehelf, die Verwaltungsbehörde oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf anzubringen ist, den Sitz und die einzuhaltende Frist schriftlich oder elektronisch belehrt worden ist. Die Vorschrift verlangt nach ihrem eindeutigen Wortlaut keine Belehrung über die für den Rechtsbehelf maßgeblichen Formvorschriften, sondern lediglich über die Frist. Der Umstand, dass in der Vorschrift die Frist (neben der Behörde und deren Sitz) ausdrücklich erwähnt ist, steht auch der Annahme entgegen, dass eine Belehrung über den Rechtsbehelf eine Belehrung über seine Formerfordernisse bedingt (vgl. BVerwG, Urteil vom 27.02.1976 – IV C 74.74 -, juris-Rdnr. 18).Abs. 16
Enthält eine Rechtsbehelfsbelehrung jedoch mehr als diesen Mindestinhalt, dürfen überobligatorische Hinweise auf Formvorschriften nicht irreführend und geeignet sein, die Einlegung des Rechtsbehelfs zu erschweren (vgl. BVerwGE, Urteil vom 13.12.1978 - 6 C 77/78 -, juris-Rdnr. 23). Die dem Bescheid vom 10.05.2017 beigefügte Rechtsbehelfsbelehrung enthielt allerdings über den zwingenden Inhalt hinausgehende Formvorschriften. Sie enthält Angaben zur Form des Widerspruchs, indem darauf hingewiesen wird, dass der Widerspruch schriftlich oder zur Niederschrift bei der Hessischen Lehrkräfteakademie - Prüfungsstelle Kassel - erhoben werden kann. Damit entspricht die Rechtsbehelfsbelehrung im Wesentlichen dem Wortlaut von § 70 VwGO in der zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheids geltenden Fassung, welche - anders als die ab dem 01.01.2018 geltende, durch das Gesetz zur Einführung der elektronischen Akte in der Justiz und zur weiteren Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs vom 05.07.2017 (BGBl. I 2208) geänderte Fassung der Vorschrift - noch nicht dem Hinweis auf die Möglichkeit der Widerspruchseinlegung in elektronischer Form enthielt.Abs. 17
Trotz dieser zusätzlichen Angaben die Rechtsbehelfsbelehrung entgegen der Auffassung der Klägerin jedoch nicht geeignet, hinsichtlich der Form des Rechtsbehelfs einen Irrtum hervorzurufen, der bei dem Adressaten des Verwaltungsakts die Einlegung des Widerspruchs erschweren könnte. Sie ist insbesondere nicht unvollständig, denn es bedurfte keines Hinweises auf die Möglichkeit der Widerspruchseinlegung in elektronischer Form gem. § 3a Abs. 2 HVwVfG.Abs. 18
Denn die Beklagte hat den Zugang für eine elektronische Widerspruchseinlegung zum Zeitpunkt des Erlasses des Verwaltungsaktes weder ausdrücklich noch konkludent eröffnet und war daher auch nicht verpflichtet, auf diese Möglichkeit hinzuweisen. Zwar hat die Hessische Lehrkräfteakademie den Zugang für die allgemeine Kommunikation mit dem Bürger in Gestalt der elektronischen Übermittlung von Dokumenten i.S.v. § 3a Abs. 1 HVwVfG konkludent dadurch eröffnet, dass die Behörde einerseits über die technischen Voraussetzungen für die Versendung und den Empfang von E-Mail-Verkehren verfügt und andererseits auf den Briefköpfen der Behörde durchgängig die E-Mail-Adressen der jeweiligen Sachbearbeiter - neben den üblichen postalischen Adressen - angegeben sind. So ist auch in dem streitgegenständlichen Bescheid vom 10.05.2017 die Adresse der Sachbearbeiterin neben den sonst üblichen Angaben wie Telefon- und Telefaxnummer verzeichnet.Abs. 19
Aus der Angabe der elektronischen Anschrift des Sachbearbeiters allein kann jedoch noch nicht geschlossen werden, dass damit konkludent die elektronische Kommunikation gem. § 3a Abs. 2 HVwVfG für den Empfang von Dokumenten mit qualifizierter elektronischer Signatur und damit für die Einlegung von Rechtsbehelfen eröffnet werden sollte. Da etwaige Rechtsbehelfe sich gegen die Behörde richten müssen, die den Bescheid erlassen hat, ist die Annahme nicht gerechtfertigt, mit der bloßen Angabe der elektronischen Anschrift der Sachbearbeiterin bzw. des Sachbearbeiters sei zugleich vollumfänglich der Rechtsverkehr, insbesondere soweit er die Einlegung von Rechtsbehelfen betrifft, eröffnet worden. Ebenso wenig wie aus der Angabe der Telefonnummer der Sachbearbeiterin darauf geschlossen werden kann, dass ein förmlicher Rechtsbehelf auf telefonischem Wege erhoben werden könnte, ist dies bei der Angabe der Kommunikationsadresse für E-Mails der Fall. Auch ist das Schreiben so gestaltet, dass die Angabe der E-Mail-Adresse im Kopf des Schreibens (wie die übrigen Kommunikationsdaten) erfolgt ist, also deutlich abgesetzt von der Rechtsbehelfsbelehrung, sodass auch insoweit keine Rückschlüsse auf die Möglichkeit einer elektronischen Einlegung des Widerspruchs gerechtfertigt waren. Soweit sich die Klägerin zum Beleg für ihre Auffassung, dass schon mit dem bloßen Eröffnen eines E-Mail-Zugangs auch der qualifizierte elektronische Rechtsverkehr, also auch die Möglichkeit zum Empfang von Dokumenten i.S.v. § 3a Abs. 2 HVwVfG eröffnet sei, auf die Gesetzesbegründung zum Gesetz zur Förderung der elektronischen Verwaltung (BT-Druck 17/11473, S. 33) bezieht, betreffen diese Ausführungen allerdings nur die Eröffnung der elektronischen Kommunikation i.S.v. § 3a Abs. 1 HVwVfG, also der schlichten Kommunikation per E-Mail.Abs. 20
Weiterhin enthält der Bescheid vom 10.05.2017 im Übrigen keine Angaben zu der Möglichkeit der Einlegung eines Widerspruchs auf elektronische Art und Weise. Die Hessische Lehrkräfteakademie hat auch sonst in keiner Weise erkennen lassen, dass sie bereit ist, Rechtsbehelfe im Wege der elektronischen Kommunikation entgegenzunehmen. In diesem Sinne hat die Beklagte unwiderlegt vorgetragen, dass zum Zeitpunkt des Erlasses des angegriffenen Bescheides weder auf der Homepage der Hessischen Lehrkräfteakademie oder in anderer Weise entsprechende Hinweise hinterlegt waren.Abs. 21
Die Beklagte war zudem im Zeitpunkt des Erlasses nicht verpflichtet, die Möglichkeit zu eröffnen, einen Widerspruch auf elektronischem Wege gem. § 3a Abs. 2 HVwVfG einlegen zu können. Nach der zum Zeitpunkt des Erlasses des angegriffenen Bescheids geltenden Rechtslage bestand (noch) keine Verpflichtung der Beklagten zur Eröffnung des elektronischen Rechtsverkehrs. § 3 HEGovG, wonach jede Behörde des Landes Hessen verpflichtet ist, einen Zugang für die Übermittlung elektronischer Dokumente zu eröffnen, auch soweit sie mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen sind, trat erst am 25.09.2018 in Kraft. Eine Verpflichtung zur Eröffnung der elektronischen Kommunikation bestand auch nicht zuvor aufgrund von § 2 EGovG vom 25.07.2013 (BGBl. I, S. 2749), da dieses Gesetz nur für Behörden des Bundes und für Landesbehörden, die Bundesrecht ausführen gilt, § 1 Abs. 1 und 2 EGovG.Abs. 22
War somit die Möglichkeit, einen Widerspruch in elektronischer Form nach § 3a Abs. 2 HVwVfG zu erheben, zum Zeitpunkt des Erlasses des angegriffenen Verwaltungsaktes nicht eröffnet, erweist sich auch die dem Verwaltungsakt beigefügte Rechtsbehelfsbelehrung, soweit sie auf die Form der Einlegung des Widerspruchs allein in schriftlicher Form oder zur Niederschrift bei der Erlassbehörde hinweist, nicht als lückenhaft und ist nicht geeignet, einen Irrtum über die Form der Einlegung des Widerspruchs hervorzurufen. Somit hat die Rechtsbehelfsbelehrung die Monatsfrist des § 58 Abs. 1 VwGO in Gang gesetzt und der am 18.12.2017 eingegangene Widerspruch war verfristet.Abs. 23
Da die Klägerin unterlegen ist, hat sie gem. § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen.Abs. 24
Die Entscheidung über die Vollstreckbarkeit des Gerichtsbescheids beruht auf § 167 Absatz 1 und 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.Abs. 25

(online seit: 07.04.2020)
Zitiervorschlag: Gericht, Datum, Aktenzeichen, JurPC Web-Dok, Abs.
Zitiervorschlag: Kassel, VG, Keine Eröffnung des elektronischen Rechtsverkehrs durch Angabe der E-Mail-Adresse des Sachbearbeiters - JurPC-Web-Dok. 0055/2020