JurPC Web-Dok. 20/2023 - DOI 10.7328/jurpcb202338220

LG Frankfurt a.M.

Urteil vom 12.01.2023

2-24 O 39/22

Kein Widerrufsrecht des Aufhebungsvertrages des Luftbeförderungsvertrages

JurPC Web-Dok. 20/2023, Abs. 1 - 44


Leitsatz (der Redaktion):

Bei einem Aufhebungsvertrag bezüglich eines Luftbeförderungsvertrages ist der Anwendungsbereich der §§ 312i ff. BGB nicht eröffnet, weil es beim Aufhebungsvertrag entgegen dem Wortlaut des § 312i Abs. 1 S. 1 BGB nicht um die Lieferung von Waren oder die Erbringungen von Dienstleistungen geht, der Fluggast bei der Aufhebung auch nichts „zahlungspflichtig bestellt“. Diese Auslegung wird, in systematischer Hinsicht, durch § 312j Abs. 2, 3 BGB bestätigt, in dem es um eine Bestellung geht. Eine Bestellung ist nicht die Vereinbarung der Beendigung eines Verbrauchervertrages. Daher besteht auch kein Widerrufsrecht.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Rückzahlung von auf ihren Ehemann und sich entfallende Ticketkosten aus abgetretenem Recht.Abs. 1
… (im Folgenden zum Teil Zedent) buchte bei der Beklagten neben einem Inlandsflug in Südafrika Flüge von Frankfurt am Main nach Johannesburg (Südafrika) am 16.02.2022 und zurück von Kapstadt nach Frankfurt am Main am 06.03.2022 für die Klägerin, sich selbst und die Eheleute … und … zum Gesamtpreis in Höhe von 12.124,04 Euro (Buchungscode …). Es war, was Herrn … bekannt war, vereinbart, dass die ordentliche Kündigung ausgeschlossen war, ihm aber nicht verbrauchte Steuern und Gebühren erstattet werden können, wenn die Flüge nicht angetreten werden sollten. Die Beklagte bot auch Ende Dezember 2021 Möglichkeiten zur kostenfreien Umbuchung von Flügen aus Anlass der Pandemie an. Zu diesem Zeitpunkt war Südafrika als Virus-Variantengebiet eingestuft. … begab sich am 26.12.2021 in die auf seinem Mobiltelefon befindliche App der Beklagten (im Folgenden nur App oder …App), in der die Buchungsdaten der von ihm gebuchten Flüge hinterlegt waren. Er ging davon aus, dass er der Beklagten erst mitteilen muss, dass die Reisenden die gebuchten Flüge nicht antreten werden, um hiernach ein neues Flugdatum auswählen zu können. Er klickte die Option zur Erstattung, bei der die Beklagte die Stornierung und Erstattung der Flugbuchung auf Basis der Tarifbedingungen vornahm. Er erhielt sodann eine Stornierungsbestätigung der Beklagten. Die Beklagte erstattete pro Passagier lediglich 138,56 Euro und nicht die weiteren auf die Eheleute … entfallenden Ticketkosten in Höhe von 5.784,90 Euro. Am 29.12.2020 wandte sich … per E-Mail an die Beklagte, als er von der Erstattung erfuhr. Es sei, so seine Nachricht an die Beklagte, nicht gewollt gewesen, die Reise komplett zu stornieren. Er bat um Rücknahme/Annullierung der Stornierung und das Einräumen der Möglichkeit der zeitnahen Umbuchung der Flüge bzw. eine Gutschrift für eine spätere Flugbuchung der … zu erhalten. Für Einzelheiten der E-Mail wird auf Bl. 15 d. A. Bezug genommen. Eine weitere Aufforderung zur Wiederherstellung der Buchung erfolgte am 26.01.2022 nach einer Kontaktaufnahme mit dem heutigen Prozessbevollmächtigten der Klägerin und der ihm gegenüber getätigten Äußerung, reisen zu wollen. Die Beklagte lehnte dies ab, zuletzt am Tag des ursprünglich geplanten Abfluges am 16.02.2022. … verlangte am 22.02.2022 per E-Mail sodann die vollständige Flugpreiserstattung unter Fristsetzung bis zum 03.03.2022. Die Beklagte zahlte nicht. Am 05.03.2022 forderte der heutige Prozessbevollmächtigte der Klägerin die Beklagte unter Fristsetzung bis zum 14.03.2022 zur Rückzahlung und zur Freistellung von Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.200,00 Euro auf der Grundlage einer Vergütungsvereinbarung auf. Auch hierauf zahlte die Beklagte nicht. Am 2.5.2022 trat … seine behaupteten Ansprüche gegenüber der Beklagten an die dies annehmende Klägerin ab. Vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten wurden durch die Klägerin, ihren Ehemann oder die Rechtsschutzversicherung der Klägerin nicht gezahlt.Abs. 2
Die Klägerin behauptet, Ihr Ehemann habe am 26.12.2021 aufgrund der Corona-bedingten Entwicklungen in Südafrika ein anderes Flugdatum wählen wollen. Er habe kostenfrei umbuchen und die Flüge nicht stornieren wollen. Es habe keinen Button „Umbuchen“ an erster Stelle gegeben, der Button zur Erstattung sei nicht mit „Stornieren/Erstatten“ beschrieben gewesen. Ihr Ehemann … sei es zudem gewohnt gewesen und davon ausgegangen, dass für jeden Eingriff in eine Buchung bei der Beklagten im Internet noch weitere hier fehlende Zwischenschritte erforderlich seien, so etwa eine nochmalige Bestätigung oder die Anforderung umfassender Buchungsdaten. Er habe dies bei der Sitzplatzreservierung, der Umbuchung, der Anforderung von Rechnungsbelegen oder auch bei der Stornierung von Flügen gekannt. Hiervon sei er auch bei der Auswahl der Option der Erstattung ausgegangen. … habe ihren Prozessbevollmächtigten am 5.3.2022 per E-Mail um 9:08 Uhr zur außergerichtlichen Geltendmachung der behaupteten Forderungen gegenüber der Beklagten beauftragt. Er habe der Klägerin seine behaupteten Ansprüche gegenüber der Beklagten an die Klägerin abgetreten (siehe Bl. 42 d. A.).Abs. 3
Die Klägerin ist der Auffassung, sie haben gegenüber der Beklagten einen Anspruch aus Art. 8 Abs. 1 lit. a) i.V.m. Art. 4 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 (im Folgenden nur Fluggastrechteverordnung) bzw. aufgrund der pflichtwidrig verweigerten weiterhin geschuldeten Beförderung aus nationalem Werkvertragsrecht. Es habe bei dem Anklicken einer Option bereits an einer Willenserklärung gemangelt, da es dem Zedenten an einem Erklärungsbewusstsein gefehlt habe. … habe kein Rechtsgeschäft vornehmen, sondern nur eine Vormerkung des Wunsches auf Umbuchung abgeben wollen. Jedenfalls fehle es am Geschäftswillen und damit auch deshalb an einer Willenserklärung. Er habe eine etwaige Erklärung zudem mit der Folge angefochten, dass die bestätigte Buchung niemals aufgehoben worden sei. Es habe kein Erklärungsbewusstsein gehabt, es sei lediglich die Option zur Erstattung geklickt mit der Erwartung der Bestätigung worden. Der Ehemann der Klägerin habe zudem den mit der Beklagten aufgrund des vertraglichen Kündigungsauschlusses abgeschlossenen Aufhebungs- bzw. Änderungsvertrag im Sinne des § 311 BGB wirksam gemäß § 312g Abs. 1 BGB widerrufen, dessen Frist noch nicht abgelaufen gewesen sei (§ 356 Abs. 3 BGB). Die Prozesse der Beklagten seien letztlich auch unzureichend beschrieben gewesen. Die Beklagte hätte den Ehemann der Klägerin darüber informieren müssen, dass der Klick auf die Optionen in der App ohne Zwischenschritte zu einem finanziellen Schaden führen werde. Die Beklagte habe zudem die 2-Klick-Lösung des § 312i Abs. 1 Nr. 1 BGB sowie die Buttonlösung des § 312j Abs. 3 BGB verletzt. Dies führe zur Unwirksamkeit des Änderungsvertrages gemäß § 312k Abs. 3 BGB bzw. jedenfalls aber zum Ersatz des darauf kausal beruhenden Schadens, vorliegend in Höhe des gezahlten Beförderungsentgelts.Abs. 4
Die Klägerin beantragt,Abs. 5
1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 5.784,90 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 4. März 2022 zu zahlen;Abs. 6
2. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin weitere 627,13 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.Abs. 7
Die Beklagte beantragt,Abs. 8
die Klage abzuweisen.Abs. 9
Die Beklagte verweist für den Ablauf der Stornierung auf Screenshots (Bl. 83 ff. d. A.).Abs. 10
Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, aufgrund der Stornierung des Ehemannes der Klägerin habe keine Leistungsverpflichtung der Beklagten mehr bestanden. Die Gebührenvereinbarung unterhalb der gesetzlichen Gebühren sei treuwidrig. Damit werde die Anrechnung auf die Verfahrensgebühr umgangen.Abs. 11
Das Gericht hat Beweis erhoben durch die Vernehmung der Zeugen … und … Für den Inhalt und das Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf Bl. 101 ff. d. A. Bezug genommen.Abs. 12

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist unbegründet.Abs. 13
Die aufgrund der mittels der Urkunde bewiesenen Abtretung vom 02.05.2022 aktivlegitimierte Klägerin hat aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt einen Anspruch auf Rückerstattung des Beförderungsentgelts in Höhe von 5.784,90 Euro oder auf Schadensersatz in dieser Höhe.Abs. 14
Zugunsten der Klägerin besteht kein eigener Anspruch aus Art. 8 Abs. 1 lit. a) i.V.m. 4 Abs. 3 Fluggastrechteverordnung und auch kein solcher aus abgetretenem Recht ihres Ehemannes (§ 398 BGB i.V.m. Art. 8 Abs. 1 lit. a) i.V.m. 4 Abs. 3 Fluggastrechteverordnung). Es muss nicht entschieden werden, ob ein Anspruch auf Rückerstattung der Flugscheinkosten schon dann entsteht, wenn das ausführende Luftfahrtunternehmen gegenüber dem Fluggast vor der Abfertigung im Sinne des Art. 3 Abs. 2 lit. a) Fluggastrechteverordnung die Beförderung verweigert, weil die Klägerin und ihr Ehemann zu diesem Zeitpunkt nicht mehr über eine bestätigte Buchung verfügten.Abs. 15
Nach Art. 3 Abs. 2 lit. a) Fluggastrechteverordnung müssen die Fluggäste unter anderem über eine bestätigte Buchung für den betreffenden Flug verfügen, aus der verbindlich hervorgeht, dass die Buchung akzeptiert und registriert wurde (vgl. statt aller: BeckOK Fluggastrechte-VO/Schmid, 23. Ed. 1.7.2022, Art. 3 Rn. 24). Die bestätigte Buchung ist von einem Bestehen eines Beförderungsvertrags und damit eines Beförderungsanspruches abhängig (vgl. EuGH NJW 2019, 2595 Rn. 24; BGH NJW 2016, 896; LG Frankfurt a. M. Urteil vom 1.9.2022 – 2-24 S 3/22 = NJW-RR 2022, 1647, Rn. 14; LG Frankfurt a. M. Urt. v. 4.11.2021 – 2-24 O 59/21 = BeckRS 2021, 35292 Rn. 17 m.w.N). Die bestätigte Buchung muss grundsätzlich bis zum Abflugzeitpunkt fortbestehen. Wenn der Fluggast seinen gebuchten Flug hingegen „storniert“, den Beförderungsvertrag im Sinne des § 648 f. BGB oder aufgrund vertraglicher Grundlage also kündigt, bringt er damit zum Ausdruck, auf den geschuldeten Beförderungsanspruch verzichten zu wollen. Damit verfügt er ab diesem Zeitpunkt auch über keine bestätigte Buchung mehr, so dass er keine Ansprüche mehr aus der Fluggastrechteverordnung geltend machen kann, wenn der Flug zu einem späteren Zeitpunkt vom Luftfahrtunternehmen annulliert wird (vgl. LG Frankfurt a. M. Urteil vom 1.9.2022 – 2-24 S 3/22 = NJW-RR 2022, 1647, Rn. 14; BeckOK Fluggastrechte-VO/Schmid, 23. Ed. 1.7.2022, VO (EG) Nr. 261/2004 Art. 3 Rn. 40). Das gleiche gilt nach Auffassung des Gerichts, wenn die beiden Parteien übereinstimmend vereinbarten, dass der Beförderungsanspruch des Buchenden und der anderen Fluggäste nicht mehr bestehen soll.Abs. 16
Eine ordentliche Kündigung war in der Erklärung des Zedenten zunächst entgegen der Auffassung der Beklagten nicht zu sehen, denn zwischen den Parteien war, ebenfalls unstreitig, die ordentliche Kündigung im Sinne des § 648 BGB wirksam ausgeschlossen. Der Klägervertreter hat den vertraglichen Ausschluss der Kündigung in der mündlichen Verhandlung am 08.09.2022 behauptet. Die Beklagte ist dem im nachgelassenen Schriftsatz vom 29.9.2022 nicht entgegengetreten. Sie hat sogar auf die Entscheidung des BGH (Az.: X ZR 25/17) verwiesen, in der dieser den Ausschluss der ordentlichen Kündigung in AGB für zulässig erachtet hatte. Dass die Klausel nicht wirksam einbezogen oder unwirksam war ist weder dargetan noch ersichtlich.Abs. 17
Zwischen den Parteien kam jedoch in Übereinstimmung mit der Rechtsauffassung der Klägerin ein Aufhebungsvertrag zustande (§§ 133, 157 BGB), der die bestätigte Buchung jedenfalls mit Wirkung für die Zukunft beseitigte.Abs. 18
Der Zedent hat der Beklagten ein Angebot auf eine Vertragsaufhebung durch das unstreitige Anklicken der Erstattungsoption in der App gemacht, § 145 BGB. Der Zedent hat der Beklagten mitgeteilt, dass er und seine Mitreisenden die ursprünglich gebuchten Flüge nicht antreten werden (§§ 133, 157 BGB). Zwar wurde in der Klageschrift zunächst auch mitgeteilt, die gewählten Prozesse könnten nicht mehr nachvollzogen werden. Zugleich wurde jedoch auf S. 5 der Klageschrift in Bestätigung der Ausführungen auf S. 2 unten ausgeführt, der Zedent habe die Option der Erstattung angeklickt. Ob der Button „Erstatten/stornieren“ so bezeichnet war, kann dementsprechend hier noch offenbleiben, ebenfalls der wirkliche Wille des Zedenten. Es kommt bei einer empfangsbedürftigen Willenserklärung allein auf den objektiven Empfängerhorizont aus der Sicht eines objektiven Dritten an (§§ 133, 157 BGB). Dass die Kündigung vertraglich ausgeschlossen war, steht einem auf die Vertragsaufhebung gerichteten Verständnis in der Person der Beklagten nicht entgegen.Abs. 19
Wenn die Klägerin vorbringt, dass dem Zedenten das Erklärungsbewusstsein bei dem Klick der Erstattungsoption gefehlt und deshalb bei dem Anklicken keine Willenserklärung vorgelegen habe, ist dem nach durchgeführter Beweisaufnahme nicht zu folgen (§ 286 Abs. 1 ZPO). Das Erklärungsbewusstsein hat zunächst grundsätzlich keine konstitutive Bedeutung für das Vorhandensein einer Willenserklärung, der Geschäftswillen ebenfalls nicht. Auch ohne Erklärungsbewusstsein bzw. ein Bewusstsein, etwas Rechtserhebliches zu tun, liegt eine Willenserklärung gerade aufgrund des Schutzes vor, wenn der Erklärende bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt hätte erkennen und vermeiden können, dass seine Äußerung nach Treu und Glauben und der Verkehrssitte als Willenserklärung aufgefasst werden durfte (BGH, Urteil vom 7.11.2001 - VIII ZR 13/01 = NJW 2002, 363), wenn sie ihm zuzurechnen ist.Abs. 20
Die Klägerin konnte nicht zur Überzeugung des Gerichts im Sinne des § 286 Abs. 1 ZPO beweisen, dass ihr Ehemann bei dem Ablauf der Prozesse in der …-App nur einen einzigen Klick vorgenommen hat und (deshalb) damit rechnen konnte bzw. davon ausgehend durfte und auch ausgegangen ist, dass noch weitere Bestätigungs- oder Angebotsseiten nach diesem einen Klick folgen werde. Sie hat auch nicht nachweisen können, dass ein Fehlen solch weiterer Seiten für ihren Ehemann nicht zu vermeiden oder nicht erkennbar gewesen wäre. Die Aussage des Zeugen war insoweit teilweise nicht ergiebig und im Übrigen nicht glaubhaft.Abs. 21
Die Klägerin hat schon das Fehlen weiterer Folge- und Bestätigungsseiten nicht nachgewiesen. Die Aussage des Zeugen ist in sich widersprüchlich und daher nicht glaubhaft. Der Zeuge, an dessen Glaubwürdigkeit keine Bedenken bestehen, hat zum Ablauf des Vorgangs am 26.12.2021 zwar auf der einen Seite ausgeführt, dass er nach seiner Erinnerung nicht mehrerer Schritte habe gehen müssen, weil die Daten in der App bereits hinterlegt gewesen seien. Auf der anderen Seite hat er auf eine konkrete Nachfrage des Gerichts nach einer nochmaligen Eingabe der E-Mail-Adresse sodann ausgesagt, dass er dazu nichts mehr sagen könne, sich daran nicht erinnern könne. Die Aussage des Zeugen ist zudem widersprüchlich. Er hat ohne konkrete Nachfrage des Gerichts oder der Parteivertreter zu dem von der Beklagten vorgelegten internen App-Aufbau (Bl. 83 ff. d. A.) ausgesagt, dass er sich an den Aufbau nicht erinnern könne und auf Nachfrage nach einer fehlenden Erinnerung oder einer positiven Erinnerung eines anderen Aussehens bekräftigt, dass er sich nicht an den Aufbau erinnern könne. Es ist nicht glaubhaft, wenn der Zeuge sich an den gesamten Aufbau der App und den Ablauf nicht erinnern kann, eine Eingabe einer E-Mail aber aus der Erinnerung zu verneinen können glaubt. Weiterhin hat er – ebenso widersprüchlich – ausgesagt, dass er die Schritte (plural) gegangen sei, die er glaubte gehen zu müssen.Abs. 22
Es ist auch und ungeachtet dessen durch die darlegungs- und beweisbelastete Klägerin nicht nachgewiesen worden, dass der Zeuge ein etwaiges Fehlen weiterer Folge- oder Bestätigungsseiten nicht hätte vermeiden können (§ 276 Abs. 1 BGB analog). Die Aussage des Zeugen ist insoweit nicht ergiebig. Der Zeuge hat ausgeführt, dass er die App der Beklagten bisher lediglich dergestalt genutzt habe, dass er daraus Informationen gezogen und er sie bis zum 26.12.2021 noch nicht für Änderungen genutzt habe. Der Zeuge konnte daher bei der Anwendung der App, und nur auf diese kommt es nach Auffassung des Gerichts an, überhaupt nicht wissen, ob es Bestätigungen beim bloßen einmaligen Anklicken von Optionen gibt oder eben nicht. Ob die Buchung über die App getätigt wurde, erinnerte er nicht. Er ging überdies - Konjunktiv formuliert - von einer Buchung am PC aus. Bei einer Verwendung einer App, die wie vorliegend die konkreten Buchungsdaten beim Aufruf hinterlegt, kann ein Aufrufender nicht davon ausgehen, dass er bei einer auf eine Vertragsbeendigung gerichteten Erklärung eine weitere Bestätigung erhält, weil diese Erklärung den alleinigen beschränkten Inhalt einer eigenen Bereitschaft zur Vertragserfüllung und sonst keinen weiteren Inhalt hat.Abs. 23
Die Beklagte hat in Übereinstimmung mit der Rechtsauffassung der Klägerin und in Abweichung zum Hinweisbeschluss des Gerichts vom 13.10.2022 das Angebot des Zedenten auf Abschluss eines Aufhebungsvertrags im Sinne des § 311 Abs. 1 BGB angenommen. Die Annahme ist vorliegend jedenfalls in der Rückbuchung der nicht verbrauchten Steuern und Gebühren an den Zedenten vor dem 29.12.2021 zu erkennen und hält sich damit im Rahmen des § 148 Abs. 1 BGB, so dass dahinstehen kann, ob bereits ein Button „Erstatten/stornieren“ in der App ein individuelles Angebot auf Aufhebung des Beförderungsvertrages darstellte oder nicht. Auch ein Konsens lag vor. Der Zedent wusste unstreitig, dass er nur nicht verbrauchte Steuern und Gebühren würde erstattet erhalten, wenn er den Flug nicht antritt.Abs. 24
Den Vertrag hat der Zedent weder wirksam gemäß § 119 Abs. 1 BGB angefochten oder im Sinne des § 312g BGB widerrufen. Aus diesem Grund bedurfte es auch keines erneuten Hinweises im Sinne des § 139 Abs. 2 ZPO.Abs. 25
Eine Anfechtung der auf den Aufhebungsvertrag gerichteten Willenserklärung des Zedenten und Zeugen scheidet aus. Die Klägerin konnte keinen Anfechtungsgrund im Sinne der §§ 142 Abs. 1, 119 Abs. 1 BGB nachweisen, weder ein fehlendes Erklärungsbewusstsein, noch einen Rechtsfolgenirrtum oder ein Irrtum in der Erklärungshandlung in der Person des Zedenten (§ 119 Abs. 1 Alt. 2 BGB).Abs. 26
Ein fehlendes Erklärungsbewusstsein ist nicht nachgewiesen. Der Zedent hat zur Überzeugung des Gerichts gewusst, dass er etwas Rechtserhebliches erklärt, in dem er die Erstattungsoption anklickte. Er hat dies auch gewollt. Ein fehlendes Erklärungsbewusstsein bzw. ein Irrtum darüber, etwas Rechtserhebliches zu tun, kann einen Anfechtungsgrund im Sinne des § 119 Abs. 1 BGB darstellen (vgl. BGH NJW 2002, 363, 365; Grüneberg/Ellenberger, BGB-Kommentar, 81. Aufl. 2022, § 119 Rz. 22; MüKoBGB/Armbrüster, 9. Aufl. 2021, BGB § 119 Rn. 107; BeckOGK/Rehberg, 1.6.2022, BGB § 119 Rn. 203). Wie bereits ausgeführt, konnte die Klägerin jedoch nicht nachweisen, dass die App nicht so aufgebaut war, wie die Beklagte dies in ihrem Schriftsatz vom 04.11.2022 behauptet hatte und dementsprechend der Zedent davon ausgegangen war, dass er nach dem ersten Klick die Erstattung noch nicht verbindlich anfragte, sondern nur eine Vormerkung einer Umbuchung hinterlegte. Der Zedent erinnerte sich schlicht nicht daran, ob es mehrere Klicks gab oder nicht, so dass das Gericht davon ausgeht, dass es mehrere Schritte zur Anfrage der Erstattung gab – so wie die Beklagte es dargelegt hat. Aus der App und dem dargelegten Beispielsablauf geht überdies hervor, dass der Anwender unter der Überschrift „Flug stornieren“ nach dem Anklicken des Buttons „Stornieren/erstatten“ die Frage gestellt erhielt, ob er die sodann im Einzelnen beschriebenen Flüge stornieren möchte. Weiter musste er nach der Beschreibung der Beklagten die Erstattungsbedingungen anklicken und seine E-Mail-Adresse eingeben.Abs. 27
Auch ein Inhaltsirrtum im Sinne des § 119 Abs. 1 Alt. 1 BGB scheidet aus. Ein Inhaltsirrtum besteht etwa, wenn der Erklärende über die Bedeutung und Tragweite seiner Erklärung irrt (Grüneberg/Ellenberger/BGB-Kommentar, 81. Aufl. 2022, § 119 Rz. 11). Ein Rechtsfolgenirrtum liegt in Konkretisierung dessen vor, wenn das vorgenommene Rechtsgeschäft wesentlich andere als die beabsichtigten Wirkungen erzeugt. Dagegen ist der nicht erkannte Eintritt zusätzlicher oder mittelbarer Rechtswirkungen, die zu den gewollten und eingetretenen Rechtsfolgen hinzutreten, kein Irrtum über den Inhalt der Erklärung mehr, sondern ein unbeachtlicher Motivirrtum (BGH NJW 2016, 2954 Rn. 11; BGH NJW 2006, 3353 Rn. 19).Abs. 28
Einen solchen Rechtsfolgenirrtum konnte die Klägerin nicht nachweisen. Der Zedent wollte den Flug zunächst stornieren und nicht nur umbuchen. Jedenfalls vom Gegenteil ist das Gericht nicht überzeugt, § 286 Abs. 1 ZPO. Auf die Frage des Beklagtenvertreters, ob der Zedent die Begriffe der Stornierung und der Vertragsänderung kenne und wisse, was damit gemeint ist, bejahte er dies. Darüber hinaus führte der Zeuge in Übereinstimmung mit der Klageschrift auf eine konkrete Nachfrage des Gerichts aus, dass er davon ausgegangen sei, dass er der Beklagten erst mitteilen müsse, dass er die konkret gebuchten Flüge nicht antreten werde, bevor er ein neues Flugdatum würde auswählen können. Weiterhin bestand nach Überzeugung des Gerichts auch der Button „Umbuchen“ und nicht nur der Button „Erstatten/stornieren“. In Wiederholung des Gesagten konnte sich der Zedent nicht positiv daran erinnern, dass ein solcher gesonderter Button zur Anfrage einer Vertragsänderung, den er auch so verstanden hätte, fehlte. Er erinnerte den Aufbau der App-Seiten nicht mehr. Es ist mithin nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht erklärlich, wieso der Zedent nicht den vorhandenen Button „Umbuchen“ klickte und stattdessen den Button „Erstatten/stornieren“. Nach Auffassung des Gerichts ändert an dem Willen zur Stornierung der Flüge am 26.12.2021 im Ergebnis aufgrund der ausgeführten Umstände auch nichts, dass der Zedent und Zeuge am 29.12.2021 die Beklagte zur Wiederherstellung der Buchung aufforderte und – unstreitig – auch dem Klägervertreter im Rahmen der Erstberatung gegenüber den Willen zum Reisen äußerte, nachdem ihm die geringe Erstattung pro Fluggast gutgeschrieben worden war. Der Zedent hat in der mündlichen Verhandlung auf Nachfrage eingeräumt, dass er nach dem Stornierungsvorgang unmittelbar eine E-Mail der Beklagten erhalten hat. Wenn der Zedent eine Stornierung nicht gewollt hätte, hätte er schon hiernach reagieren können. Dies hat er nicht getan. Er reagierte indes erst, als ihm die Höhe der Erstattung der Steuern und Gebühren gewahr wurde und er kein Umbuchungsangebot der Beklagten erhielt. Gegen einen hier beachtlichen Rechtsfolgenirrtum streitet auch, dass der Zeuge unstreitig positiv wusste, dass der gewählte Tarif nicht erstattbar ist und er nur nicht verbrauchte Steuern und Gebühren zurückerhalten wird. Damit wusste er, dass er im Falle einer Beendigung nur sehr wenig Geld zurückerhalten würde. Ausweislich Bl. 85 d. A. hat die Beklagte auch darauf hingewiesen, wenn es in dem Screenshot heißt: „Sofern ihr gewählter Tarif eine Erstattung vorsieht, wird diese manuell berechnet und die Überweisung des Erstattungsbetrages innerhalb der nächsten Tage auf das ursprünglich genutzte Zahlungsmittel veranlasst“.Abs. 29
Mit dem Gesagten scheidet auch ein Irrtum im Sinne des § 119 Abs. 1 Alt. 2 BGB aus. Der Zedent und Zeuge hat sich nicht „verklickt“. Er wollte die Flüge stornieren und hat storniert.Abs. 30
Der Zedent hat den Aufhebungsvertrag nicht durch einen Widerruf im Sinne der §§ 355 Abs. 1, 312g Abs. 1, 312c Abs. 1 BGB wieder vernichtet. Ein Widerrufsrecht bestand zugunsten des Zedenten im Hinblick auf den geschlossenen Aufhebungsvertrag des ursprünglich vereinbarten Beförderungsvertrages nicht. Schon der Anwendungsbereich des § 312 Abs. 1 BGB in der bis zum 31.12.2021 geltenden Fassung ist nicht eröffnet.Abs. 31
Nach § 312 Abs. 1 BGB sind die Vorschriften der Kapitel 1 und 2 dieses Untertitels, also auch § 312c Abs. 1 BGB als Definition des Fernabsatzvertrages und § 312g Abs. 1 BGB, auf Verbraucherverträge im Sinne des § 310 Absatz 3 anzuwenden, die eine entgeltliche Leistung des Unternehmers zum Gegenstand haben.Abs. 32
Es mag sich bei einem Aufhebungsvertrag zwischen dem privat Buchenden und einer Fluggesellschaft wie der Beklagten noch um einen Verbrauchervertrag im Sinne des § 310 Abs. 3 BGB handeln, der Vertrag über eine App mag zudem im Sinne des § 312c Abs. 1, Abs. 2 BGB ein Fernabsatzvertrag sein. Die Auslegung des § 312 Abs. 1 BGB unter Berücksichtigung des systematischen Zusammenhangs und gesetzgeberischen Willens ergibt jedoch nach Auffassung des Gerichts, dass der Anwendungsbereich der §§ 312 ff. BGB nicht eröffnet ist.Abs. 33
Der Wortlaut des § 312 Abs. 1 BGB setzt voraus, dass der Unternehmer (§ 14 BGB) sich zur Lieferung einer Ware oder Erbringung einer Dienstleistung und der Verbraucher (§ 13) sich zur Zahlung eines Entgelts verpflichtet (vgl. auch: BeckOGK/Busch, 1.6.2021, BGB § 312 Rn. 12). Nach Auffassung des Gerichts erbringt der Unternehmer bei einem Aufhebungsvertrag schon keine Leistung eines Dienstes mehr. Die Definition des Dienstleistungsvertrages in Art. 2 Nr. 6 der Verbraucherrechte-Richtlinie setzt eine Erbringung einer Dienstleistung für den Verbraucher voraus oder die Zusage seiner Erbringung. Eine Leistung ist dabei eine Zuwendung eines wirklichen oder vermeintlichen Vorteils, der typischerweise einen Vermögenswert hat (Grüneberg/Grüneberg, BGB-Kommentar, 81. Aufl. 2022, § 241 Rz. 4). Der Aufhebungsvertrag erschöpft sich indes in der Einigung über die Beendigung des ursprünglichen Vertrages. Es wird gegenüber dem Verbraucher keine Leistung erbracht, ihm kein Vorteil zugewendet. Dass als Folge dessen – wie hier – ggf. noch gewisse Teile des ursprünglich gezahlten Entgelts zurückerstattet werden, führt nach Auffassung des Gerichts nicht zu einer Leistung eines Dienstes durch den Unternehmer, für das der Verbraucher ein Entgelt schuldet im Sinne der Norm. Der Verbraucher „zahlt“ für die Vertragsaufhebung nichts, sondern erhält etwas teilweise zurück. Das Entgelt im Sinne der Gegenleistung ist auch nicht in der Differenz zum ursprünglich gezahlten Beförderungsentgelt zu sehen, das der Unternehmer behalten darf, wenn dies, wie hier, vereinbart wurde. Die Zahlung dieses Entgelts war gerade auf den Erhalt der Beförderungsleistungen gerichtet und war bereits erbracht. Es wird vom Verbraucher nicht nochmals „gezahlt“. Der Verzicht darauf ist auch keine Gegenleistung für einen Dienst. In diesem Zusammenhang streitet ein weiteres Argument gegen die Einbeziehung eines Aufhebungsvertrages eines Beförderungsvertrages. In § 312 Abs. 1 BGB in der seit dem 01.07.2022 geltenden Fassung ist nunmehr klargestellt, dass die §§ 312 ff. BGB nur Anwendung finden, wenn der Verbraucher sich zur Zahlung eines Preises verpflichtet (vgl. MüKoBGB/Wendehorst, 9. Aufl. 2022, BGB § 312 Rn. 39).Abs. 34
Zudem sprechen systematische Argumente für eine fehlende Anwendbarkeit der §§ 312 ff. BGB auf Aufhebungsverträge auch außerhalb von Arbeitsverträgen. Zwar schränkt die Überschrift des Untertitels 2 nicht schon Vertriebsformen als solche ein. Die Regelungen des Kapitels 2 des Untertitels, auf die § 312 Abs. 1 ebenfalls Bezug nimmt und ihre Anwendbarkeit bestimmt, richten sich allerdings primär an den Unternehmer und legen ihm Informationspflichten (siehe § 312d Abs. 1 BGB i.V.m. Art 246a EGBGB) auf, die etwa die wesentlichen Eigenschaften einer Ware oder der Dienstleistung (§ 1 Nr. 1), den Gesamtpreis der Waren oder Dienstleistungen einschließlich aller Steuern und Abgaben (§ 1 Nr. 4), das Gewährleistungsrecht sowie Zahlungsbedingungen betreffen. Diese Regelungen passen in ihrem Kontext nicht auf Aufhebungsverträge (so zum Aufhebungsvertrag eines Arbeitsvertrages: BAG, Urt. v. 7.2.2019, 6 AZR 75/18 = NZA 2019, 688, 690 Rz. 22 m.w.N.), sondern nur auf die Begründung von ggf. gegenseitigen Pflichten der Parteien. Auch die Rechtsfolgen des Widerrufs finden keine (sinnvolle) Anwendung auf Aufhebungsverträge. Im § 355 Abs. 3 BGB heißt es, dass empfangene Leistungen unverzüglich zurück zu gewähren sind. Das gleiche gilt für § 357 BGB. Beim Aufhebungsvertrag wird indes keine Leistung in Form eines Dienstes oder einer Ware gewährt, die infolge des Widerrufs zurückzuerstatten sein könnte (BAG, Urt. v. 7.2.2019, 6 AZR 75/18 = NZA 2019, 688, 690 Rz. 23). Der Aufhebungsvertrag bestimmt vielmehr bereits die Zurückgewährung von Leistungen (sofern vereinbart). Fernerhin sind die Aufhebungsverträge Verfügungsgeschäfte (vgl. Grüneberg/Grüneberg, BGB-Kommentar, 81. Aufl. 2022, Überbl v § 311 Rz. 6) und passen auch deshalb nicht in die Systematik der §§ 311 ff. BGB und damit der §§ 312 ff., §355 ff. BGB).Abs. 35
Für die Einbeziehung von Aufhebungsverträgen wird fernerhin vorgebracht, dass dann, wenn der ursprüngliche Vertrag widerruflich sei, dass dies dann auch für den Aufhebungsvertrag zu gelten habe (Argument des actus contrarius). Jedenfalls beim Personenbeförderungsvertrag greift dieses Argument nach Auffassung des Gerichts allerdings nicht, da ausweislich § 312 Abs. 2 Nr. 5 BGB (auch) kein Widerrufsrecht bei Beförderungsverträgen besteht. Beförderungsverträge sind vom Anwendungsbereich der – vollharmonisierenden – Verbraucherrechte-Richtlinie zum größten Teil (bis auf § 312a Abs. 1, 3, 4 und 6 BGB ausgenommen (vgl. Art. 3 Abs. 3 lit. k) Verbraucherrechte-Richtlinie; BT-Drs. 17/12637 S. 45, 47)). In diesem Zusammenhang hat der Gesetzgeber das Bedürfnis der Einbeziehung von Änderungs- und Aufhebungsverträgen an anderer Stelle sogar gesehen, indes nicht für Beförderungsverträge. Im Rahmen des § 312 Abs. 4 BGB hat er eine Vertragsaufhebungssituation außerhalb des Anwendungsbereiches der Verbraucherrechte-Richtlinie (vgl. Art. 3 Abs. 3 lit. f) dritter Fall) in den Anwendungsbereich einbezogen und ein Verbraucherwiderrufsrecht in diesem Fall bejaht (vgl. BT-Drs. 17/12637 S. 48). Aus diesem Willen des Gesetzgebers folgt nach Auffassung des Gerichts, dass diese ausnahmsweise Bereichserweiterung nicht auf andere Fälle wie die Aufhebung eines Beförderungsvertrages erstreckt werden kann.Abs. 36
Mit dem Gesagten besteht auch kein Anspruch der Klägerin aus §§ 398 BGB i.V.m. §§ 280 Abs. 1, Abs. 3 i.V.m. 281 Abs. 1 BGB. Durch die einvernehmliche Aufhebung des Beförderungsvertrages durch … verletzte die Beklagte keine Pflicht aus dem Beförderungsvertrag mehr, als sie dem Ehemann der Klägerin gegenüber die Beförderung nach Südafrika verweigerte. Sie berief sich vielmehr konkludent auf den Aufhebungsvertrag.Abs. 37
Letztlich scheidet auch ein Anspruch auf Schadensersatz aus § 280 Abs. 1 BGB aus. Die Klägerseite konnte nicht beweisen, dass die Beklagte den Zedenten und Zeugen nicht ausreichend über die Rechtsfolgen seines Handelns infolge des Klickens aufgeklärt hatte, so dass dahinstehen kann, ob überhaupt eine solche Aufklärungs- oder Bestätigungspflicht im Sinne des § 312i Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BGB oder des § 312j Abs. 3 BGB bestand. Wie oben ausgeführt, hat die Beweisaufnahme gerade nicht ergeben, dass die Stornierung der Flugbuchung schon durch das einfache Klicken auf die Erstattungsoption von der Beklagten vorgenommen wurde. Vielmehr ist vom Aufbau der App am 26.12.2021 dergestalt auszugehen, wie die Beklagte ihn mittels Screenshots beschrieben hat. Die Klägerseite hat insoweit nicht dargetan, dass die Anforderungen des § 312i Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BGB oder des § 312j Abs. 3 BGB nicht gewahrt worden wären.Abs. 38
Ungeachtet dessen dürfte mit dem Gesagten bereits auch der Anwendungsbereich der §§ 312i ff. BGB nicht eröffnet sein, weil es beim Aufhebungsvertrag, wie ausgeführt, auch entgegen dem Wortlaut des § 312i Abs. 1 S. 1 BGB nicht um die Lieferung von Waren oder die Erbringungen von Dienstleistungen geht, der Fluggast bei der Aufhebung auch nichts „zahlungspflichtig bestellt“. Diese Auslegung wird, in systematischer Hinsicht, durch § 312j Abs. 2, 3 BGB bestätigt, in dem es um eine Bestellung geht. Eine Bestellung ist nicht die Vereinbarung der Beendigung eines Verbrauchervertrages.Abs. 39
Mangels Hauptanspruches besteht auch kein Anspruch auf Zinsen oder Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten.Abs. 40
Die Kosten des Rechtsstreits hat die unterlegene Klägerin gemäß § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO zu tragen.Abs. 41
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt den §§ 708 Nr. 11, 711, 709 ZPO.Abs. 42
Die Streitwertfestsetzung richtet sich nach den §§ 63 Abs. 2, 40 GKG.Abs. 43
Diese Entscheidung über die Streitwertfestsetzung (Tenor zu 4.) kann mit der Beschwerde angefochten werden. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache rechtskräftig geworden ist oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, bei dem Landgericht Frankfurt am Main, 60313 Frankfurt am Main, Gerichtsstraße 2 eingeht. Wird der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt, kann die Beschwerde innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung der Festsetzung bei dem Gericht eingelegt werden. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 € übersteigt oder das Gericht die Beschwerde in diesem Beschluss zugelassen hat. Beschwerdeberechtigt ist, wer durch diese Entscheidung in seinen Rechten beeinträchtigt ist. Die Beschwerde wird durch Einreichung einer Beschwerdeschrift oder zur Niederschrift der Geschäftsstelle des genannten Gerichts eingelegt. Sie kann auch zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichts erklärt werden, wobei es für die Einhaltung der Frist auf den Eingang bei dem genannten Gericht ankommt. Sie ist von dem Beschwerdeführer oder seinem Bevollmächtigten zu unterzeichnen. Die Einlegung kann auch in elektronischer Form erfolgen. Informationen zu den weiteren Voraussetzungen zur Signatur und Übermittlung sind auf dem Justizportal des Bundes und der Länder (www.justiz.de) im Themenbereich zur elektronischen Kommunikation zu finden. Eine Einlegung per einfacher E-Mail ist unzulässig. Die Beschwerde muss die Bezeichnung des angefochtenen Beschlusses sowie die Erklärung enthalten, dass Beschwerde gegen diesen Beschluss eingelegt wird. Soll die Entscheidung nur zum Teil angefochten werden, so ist der Umfang der Anfechtung zu bezeichnen.Abs. 44

(online seit: 07.02.2023)
Zitiervorschlag: Gericht, Datum, Aktenzeichen, JurPC Web-Dok, Abs.
Zitiervorschlag: Frankfurt a.M., LG, Kein Widerrufsrecht des Aufhebungsvertrages des Luftbeförderungsvertrages - JurPC-Web-Dok. 0020/2023