JurPC Web-Dok. 48/2021 - DOI 10.7328/jurpcb202136348

VG Kassel

Beschluss vom 28.01.2021

7 L 2464/20.KS

5G-Technologie

JurPC Web-Dok. 48/2021, Abs. 1 - 101


Leitsätze:

Es liegen keine gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnisse über Gefahren von Mobilfunkanlagen vor, die das derzeitige Schutzniveau als unzureichend erscheinen lassen. Die gilt auch hinsichtlich der 5G-Technologie.

Die BEMFV gilt auch nach Aufhebung der Verordnungsermächtigung, hier § 12 FTEG, fort.

Gründe:

I.Abs. 1
Der Antragsteller, Eigentümer und Bewohner des Grundstücks „B-Straße, B-Stadt-Ortsteil B“, begehrt im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen die der Beigeladenen von der Antragsgegnerin erteilte Standortbescheinigung für das Grundstück „E-Straße, B-Stadt“.Abs. 2
Auf den Antrag der Beigeladenen vom 10. Januar 2020 (Bl. 96 d. Behördenakte) erteilte die Antragsgegnerin die streitgegenständliche Standortbescheinigung vom 13. Januar 2020 (Bescheinigungsnummer: Z) für den Standort „E-Straße, B-Stadt“ (Bl. 4 f. d. Behördenakte). Die Standortbescheinigung wurde, so heißt es in dem Bescheid wörtlich, „nach den Regelungen der Verordnung über das Nachweisverfahren zur Begrenzung elektromagnetischer Felder (BEMFV) auf der Grundlage des § 12 des Gesetzes über Funkanlagen und Telekommunikationsendeinrichtungen vom 31. Januar 2001 (BGBI. I S. 170), zuletzt geändert durch Artikel 3 Absatz 20 des Gesetzes vom 7. Juli 2005 (BGBI. I S. 1970), bewertet".Abs. 3
Gegen die Standortbescheinigung legte der Antragsteller mit Schreiben vom 22. Juli 2020 - eingegangen bei der Antragsgegnerin am 23. Juli 2020 - Widerspruch ein und begründete diesen mit Schreiben vom 18. September 2020. Hinsichtlich des Vortrags im Widerspruchsverfahren wird auf die Ausführungen im Schreiben vom 18. September 2020 verwiesen.Abs. 4
Die Antragsgegnerin wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 23. November 2020 zurück. Hinsichtlich der Begründung wird auf den Widerspruchsbescheid verwiesen (§ 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO).Abs. 5
Der Antragsteller hat am 10. Dezember 2020 Klage erhoben, die bei Gericht unter dem Az. 7 K 2329/20.KS geführt wird.Abs. 6
Mit Schriftsatz vom 28. Dezember 2020, bei Gericht eingegangen am selben Tag, sucht der Antragsteller zudem um einstweiligen Rechtsschutz nach und beantragt wörtlich,Abs. 7
die aufschiebende Wirkung des von dem Antragsteller eingelegten Widerspruchs vom 22.07.2020/18.09.2020 (Widerspruchsbegründung und Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung) bzw. der eingereichten Klage vom 10.12.2020 beim Verwaltungsgericht Kassel, AZ: 7 K 2329/20.KS gegen die Standortsbescheinigung Nr. Z, Standort: B-Stadt, E-Straße, vom 13.01.2020, wird gerichtlich angeordnet, 80 a Abs. 3 i.V.m. § 80 Abs. 5 Satz 1 i.V.m. mit § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO.Abs. 8
Zur Begründung trägt er vor, dass die erteilte Standortbescheinigung auf keiner wirksamen Rechtsgrundlage beruhe. Die BEMFV sei nicht mehr gültig, da die in § 12 FTEG enthaltene Verordnungsermächtigung am 4. Juli 2017 außer Kraft getreten sei und in dessen Folge auch die auf § 12 FTEG beruhende Rechtsverordnung (hier: BEMFV) unwirksam geworden sei. Die Erteilung einer Standortbescheinigung auf Grundlage der BEMFV scheide auch unabhängig von dem Vorstehenden aus, weil dies mit dem Gesetzesvorbehalt und dem Wesentlichkeitsprinzip unvereinbar sei. Dem Bund stehe auch keine Kompetenz zur Regelung des Standortverfahrens zu. Die in der 26. BImSchV zu berücksichtigenden Grenzwerte seien zudem evident unzureichend, um einen hinreichenden Gesundheitsschutz - u.a. mit Blick auf die 5G-Technologie - zu gewährleisten. Dies folge aus unzähligen - vom Antragsteller näher beschriebenen und zum Großteil als Anlage beigefügten - wissenschaftlichen Ausarbeitungen. Vor diesem Hintergrund verletzte die angegriffene Standortbescheinigung den Antragsteller in seinem Recht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG. Darüber hinaus sei er in seinen Grundrechten aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG, Art. 10 Abs. 1 GG sowie Art. 13 Abs. 1 GG verletzt. Die vom Gericht anzustellende Interessenabwägung müsse daher zu Gunsten des Antragstellers ausfallen.Abs. 9
Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Inhalt der Schriftsätze des Antragstellers vom 28. Dezember 2020 sowie 27. Januar 2021 und die darin in Bezug genommenen Unterlagen verwiesen (§ 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO).Abs. 10
Die Antragsgegnerin beantragt,Abs. 11
den Antrag abzulehnen.Abs. 12
Zur Begründung tritt sie den Ausführungen des Antragstellers zur Frage der Auswirkungen der Aufhebung der Verordnungsermächtigung auf die Rechtsverordnung entgegen. Zudem bestünden auch keine Bedenken hinsichtlich der Kompetenz des Bundes und der Einhaltung des Wesentlichkeitsgrundsatzes. Die in der 26. BImSchV geregelten Grenzwerte erwiesen sich auch nicht als unzureichend, sondern würden ausreichend Schutz vor entsprechenden Gesundheitsgefahren bieten. Eine Verletzung des Antragstellers in seinem Recht aus Art. 2 Abs. 1 Satz 1 GG scheide mithin aus. Gleiches gelte hinsichtlich der vom Antragsteller im Übrigen geltend gemachten Grundrechtsverletzungen.Abs. 13
Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Inhalt des Schriftsatzes der Antragsgegnerin vom 4. Januar 2021 und die darin in Bezug genommenen Unterlagen verwiesen (§ 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO).Abs. 14
Die Beigeladene hat sich im Verfahren nicht geäußert und auch keinen eigenen Antrag gestellt.Abs. 15
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten dieses und des Hauptsacheverfahrens 7 K 2329/20.KS sowie die vorgelegte Behördenakte der Antragsgegnerin Bezug genommen.Abs. 16
II.Abs. 17
Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers nach § 80a Abs. 3, Abs. 1 Nr. 2 Alt. 1 i.V.m. § 80 Abs. 5 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 der Verwaltungsprozessordnung (VwGO) i.V.m. § 36 Abs. 1 des Gesetzes über die Bereitstellung von Funkanlagen auf dem Markt (FuAG) war abzulehnen, weil er zwar zulässig (I.) aber unbegründet (II.) ist.Abs. 18
I. Der Antrag ist zulässig.Abs. 19
Er ist zunächst statthaft. Bei der streitgegenständlichen Standortbescheinigung handelt es sich um einen Verwaltungsakt (vgl. bspw. Bayerischer VGH, Beschluss vom 19. Oktober 2017 - 1 ZB 15.2081 - Rn. 6, juris; OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 19. Oktober 2011 - 2 M 129/11 - Rn. 13, juris; VG Minden, Beschluss vom 28. Januar 2010 - 10 L 516/09 - Rn. 20 f., juris), gegen welchen Widerspruch und Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben (§ 36 Abs. 1 FuAG). Mangels Nichtigkeit der Standortbescheinigung (s.u.) muss das Gericht nicht der Frage nachgehen, ob gegen einen nichtigen Verwaltungsakt der Eilrechtsschutz gem. §§ 80a Abs. 3 i.V.m. 80 Abs. 5 VwGO überhaupt statthaft ist oder ob in diesem Fall ein Antrag nach § 123 VwGO die statthafte Antragsart wäre.Abs. 20
Der Antragsteller ist auch analog § 42 Abs. 2 VwGO antragsbefugt. Er kann geltend machen, durch den Verwaltungsakt möglicherweise in seinen Rechten verletzt zu sein. Die Standortbescheinigung dient dazu, die Einhaltung der gesetzlich festgelegten Grenzwerte sicherzustellen. Diese sind festgelegt, um die Einhaltung der grundlegenden Anforderungen an Funkanlagen sicherzustellen, die der Sicherheit von Personen im Bereich der von solchen Anlagen ausgehenden elektromagnetischen Strahlung dienen. Damit kommt den der Erteilung zugrundeliegenden Normen nachbarschützende Wirkung zu (vgl. nur Bayerischer VGH, Beschluss vom 30. März 2004 - 21 CS 03.1053 - BeckRS 2004, 14579; VG Göttingen, Urteil vom 6. Juni 2019 - 4 A 345/17- Rn. 28, juris; VG Minden, Beschluss vom 28. Januar 2010 - 10 L 516/09 - Rn. 23, juris). Maßgeblich bezüglich des örtlichen Bezugs ist der Einwirkungsbereich der Anlage. Dienen die festgelegten Grenzwerte und die ihre Einhaltung bestätigende Standortbescheinigung der Sicherheit aller im Einwirkungsbereich der Funkanlage sich regelmäßig aufhaltenden Personen, weil ein solcher Aufenthalt in gesundheitsunschädlicher Weise nur außerhalb des Grenzwertbereichs möglich ist, besteht auch für den gesamten Personenkreis die Möglichkeit einer Rechtsverletzung durch die Standortbescheinigung, falls die Funkanlage die festgesetzten Grenzwerte nicht einhält oder gar fehlerhafte Grenzwerte festgesetzt sein sollten, weil insoweit eine weitere Betroffenheit dieser Personen nicht ausgeschlossen ist. Das Wohnhaus des Antragstellers liegt zwar nicht innerhalb des in der Standortbescheinigung festgesetzten Sicherheitsabstands, sondern mit einem Abstand von 100 m (so der Antragsteller) bzw. 120 m (so die Antragsgegnerin) weit außerhalb desselben. Jedoch liegt das Grundstück des Antragstellers damit noch im Einwirkungsbereich der Funkanlage der Beigeladenen, weshalb durch die Standortbescheinigung seine Rechte möglicherweise verletzt werden.Abs. 21
II. Der Antrag ist unbegründet.Abs. 22
Ein Antrag nach § 80a Abs. 3, Abs. 1 Nr. 2 Alt. 1 i.V.m. § 80 Abs. 5 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO ist begründet, wenn im Rahmen einer umfassenden Güter- und Interessenabwägung davon auszugehen ist, dass das Interesse des Antragstellers an der Aussetzung der Vollziehung (sog. Aussetzungsinteresse) das Interesse der Allgemeinheit an der sofortigen Vollziehung (sog. Vollziehungsinteresse) überwiegt.Abs. 23
Die vom Gericht vorzunehmende Interessenabwägung hat sich an den voraussichtlichen Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache zu orientieren. Erweist sich bei der im Eilverfahren gebotenen summarischen Überprüfung der Verwaltungsakt als offensichtlich rechtswidrig und rechtsverletzend, besteht kein öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung. Erweist sich der Verwaltungsakt demgegenüber bei summarischer Prüfung als offensichtlich rechtmäßig und nicht rechtsverletzend, überwiegt das öffentliche Interesse an der Vollziehung, ohne dass es einer weiteren Interessenabwägung bedarf. Sind die Erfolgsaussichten als offen zu bewerten, folgt grundsätzlich aus der im gesetzlichen Ausschluss der aufschiebenden Wirkung zum Ausdruck kommenden Wertung des Gesetzgebers ein überwiegendes öffentliches Interesse am Sofortvollzug des Verwaltungsaktes.Abs. 24
Nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nur möglichen, aber auch ausreichenden summarischen Überprüfung, erweist sich die streitgegenständliche Standortbescheinigung vom 13. Januar 2020 - in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23. November 2020 - als rechtmäßig und - unabhängig hiervon - den Antragsteller nicht in seinen subjektiven Rechten verletzend.Abs. 25
1. Rechtsgrundlage für die Erteilung der Standortbescheinigung sind die Vorschriften der Verordnung über das Nachweisverfahren zur Begrenzung elektromagnetischer Felder (BEMFV) vom 20. August 2002 (BGBl. I S. 3366) in der bei Erlass des Widerspruchsbescheides geltenden Fassung der Verordnung vom 27. Juni 2017 (BGBl. I S. 1947), konkret deren § 5 Abs. 1, 2 und sowie § 4 Abs. 1 Satz 1.Abs. 26
a. Das Außenkrafttreten des `Gesetzes über die Funkanlagen und Telekommunikationseinrichtungen´ (FTEG) durch Art. 4 Satz 2 des `Gesetzes zur Neufassung der Regelungen über Funkanlagen und zur Änderung des Telekommunikationsgesetzes sowie zur Aufhebung des Gesetzes über Funkanlagen und Telekommunikationseinrichtungen´ vom 27. Juni 2017 (BGBl. I S. 1947) steht der Gültigkeit und Anwendbarkeit der BEMFV nicht entgegen.Abs. 27
aa. Die BEMFV ist auf Grundlage des § 12 und des § 16 Abs. 1 Nr. 3 FTEG von der Bundesregierung verordnet worden (vgl. Eingangsformel zum BEMFV). Mit Inkrafttreten des `Gesetzes zur Neufassung der Regelungen über Funkanlagen und zur Änderung des Telekommunikationsgesetzes sowie zur Aufhebung des Gesetzes über Funkanlagen und Telekommunikationseinrichtungen´ vom 27. Juni 2017 (BGBl. I S. 1947) am 4. Juli 2017 trat gem. dessen Art. 4 Satz 2 das FTEG außer Kraft.Abs. 28
bb. Gleichwohl hat damit die BEMFV ihre Gültigkeit nicht verloren.Abs. 29
(1.) Das nachträgliche Erlöschen der Verordnungsermächtigung lässt nämlich grundsätzlich die Wirksamkeit einer zuvor ordnungsgemäß erlassenen Rechtsverordnung unberührt.Abs. 30
Tritt eine Ermächtigungsgrundlage außer Kraft, kann sie - selbstverständlich - ab diesem Zeitpunkt keine Grundlage neuer Rechtsverordnungen sein. Wird eine Ermächtigungsgrundlage indes aufgehoben, nachdem von ihr Gebrauch gemacht wurde, hat das auf den Bestand einer bereits erlassenen Rechtsverordnung grundsätzlich keinen Einfluss (vgl. etwa BVerfG, Beschluss vom 3. Dezember 1958 - 1 BvR 488/57 - Rn. 32, juris; BVerfG, Beschluss vom 16. Mai 1961 - 2 BvF 1/60 - Rn. 27, juris; BVerfG, Beschluss vom 23. März 1977 - 2 BvR 812/74 - Rn. 26, juris; BVerfG, Beschluss vom 10. Mai 1988 - 1 BvR 482/84 - Rn. 55, juris; BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 19. Oktober 2000 - 1 BvR 2365/98 - Rn. 11, juris; BVerwG, Urteil vom 23. April 1997 - 11 C 4.96 - Rn. 12, juris; Hessischer VGH, Urteil vom 16. Juli 2003 - 6 UE 3127/01 - Rn. 34, juris; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 20. Juni 2017 - OVG 1 S 26.17 - Rn. 33, juris; Remmert, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, 92. EL August 2020, Art. 80 GG Rn. 51; Uhle, in: BeckOK GG, Epping/Hillgruber, 45. Edition, Stand: 15. November 2020, Art. 80 GG Rn. 8; Mann, in: Sachs, Grundgesetz, 8. Aufl. 2018, Art. 80 GG Rn. 7).Abs. 31
Das Art. 80 GG dies nicht ausdrücklich regelt, steht dem aufgezeigten Ergebnis nicht entgegen. Es handelt sich nämlich um eine Selbstverständlichkeit des Verfassungsrechts, dass jeder zur Geltung gelangte Rechtssatz solange gilt, bis er außer Kraft gesetzt wird (Remmert, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, 92. EL August 2020, Art. 80 GG Rn. 52; Kotulla, NVwZ 2000, 1263 (1264)). Dies gilt auch für Rechtsverordnungen. Eine Abhängigkeit der Rechtsverordnung von der Verordnungsermächtigung in dem Sinne, dass das Außerkrafttreten der Verordnungsermächtigung zum Außerkrafttreten der Rechtsverordnung führt, gibt es - mangels einer entsprechenden verfassungsrechtlichen Anordnung - nicht. Ein solches Abhängigkeitsverhältnis wird auch nicht durch die Bestimmungen des Art. 80 Abs. 1 Satz 2 und 3 GG begründet (a.A. Kotulla, NVwZ 2000, 1263 (1264)). Es trifft zwar zu, dass Art. 80 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 GG die Verordnung eng an das ermächtigende Gesetz binden, das seinerseits der Verordnung bedarf, um seine Ziele vollständig verwirklichen zu können. Gleichwohl enthält Art. 80 Abs. 1 GG aber lediglich vom Gesetzgeber zu befolgende Handlungsmaßstäbe für den Erlass von Verordnungsermächtigungen sowie vom Verordnungsgeber einzuhaltende Anforderungen an den Erlass von Rechtsverordnungen. Über die Zeit danach schweigt sich Art. 80 GG selbst - wie das Grundgesetz insgesamt - aus. Für die Annahme, dass die Geltung einer Rechtsverordnung durch den Fortbestand ihrer gesetzlichen Ermächtigung rechtlich bedingt ist, gibt Art. 80 Abs. 1 GG nichts her. Das streitet dafür, dass es auch für Rechtsverordnungen bei der Regel bleibt, dass ein Rechtssatz so lange gilt, bis er außer Kraft gesetzt wird.Abs. 32
Soweit der Antragsteller unter Verweis auf anderslautende Stimmen in der Literatur anderer Auffassung ist, folgt das Gericht dem aus den dargestellten Erwägungen nicht. Der Verweis des Antragstellers darauf, dass sich die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts auf vorkonstitutionelles Recht beziehen, vermag daran nichts zu ändern. Den Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts ist nämlich zu Recht nicht zu entnehmen, dass die Aufhebung der Verordnungsermächtigung auf den Bestand einer erlassenen Rechtsverordnung grundsätzlich nur dann keinen Einfluss haben soll, wenn es sich um vorkonstitutionelles Recht handelt. Soweit der Antragsteller auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 9. Oktober 1968 (2 BvE 2/66, juris) verweist, folgt daraus nichts Anderes. Die vom Antragsteller in Bezug genommene Passage bezieht sich auf das Zustimmungsbedürfnis des Bundesrates und enthält für die vorliegend zu klärende Rechtsfrage keine weiterführenden Aussagen.Abs. 33
(2) Gründe, dass vorliegend - ausnahmsweise - etwas Anderes gilt, sind nicht ersichtlich. Ganz im Gegenteil ist zu festzustellen, dass der Gesetzgeber deutlich zum Ausdruck gebracht hat, dass die BEMFV auch nach Aufhebung des FTEG weiter Geltung erfahren soll. Jedenfalls deshalb ist zwingend davon auszugehen, dass die BEMFV weiterhin gilt.Abs. 34
Art. 3 Abs. 3 des `Gesetzes zur Neufassung der Regelungen über Funkanlagen und zur Änderung des Telekommunikationsgesetzes sowie zur Aufhebung des Gesetzes über Funkanlagen und Telekommunikationseinrichtungen´ vom 27. Juni 2017 (BGBl. I S. 1947) beinhaltet Regelungen in Bezug auf die BEMFV. Ausweislich dieser Bestimmung wird u.a. § 15 BEMFV aufgehoben und in § 15a BEMFV werden die Wörter „im Sinne des § 17 Absatz 1 Nummer 7 des Gesetzes über Funkanlagen und Telekommunikationseinrichtungen“ durch die Wörter „im Sinne des § 37 Absatz 1 Nummer 14 des Gesetzes über die Bereitstellung von Funkanlagen auf dem Markt“ ersetzt. Mit diesen Änderungen hat der Gesetzgeber eindeutig gezeigt, dass er von der Fortgeltung der BEMFV ausgeht. Änderungen der BEMFV sind nämlich nur erforderlich, wenn diese fortgelten soll. Dass die BEMFV unter Geltung des FuAG weitergelten soll, zeigt insbesondere die Änderung des Bezugspunkts in § 15a BEMFV. Deutlicher konnte der Gesetzgeber seinen Willen zur Fortgeltung nicht mehr offenkundig machen, auch wenn ihm hierbei - wie der Antragsteller meint - „gravierende handwerkliche Fehler“ unterlaufen sind.Abs. 35
Ein entgegenstehender Wille des Gesetzgebers kommt auch nicht dadurch zum Ausdruck, dass Art. 3 des `Gesetzes zur Neufassung der Regelungen über Funkanlagen und zur Änderung des Telekommunikationsgesetzes sowie zur Aufhebung des Gesetzes über Funkanlagen und Telekommunikationseinrichtungen´ vom 27. Juni 2017 (BGBl. I S. 1947) mit „Änderung anderer Rechtsvorschriften“ überschrieben ist. Mit anderen Rechtsvorschriften sind jene gemeint, die nicht von Art. 2 des vorstehend genannten Gesetzes erfasst werden, also jene außerhalb des Telekommunikationsgesetzes. Ebenfalls lässt sich nichts Gegenteiliges aus S. 36 der BT-Drucks. 18/11625 herleiten. Soweit darin ausgeführt wird, dass der „Hinweis (…) der Klarstellung hinsichtlich der Geltung von Bußgeldvorschriften im Falle einer Handlung entgegen Vorschriften aufgrund einer nach § 32 erlassenen Rechtsverordnung“ dient, wird mit dieser Formulierung lediglich zum Ausdruck gebracht, dass mit Rechtsverordnung die BEMFV gemeint ist. Einen weitergehenden Inhalt kann der Formulierung nicht entnommen werden.Abs. 36
Darüberhinausgehend noch zu verlangen, dass der Gesetzgeber ausdrücklich erklären muss, die Fortgeltung zu wollen (so etwa Kotulla, NVwZ 2000, 1263 (1265)), ist verfassungsrechtlich nicht geboten. Art. 80 GG - wie das Grundgesetz im Übrigen - normiert eine solche Voraussetzung nicht. Soweit entsprechende Formulierungen teilweise üblich sind (vgl. OVG Hamburg, Beschluss vom 28. Mai 2014 - 2 Bf 139/12.Z - Rn. 5, juris), ist damit noch keine Aussage über deren rechtliche Notwendigkeit getroffen.Abs. 37
Für einen entsprechenden Fortwirkungswillen streitet auch, dass § 12 Satz 1 FTG wörtlich § 32 Satz1 FuAG entspricht.Abs. 38
Letztlich zeigt auch ein historischer Vergleich, dass die BEMFV weitergelten soll. Im Zuge der Schaffung des FuAG vom 31. Januar 2001 (BGBl. I S. 170) wurde in dessen § 20 Abs. 3 ausdrücklich die Telekommunikationszulassungsverordnung, als Vorgängerregelung der BEMFV, mit Wirkung zum 7. April 2001 außer Kraft gesetzt. Hätte der Gesetzgeber dies auch für die BEMFV gewollt, so ist davon auszugehen, dass er dies entsprechend geregelt hätte.Abs. 39
b. Die BEMFV stellt auch im Übrigen eine wirksame Rechtsgrundlage dar.Abs. 40
Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des Ermächtigungsgesetzes (hier: § 12 FTEG; heute: § 32 FuAG) als auch an der Recht- und Verfassungsmäßigkeit der BEMFV bestehen nicht.Abs. 41
aa. Ein Verstoß gegen den Gesetzesvorbehalt und den Parlamentsvorbehalt liegt nicht vor.Abs. 42
Der Vorbehalt des Gesetzes besagt, dass die Verwaltung in bestimmten Konstellationen nur auf Grund einer parlamentsgesetzlichen Grundlage handeln darf (BVerfG, Urteil vom 14. Juli 1998 - 1 BvR 1640/97 - Rn. 132, juris). Da der Vorbehalt des Gesetzes seine Wirkungen und Funktionen nur entfalten kann, wenn das Parlament in dem zu erlassenden Gesetz selbst die inhaltlichen Vorgaben für das Handeln der Exekutive näher bezeichnet, wird mit dem Vorbehalt des Gesetzes nicht nur die Frage nach dem Ob einer gesetzlichen Regelung verbunden, sondern auch nach dem inhaltlichen Wie im Sinne der erforderlichen Regelungsdichte des Gesetzes. In dieser Lesart enthält der Vorbehalt des Gesetzes eine Zuordnung zum parlamentarischen Gesetzgeber in der Art, dass der Gesetzgeber bestimmte Fragen nicht auf die Verwaltung delegieren darf, sondern selbst im Gesetz entscheiden muss. Dies kann und wird z.T. auch als Parlamentsvorbehalt bezeichnet, also als Gesetzesvorbehalt mit Delegationsverbot. Das Bundesverfassungsgericht fordert den Gesetzgeber auf „in grundlegenden normativen Bereichen, zumal im Bereich der Grundrechtsausübung, soweit diese rechtlicher Regelung zugänglich ist, alle wesentlichen Entscheidungen selbst zu treffen“ (BVerfG, Beschluss vom 8. August 1978 - 2 BvL 8/77 - Rn. 77, juris). Der Frage, welche Angelegenheiten als wesentlich anzusehen sind, begegnet das Bundesverfassungsgericht mithin mittels Anwendung verschiedener, offen und kumulativ gehaltener Kriterien. Dabei müssen die Gründe für eine Zuordnung zum parlamentarischen Gesetzgeber mit den Gründen für die Zuordnung zu den anderen Staatsgewalten in die erforderliche Abwägung eingestellt werden. Die Intensität des Grundrechtseingriffs ist dabei ein wichtiger Gesichtspunkt (BVerfG, Beschluss vom 13. Juli 2004 - 1 BvR 1298/94 - Rn. 147, juris). Es ist aber auch zu berücksichtigen, dass es einem dynamischen Grundrechtsschutz dienen kann, wenn der Gesetzgeber bei Sachverhalten, welche sich rasch ändern, von einer detaillierten gesetzlichen Regelung absieht und die Entscheidung einem Verfahren zuführt, dass eine zügigere Reaktion auf geänderte Bedingungen zulässt (Huster/Rux, in: BeckOK Grundgesetz, Epping/Hillgruber, 45. Edition, Stand: 15. November 2020, Art. 20 GG Rn. 180). Dies gilt besonders, wenn zur Regelung der Materie auf außerrechtliche Kriterien zurückgegriffen werden muss und das Parlament angesichts komplexer und komplizierter Sachzusammenhänge mit einer abschließenden Festlegung überfordert wäre (BVerfG, Beschluss vom 20. Oktober 1981 - 1 BvR 640/80 - Rn. 58 f., juris). Schließlich dürfen auch die begrenzte Belastbarkeit des Parlaments sowie die Grenzen seines Sachverstands nicht unberücksichtigt bleiben.Abs. 43
Gemessen daran begegnet es keinen durchgreifenden Bedenken, dass § 12 FETG (heute § 32 FuAG) die Bundesregierung ermächtigt, nähere Regelungen zur Gewährleistung des Schutzes von Personen in den durch den Betrieb von Funkanlagen und Radaranlagen entstehenden elektromagnetischen Feldern in einer Rechtsverordnung zu treffen. Die Auswirkungen von Strahlungen müssen ständig überprüft und Schutzvorkehrungen angepasst werden, um auf die mit dem technischen Fortschritt verbundenen und durch die Wissenschaft sichtbar gemachten Gefahren zeitnah zu reagieren. Die dahinterstehenden komplexen und sich stetig wandelnden Anforderungen an die Strahlungssicherheit streiten gerade für eine Delegationsmöglichkeit auf den Verordnungsgeber. Ein langwieriges Gesetzgebungsverfahren, um auf geänderte Umstände zu reagieren, wäre dem Grundrechtsschutz geradezu abträglich.Abs. 44
bb. Die in der BEMFV verankerte Zuständigkeit der Bundesnetzagentur für die Erteilung der Standortbescheinigung verstößt auch nicht gegen Art. 83 ff. GG. Die Befugnis des Bundes, das Verfahren zur Erteilung der Standortbescheinigung zu regeln, folgt aus Art. 87f Abs. 2 Satz 2 GG. Danach werden Hoheitsaufgaben im Bereich des Postwesens und in der Telekommunikation in bundeseigener Verwaltung ausgeführt. Art. 87f Abs. 2 Satz 2 GG erfasst dabei auch die Gewährleistungspflicht des Bundes nach Art. 87f Abs. 1 Satz 1 GG. Allerdings erschöpfen sich die Hoheitsaufgaben i.S.v. Art. 87f Abs. 2 Satz 1 GG hierin nicht; sie können auch jenseits des Art. 87f Abs. 1 angesiedelte Materien betreffen, namentlich in Gestalt des Vollzugs von Gesetzen im Sinne von Art. 73 Abs. 1 Nr. 7 GG (Möst, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, 92. EL August 2020, Art. 87f GG Rn. 97), wie das FETG eines war (vgl. BT-Drucks. 14/4063, S. 13) und das FuAG eines ist (vgl. BT-Drucks. 18/11625, S. 34). Gemäß § 2 Abs. 2 des `Gesetzes über die Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen´ (BEGTPG) nimmt die Bundesnetzagentur im Rahmen der ihr zugewiesenen Tätigkeiten die Verwaltungsaufgaben des Bundes wahr, die ihr durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes zugewiesen sind, hier die Aufgaben des Telekommunikationsrechts nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 BEGTPG. Hierunter fällt auch die Erteilung von Standortbescheinigungen als Voraussetzung für den Betrieb von Mobilfunkanlagen (vgl. auch VG Dresden, Urteil vom 27. März 2014 - 3 K 102/11 - Rn. 58, juris; vgl. fernen Windthorst, in: Sachs, Grundgesetz, 8. Aufl. 2018; Art. 87f GG Rn. 31).Abs. 45
Die Ausführungen des Antragstellers zu Art. 84 GG gehen fehl, weil - wie gezeigt - kein Fall der Bundesaufsichtsverwaltung vorliegt.Abs. 46
2. Formelle Bedenken hinsichtlich der Standortbescheinigung bestehen nicht.Abs. 47
3. Die Standortbescheinigung erweist sich auch als materiell rechtmäßig.Abs. 48
a. Gemäß § 5 Abs. 1, 2 und § 4 Abs. 1 Satz 1 BEMFV darf eine ortsfeste Funkanlage mit einer äquivalenten isotropen Strahlungsleistung von 10 Watt und mehr - um eine solche handelt es sich vorliegend - nur betrieben werden, wenn für diesen Standort eine gültige Standortbescheinigung vorliegt. Diese hat die Bundesnetzagentur zu erteilen, wenn ihre Berechnungen bzw. Messungen ergeben, dass der standortbezogene Sicherheitsabstand innerhalb des kontrollierbaren Bereichs liegt. Das ist nach § 2 Nr. 7 BEMFV der Bereich, in dem der Betreiber über den Zutritt oder Aufenthalt von Personen bestimmen kann oder in dem aufgrund der tatsächlichen Verhältnisse der Zutritt von Personen ausgeschlossen ist. Als standortbezogenen Sicherheitsabstand definiert § 2 Nr. 4 BEMFV den erforderlichen Abstand zwischen der Bezugsantenne (§ 2 Nr. 5 BEMFV) und dem Bereich, in dem die Grenzwerte nach § 3 Satz 1 BEMFV unter Einbeziehung der relevanten Feldstärken umliegender ortsfester Funkanlagen eingehalten werden. § 3 Satz 1 BEMFV benennt als Grenzwert die in der geltenden Fassung der `Verordnung über elektromagnetische Felder´ (hier: Verordnung über elektromagnetische Felder in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. August 2013 (BGBl. I S. 3266) = 26. BImSchV)) festgesetzten Grenzwerte (§ 3 Satz 1 Nr. 1 BEMFV) und für den Frequenzbereich von 9 Kilohertz bis 50 Megahertz weitere Voraussetzungen (§ 3 Satz 1 Nr. 2 BEMFV).Abs. 49
b. Die angefochtene Standortbescheinigung entspricht diesen Anforderungen. Insbesondere hält die Funkanlage die Grenzwerte nach der 26. BImSchV ein, weshalb die Bundesnetzagentur die Standortbescheinigung zu recht erteilt hat und erteilen musste.Abs. 50
Es ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass die Berechnungen der Bundesnetzagentur fehlerhaft wären. In der Standortbescheinigung der Bundesnetzagentur wird der Beigeladenen attestiert, dass außerhalb eines Sicherheitsabstandes von ca. 18 m die für den Betrieb der Antennen festgelegten Grenzwerte nach § 2 Abs. 1 Satz 1 der 16. BImSchV i.V.m. § 3 BEMFV eingehalten werden, mithin auch auf dem ca. 100 m entfernten Hausgrundstück des Antragstellers.Abs. 51
Soweit der Antragsteller vorträgt, dass bei Erteilung der Standortbescheinigung die Änderung der Berechnungsgrundlagen nach der 26. BImSchV, wie sie im Jahr 2013 in der 26. BImSchV erfolgt sind, von der Bundesnetzagentur nicht berücksichtigt worden sind, vermag das Gericht dem nicht zu folgen. Zutreffend ist zwar, dass die Standortbescheinigung als Rechtsgrundlage die BEMFV - „zuletzt geändert durch Art. 3 Absatz 20 des Gesetzes vom 7. Juli 2005 (BGBl. I S. 1970)“ - angibt. Daraus folgt aber nicht, dass die Bundesnetzagentur ihre Berechnung nicht aufgrund der aktuellen Fassung der 26. BImSchV oder der aktuellen BEMFV vorgenommen hat. Die Antragsgegnerin hat nämlich angeführt, dass es sich um einen offensichtlichen Schreibfehler handelt, d.h. ein veralteter Textbaustein verwendet worden ist. Dass die Bundesnetzagentur sich der Notwendigkeit der Anwendung der 26. BImSchV und der BEMFV in der jeweils aktuellen Fassung bewusst ist, zeigen bspw. die verwendeten Formeln im Rahmen der Überprüfung der Anlage (vgl. etwa Bl. 81 d. Behördenakte).Abs. 52
Die Einhaltung der Grenzwerte wird im Übrigen durch die erfolgte Überprüfung im Rahmen einer Umgebungsfeldstärkenmessung an verschiedenen Orten (vgl. Bl. 61 ff. d. Behördenakte) bestätigt.Abs. 53
Hinzu kommt, dass das Wohnhaus des Antragstellers ca. 100 m vom Standort der Funkanlage entfernt liegt. Unter Berücksichtigung des errechneten Sicherheitsabstandes von ca. 18 m käme selbst dann eine Gesundheitsbeeinträchtigung des Antragstellers nicht in Betracht, wenn der einzuhaltende Sicherheitsabstand um ein Vielfaches falsch bestimmt worden wäre. Der Antragsteller wäre daher selbst im Falle der Rechtswidrigkeit der Standortbescheinigung, weil der Sicherheitsabstand zu gering bemessen worden wäre, erkennbar nicht in seinen eigenen subjektiven Rechten verletzt.Abs. 54
Sind die für den Betrieb der Funkanlagen festgelegten Grenzwerte nach § 2 Abs. 1 Satz 1 der 16. BImSchV i.V.m. § 3 BEMFV eingehalten, scheidet auch ein Verstoß gegen § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG aus (OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 28. Februar 2014 - 8 A 11308/13 - Rn. 6, juris).Abs. 55
c. Der Antragsteller kann gegen die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Standortbescheinigung - jedenfalls im Rahmen der vorliegend allein gebotenen summarischen Prüfung - nicht mit Erfolg einwenden, die der Berechnung der standortbezogenen Sicherheitsabstände zu Grunde liegenden Grenzwerte der 26. BImSchV lägen zu hoch und seien daher nicht geeignet, den Antragsteller vor Gesundheitsgefahren zu schützen, die von den elektromagnetischen Feldern von Funkanlagen ausgehen.Abs. 56
aa. Das Bundesverfassungsgericht hat zu den in der 26. BImSchV festgelegten Grenzwerten wiederholt ausgeführt, dass dem Verordnungsgeber bei der Erfüllung der staatlichen Schutzpflicht nach Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG ein weiter Einschätzungs-, Wertungs- und Gestaltungsbereich zukommt. Die verfassungsrechtliche Schutzpflicht gebiete es nicht, alle nur erdenkbaren Schutzmaßnahmen zu treffen. Es ist stets ein Ausgleich zwischen staatlichen (Gesundheits-)Schutzaspekten und konkurrierenden öffentlichen und privaten Interessen herzustellen. Die Verletzung der Schutzpflicht kann nur dann festgestellt werden, wenn die öffentliche Gewalt Schutzvorkehrungen überhaupt nicht getroffen hat oder die getroffenen Maßnahmen gänzlich ungeeignet oder völlig unzulänglich sind, das gebotene Schutzziel zu erreichen oder erheblich dahinter zurückbleiben. Ohne verlässliche wissenschaftliche Erkenntnisse über komplexe Gefährdungslagen ist es nicht Sache der Gerichte, sondern des Verordnungsgebers, den Erkenntnisfortschritt der Wissenschaft mit geeigneten Mitteln zu beobachten und zu bewerten, um gegebenenfalls weitergehende Schutzmaßnahmen zu treffen. Verletzt ist diese Pflicht erst, wenn evident ist, dass eine ursprünglich rechtmäßige Regelung zum Schutz der Gesundheit auf Grund neuer Erkenntnisse oder einer veränderten Situation verfassungsrechtlich untragbar geworden ist (vgl. etwa BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 28. Februar 2002 – 1 BvR 1676/01 - Rn. 11 f.; BVerfG, Stattgebender Kammerbeschluss vom 24. Januar 2007 - 1 BvR 382/05 - Rn. 18, juris).Abs. 57
bb. Dies ist vorliegend nicht der Fall.Abs. 58
(1.) Die Exekutive kommt fortlaufend ihrer Verpflichtung zur Risikobeobachtung und -bewertung nach.Abs. 59
Die Bundesregierung überwacht fortwährend, ob die in der 26. BImSchV festgesetzten Grenzwert angepasst werden müssen. Dies geschieht auf mannigfaltige Weise und durch unterschiedliche Institutionen. Das Bundesamt für Strahlenschutz überwacht u.a. die Auswirkungen elektromagnetischer Felder auf die Bevölkerung und fasst dies in entsprechenden Jahresberichten zusammen. Auch werden zahlreiche Forschungsvorhaben durchgeführt, unterstützt oder zumindest koordiniert; hinzuweisen ist etwa auf das „Deutsche Mobilfunk Forschungsprogramm“. Zudem begleitet auch die Bundesregierung die Forschung zu hochfrequenten elektromagnetischen Feldern (vgl. nur Achter Bericht der Bundesregierung über die Forschungsergebnisse in Bezug auf die Emissionsminderungsmöglichkeiten der gesamten Mobilfunktechnologie und in Bezug auf gesundheitliche Auswirkungen; BT-Drucks. 19/6270) und unterrichtet regelmäßig den Bundestag (BT-Drucks. 19/18500); auch im Rahmen Kleiner Anfragen (vgl. nur BT-Drucks.19/18445). Zudem sind zahlreiche Forschungsvorhaben im Bereich der 5G-Technologie geplant / in Bearbeitung (vgl. nur BT-Drucks. 19/10524, S. 5). Darüber hinaus findet auch auf europäischer Ebene eine ständige Gefährdungsanalyse statt (vgl. nur „Study on using millimetre waves (mm-waves) bands for the deployment of the 5G ecosystem in the Union“). Auch solche Erkenntnisse - ebenso wie internationale Erkenntnisse im Übrigen - werden in die Risikobewertung miteinbezogen.Abs. 60
(2.) Erkenntnisse dafür, dass die in der 26. BImSchV festgesetzten Grenzwerte - auch mit Blick auf die 5G-Technologie - evident unzureichend sind, bestehen nicht. Vielmehr spricht derzeit überwiegendes dafür, dass die in der 26. BImSchV angegeben Grenzwerte für den Schutz vor gesundheitlichen Gefahren geeignet sind. Dies entspricht im Übrigen auch der ganz überwiegenden Rechtsprechung (vgl. nur OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 28. Februar 2014 - 8 A 11308/13 - Rn. 10 f., juris; VG Cottbus, Beschluss vom 11. September 2018 - 3 L 334/18 - Rn. 15 ff.; VG München, Urteil vom 15. Mai 2017 - M 8 K 16.2507 - Rn. 28, juris; VG Karlsruhe, Urteil vom 12. April 2011 - 8 K 1406/10 - Rn. 16, juris; VG Minden, Beschluss vom 28. Januar 2010 - 10 L 516/09 - Rn. 39, juris).Abs. 61
Im Jahresbericht 2017 (Umweltradioaktivität und Strahlenbelastung; http://doris.bfs.de/jspui/bitstream/urn:nbn:de:0221-2020041421601/1/JB2017-09_04_2020.pdf) finden sich z.B. u.a. Ausführungen zu elektromagnetischen Feldern und deren Auswirkungen auf den Körper. Anhaltspunkte dafür, dass die Grenzwerte in der 26. BImSchV nicht genügen, sind dem Bericht nicht zu entnehmen. Vielmehr wird in diesem Bericht (S. 113) bspw. ausgeführt:Abs. 62
„Hochfrequente elektromagnetische Felder (>100 kHz – 300 GHz) kommen in unserem Alltag hauptsächlich bei Anwendungen vor, die zur drahtlosen Informationsübertragung bei Radio, Mobilfunk oder Fernsehen verwendet werden. Der wesentliche Parameter für Maßnahmen zum Schutz vor hochfrequenten elektromagnetischen Feldern ist die Gewebeerwärmung, da in wissenschaftlichen Untersuchungen erst bei einer dauerhaften Erhöhung der Körpertemperatur um 1°C gesundheitlich relevante Beeinträchtigungen beobachtet wurden.Abs. 63
Gesundheitliche Beeinträchtigungen infolge nichtthermischer Wirkungen im Bereich niedriger Intensitäten hochfrequenter Felder konnten bisher - trotz intensiver jahrzehntelanger Forschung - wissenschaftlich nicht nachgewiesen werden.“Abs. 64
Auch anlässlich des „Deutschen Mobilfunk Forschungsprogramms“ ergaben sich derlei Erkenntnisse nicht. Die Abschlusspublikation mit dem Titel „Ergebnisse des Deutschen Mobilfunk Forschungsprogramms“ (http://www.emf-forschungsprogramm.de/abschlussphase/DMF_AB.pdf) von 2008 enthält keine entsprechenden Erkenntnisse. Die von der Strahlenschutzkommission herausgegebene Stellungnahme zur biologischen Auswirkung des Mobilfunk - Gesamtschau – (https://www.ssk.de/SharedDocs/Beratungsergebnisse_PDF/2011/2011_10.pdf;jsessionid=353052A59010F39716B34E60F95AEE84.1_cid391?__blob=publicationFile) enthält ebenfalls keine dahingehenden Ausführungen.Abs. 65
Die Bundesregierung hat sich anlässlich einer Kleinen Anfrage der Abgeordneten Matthias Büttner u.a. zur Strahlenbelastung durch die sog. 5G-Strahlenkeule geäußert. Sie vertritt die Auffassung, dass nach dem derzeitigen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse gesundheitlich schädliche Wirkungen elektromagnetischer Felder unterhalb der international empfohlenen Grenzwerte nicht nachgewiesen sind. Auf dieser Basis ist die Bundesregierung der Überzeugung, dass der Betrieb weiterentwickelter Mobilfunktechnik kein gesundheitliches Risiko hervorruft, soweit die rechtlichen Regelungen die Grenzwerteinhaltung sicherstellen (BT-Drucks. 19/18334, S. 3). Nichts Anderes ergibt sich aus der Beantwortung der Kleinen Anfrage der Abgeordneten Dr. Bettina Hoffmann u.a. (BT-Drucks. 19/18445).Abs. 66
Die Präsidentin des Bundesamtes für Strahlenschutz hat zudem ausgeführt: "Die vorliegenden wissenschaftlichen Erkenntnisse zu den Wirkungen elektromagnetischer Felder auf den Menschen sind laut Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) auch für 5G weitestgehend aussagekräftig. `Wenn der Aufbau der nötigen Infrastruktur umsichtig erfolgt, sind auch durch 5G keine gesundheitlichen Wirkungen zu befürchten`“ (https://www.bfs.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/BfS/DE/2018/010.html).Abs. 67
In einer Ausarbeitung der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages zum Thema „Kommunikationsstandard 5G - Aspekte zu möglichen Gesundheitsrisiken“ vom 29. April 2019 (WD 8 - 3000 - 049/19) (Bl. 141 ff. d. Gerichtsakte) heißt es abschließend (S. 9):Abs. 68
„Auch nach zahlreichen Untersuchungen zu gesundheitlicher Risiken des Mobilfunks sind die Unsicherheiten hinsichtlich möglicher Gefahren für den Menschen nicht ausgeräumt. Trotz der umfangreichen Untersuchungen konnte bisher kein eindeutiger Zusammenhang zwischen Mobilfunk und den gesundheitlichen Auswirkungen bestätigt werden.“Abs. 69
Aus den vom Antragsteller eingeführten Quellen ergibt sich auch nicht, dass die Grenzwerte der 26. BImSchV evident ungeeignet sind:Abs. 70
Bei der vom Antragsteller in Bezug genommenen „NTP-Studie der US-Regierung“ handelt es sich um eine Langzeitstudie an Mäusen und Ratten des National Toxicology Program (NTP) zur Identifikation möglicher Gefahren einer hohen Ganzkörperexposition mit Mobilfunkfeldern. Die Autoren der Studie ziehen den Schluss, dass eine expositionsbedingte klare Evidenz (höchste Evidenzstufe) für das Auftreten von Herztumoren und eine mäßige Evidenz für das Auftreten von Hirntumoren und Erkrankungen des Nebennierenmarks bei männlichen Ratten vorliegt.Abs. 71
Das Bundesamt für Strahlenschutz führt in einer veröffentlichen Stellungnahme (https://www.bfs.de/DE/bfs/wissenschaft-forschung/stellungnahmen/emf/ntp-studie/dossier-ntp-studie.html?cms_notFirst=true&cms_docId=12006154) aus:Abs. 72
„Im Gegensatz dazu sieht das BfS nach sorgfältiger Analyse der vielfältigen Ergebnisse zwar Hinweise, aber keine klare oder mäßige Evidenz für eine karzinogene Wirkung bei hohen Ganzkörperexpositionen - deutlich oberhalb der Grenzwerte. Methodische Schwächen und Inkonsistenzen in den Studienergebnissen limitieren die Aussagekraft der Studie deutlich. Die karzinogene Wirkung war auf männliche Ratten beschränkt (fehlte bei weiblichen Ratten und bei beiden Geschlechtern der Mäuse). Die Inzidenzen der im Vergleich zu den beobachteten Krebserkrankungen zu erwartenden Krebsvorstufen lagen zu niedrig, um mit den gängigen Modellen der Tumorentstehung übereinzustimmen. Eine besondere Auffälligkeit der Studie war die hohe Sterblichkeit der Kontrolltiere im Vergleich zu den exponierten Tieren; dies erschwert den direkten Vergleich der im Alter auftretenden Tumore. Auch methodische Besonderheiten dieser toxikologischen Studie (keine Verblindung in der initialen pathologischen Begutachtung und keine Korrektur für multiples Testen) können zu verzerrten oder zufälligen Ergebnissen geführt haben. Hinzu kommt, dass die Körpertemperatur nicht gemessen wurde. Bei den hohen Ganzkörperexpositionen ist deshalb nicht auszuschließen, dass thermischer Stress – mit Körpertemperaturerhöhungen, die oberhalb der Grenzwerte auftreten und bekanntermaßen zu gesundheitlichen Effekten führen - zu den auffälligen Ergebnissen speziell bei männlichen Ratten geführt hat.Abs. 73
Bei den Tierexperimenten handelt es sich um Ganzkörperexpositionen, die ca. 20-fach und mehr über dem für die Allgemeinbevölkerung gültigen Grenzwert für Ganzkörperexpositionen liegen. Aus diesem Grunde sind sie nicht auf die im Lebensalltag des Menschen auftretenden Mobilfunkexpositionen übertragbar.Abs. 74
Das BfS geht deshalb weiterhin davon aus, dass bei Einhaltung der Grenzwerte keine negativen gesundheitlichen Auswirkungen durch elektromagnetische Felder mit den vom Mobilfunk verwendeten Frequenzen zu erwarten sind.“Abs. 75
Dieser Auffassung hat sich die Bundesregierung anlässlich einer schriftlichen Anfrage der Abgeordneten Tobias Matthias Peterka u.a. angeschlossen (vgl. BT-Drucks. 19/8434, S. 130 f.).Abs. 76
Ausgehend hiervon ist die Aussagekraft der Studie als gering anzusehen und verlässliche Anhaltspunkte dafür, dass die Grenzwerte der 26. BImSchV zu gering bemessen sind, liegen nicht vor. Die Forderung von Prof. James C. Lin zur Revision der Grenzwerte durch die ICNIRP (International Commission on Non-Ionizing Radiation Protection = Kommission für den Schutz nichtionisierender Strahlung) auf Basis der „NTP-Studie der US-Regierung“ ist vor diesem Hintergrund ebenfalls als kritisch zu bewerten und stellt, ohnehin (nur) eine wissenschaftliche Meinung unter vielen dar. Gleiches gilt für den vom Antragsteller vorgelegten Aufsatz von L. Hardell und L. Hedendahl (Bl. 145 ff. d. Gerichtsakte). Nur am Rande sei erwähnt, dass die ICNIRP im März 2020 neue Richtlinien veröffentlich hat (vgl. https://www.icnirp.org/cms/upload/publications/ICNIRPrfgdl2020.pdf). Diese neuen Richtlinien bestätigen nach 20 Jahren, basierend auf einer umfangreichen Überprüfung der wissenschaftlichen Erkenntnisse sowie einer öffentlichen Konsultation, im Wesentlichen die Eignung der bestehenden Grenzwerte für elektromagnetische Felder (auch) in Bezug auf 5G-Frequenzen.Abs. 77
Die Bewertung der IARC/WHO zur „möglicherweise krebserregenden“ Wirkung hochfrequenter elektromagnetischer Felder stellt die Grenzwerte der 26. BImSchV ebenfalls nicht in Frage. Die Internationale Krebsforschungsagentur (IARC) der Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat den aktuellen Stand der Wissenschaft über hochfrequente elektromagnetische Felder und Krebserkrankungen im Mai 2011 bewertet und diese Felder in die Gruppe 2B "möglicherweise krebserregend" der IARC-Skala eingestuft. Diese Einordnung bedeutet, dass es nach Einschätzung der IARC nach dem gegenwärtigen Kenntnisstand begrenzte Hinweise auf eine krebserregende Wirkung hochfrequenter elektromagnetischer Felder auf den Menschen gibt. In Ansehung dieser Einschätzung kam die Strahlenschutzkommission in einer Stellungnahme zur Biologische Auswirkungen des Mobilfunks - Gesamtschau - (vgl. Bl. 259 ff. d. Gerichtsakte) trotz Ansehung der dortigen Forschungsergebnisse nachvollziehbar zu dem Ergebnis, dass die im Rahmen des Deutschen Mobilfunk Forschungsprogramms durchgeführten Untersuchungen keine Anhaltspunkte für eine krebsinitiierende oder -promovierende Wirkung erbracht haben (vgl. S. 21, 23 der Stellungnahme). Das Bundesamt für Strahlenschutz hat ausgeführt, dass Hinweise auf eine krebserregende Wirkung in den von ihm initiierten Studien nicht bestätigt werden konnten (https://www.bfs.de/DE/themen/emf/hff/wirkung/iarc/iarc_node.html = Bl. 286 ff. d. Gerichtsakte). Zudem ist zu berücksichtigten, dass die Bewertung der IARC/WHO Gesundheitsgefahren beim Telefonieren mit Handys beurteilt (so auch VG Dresden, Urteil vom 27. März 2014 - 3 K 102/11 - Rn. 69, juris), worum es vorliegend gerade nicht geht.Abs. 78
Aus einem „Bericht“ des Europäischen Parlaments aus Februar 2020 mit dem Titel „Auswirkungen der drahtlosen 5G Kommunikation auf die menschliche Gesundheit“ (Bl. 95 ff. d. Gerichtsakte) folgt, entgegen der Darstellung des Antragstellers, nicht verlässlich und evident, dass die bisherigen Grenzwerte auf die 5G-Technologie nicht anwendbar sind. Vielmehr stellt dieser Bericht dar, dassAbs. 79
„die Forschung allgemein davon aus (geht), dass solche Funkwellen keine Gefahr für die Bevölkerung darstellen, jedoch fehlen bislang Untersuchungen zu der Dauereinwirkung, die sich aus der Einführung von 5G ergeben würde. Dementsprechend ist ein Teil der Wissenschaftsgemeinde der Ansicht, dass die möglichen negativen biologischen Auswirkungen von elektromagnetischen Feldern (EMF) und 5G weiter erforscht werden müssen, insbesondere was die Häufigkeit des Auftretens einiger schwerer Krankheiten beim Menschen anbelangt.“Abs. 80
Weiter heißt es in dem Bericht auf S. 5:Abs. 81
„Der Wissenschaftliche Ausschuss „Neu auftretende und neu identifizierte Gesundheitsrisiken“ (SCENIHR) der Kommission ist mit der Aufgabe betraut, die Risiken elektromagnetischer Felder zu bewerten, und überprüft regelmäßig die verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnisse, um festzustellen, ob sie die in der Empfehlung 1999/519/EG des Rates vorgeschlagenen Expositionsgrenzwerte noch untermauern. Der letzten Stellungnahme des SCENIHR vom Januar 2015 zufolge gibt es keine Belege dafür, dass EMF-Strahlung die kognitiven Funktionen des Menschen beeinträchtigt oder zu einer Zunahme der Krebsfälle bei Erwachsenen und Kindern beiträgt.“Abs. 82
Auf S. 7 heißt es so dann:Abs. 83
„Die Menge an wissenschaftlicher Literatur über die Auswirkungen der Exposition gegenüber EMF und insbesondere gegenüber 5G nimmt schnell zu. Manche Forschungsarbeiten legen mögliche Gesundheitsrisiken nahe, andere hingegen nicht.“Abs. 84
Soweit der Antragsteller darauf verweist, dass das Bundesamt für Strahlenschutz in einer Veröffentlichung mit dem Titel „Tumorfördernde Wirkung hochfrequenter elektromagnetischer Felder“ bereits 2011 (Bl. 110 ff. d. Gerichtsakte) die krebs-promovierende Wirkung von elektromagnetischen Strahlenfeldern aufgrund selbst initiierten Studien als gesicherte wissenschaftliche Erkenntnis angesehen hat, ist darauf hinzuweisen, dass das Bundesamt für Strahlenschutz zugleich ausgeführt hat (Bl. 117 d. Gerichtsakte):Abs. 85
„Für die am niedrigsten exponierte Gruppe (0,04 W/kg) wurde in der vom BfS geförderten Wiederholungsstudie eine Exposition gewählt, die unterhalb des für den Menschen empfohlenen Höchstwerts für Ganzkörperexpositionen liegt (0,08 W/kg). Im Alltag der allgemeinen Bevölkerung kommen aber bereits solche Ganzkörper-Expositionen nicht vor. Relevante Quellen sind Mobilfunkbasisstationen. Typischerweise werden die für solche Anlagen geltenden Grenzwerte bis zu 1 %, in einigen wenigen Szenarien bis zu 10 % ausgeschöpft.“Abs. 86
Eine Aussage dahingehend, dass bei der hier infrage stehenden Nutzung einer Funkanlage unter Beachtung der nach der 26. BImSchV erforderlichen Sicherheitsabstand eine krebspromovierende Wirkung zu erwarten ist, ist dem nicht zu entnehmen.Abs. 87
Der vom Antragsteller erwähnte Aufsatz von Anthony B. Miller et al. (Bl. 119 f. d. Gerichtsakte) zeigt nur das Spektrum der Studien und deren Annahmen auf. Zudem liegt der Schwerpunkt auf der Nutzung von Mobiltelefonen, nicht aber auf der Wirkung von weitentfernten Funkmasten auf den Menschen.Abs. 88
Ausgehend von diesen Erkenntnissen besteht auch kein Anlass, ein Sachverständigengutachten einzuholen, noch dazu im Eilverfahren.Abs. 89
(3.) Die Grenzwerte der 26. BImSchV berücksichtigen - entgegen der Auffassung des Antragstellers - auch athermische Effekte. Die 26. BImSchV unterscheidet zwar nicht zwischen diesen beiden Auswirkungen, sondern stellt generell Anforderungen zum Schutz der Allgemeinheit und der Nachbarschaft vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch elektromagnetische Felder auf (§ 1 Abs. 1 der 26. BImSchV). Dies bestätigt die Empfehlung der Strahlenschutzkommission - Grenzwerte und Versorgungsmaßnahmen zum Schutz der Bevölkerung vor elektromagnetischen Feldern - vom 13./14. September 2001 (https://www.ssk.de/SharedDocs/Beratungsergebnisse_PDF/2001/Grenzwerte_EMF.pdf?__blob=publicationFile), die erkennen lässt, dass ihr Augenmerk seit jeher den thermisch bedingten Reaktionen wie auch den athermischen Reaktionen galt. Da die Arbeit und die Ergebnisse der Strahlenschutzkommission Grundlage für die 26. BImSchV waren, liegt es nahe, dass der Verordnungsgeber beide Gesichtspunkte im Auge hatte und regeln wollte. Dass sich die festgelegten Grenzwerte nur an den thermischen Auswirkungen orientieren, beruht - wie die Empfehlungen der Strahlenschutzkommission deutlich machen - darauf, dass thermisch bedingte Reaktionen bei geringeren Feldstärken eintreten als nachgewiesene athermische Reaktionen. Der Verordnungsgeber konnte und kann sich daher auf die Bestimmung von Grenzwerten beschränken, die an thermischen Reaktionen anknüpfen; nachweisbare athermische Reaktionen waren so in jedem Fall miterfasst (vgl. BGH, Urteil vom 13. Februar 2004 - V ZR 217/03 - Rn. 10, juris). Dies entspricht auch weiterhin der überwiegenden fachlichen Einschätzung (vgl. nur BT-Drucks. 18/708, S. 60).Abs. 90
(4.) Den von dem Antragsteller betonten Besonderheiten im Zusammenhang mit der „Infrastruktur für das Internet der Dinge, die sog. Smart City, autonomes Fahren u. v. m.“ (Schriftsatz vom 28. Dezember 2020, S. 16), bei der „pro Quadratkilometer eine Millionen Geräte miteinander vernetzt werden sollen“ (Schriftsatz vom 28. Dezember 2020, S. 17), dient der streitgegenständliche Standort nicht. Dieser dient vielmehr der verbesserten/schnelleren Mobilfunkanbindung, d.h. führt die bisherige Mobilfunknutzung für UMTS und LTE fort. Mithin kann dahinstehen, ob sich hierdurch das Risiko erhöht - wofür nichts ersichtlich ist - oder nicht viel eher reduziert.Abs. 91
(5.) Unabhängig von dem Vorstehenden hat der Antragsteller nicht dargelegt, dass er persönlich bei dem bestehenden Abstand von ca. 100 m nachteilige Auswirkungen von der Funkanlage ausgesetzt ist. Der tatsächliche Abstand vom Haus des Antragstellers beträgt nämlich mehr als das 5-fache der derzeitigen Vorgaben nach der 26. BImSchV. Sein Eilantrag kann nämlich nur Erfolg haben, wenn er auch tatsächlich in seinen Rechten verletzt ist. Ein allgemeiner Gesetzesvollziehungsanspruch steht dem Antragsteller nicht zur Seite. Soweit der Antragsteller behauptet, dass im Abstand von ca. 100 m neben einer Funkanlage regelmäßig die höchste Strahlenbelastung auftritt, hat er dies nicht einmal im Ansatz substantiiert.Abs. 92
(6.) Aufgrund der vorstehenden Erwägungen sieht sich das Gericht auch nicht aufgrund des Inhalts der vorgelegten Einstweiligen Verfügung eines niederländischen Gerichts (Bl. 184 ff. d. Gerichtsakte) zu einer anderen Bewertung veranlasst. Nur am Rande sei erwähnt, dass sich die Entscheidung zu der Frage verhält, ob es sich um eine „interessierte Partei“ gem. Art. 1: 2 Absatz 1 des Allgemeinen Verwaltungsgesetzes (Awb) handelt. Nicht Gegenstand der Entscheidung war hingegen die Frage, ob „das Gesundheitsrisiko so hoch ist, dass der Befragte die vom Kläger gewünschte Umweltgenehmigung nicht hätte erteilen können“ (Bl. 188 d. Gerichtsakte). Dies sei „eine inhaltliche Prüfung, die im Zusammenhang mit der Beantwortung der Frage von Interesse nicht behandelt wird“ (Bl. 188 d. Gerichtsakte).Abs. 93
d. Eine Grundrechtsverletzung ist nicht ersichtlich.Abs. 94
aa. Hält die mit der streitgegenständlichen Standortgenehmigung genehmigte Funkanlage die Grenzwerte der 26. BImSchV ein und genügen diese Grenzwerte um den Schutz von Personen sicherzustellen, kommt eine Verletzung von Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG nicht in Betracht. Dies gilt auch vor dem Hintergrund der dargelegten Vorerkrankungen des Antragstellers.Abs. 95
bb. Eine Verletzung von Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 Satz 1 GG - hier in Gestalt des Rechts auf Informationelle Selbstbestimmung - ist ebenfalls nicht ersichtlich. Der Antragsteller befürchtet aufgrund der verbauten Funkanlagen des chinesischen Herstellers Huawai, dass seine Daten vor Überwachungen und Ausspähung durch den chinesischen Staat nicht mehr sicher seien. Die Antragsgegnerin greift bei diesem Szenario jedoch nicht selbst in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung - etwa durch illegales „Abgreifen“ von Daten - ein, weshalb eine Verletzung von Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 Satz 1 GG allenfalls unter dem Blickwinkel einer Verletzung der Schutzpflichten des Staates in Betracht kommt. Die für die internationale Kooperation weit geöffnete deutsche Rechtsordnung hat jedoch mit nationalen, supra- und internationalen datenschutzbezogenen Rechtsregelungen einiges an Schutz geleistet, sodass ein verfassungsrechtlich bedeutsames Untermaß an Schutzvorkehrungen gegenwärtig nicht erkennbar ist. Zudem steht es dem Antragsteller frei, auf die Mobilfunktelefonie zu verzichten.Abs. 96
cc. Art. 10 GG ist ebenfalls nicht verletzt. Eine Kommunikation der Geräte untereinander kommt nur in Betracht, wenn der Antragsteller entsprechende Produkte verwendet. Mithin hat es der Antragsteller selbst in der Hand, zu bestimmen, welche Informationen geteilt werden.Abs. 97
dd. Der Schutzbereich des Art. 13 GG ist bereits nicht eröffnet. Die primäre Abwehrrichtung wendet sich gegen ein körperliches oder unkörperlichens Eindringen des Staates in die Wohnung. Davon kann bereits keine Rede sein, wenn es um Funkstrahlen geht, welche die Mobilfunktelefonie ermöglichen. Nicht erfasst werden zudem unspezifische Umwelteinwirkungen auf Wohnungen (Wolff, in: Hömig/Wolff, Grundgesetz, 12. Aufl. 2018, Art. 13 GG Rn. 6), noch dazu, wenn diese nicht mit gesundheitlichen Schäden verbunden sind.Abs. 98
Damit erweist sich die Standortbescheinigung bei der allein möglichen summarischen Prüfung als offensichtlich rechtmäßig und den Antragsteller nicht in seinen Rechten verletzend. Der Eilantrag war daher abzulehnen, ohne dass es einer weiteren Interessenabwägung bedurfte.Abs. 99
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt, so dass es der Billigkeit entspricht, wenn diese ihre außergerichtlichen Kosten selbst trägt (§ 163 Abs. 3 VwGO).Abs. 100
IV. Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 1, 52 Abs. 2, 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG, wobei zu berücksichtigen ist, dass der Streitwert für das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach Ziff. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 zu halbieren war.Abs. 101

(online seit: 31.03.2021)
Zitiervorschlag: Gericht, Datum, Aktenzeichen, JurPC Web-Dok, Abs.
Zitiervorschlag: Kassel, VG, 5G-Technologie - JurPC-Web-Dok. 0048/2021