JurPC Web-Dok. 144/2016 - DOI 10.7328/jurpcb20163110153

OLG Köln

Beschluss vom 11.07.2016

6 W 71/16, 6 W 80/16

Tischkufen

JurPC Web-Dok. 144/2016, Abs. 1 - 33


Leitsätze:

1. Der Streitwert für Unterlassungsansprüche wegen der unberechtigten Verwendung von Lichtbildern im Internet ist unabhängig von der Höhe etwaiger dem Verletzten zustehender Schadensersatzansprüche festzusetzen.

2. Bildet eine Mehrzahl von Schutzrechtsverletzungen den Gegenstand eines einheitlichen Verfahrens, so hat keine schematische Addition der Streitwerte zu erfolgen, sondern es ist ein Gesamtstreitwert zu bilden, der im Regelfall unter der Summe der Einzelstreitwerte liegen wird.

Gründe:

Abs. 1
I.Abs. 2
Die Antragstellerin handelt stationär und im Internet mit maßangefertigten hochwertigen Möbeln im hochpreisigen Segment. Der Antragsgegner vertreibt ebenfalls Möbel über einen eigenen Internetauftritt sowie ein gewerbliches eBay-Konto. Die Antragstellerin hat mit Antrag vom 31. 8. 2015 beim Landgericht Köln beantragt, dem Antragsgegner zu untersagen, insgesamt neun Produktabbildungen von Tischen und Tischbestandteilen (Tischbeinen und -kufen) im Internet öffentlich zugänglich zu machen. Mit Beschluss vom 2. 9. 2015 hat das Landgericht im Wesentlichen antragsgemäß eine einstweilige Verfügung erlassen und dabei den Streitwert auf 42.000 EUR festgesetzt (in der Antragsschrift war ein Betrag von 54.000 EUR genannt worden). Mit Schriftsatz vom 7. 10. 2015 hat die Antragstellerin die Hauptsache für erledigt erklärt, da der Antragsgegner mittlerweile eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben habe. Dieser Schriftsatz ist dem Antragsgegner mit einem Hinweis entsprechend § 91a ZPO am 21. 10. 2015 zugestellt worden. Mit Schriftsatz vom 9. 11. 2015, bei Gericht eingegangen am 10. 11. 2015, hat sich für den Antragsgegner sein Verfahrensbevollmächtigter bestellt und der Erledigungserklärung widersprochen, soweit es sich „in der Sache um die Höhe der entstandenen Kosten handelt". Gegen den Beschluss vom 2. 9. 2015 werde Widerspruch eingelegt und beantragt, den Streitwert herabzusetzen. Hilfsweise werde Streitwertbeschwerde eingelegt. Schließlich hat der Antragsgegner „zur Wahrnehmung seiner rechtlichen Interessen" Prozesskostenhilfe beantragt.Abs. 3
Mit Verfügung vom 20. 11. 2015 hat das Landgericht darauf hingewiesen, dass der Antragsgegner seine Erklärung zur Erledigung der Hauptsache klarstellen möge, da nach Aktenlage Erledigung eingetreten sei, der Anspruch der Antragstellerin ursprünglich begründet gewesen sei und daher nunmehr nur noch gemäß § 91a ZPO über die Kosten zu entscheiden sei. Ferner hat das Landgericht darauf hingewiesen, da sich der Antragsgegner ausschließlich gegen die Höhe des Streitwerts wende, sei der eingelegte Widerspruch unwirksam, und zwar sowohl als Vollwiderspruch wie auch als Kostenwiderspruch. Es werde angeregt, den Widerspruch zurückzunehmen.Abs. 4
Daraufhin hat der Antragsgegner ausgeführt, es werde daran festgehalten, dass hinsichtlich der Hauptsache Erledigung erklärt worden sei, hieran werde festgehalten. Es komme hinzu, dass der Antragsgegner den Anspruch der Antragstellerin sofort anerkannt habe. Er gehe ausdrücklich nur gegen Streitwertfestsetzung und Kostenentscheidung vor. Der Widerspruch sei aus Sicht des Antragsgegners als Kostenwiderspruch zulässig und begründet; soweit das Gericht an seiner Rechtsauffassung festhalte, werde er zurückgenommen und hilfsweise Streitwertbeschwerde eingelegt.Abs. 5
In der Folge hat das Landgericht das schriftliche Verfahren zur Entscheidung über den Kostenwiderspruch angeordnet und einen Verkündungstermin anberaumt. Daraufhin hat der Antragsgegner mit Schriftsatz vom 7. 1. 2016 ausgeführt, er wolle in der Sache nur ein Rechtsmittel einlegen. „In Abhängigkeit davon, wie das Gericht dieses Rechtsmittel auslegt, handelt es sich dabei um Kostenwiderspruch oder (hilfsweise) um Streitwertbeschwerde. Die Prozesskostenhilfe wurde für diesen einzigen Rechtsbehelf beantragt".Abs. 6
Mit Beschluss vom 27. 1. 2016 hat das Landgericht den Verkündungstermin aufgehoben, dem von ihm nunmehr als Streitwertbeschwerde ausgelegten Rechtsmittel des Antragsgegners nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Antragsgegner habe im Ergebnis seine Kostenlast nie bestreiten wollen, sondern sich lediglich gegen die Höhe des festgesetzten Streitwerts gewandt. Daher sei sein Rechtsmittel als Streitwertbeschwerde auszulegen, die jedoch in der Sache unbegründet sei. Mit Beschluss vom 28. 1. 2016 hat das Landgericht den Antrag auf Prozesskostenhilfe zurückgewiesen mit der Begründung, es fehle an der hinreichenden Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung. Das als Streitwertbeschwerde auszulegende Rechtsmittel des Antragsgegners sei unbegründet.Abs. 7
Mit Schriftsatz vom 7. 3. 2016, bei Gericht eingegangen per Telefax eingegangen am gleichen Datum, hat der Antragsgegner gegen den Beschluss vom 28. 1. 2016 sofortige Beschwerde eingelegt und zur Begründung seinen bisherigen Vortrag zur Höhe des angemessenen Streitwerts wiederholt und vertieft. Mit Schriftsatz vom 27. 6. 2016 hat er ergänzend ausgeführt, er habe in der Sache entgegen der Annahme des Landgerichts sehr wohl Kostenwiderspruch eingelegt und lediglich hilfsweise für den Fall der Erfolglosigkeit des Widerspruchsverfahrens die Streitwertbeschwerde. Das Gericht habe daher seinen Kostenwiderspruch nicht ignorieren dürfen, sondern über ihn entscheiden müssen.Abs. 8
II.Abs. 9
1. Die Streitwertbeschwerde des Antragsgegners ist unzulässig.Abs. 10
Zutreffend ist allerdings der Ausgangspunkt des Antragsgegners, dass das Landgericht sein Rechtsmittel nicht als einheitliche Streitwertbeschwerde auslegen durfte. Maßgeblich ist der Schriftsatz vom 7. 1. 2016, in dem der Antragsgegner zwar einerseits ausgeführt hat, er wolle nur ein einheitliches Rechtsmittel einlegen, dieses aber in erster Linie als Kostenwiderspruch verstanden wissen wollte und nur hilfsweise als Streitwertbeschwerde. An dieses von dem anwaltlich vertretenen Antragsgegner ausdrücklich vorgegebene Eventualverhältnis war das Landgericht gebunden. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass die Vorgehensweise des Antragsgegners rechtlich nicht möglich war, da Rechtsmittel bedingungsfeindlich sind. Es liegt auch kein Fall einer ausnahmsweise zulässigen „innerprozessualen" Bedingung vor, denn eine solche innerprozessuale Bedingung ist nur dann gegeben, wenn ein auf den jeweiligen Rechtszug bezogenes unbedingtes Prozessrechtsverhältnis bereits besteht. Eine Prozesshandlung, die einen Prozess oder eine Instanz erst einleiten soll, ist schlechthin bedingungsfeindlich (OLGR Dresden 2001, 482 m. w. N.). Für die Streitwertbeschwerde gilt nichts anderes.Abs. 11
Das Landgericht hätte daher, wie es der Antragsgegner auch im Beschwerdeverfahren ausdrücklich begehrt, auf der Grundlage seines eindeutigen und nicht auslegungsfähigen Antrages über den Kostenwiderspruch entscheiden müssen, was – gemeinsam mit der Entscheidung nach § 91a ZPO – noch nachzuholen sein wird.Abs. 12
Die Nichtabhilfeentscheidung stellt sich aber gleichwohl als im Ergebnis mit der Maßgabe zutreffend dar, dass die Streitwertbeschwerde nicht als unbegründet zurückzuweisen, sondern als unzulässig zu verwerfen ist, da sie seitens des Antragsgegners unzulässigerweise unter eine Bedingung gestellt worden ist. Die Beschwerde ist daher unzulässig und zu verwerfen.Abs. 13
2. Die form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde gegen den Beschluss des Landgerichts vom 28. 1. 2016 bleibt in der Sache ebenfalls ohne Erfolg. Das Landgericht hat im Ergebnis zutreffend die Erfolgsaussichten für das Vorgehen des Antragsgegners verneint und daher die beantragte Prozesskostenhilfe abgelehnt.Abs. 14
a) Die Erfolgsaussicht im Hinblick auf die Streitwertbeschwerde, die das Landgericht allein geprüft hat, war schon deshalb zu verneinen, weil diese unzulässigerweise unter einer Bedingung eingelegt worden ist (oben II 1 a). Es bedarf daher keiner abschließenden Entscheidung, ob für das Verfahren der Streitwertbeschwerde überhaupt Prozesskostenhilfe bewilligt werden kann. Grundsätzlich kann Prozesskostenhilfe nur für die in der ZPO geregelten Streitigkeiten einschließlich der Zwangsvollstreckung und für andere Verfahren, für die diese Bestimmungen für entsprechend anwendbar erklärt worden sind, bewilligt werden (allg. Meinung, Zöller/Geimer, ZPO, 31. Aufl. 2016, § 114 Rn. 1 m. w. N.). Für die Kostenverfahren nach dem GKG fehlt es an einer solchen Verweisung. Eine analoge Anwendung der §§ 114 ff. ZPO scheitert schon am Fehlen einer Regelungslücke, da der Gesetzgeber in diesen Verfahren die Kostenerstattung bewusst ausgeschlossen hat, um zu verhindern, dass sich aus den Kostenverfahren weitere, selbstständige Verfahren entwickeln (OLG Düsseldorf, JurBüro 2012, 534 = juris Tz. 9 f., zu § 66 GKG).Abs. 15
b) Prozesskostenhilfe kann auch nicht im Hinblick auf den noch beim Landgericht anhängigen Kostenwiderspruch des Antragsgegners bewilligt werden. Auch insoweit fehlt es an der hinreichenden Erfolgsaussicht. Für einen Kostenwiderspruch ist im vorliegenden Verfahren schon deshalb kein Raum, weil sich das Verfahren in der Hauptsache durch die übereinstimmende Erledigungserklärung nach § 91a ZPO erledigt hat. Der Antragsgegner hat der Erledigung nicht rechtzeitig, obwohl zutreffend nach § 91a ZPO belehrt, widersprochen; er hat ferner nachträglich klargestellt, dass auch er von der Erledigung der Hauptsache ausgeht. Damit ist in diesem Verfahren nur noch die Kostenentscheidung nach § 91a ZPO zu treffen. Der Kostenwiderspruch ist von der Rechtsprechung ergänzend zu der gesetzlichen Regelung entwickelt worden, um dem Antragsgegner einer einstweiligen Verfügung außerhalb der Situation einer Erledigung der Hauptsache ein Mittel an die Hand zu geben, allein die Kostenentscheidung der einstweiligen Verfügung zur Überprüfung zu stellen (Feddersen, in: Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 11. Aufl. 2016, Rn. 55.9 ff.). Wenn ohnehin nur noch über die Kosten im Rahmen des Verfahrens nach § 91a ZPO zu entscheiden ist, besteht für dieses Instrument schon rein praktisch kein Bedarf.Abs. 16
c) Der Antragsteller hat zunächst Prozesskostenhilfe uneingeschränkt für seine Verteidigung im vorliegenden Verfahren beantragt, dies später allerdings dahingehend eingeschränkt, dass er nur Prozesskostenhilfe für sein „Rechtsmittel" beantrage (Schriftsatz vom 7. Januar 2016). Nur vorsorglich ist daher darauf hinzuweisen, dass die Rechtsverteidigung des Beklagten nach Aktenlage auch insoweit keine Aussicht auf Erfolg hat, als sie sich auf seine Verteidigung im Verfahren nach § 91a ZPO bezieht. In diesem Verfahren ist allein über die Kostentragung zu entscheiden, mithin eine Kostengrundentscheidung zu treffen. Insoweit hat der Antragsgegner aber mehrfach und ausdrücklich erklärt, er wende sich nicht gegen seine Kostenlast, sondern allein gegen die Höhe des vom Gericht festgesetzten Streitwertes. Dieser Gesichtspunkt ist im Rahmen der Kostengrundentscheidung unerheblich und kann allein mit einer Streitwertbeschwerde geltend gemacht werden. Selbst bei einer weitgehenden Reduzierung des Streitwertes würde davon die Kostengrundentscheidung nicht betroffen.Abs. 17
In der Sache hat der Antragsgegner auch keine durchgreifenden Argumente gegen den Verfügungsanspruch vorgetragen. Die Antragstellerin hat ihre Aktivlegitimation ausreichend dargelegt und glaubhaft gemacht. Die Rechtsverletzung als solche wird vom Antragsgegner nicht in Abrede gestellt. Ein sofortiges Anerkenntnis liegt nicht vor, da der Antragsgegner sich auf die hinreichend konkrete und wirksame Abmahnung nicht strafbewehrt unterworfen hat, sondern der Antragstellerin Anlass gegeben hat, das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes einzuleiten.Abs. 18
d) Nur noch ergänzend ist daher darauf hinzuweisen, dass der Antragsgegner auch die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Prozesskostenhilfe nicht ausreichend dargelegt und glaubhaft gemacht hat.Abs. 19
Belege sind nur rudimentär und unzureichend vorgelegt worden; so macht der Antragsgegner – um nur ein Beispiel herauszugreifen – Wohnkosten geltend, legt aber zum Beleg einen Mietvertrag über Gewerberäume vor, die ausdrücklich nicht für Wohnzwecke bestimmt sind. Ferner trägt der Antragsgegner ein Familieneinkommen von rund 550 EUR/Monat vor, dem aber monatliche Belastungen von über 1.300 EUR entgegenstehen, ohne dass deutlich wird, wovon der Antragsgegner seinen Lebensunterhalt bestreitet, so dass die ernsthafte Möglichkeit besteht, dass die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht vollständig abgegeben worden ist.Abs. 20
3. Da der Senat infolge der beiden Beschwerden des Antragsgegners mit der Sache befasst ist, macht er von der Möglichkeit des § 63 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 GKG Gebrauch und setzt den Streitwert für das Verfahren erster Instanz von Amts wegen auf 36.000 EUR fest.Abs. 21
a) Die Grundsätze der Streitwertbemessung hat das Landgericht in den beiden Beschlüssen zutreffend wiedergegeben. Es entspricht auch der ständigen Praxis des Senats, bei der gewerblichen unberechtigten Nutzung eines Lichtbilds im Internet für den Unterlassungsanspruch in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes einen Streitwert in der Größenordnung von bis zu 6.000 EUR anzunehmen (Senat, WRP 2014, 1236, für die Nutzung im Rahmen eines gewerblichen eBay-Kontos).Abs. 22
Unerheblich für die Bestimmung des Streitwerts des Unterlassungsanspruchs sind dagegen die dem Antragsteller wegen dieser Rechtsverletzung zustehenden Schadensersatzansprüche. Zwar wird von einigen Oberlandesgerichten vertreten, der Streitwert des Unterlassungsanspruchs sei zumindest bei Rechtsverletzungen im privaten Bereich (private eBay-Auktionen) entsprechend dem doppelten Wert des Lizenzschadens anzusetzen (OLG Braunschweig, WRP 2012, 597, 598; OLG Nürnberg, WRP 2013, 667, 668 -Auspufffächerkrümmer; OLG Hamm, CR 2012, 814, 815, das diese Grundsätze auch auf Kleingewerbetreibende ausdehnt). Abgesehen davon, dass der vorliegende Fall nicht eine (einmalige) private eBay-Auktion betrifft, sondern die gewerbliche Nutzung von Lichtbildern (auch) im eigenen Internetauftritt des Antragsgegners, so hält der Senat daran fest, dass in Fällen der vorliegenden Art der Unterlassungs- und der Schadensersatzanspruch unabhängig voneinander zu bewerten sind (so auch OLG Hamburg, ZUM-RD 2014, 90 = juris Tz. 7).Abs. 23
Der Schadensersatzanspruch dient dem Ausgleich der in der Vergangenheit liegenden Rechtsverletzung, während der Unterlassungsanspruch weitere Rechtsverletzungen in der Zukunft verhindern soll. Zwischen der Höhe des Schadensersatzes und dem Ausmaß der rechtsverletzenden Nutzung besteht dabei ein Zusammenhang, so dass eine nur kurzfristige Nutzung auch Einfluss auf die Höhe des Schadensersatzes haben kann. Dies ist beispielsweise bei der Schadensberechnung im Weg der Lizenzanalogie auf der Grundlage der MFM-Empfehlungen der Fall, die bei Online-Nutzungen auch nach der Nutzungsdauer differenzieren. In besonders gelagerten Ausnahmefällen kann sogar ein Schadensersatzanspruch vollständig entfallen (Senat, WRP 2015, 94, 100 – Creative Commons-Lizenz). Es wäre nicht sachgerecht, in diesen Fällen den Unterlassungsanspruch mit einem entsprechend geringen Betrag zu bewerten. Dies würde dem Interesse des Rechteinhabers nicht gerecht, der ein zeitlich unbeschränktes Verbot der künftigen Nutzung seines geschützten Rechts durchsetzen will. Gerade unter den Bedingungen des Internet, bei denen der Rechteinhaber durch das unberechtigte öffentliche Zugänglichmachen des zu seinen Gunsten geschützten Gegenstands die Kontrolle über dessen weitere Verbreitung völlig zu verlieren droht, kann das wirtschaftliche Interesse des Rechteinhabers an der Unterbindung des Verstoßes nicht gering angeschlagen werden.Abs. 24
b) Im vorliegenden Fall kann die Qualität der streitgegenständlichen Lichtbilder als unterdurchschnittlich angesetzt werden, da es sich um schlichte, vom Hintergrund freigestellte Produktabbildungen handelt. Sie sind andererseits vom Antragsgegner sowohl in seinem eigenen Internetshop als auch bei eBay-Auktionen eingesetzt worden, um in direkten Wettbewerb mit der Antragstellerin zu treten. Der Umstand, dass die Parteien nicht am gleichen Ort tätig sind, kann dabei nicht streitwertmindernd berücksichtigt werden. Beide Parteien vertreiben die hier in Rede stehenden Produkte (Tische und Zubehörteile für Designertische) über das Internet und wenden sich damit an den gleichen Kundenkreis. Bei den eBay-Auktionen handelt es sich ersichtlich nicht um einmalige Einzelverkäufe, sondern um einen vom Antragsgegner für seine serienmäßig gefertigten Produkte generell gewählten Vertriebsweg, so dass sich die Nutzung des Antragsgegners auf eine Vielzahl von Angeboten bezog.Abs. 25
Das Unternehmen des Antragsgegners mag von überschaubarer Größe sein; dass es sich um einen kleingewerblichen Betrieb handelt, lässt sich aufgrund der vorgelegten Unterlagen nicht annehmen. Aus den vorgelegten eBay-Ausdrucken ergibt sich, dass der Antragsgegner im Zeitpunkt der Verletzungshandlungen im Juli 2015 über 700 Bewertungen verfügt hat, was bereits für einen gewissen Umfang seiner geschäftlichen Tätigkeit spricht, vor allem unter Berücksichtigung des Umstandes, dass er diese nach seinem eigenen Vortrag erst im laufenden Jahr aufgenommen hat. In die gleiche Richtung deutet es, wenn der Antragsgegner auf seiner Internetseite mit internationalen Firmen, kleinen Unternehmen und Privatleuten als seinen Kunden wirbt. Aus der – maßgeblichen – Sicht der Antragstellerin musste sich der Antragsgegner daher als ein ernstzunehmender Wettbewerber darstellen.Abs. 26
Aussagekräftige Unterlagen zum Umfang seines Geschäftsbetriebs hat der Antragsgegner nicht vorgelegt. Die vorgelegten Umsatzsteuervoranmeldungen für vier Monate zeigen im Durchschnitt monatliche Umsätze in der Größenordnung von 2.000 – 3.000 EUR und belegen zumindest, dass der Antragsgegner nicht von der Möglichkeit des § 19 UStG Gebrauch gemacht hat. Auch die im Zusammenhang mit dem Antrag auf Prozesskostenhilfe vorgelegten Unterlagen erlauben kein schlüssiges Bild der wirtschaftlichen Situation des Antragsgegners.Abs. 27
Die Ausführungen des Antragsgegners, wonach ihn nur leichtes Verschulden trifft, lassen sich nicht nachvollziehen, da er nicht offengelegt hat, wie er an die beanstandeten Lichtbilder gekommen ist. Sollte er sie beispielsweise einfach von der Internetseite der Antragstellerin kopiert und zur Bewerbung seiner eigenen Konkurrenzprodukte eingesetzt haben, wäre sein Verschulden keinesfalls als gering einzustufen.Abs. 28
Unerheblich ist, ob es sich um einen nach Art und Umfang einfach gelagerten Fall handelt. Dieses Kriterium war im Rahmen der Streitwertreduzierung nach § 12 Abs. 4 UWG a. F. zu berücksichtigen, die vom Gesetzgeber jedoch in dieser Form abgeschafft worden ist und für Ansprüche aus dem Urheberrechtsgesetz ohnehin nicht gegolten hat. Ferner ist ohne Einfluss auf den hier festzusetzenden Streitwert, dass das Landgericht Koblenz in einer wettbewerbsrechtlichen Streitigkeit zwischen den Parteien den Streitwert auf 1.500 EUR festgesetzt hat, da der Gegenstand dieser Auseinandersetzung nicht bekannt ist.Abs. 29
c) Bildet eine Mehrzahl von Schutzrechtsverletzungen den Gegenstand eines einheitlichen Verfahrens, so hat keine schematische Addition der Streitwerte zu erfolgen, sondern es ist ein Gesamtstreitwert zu bilden, der im Regelfall unter der Summe der Einzelstreitwerte liegen wird (vgl. Senat, GRUR-RR 2010, 173, 175 – 964 Musikdateien zum Download). Der vom Landgericht gewählte Ansatz, bei Ansprüchen wegen neun Lichtbildern für fünf Lichtbilder jeweils 6.000 EUR anzusetzen und für vier weitere jeweils 3.000 EUR, führt zwar zu einem ähnlichen Ergebnis, ist aber von der Begründung her nicht frei von Bedenken. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass sich bei – ansonsten vergleichbaren – Bildern der Angriffsfaktor für die einzelnen Bilder signifikant unterscheidet. Auch die Berechnung der Kostenquote bei einem Teilunterliegen kann bei diesem Ansatz, wenn er konsequent zu Ende geführt wird, zu sachlich nicht gerechtfertigten Ergebnissen führen.Abs. 30
Die Bemessung des Gesamtstreitwerts hat daher auch in diesen Fällen nicht schematisch, sondern unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles zu erfolgen, wobei es sich aus pragmatischen Gründen im Hinblick auf eine etwa erforderliche Kostenteilung anbietet, den Streitwert auf ein Vielfaches der Zahl der beanstandeten Lichtbilder festzusetzen. Im vorliegenden Fall kann streitwertmindernd auch berücksichtigt werden, dass es sich bei den Lichtbildern jedenfalls teilweise um zusammenhängende Motive handelt.Abs. 31
d) Insgesamt erscheint daher dem Senat im vorliegenden Fall ein Ansatz von 36.000 EUR als ausreichend und angemessen, um dem Interesse der Antragstellerin an der Beendigung der Rechtsverletzungen gerecht zu werden.Abs. 32
4. Eine Kostenentscheidung ist nicht erforderlich (§§ 127 Abs. 4 ZPO, 68 Abs. 3 GKG).Abs. 33

 
(online seit: 05.10.2016)
 
Zitiervorschlag: Gericht, Datum, Aktenzeichen, JurPC Web-Dok, Abs.
Zitiervorschlag: Köln, OLG, Tischkufen - JurPC-Web-Dok. 0144/2016