|
| | | LG Wiesbaden | | | Urteil vom 03.06.2015 | | | 10 O 80/12 | | | Schmerzensgeld bei falschen öffentlichen Äußerungen der Staatsanwaltschaft | | | JurPC Web-Dok. 171/2015, Abs. 1 - 161 | | |
| | | Leitsatz: | | | Vorverurteilende
und sachlich falsche öffentliche Äußerungen der Staatsanwaltschaft über
einen Beschuldigten können Schmerzensgeldansprüche wegen
Persönlichkeitsrechtsverletzung begründen. | | | | | | Tatbestand: | Abs. 1 | | (die römischen und arabischen Zahlen entsprechen der Nummerierung der Klageanträge) | Abs. 2 | | A.
Der Kläger macht gegenüber dem beklagten Land Amtshaftungsansprüche
geltend. Er begehrt die Zahlung einer Geldentschädigung sowie die
Feststellung der Schadensersatzpflicht wegen angeblich rechtswidriger
öffentlicher Äußerungen der Staatsanwaltschaft Wiesbaden und wegen der
Einleitung eines weiteren Ermittlungsverfahrens gegen ihn. | Abs. 3 | | Der
Kläger ist habilitierter Ökonom und war seit 2004 Inhaber eines
Lehrstuhls an der ... in .... Von 2006 - 2009 war er zudem Dekan der
.... In der Zeit vom 1.5.2009 bis 7.4.2011 war er Präsident der ... und
Chief Executive Officer (CEO/Geschäftsführer) der .... Gleichzeitig war
er Mitglied in zahlreichen Organisationen (beispielsweise im Kuratorium
des ..., im Kuratorium des ...). Bei der Firma ... hatte er mehrere
Ämter inne; unter anderem die Position des Verwaltungsratspräsidenten. | Abs. 4 | | Im
Januar 2011 erschienen bundesweit unter Namensnennung des Klägers in
verschiedenen Zeitungen und Zeitschriften Artikel, die seine
Verbindungen zu zahlreichen Beratungs- und Beteiligungsunternehmen im
Hinblick auf seine Funktion als Präsident der ... problematisierten.
Alle thematisierten die Verflechtungen zwischen der ... und der Firma
... und äußerten mehr oder minder unverhohlen den Verdacht, der Kläger
fördere in seiner Funktion als Präsident der ... womöglich das Geschäft
von ... und verwende somit öffentliche Fördergelder, um sein eigenes
Einkommen aufzubessern (vgl. der Spiegel vom 20.1.2011 "schöner Schein",
Bl. 170, Wiesbadener Kurier vom 25. und 27.01. "mehr als ein
Geschmäckle", Bl. 171, Verflechtungen", Bl. 172, BILD-Zeitung vom 25.,
27. und 29. 01. "Präsident ... im Zwielicht", Bl. 173 "die seltsamen
Geschäfte des ...", Bl. 174, So schrieb sich ... selbst eine
Rechnung... und genehmigte sie auch", Bl. 175, Frankfurter Rundschau vom
27.1.2011 "Bund rügt Privat-Uni", Bl. 176). | Abs. 5 | | Der
Kläger wehrte sich dagegen unter anderem in einem Interview mit der
Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 31.1.2011 ("konkrete Planspiele mit
dem Ziel, mich zu stürzen" Bl. 177). | Abs. 6 | | Vor
dem Hintergrund der Berichterstattung leitete die Staatsanwaltschaft
Wiesbaden am 26.1.2011 gegen den Kläger ein Ermittlungsverfahren ein
(Az.: ...) wegen des Verdachts der Untreue. Im Mittelpunkt der
Ermittlungen standen dabei zunächst vier Rechnungen der Firma ... über
je 45.000,- (insgesamt 180.000,- ), die auf Veranlassung des Klägers
von der ... beglichen wurden. Dabei ging die Staatsanwaltschaft zunächst
dem Verdacht nach, es könne sich insoweit um Scheinrechnungen gehandelt
haben, also um Rechnungen, denen keine tatsächlich erbrachten
Gegenleistungen gegenüber gestanden hätten. Der Kläger ließ seine Ämter
bei der ... seit Mitte März 2011 ruhen. | Abs. 7 | | Am
2.4.2011 beantragte die Staatsanwaltschaft einen Haftbefehl gegen den
Kläger wegen möglicher Verdunklungsgefahr, mit der Behauptung, der
Kläger habe Zeugen erheblich unter Druck gesetzt. Der Kläger wurde am
4.4.2011 festgenommen und in dem Haftrichter vorgeführt. Er wurde nach
seiner Anhörung und Vernehmung einer Zeugin unter Auflagen (u.a. kein
Kontakt zu den Zeugen) vom weiteren Vollzug der Untersuchungshaft
verschont. Am selben Tag wurden im Rahmen der Ermittlungen neun Objekte
durchsucht, u.a. die Räumlichkeiten der ..., die Privatwohnung des
Klägers sowie die Geschäftsräume der .... Am 07.04.2011, also drei Tage
nach seiner Festnahme, wurde der Kläger mit sofortiger Wirkung als
Geschäftsführer der ... von deren Aufsichtsrat abberufen und sowohl der
Geschäftsführerdienstvertrag als auch der Hochschullehrervertrag von der
... gekündigt. Hiergegen klagte der Kläger vor dem Arbeitsgericht
Wiesbaden. Das Verfahren wurde im September 2011 durch einen Vergleich
beendet. | Abs. 8 | | Im
Laufe der Ermittlungen änderte die Staatsanwaltschaft ihren
Ermittlungs-Fokus: Sie ließ den Verdacht, der Kläger habe mit Hilfe der
Firma ... Scheinrechnungen an die ... gestellt, fallen und ging nunmehr
davon aus, den Rechnungen hätten zwar Beratungsleistungen der Firma ...
zugrunde gelegen. Die Leistungen seien jedoch pro bono erbracht worden,
so dass die Firma ... keinen Zahlungsanspruch gehabt habe und die ...
nicht zur Leistung verpflichtet gewesen wäre. In dieser Richtung
ermittelte die Staatsanwaltschaft Wiesbaden weiter und erwirkte auch
eine entsprechende Abänderung des Haftbefehls gegen den Kläger. | Abs. 9 | | Im
Zusammenhang mit den gegen den Kläger erhobenen Vorwürfen wurde auch
die Verwendung von Fördermitteln, die die ... von dem Land Hessen für
den Aufbau der Universität für Wirtschaft und Recht sowie der ... Law
School erhalten hatte, im Auftrag des Landes Hessens von einer
Prüfstelle geprüft. Diese sah hinsichtlich eines Betrages von 800.000,-
Anlass zu Beanstandungen der konkreten Verwendung und Abrechnung. | Abs. 10 | | Am 17.1.2012 wurde der Kläger erstmals von der Staatsanwaltschaft vernommen. | Abs. 11 | | Am
2.2.2012 beantragte die Staatsanwaltschaft die Aufhebung des
Haftbefehls gegen den Kläger mit der Begründung, die wesentlichen
Ermittlungen seien abgeschlossen; nun würde dem Kläger selbst
rechtliches Gehör gewährt. Das Landgericht Wiesbaden gab dem Antrag auf
Aufhebung des Haftbefehls am 3.2.2012 statt. | Abs. 12 | | Über
das gegen den Kläger geführte Ermittlungsverfahren wurde in den Medien
unter Bezugnahme auf Äußerungen der Staatsanwaltschaft Wiesbaden
ausführlich berichtet. Insgesamt elf (angebliche) Äußerungen der
Staatsanwaltschaft bilden den Hauptgegenstand der vorliegenden Klage: | Abs. 13 | | I.,
II. 1. Die Frankfurter Ausgabe der BILD-Zeitung vom 10.3.2011 zitierte
den Oberstaatsanwalt der Staatsanwaltschaft Wiesbaden, ..., u.a. mit
folgender Aussage: | Abs. 14 | | Es ist eine neue Anzeige gegen ... eingegangen. § 266 a StGB -
vorenthaltenes Arbeitsentgelt."(Einzelheiten: Anlage K5, Bl. 128 f.
Anlagenband) | Abs. 15 | | Der Kläger beanstandete Äußerung umgehend mit Anwaltsschreiben vom
5.4.2011 als falsch. Tatsächlich war eine entsprechende Anzeige bei der
Staatsanwaltschaft Wiesbaden nicht eingegangen. Dies bestätigte die
Staatsanwaltschaft mit Schreiben vom 7.4.2011 gegenüber dem
Bevollmächtigten des Klägers und erklärte, die Auskunft habe auf einem
"Missverständnis" beruht und sei bereits gegenüber dem anfragenden
Journalisten richtiggestellt worden. Gleichzeitig drückte sie ihr
Bedauern wegen dieses Missverständnisses aus (Einzelheiten Anl. K7, Bl.
133 Anlagenband). | Abs. 16 | | 2./3.
Vor dem Hintergrund des gegen den Kläger erlassenen Haftbefehls vom
4.4.2011 zitierte das Handelsblatt Oberstaatsanwalt ... folgendermaßen: | Abs. 17 | | Staatsanwalt ... sagte dem Handelsblatt, man könne schon jetzt Anklage
gegen ... erheben. Die Staatsanwaltschaft wolle aber noch weitere
Unterlagen auswerten, die am Montag bei den Durchsuchungen mitgenommen
wurden. Das könnte sich noch Wochen hinziehen. Und die Anklageschrift am
Ende wesentlich umfangreicher sein als sie es heute wäre." (Anl. K8,
Bl. 135 Anlagenband). | Abs. 18 | | Ähnliche Zitate fanden sich in der Frankfurter Rundschau vom 5.4.2011, | Abs. 19 | | "Nach Durchsuchung von neun Objekten am Montag dürften sich die
Ermittlungen noch Wochen hinziehen, ehe Anklage erhoben werde, sagte
.... ... - nach seiner Festnahme am Montag gegen Auflagen wieder auf
freiem Fuß - müsse mit einer Haftstrafe bis zu 15 Jahren rechnen" (Anl.
K9, Bl. 146 Anlagenband) | Abs. 20 | | und in der Frankfurter Neuen Presse vom 5.4.2011 unter der Überschrift ...-Präsident schüchterte angeblich Zeugen ein": | Abs. 21 | | "Nach den Durchsuchungen von neun Objekten am Montag dürften sich die
Ermittlungen noch Wochen hinziehen, ehe Anklage erhoben werde, sagte
.... ..., der nach seiner Festnahme in seiner Wohnung gegen Auflagen
wieder auf freiem Fuß ist, müsse mit einer Haftstrafe von bis zu 15
Jahren rechnen"(Anl. K10, Bl. 137 Anlagenband). | Abs. 22 | | Die Äußerungen der Staatsanwaltschaft gegenüber der Presse beanstandete
der Kläger mit Anwaltsschreiben vom 5.4.2011. Die Staatsanwaltschaft
erklärte dazu, sie teile die Auffassung, dass angesichts laufender
Ermittlungen einer Vorverurteilung mit Nachdruck entgegenzuwirken ist
und dass in dieser Form abgedruckte Auskünfte mit Sicherheit nicht mehr
gegeben werden. Tatsächlich wurde darauf hingewiesen, dass für die
Erhebung einer Anklage ein hinreichender Tatverdacht ausreiche, während
für den Erlass eines Haftbefehls der Tatverdacht dringend sein müsse,
dies sei die höchste Verdachtsstufe der Strafprozessordnung. Die
derzeitige Beweislage rechtfertige also durchaus eine baldige
Anklageerhebung, " (Anl. K37, Bl. 133 Anlagenband). | Abs. 23 | | 4.
In der Hessenschau" vom 6.4.2011 äußerte Oberstaatsanwalt ..., der
Kläger habe Scheinrechnungen an die ... geschrieben. Außerdem gäbe es
Hinweise auf die Veruntreuung weiterer Gelder. Der Kläger beanstandete
diese Äußerungen mit Schreiben vom 7.4.2011 (Anl. K7, Bl. 133
Anlagenband). Die Staatsanwaltschaft räumte mit Schreiben vom 8.4.2011
(Anl. K. 12, Bl. 141 Anlagenband) ein, aufgrund der gewählten
Formulierung könne nicht ausgeschlossen werden, dass einzelne Zuschauer
die Aussage missverstanden hätten und zu der Auffassung gelangt sein
könnten, die Vorwürfe seien bereits nachgewiesen. | Abs. 24 | | 5.
Mit Schreiben vom 9.6.2011 (Anl. K. 15, Bl. 154 Anlagenband) wandte
sich der Kläger an die Staatsanwaltschaft, da er erfahren habe, diese
habe seinen Fall als zweiten Fall ..." bezeichnet. Die
Staatsanwaltschaft erwiderte mit Schreiben vom gleichen Tage (Anl. K.
16, Bl. 157 Anlagenband), diese Äußerung sei in der Weise nicht
gefallen. | Abs. 25 | | 6.a)
Vor dem Hintergrund des am 2.4.2011 erlassenen Haftbefehls äußerte die
Staatsanwaltschaft Wiesbaden gegenüber Medien, dass der Kläger diverse
Zeugen massiv unter Druck gesetzt habe. Beispielsweise habe der Kläger
für die Entlassung von Zeugen gesorgt. In der Frankfurter Rundschau vom
6.4.2011 (Anl. K. 17, Bl. 159 Anlagenband) heißt es: | Abs. 26 | | "Die Staatsanwaltschaft habe den Haftbefehl wegen Verdunklungsgefahr
erlassen, sagte der Wiesbadener Oberstaatsanwalt ... der FR. ... habe
Zeugen massiv unter Druck gesetzt. Laut FR-Informationen soll ... mit
Mord gedroht haben." | Abs. 27 | | Der Kläger erwirkte gegen die Frankfurter Rundschau und deren
Journalistin im Wege der einstweiligen Verfügung eine
Unterlassungserklärung. Die Staatsanwaltschaft Wiesbaden räumte auf
entsprechende Beanstandungen des Klägers hinein, dass es sich bei der
Information zu den angeblich von dem Kläger veranlassten Kündigungen um
einen Fehler gehandelt habe. Gleichzeitig erklärte Oberstaatsanwalt ...
in diesem Zusammenhang: das ändert aber an der Situation nichts: ...
war bedroht worden in der Herrn ... eigenen Art". Die sich
anschließenden Fragen nach Morddrohungen des Klägers beantwortete die
Staatsanwaltschaft damit, dass man keine Veranlassung gesehen habe, ein
Ermittlungsverfahren gegen den Kläger wegen des Verdachts der Bedrohung
nach § 241 StGB einzuleiten. | Abs. 28 | | Auch diese Äußerungen beanstandete der Kläger mit Schreiben vom 10.6.2011 (Anl. K. 19, Bl. 162 Anlagenband) umgehend. | Abs. 29 | | 6.b)
Am 8.6.2011 zitierte das Wiesbadener Tagblatt Oberstaatsanwalt ... mit
der Aussage, man habe die Ermittlungen gegen den Kläger ausgedehnt (Anl.
K. 18 Bl. 160 f. Anlagenband). Wörtlich heißt es: | Abs. 30 | | Die Staatsanwaltschaft wirft ... vor, mindestens 180.000 zulasten
der Privatuniversität an seine Privat-Firmen in der Schweiz geschleust
zu haben.
Wir überprüfen alles genau, sagte .... Es sei
wahrscheinlich, dass sich die Summe des mutmaßlich veruntreuten Geldes
noch erhöhe. Die Ermittlungen verliefen "nach oben offen". Es werde noch
Monate dauern, bevor Anklage erhoben werden könne
" | Abs. 31 | | Der Kläger beanstandete diese Äußerung mit Schreiben vom 10.6.2011 und
forderte von der Staatsanwaltschaft die Abgabe einer
Unterlassungserklärung. Diese reagierte darauf mit Schreiben vom
gleichen Tage (Anl. K. 20, Bl. 165) und erklärte, das Gespräch mit
Oberstaatsanwalt ... sei nur unvollständig wiedergegeben worden. Den
Vorwurf, die Staatsanwaltschaft habe behauptet, ... sei bereits
überführt ,180.000,- veruntreut zu haben, wies sie zurück. | Abs. 32 | | 7.,8.,9.,10. Am 28.7.2011 kam es zu folgenden Medienberichten: In der Frankfurter Rundschau vom 28.7.2011 hieß es: | Abs. 33 | | "die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen den inzwischen entlassenen
...-Geschäftsführer und Ex-Präsidenten wegen des Verdachts der Untreue.
Es geht um mindestens 800.000 Steuergeld, das zweckentfremdet worden
sein soll...", (Anl. K. 21, Bl. 167 ff. Anlagenband). Im Wiesbadener
Tagblatt findet sich unter der Überschrift Wirtschaftsministerium
fordert 800.000 zurück"folgende Passage: | Abs. 34 | | die Wirtschaftsprüfer hatten die Verwendung der Landesmittel unter die
Lupe genommen, die die ... 2009 und 2010 erhalten hatte
. Die Prüfer
haben indessen moniert, dass Belege über die Vergabe von abgerechneten
Aufträgen fehlten
. Das Wirtschaftsministerium fordert auf Basis dieses
Berichts mindestens 800.000 zurück", (Anlage K22, Bl. 169
Anlagenband). | Abs. 35 | | Schließlich findet sich bei HR online.de am 28.7.2011 folgende Information: | Abs. 36 | | "Die ... hatte in den Jahren 2009 und 2010 insgesamt 17.000.000 vom
Land für den Aufbau einer juristischen Fakultät in ... erhalten.
Wissenschaftsministerin Eva Kühne-Hörmann (CDU) will nun mindestens
800.000 davon zurück
Wie Oberstaatsanwalt ... erklärte, ist eine
Anklageerhebung zu diesem Zeitpunkt wahrscheinlicher als eine
Einstellung des Verfahrens. Es sei aber unklar, gegen wen sich der
Verdacht richte und wer zu den Beschuldigten zähle", (Anl. K. 23 Bl. 171
Anlagenband). | Abs. 37 | | 11. Am 2.2.2012 gab die Staatsanwaltschaft folgende Presseinformation (Anl. K. 29, Bl. 185 Anlagenband) heraus: | Abs. 38 | | Die Staatsanwaltschaft hat heute bei der Beschwerdekammer des
Landgerichts Wiesbaden die Aufhebung des Haftbefehls gegen ...
beantragt. Nach umfangreichen Vernehmungen einer Vielzahl von Zeugen
steht jetzt nicht mehr zu befürchten, dass Verdunkelungshandlungen
vorgenommen werden könnten. Da der Haftbefehl ausschließlich auf
Verdunkelungsgefahr gestützt wurde, ist eine Aufhebung nunmehr
sachgerecht. Ungeachtet der generell geltenden Unschuldsvermutung haben
die bisherigen Ermittlungen allerdings nach derzeitiger, noch nicht
abschließende Bewertung, die Vorwürfe des Haftbefehls bestätigt,
erweitert und zum Großteil konkretisiert. Dem Beschuldigten wird zurzeit
in mehrtägigen Vernehmungen, deren Ende nicht abzusehen ist,
rechtliches Gehör gewährt. Erst danach wird entschieden, wie das
Ermittlungsverfahren abzuschließen ist." | Abs. 39 | | Der Kläger beanstandete die Presseinformationen umgehend mit Schreiben
vom 8.2.2012 (Anl. K. 30, Bl. 186 Anlagenband) und forderte die
Staatsanwaltschaft zur Abgabe einer Unterlassungserklärung und
Berichtigung der Äußerung auf. Die Staatsanwaltschaft reagierte darauf
mit Schreiben vom 8.2.2012 (Anl. K. 31, Bl. 191 Anlagenband), in dem sie
darauf verwies, dass die von ihr gegebenen Informationen unter
Berücksichtigung der Vorläufigkeit der Erkenntnisbewertung inhaltlich
zutreffend seien. | Abs. 40 | | Mit Anwaltsschreiben vom 21.3.2012 (Bl. 116 ff. d. Anlagenbandes)
machte der Kläger gegenüber dem beklagten Land Ansprüche auf
Schadensersatz und Geldentschädigung im Hinblick auf die unter I., II.
1.- 11- aufgeführten Äußerungen der Staatsanwaltschaft Wiesbaden
geltend. | Abs. 41 | | I.,
III. Die Staatsanwaltschaft hat unter dem 26.4.2012 Anklage gegen den
Kläger erhoben. Die Anklageschrift wurde dem Landgericht Wiesbaden am
30.4.2012 übersandt. Mit Telefax-Schreiben vom 03.05.2012 unterrichtete
die Staatsanwaltschaft Wiesbaden den Verteidiger des Klägers über die
Anklageerhebung. Am 5.5.2012 und 06.05.2012 berichteten die Frankfurter
Allgemeine Sonntagszeitung in einer Vorabmeldung, die Deutsche
Presseagentur (dpa) sowie der Wiesbadener Kurier und das Wiesbadener
Tagblatt über die gegen den Kläger erhobene Anklage (Einzelheiten Anl.
K. 37 - K. 39, Bl. 294 ff. d.A.). Medienberichte vom 7.5.2012 zitierten
den Pressesprecher der Staatsanwaltschaft Wiesbaden, der die
Anklageerhebung bestätigte und erklärte, der Kläger werde wegen des
Verdachts der Untreue angeklagt (Einzelheiten Anlage K40 K43, Bl. 301
ff. d.A.). Mit Anwaltsschreiben vom 7.5.2012 beanstandete der Kläger die
Äußerungen des Pressesprechers der Staatsanwaltschaft Wiesbaden (Anl.
K. 44, Bl. 305 d.A.). Darauf reagierte die Staatsanwaltschaft zunächst
mit Schreiben vom 8.5.2012 (Anl. K. 45, Bl. 313). Am 8. und 9.5.2012
erschienen verschiedene Veröffentlichungen, in denen die
Staatsanwaltschaft Wiesbaden Fehler im Zusammenhang mit ihrer
Öffentlichkeitsarbeit anlässlich der Anklageerhebung einräumte
(Einzelheiten Anl. K46-48, Bl. 314 ff. d.A.). Dem Kläger bzw. seinen
Bevollmächtigten wurde die Anklageschrift am 16.5.2012 zugestellt. | Abs. 42 | | I.,
IV. Am 8.6.2012 leitete die Staatsanwaltschaft Wiesbaden ein zweites
Ermittlungsverfahren (...) gegen den Kläger wegen des Verdachts der
Untreue ein. Gegenstand dieses Ermittlungsverfahrens sind 12 Rechnungen,
die von der ... sowie in einem Fall von der ... der ... gestellt
wurden. Der Kläger war an den Rechnung stellenden Gesellschaften
beteiligt, die nach dem Zusammenschluss von ... und ... abgewickelt
worden waren. Hinsichtlich der Rechnungen geht die Staatsanwaltschaft
Wiesbaden dem Verdacht nach, dass diesen keine Leistungen
gegenüberstünden. 10 der insgesamt 12 untersuchten Rechnungen waren
bereits Gegenstand des früheren Ermittlungsverfahrens. Hinsichtlich
dieser 10 Rechnungen existiert ein Vermerk des hessischen
Landeskriminalamtes vom 2.12.2011 (Anl. K. 56 der 344 ff.) zu der
Prüfung der einzelnen Rechnungen auf ihre Ordnungsmäßigkeit und dem
Nachweis der Leistungserbringung. Der Vermerk schließt mit folgendem
Fazit:
vertragliche Vereinbarungen bezüglich der Leistungserbringung
liegen in allen den Fällen der Leistungserbringung gemäß Zeugenaussagen
nicht vor. Zum jetzigen Stand der Ermittlungen liegen dennoch keinerlei
Anhaltspunkte dahingehend vor, dass der Beschuldigte auch in den hier
geprüften Fällen das ihm anvertraute Vermögen der ... durch
ungerechtfertigte Rechnungsstellung geschädigt oder gefährdet hat." | Abs. 43 | | Die Verteidiger des Klägers wurden über die Einleitung und Gegenstand
dieses zweiten Ermittlungsverfahrens durch Schreiben der
Staatsanwaltschaft Wiesbaden 18.6.2012 unterrichtet (Anl. K. 55, Bl. 341
ff. d.A.). Im Juli 2012 veröffentlichten verschiedene Medien
Informationen zu diesem Ermittlungsverfahren (Anl. K56-K60, Bl. 208 ff.
d.A.). | Abs. 44 | | B.
I.,II.1. Im Zusammenhang mit der Falschmeldung der BILD-Zeitung am
10.03.2011 behauptet der Kläger, am selben Tage sei auf HR online -
ebenfalls unter Berufung auf Informationen des Staatsanwalts ... - die
Meldung verbreitet worden, es sei eine Anzeige, in der es um die
Vorenthaltung von Arbeitsentgelt geht, gegen den Kläger eingegangen.
Diese Berichterstattung sei Auslöser oder habe zumindest wesentlich dazu
beigetragen, dass der Kläger seine Ämter bei der ... habe ruhen lassen
müssen. Noch am Morgen des 10.3.2011 sei er seitens des Aufsichtsrats
ausdrücklich ermutigt worden, durchzuhalten". Nach Verbreitung der
Falschmeldung am selben Tag sei die Tagesordnung für die
Aufsichtsratssitzung am 16.3.2011 geändert worden. Einziger inhaltlicher
Tagesordnungspunkt sei nunmehr der Umgang mit dem gegen den Kläger
geführten Ermittlungsverfahren. In der Sitzung sei argumentiert worden,
der durch diese Falschmeldung maßgeblich mitverursachte Druck der Medien
sei so groß und die aufgrund der neuen Vorwürfe zu erwartende
Verfahrensdauer so lang, dass der Kläger seine Ämter ruhen lassen solle. | Abs. 45 | | 2./3. Zu den Veröffentlichungen am 5.4.2011 (man könne bereits jetzt
Anklage erheben"; müsse mit einer Haftstrafe von bis zu 15 Jahren
rechnen") behauptet der Kläger, Oberstaatsanwalt ... habe sich im Rahmen
der Durchsuchungen gegenüber den Medien, unter anderem gegenüber der
Journalistin ... in der fraglichen Weise geäußert. | Abs. 46 | | 5.
Der Kläger behauptet, der Pressesprecher der Staatsanwaltschaft
Wiesbaden habe mehrfach, unter anderem in einem Gespräch mit einem
Journalisten des Wiesbadener Kurier Ende Mai/Anfang Juni 2011 Parallelen
zwischen dem "Fall ..." und dem Fall" des Klägers gezogen. | Abs. 47 | | 6.a)
Der Kläger ist der Ansicht, die Staatsanwaltschaft wäre verpflichtet
gewesen, gegenüber den Medien das kursierende Gerücht über Morddrohungen
des Klägers hinreichend zu dementieren. Auch die Äußerung der
Staatsanwaltschaft zu den angeblichen Drohungen "in der ... eigenen Art"
sei vorverurteilend und verletzte die Persönlichkeitsrechte des
Klägers. Dem Kläger werde damit unterstellt, es entspreche seiner Art
und damit seinem Charakter, andere Menschen zu bedrohen. | Abs. 48 | | 6.b)
Auch die in diesem Zusammenhang gegebene Information der
Staatsanwaltschaft über eine Ausweitung der Ermittlungen sei
vorverurteilend. Die entsprechende Information der Staatsanwaltschaft,
wonach es Indizien dafür gebe, dass der Kläger "mehr Geld veruntreut
habe als die bislang bekannten 180.000,- " enthalte die unzutreffende
Behauptung, der Kläger sei bereits der Veruntreuung eines Betrages von
180.000,- überführt. | Abs. 49 | | 7.,8.,9.,10.
Der Kläger behauptet, die Staatsanwaltschaft habe durch Staatsanwalt
... mit ihren Äußerungen den Eindruck erweckt, gegen den Kläger werde
zusätzlich wegen der Veruntreuung von 800.000,- aus dem Fördergeldern
der ... ermittelt. Zudem behauptet der Kläger, die Staatsanwaltschaft
habe erklärt, hinsichtlich des Untreueverdachts in Höhe von 180.000,-
sei eine Anklageerhebung wahrscheinlicher als die Einstellung des
Verfahrens. | Abs. 50 | | 11.
Der Kläger behauptet schließlich, die Presseinformation im Zusammenhang
mit der Aufhebung des Haftbefehls gegen ihn sei inhaltlich falsch. So
sei insbesondere unzutreffend, dass sich die Vorwürfe des Haftbefehls
bestätigt hätten. Vielmehr sei die so genannte "Scheinrechnungs- These"
aufgegeben und nur noch die "pro-bono-These" weiterverfolgt worden. Auch
könne nicht von einer Ausweitung der Vorwürfe des Haftbefehls die Rede
sein. Soweit zwischenzeitlich von der Staatsanwaltschaft der Vorwurf
erhoben wurde, der Kläger habe durch die private Nutzung seines
Dienstwagens eine Untreuehandlung begannen, sei dies zum Zeitpunkt der
Pressemitteilung bereits in der Sache widerlegt gewesen. Auch seien die
Angaben zu den Gründen des Aufhebungsantrages irreführend. | Abs. 51 | | III.
Hinsichtlich der Presseäußerungen der Staatsanwaltschaft vor Zustellung
der gegen den Kläger erhobenen Anklage behauptet der Kläger, aufgrund
der Abläufe sei davon auszugehen, dass die Redakteurin ... (Frankfurter
Allgemeine Sonntagszeitung) bereits am 3.5.2012 von der Anklageerhebung
Kenntnis gehabt habe und die Staatsanwaltschaft Wiesbaden ... über die
Anklageerhebung bereits vorab informiert habe. Der Kläger selbst habe
den Inhalt der Anklage vor deren Zustellung durch das Landgericht am
16.5.2012 nicht gekannt. Nachdem die Staatsanwaltschaft im Verlauf der
Ermittlungen Gegenstand und Zielrichtung der gegen den Kläger erhobener
Vorwürfe mehrfach geändert habe, habe er über den Inhalt der gegen ihn
erhobenen Anklage nur spekulieren können. Er ist der Auffassung, das
Vorgehen der Staatsanwaltschaft verstoße gegen die Vorgaben der RiStBV
und der hessischen Richtlinien und verletzte den verfassungsrechtlich
legitimierten Anspruch des Klägers auf ein faires Verfahren. Erst die
Kenntnis des genauen Inhalts der Anklageschrift versetze den Betroffenen
in die Lage, auf die Anklageerhebung mit einer sachgerechten und
substantiierten Stellungnahme in der Öffentlichkeit, aber auch in seinem
beruflichen und privaten Umfeld zu reagieren. Die bloße Kenntnis von
dem Umstand der Klagerhebung genüge insoweit nicht, da sie ihm nicht die
Möglichkeit gebe, sich mit den konkreten Vorwürfen der Anklage
auseinanderzusetzen. Im Hinblick auf die Schwere des Verschuldens der
Staatsanwaltschaft hält der Kläger einen Entschädigungsbetrag in Höhe
von mindestens 10.000,- für angemessen (wegen der weiteren
Einzelheiten des diesbezüglichen Klägervortrags wird auf den Schriftsatz
des Klägervertreters vom 26.10.2012, Bl. 196, 211 ff. d.A., Bezug
genommen). | Abs. 52 | | Der
Kläger behauptet ferner, durch die Äußerungen der Staatsanwaltschaft
Wiesbaden sei ihm ein ganz erheblicher Schaden entstanden. Er habe
zahlreiche persönliche und berufliche Netzwerke verloren und eine
Vielzahl von Ämtern aufgeben müssen. | Abs. 53 | | Die
von der ... ausgesprochene Kündigung des Geschäftsführerdienst- und des
Hochschullehrervertrages seien maßgeblich durch die Äußerungen der
Staatsanwaltschaft Wiesbaden verursacht worden. Den Mitarbeitern und
Mitgliedern der Führungsgremien der ... sei durch tägliche Vorlage eines
Pressespiegels die Medienberichterstattung über den Kläger bis zum Tag
der Kündigung am 7.4.2011 jeweils aktuell bekannt gewesen. Am 7.3.2011
habe die Pressesprecherin der xx, die Zeugin ..., in einer Sitzung des
Aufsichtsrats diesem auf dessen Bitte hin die Presselage geschildert.
Unter dem Eindruck der von ihr dargestellten Öffentlichkeitslage habe
sich der Aufsichtsrat in Bezug auf den Geschäftsführerdienstvertrag
sowie die Geschäftsführung in Bezug auf den Hochschullehrervertrag zur
Kündigung gezwungen gesehen. Die Vorwürfe des Haftbefehls sowie die
darin unterstellte Verdunklungsgefahr habe für die Kündigung dagegen
keine Rolle gespielt, da diese Vorwürfe innerhalb der ... durch den
Aufsichtsrat geklärt und entkräftet worden seien. | Abs. 54 | | Durch
die Kündigungen sei ihm ein derzeit noch nicht bezifferbarer
materieller Schaden entstanden. Selbst ohne Berücksichtigung der
vertraglich vereinbarten Boni hätte ihm allein aufgrund seiner Tätigkeit
als CEO und Präsident der ... bis zum 30.6.2014 ein Betrag in Höhe von
insgesamt 487.500 zugestanden. Sein Jahresgehalt als Geschäftsführer
und Präsident der ... habe 150.000 betragen bei einer Laufzeit bis zum
30.6.2014. Für die Jahre 2012 und 2013 ergäbe sich daher ein
Einkommensverlust von insgesamt 300.000 . Für das erste Halbjahr 2014
käme ein Einkommensverlust von 75.000 hinzu. Für die neun Monate von
April bis Dezember 2011 sei zudem ein Einkommensverlust von 112.500,-
entstanden (insgesamt 487.500,- ). | Abs. 55 | | Weitere
Vergütungen aufgrund des unbefristeten Hochschullehrervertrages wären
hinzugekommen. Aus dem Vertrag seien ihm Einnahmen in Höhe des
jeweiligen Jahresfestgehalts von 71.500 zuzüglich einer freiwilligen
individuellen Zulage in Höhe von bis zu 20 % des Jahresfestgehalts
entgangen. Die freiwillige Jahreszulage in Höhe von 20 % (14.300 ) sei
als fixe monatliche Rate gezahlt worden und wäre auch weiterhin gezahlt
worden. Durch die Beendigung dieses Vertrags habe er einen jährlichen
Schaden in Höhe von 85.800 erlitten. Eine Bezifferung des
Gesamtschadens sei derzeit nicht absehbar, da nicht klar sei, ob und,
wenn ja, wann der Kläger eine neue Beschäftigung finden könne. | Abs. 56 | | Der
Kläger ist der Ansicht, durch Vorverurteilungen und inhaltlich falsche
Äußerungen der Staatsanwaltschaft Wiesbaden sei er in seinem
Persönlichkeitsrecht in erheblichem Maße verletzt worden. | Abs. 57 | | Er
behauptet, die streitgegenständlichen öffentlichen Äußerungen der
Staatsanwaltschaft seien auch dafür verantwortlich, dass er seine Ämter
als Präsident des Verwaltungsrates der ... sowie weitere
Verwaltungsratsmandate bei mehreren Tochtergesellschaften habe aufgeben
müssen. Insbesondere die Äußerungen der Staatsanwaltschaft zu
angeblichen Scheinrechnungen, einer bereits jetzt möglichen
Anklageerhebung und dem Strafmaß von bis zu 15 Jahren hätten zu einer
Gefährdung von erwarteten Aufträgen für die ... in Millionenhöhe
geführt. Dies sei der Grund dafür gewesen, dass der damalige
Geschäftsführer (CEO) der ..., der Zeuge ..., am Nachmittag des 5.4.2011
bei dem Strafverteidiger des Klägers angerufenen und erklärt habe, der
Kläger müsse seine Ämter im Hinblick auf den durch die Äußerungen der
Staatsanwaltschaft erzeugten Druck mit sofortiger Wirkung aufgeben. Der
Kläger habe sich daraufhin gezwungen gesehen, seine
Verwaltungsratsmandate niederzulegen, um Schäden von dem Unternehmen
abzuwenden. Ein Zusammenhang seines Rücktritts mit dem durch das
Amtsgericht Wiesbaden verhängten Kontaktverbot zu dem Geschäftsführer
des Unternehmens (Zeuge ...) oder der Auflage, seine Ämter bei der
Firmengruppe ... ruhen zu lassen bestünden nicht. Insoweit hätte es
genügt, das Amt ab dem 4.4.2011 für einige Wochen ruhen zu lassen und
sein Amt als Verwaltungsratspräsident spätestens unmittelbar nach
Aufhebung der Auflagen wieder aufnehmen können. | Abs. 58 | | Der
Kläger hat zunächst behauptet, durch den Verlust seines
Verwaltungsratsmandats seien ihm jährliche Vergütungen in Höhe von
210.000,- entgangen. Hätte er sein Amt bis zum Erwerb der Firma ...
durch die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG am 1.10.2012 weiter
innegehabt, hätte er auch weiterhin die Vergütung für seine Position als
Verwaltungsratspräsident erhalten. Insgesamt sei ihm durch den Verlust
dieser Tätigkeit damit ein Schaden in Höhe von 312.083,33 (17 Monate
und 25 Tage) entstanden. Vor dem Hintergrund der Aussage des Zeugen ...
vom 26.2.2015 (Bl. 1137 ff. d.A.), wonach für die
Verwaltungsratstätigkeit keine Vergütung gezahlt wurde, hat der Kläger
mit Schriftsatz vom 7.4.2015 (Bl. 1145 ff.) nunmehr eingeräumt, für
seine Verwaltungsratstätigkeit unmittelbar keine Vergütung erhalten zu
haben. Allerdings habe er über einen zwischen der ... und der ...
geschlossenen Beratungsvertrag faktisch eine Vergütung für sein
Verwaltungsratsmandat bei der ... erhalten. Er sei
einzelvertretungsberechtigter Verwaltungsrat und Alleineigentümer der
.... Durch den mit der ... geschlossenen Beratungsvertrag sei seine
Aktivität als Verwaltungsratspräsident und Verwaltungsratsmitglied für
die ... Gruppe faktisch vergütet worden. Für die geschuldeten
Beratungsleistungen habe die SMG Publishing AG eine pauschale Vergütung
von jährlich 180.000 zuzüglich Mehrwertsteuer, zahlbar in 12
monatlichen Raten auf 15.000 erhalten. Darüber hinaus habe dem Kläger
nach Ziff. 5.2 des Beratervertrages eine pauschale Zahlung von 30.000
pro Jahr für die Unterhalts-und Betriebskosten eines Fahrzeugs zur
Verfügung gestanden. Dieser Gesamtbetrag in Höhe von 210.000 jährlich
stelle somit faktisch seine Vergütung für seine Verwaltungsratstätigkeit
bei der ... dar. Wegen der weiteren Einzelheiten des diesbezüglichen
Vortrags wird auf den Schriftsatz des Klägervertreters vom 7.4.2015, Bl.
1145 ff., Bezug genommen. | Abs. 59 | | Der
Kläger behauptet weiter, durch die Rechtsverfolgung im Zusammenhang mit
der Beanstandung der streitgegenständlichen Äußerungen der
Staatsanwaltschaft, der Geltendmachung von Entschädigungsforderungen
sowie durch die Strafverteidigung im Rahmen des zweiten
Ermittlungsverfahrens seien ihm Rechtsverfolgungskosten in Höhe von
insgesamt 10.718,57 entstanden (Einzelheiten Bl. 498 ff., Anl. K. 83,
Bl. 529 ff.; 501 ff.). | Abs. 60 | | Schließlich
habe die durch die Äußerungen der Staatsanwaltschaft hervorgerufene
Stigmatisierung des Klägers zu einem anhaltenden Reputationsschaden
geführt, der es ihm erschwere, wenn nicht sogar unmöglich mache, sich
beruflich neu zu orientieren (Einzelheiten Bl. 499 ff.). | Abs. 61 | | IV.
Der Kläger vertritt ferner die Ansicht, die Einleitung des zweiten
Ermittlungsverfahrens gegen ihn wegen des Verdachts der Untreue sei
amtspflichtwidrig. Er behauptet, sämtliche in Rechnung gestellten
Leistungen seien plausibel und auch nach Überprüfung durch externe
Wirtschaftsprüfer bestünde kein Anhaltspunkt für eine fehlende
Leistungserbringung. Der Kläger verweist in diesem Zusammenhang darauf,
dass alle im Rahmen des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens
vernommenen Zeugen - teilweise trotz erheblicher persönlicher
Differenzen mit dem Kläger - bestätigt hätten, dass und welche konkreten
Leistungen den einzelnen Rechnungen zu Grunde liegen. Er verweist in
diesem Zusammenhang auf den Vermerk des hessischen LKA vom 2.12.2011
(Anlage K56, Bl. 344, 356) in dem als Ergebnis der Untersuchungen
festgehalten ist, dass es hinsichtlich der ausgewerteten Rechnungen
keine Anhaltspunkte für Untreuehandlungen des Klägers zulasten der ...
gebe. Der Kläger behauptet, seitdem hätten sich keine neuen Erkenntnisse
gegen ihn ergeben. Bei der Einleitung des Ermittlungsverfahrens hätten
damit keine Anhaltspunkte für das Vorliegen einer verfolgbaren Straftat
vorgelegen. Die Einleitung des Ermittlungsverfahrens stünde in
unmittelbarem Widerspruch zu den eigenen Ermittlungsergebnissen der
Staatsanwaltschaft Wiesbaden. Der Vermerk über die Ermittlungen des LKA,
die Zeugen, die eine Leistungserbringung für die in Rechnung gestellten
Beträge bestätigt haben und die Äußerungen der Staatsanwaltschaft, dass
das Ermittlungsverfahren zunächst aus formalen Gründen" eingeleitet
wird, belegten die Unvertretbarkeit der staatsanwaltlichen Entscheidung.
(weiterer Einzelheiten zum diesbezüglichen Vortrag Bl. 220 ff.). Der
Kläger vertritt die Auffassung, die Staatsanwaltschaft treffe insoweit
ein besonders schweres Verschulden, so dass eine Geldentschädigung in
Höhe von mindestens 20.000,00 gerechtfertigt sei. | Abs. 62 | | Der Kläger beantragt (Bl. 1 ff., 196 f.), | Abs. 63 | | I. den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger eine in das Ermessen des
Gerichts gestellte Geldentschädigung, mindestens jedoch einen Betrag
von 155.000 zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über den
Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen, | Abs. 64 | | II. festzustellen, | Abs. 65 | | dass der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger sämtlichen materiellen
Schaden zu ersetzen, der ihm aufgrund der folgenden öffentlichen
Äußerungen der Staatsanwaltschaft Wiesbaden entstanden ist und/oder
zukünftig entstehen wird: | Abs. 66 | | (1)"es ist eine neue Anzeige gegen ... eingegangen. § 266 a - vorenthaltenes Arbeitsentgelt" | Abs. 67 | | (2)Staatsanwaltschaft ... sagt dem Handelsblatt, man könne schon jetzt
Anklage gegen ... erheben. Die Staatsanwaltschaft wolle aber noch
weitere Unterlagen auswerten, die am Montag bei den Durchsuchungen
mitgenommen wurden. Das könnte sich noch Wochen hinziehen. Und die
Anklageschrift am Ende wesentlich umfangreicher sein als sie es heute
wäre.", | Abs. 68 | | (3) Nach den Durchsuchungen von neun Objekten am Montag dürften sich
die Ermittlungen noch Wochen hinziehen, ehe Anklage erhoben werde, sagte
.... ... - nach seiner Festnahme am Montag gegen Auflagen wieder auf
freien Fuß - müsse mit einer Haftstrafe bis zu 15 Jahren rechnen.", | Abs. 69 | | (4) "Es wurden Rechnungen geschrieben für bestimmte Leistungen, die
aber nicht erbracht wurden. Das nennt man Scheinrechnungen. Wir haben
Hinweise, dass weitere Gelder veruntreut wurden, in welcher Höhe und in
welchem Umfang ist zurzeit noch völlig unklar." | Abs. 70 | | (5) Bei dem gegen den Kläger geführten Ermittlungsverfahren handelt es sich um einen zweiten Fall Ruzicka, | Abs. 71 | | (6a,b) "das ändert aber an der Situation nichts: Michael H. war bedroht
worden in der ... eigenen Art". Im übrigen habe die Staatsanwaltschaft
ihre Ermittlungen gegen ... ausgedehnt. Es gebe Indizien dafür, dass er
mehr Geld veruntreut habe als die bislang bekannten 180.000 ." | Abs. 72 | | (7) "Im April war ... - damals noch ...-Präsident - verhaftet worden.
Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen den inzwischen entlassenen
...-Geschäftsführer und Ex -Präsidenten wegen des Verdachts der Untreue.
Es geht um mindestens 800.000 Steuergeld, das zweckentfremdet worden
sein soll, sowie um 180.000 , die ... von der Hochschule in eigene
Firmen geleitet haben soll.", | Abs. 73 | | (8) "Die Staatsanwaltschaft ermittelt derweil weiter gegen ... wegen
des Verdachts der Untreue. Der Bericht der
Wirtschaftsprüfungsgesellschaft sei "ein zusätzliches Glied in den
Beweismitteln", sagt ihr Vize-Sprecher .... Wann Anklage erhoben werde,
sei noch nicht absehbar. Dass sie erhoben werde, werde aber immer
wahrscheinlicher.", | Abs. 74 | | (9) Oberstaatsanwalt ... sagte am Donnerstag, wenn die ... Teile der
Förder-Millionen zweckentfremdet habe, könne dies den Straftatbestand
der Untreue erfüllen. Derzeit hält die Staatsanwaltschaft eine
Anklageerhebung in diesem Zusammenhang für wahrscheinlicher als die
Einstellung des Verfahrens. Es sei aber unklar, gegen wen sich der
Verdacht richte und wer zu den Beschuldigten zählt.", | Abs. 75 | | (10) "Die ... hatte in den Jahren 2009 und 2010 insgesamt 17.000.000
vom Land für den Aufbau einer juristischen Fakultät in Wiesbaden
erhalten. Wissenschaftsministerin Eva Kühne-Hörmann (CDU) will nun
mindestens 800.000 davon zurück. Dieser Betrag könnte sich noch
erhöhen, weil Positionen im Umfang von 666.000 noch genauer geprüft
werden müssten. Wie Oberstaatsanwalt ... erklärte, ist eine
Anklageerhebung in diesem Zusammenhang zurzeit wahrscheinlicher als die
Einstellung des Verfahrens. Es sei aber unklar, gegen wen sich der
Verdacht richte und wer zu den Beschuldigten zähle.", | Abs. 76 | | (11) "Die Staatsanwaltschaft hat heute bei der Beschwerdekammer des
Landgerichts Wiesbaden die Aufhebung des Haftbefehls gegen ...
beantragt. Nach umfangreichen Vernehmungen einer Vielzahl von Zeugen
steht jetzt nicht mehr zu befürchten, dass Verdunkelungshandlungen
vorgenommen werden könnten. Da der Haftbefehl ausschließlich auf
Verdunkelungsgefahr gestützt wurde, ist seine Aufhebung nunmehr
sachgerecht. Ungeachtet der generell geltenden Unschuldsvermutung haben
die bisherigen Ermittlungen allerdings nach derzeitiger, noch nicht
abschließender Bewertung, die Vorwürfe des Haftbefehls bestätigt,
erweitert und zum Großteil konkretisiert. Dem Beschuldigten wird derzeit
in mehrtägigen Vernehmungen, deren Ende nicht abzusehen ist,
rechtliches Gehör gewährt. Erst danach wird entschieden, wie das
Ermittlungsverfahren abzuschließen ist." | Abs. 77 | | III. festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger den
materiellen Schaden zu ersetzen, der ihm dadurch entstanden ist und noch
entstehen wird, dass der Pressesprecher der Staatsanwaltschaft
Wiesbaden sich gegenüber den Medien zu der gegen den Kläger erhobenen
Anklage äußerte, bevor die Anklageschrift dem Kläger zugestellt oder
anderweitig bekannt gemacht worden war; | Abs. 78 | | IV. festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger den
Schaden zu ersetzen, der ihm durch die Einleitung des
Ermittlungsverfahrens (1110 Js 23452/12) der Staatsanwaltschaft
Wiesbaden entstanden ist und noch entstehen wird. | Abs. 79 | | Das beklagte Land beantragt, | Abs. 80 | | die Klage abzuweisen. | Abs. 81 | | C.
Das beklagte Land behauptet, die Äußerungen der Staatsanwaltschaft
seien bei den Veröffentlichungen vielfach falsch verstanden und aus dem
Zusammenhang gerissen worden. | Abs. 82 | | I.,
II. 1. Die unzutreffende Angabe hinsichtlich der Ermittlungen gegen den
Kläger wegen des Verdachts der Vorenthaltung von Arbeitsentgelt habe
auf einem Fehler der Auskunftsperson beruht. Es sei insoweit ein
falscher Paragraph genannt worden. Diese Fehlinformation sei innerhalb
der ... gelassen aufgenommen worden und habe für den Kläger keinerlei
Konsequenzen gehabt (Einzelheiten Blatt 628). | Abs. 83 | | 2.
,3. Zu dem Zitat im Handelsblatt, wonach schon jetzt Anklage gegen den
Kläger erhoben werden könne, behauptet das beklagte Land, dies sei so
nicht konkret gesagt worden. Gegenüber der Journalistin des
Handelsblattes sei bei der Erläuterung des Unterschiedes zwischen dem
dringenden Tatverdacht als Voraussetzung für den Haftbefehl und dem
hinreichenden Tatverdacht für eine Erhebung der Anklage gesagt worden,
dass der dringende Tatverdacht die höchste Verdachtsstufe und
theoretisch schon jetzt eine Anklageerhebung möglich sei. In diesem
Zusammenhang habe der Pressesprecher auch lediglich allgemein auf den
Strafrahmen für gewerbsmäßige Untreue hingewiesen. | Abs. 84 | | 5.
Das beklagte Land behauptet weiter, die Staatsanwaltschaft habe
gegenüber den Medien keinen Vergleich zwischen dem Fall des Klägers und
dem Fall Ruzicka gezogen. Der Sprecher der Staatsanwaltschaft Wiesbaden
halte es lediglich für möglich, dass er in einem mit dem Journalisten
des Wiesbadener Kuriers geführten Telefonat ohne irgendeinen
Auskunftscharakter angemerkt haben könnte, dass Parallelen zum Fall
Ruzicka bestünden. Die Bezeichnung des Falles des Klägers als "zweiten
Falle Ruzicka" in der Presse sei darauf zurückzuführen, dass der Kläger
gegenüber der Presse die unzutreffende Behauptung aufgestellt habe, der
Pressesprecher der Staatsanwaltschaft habe diese Parallele so gezogen. | Abs. 85 | | 6.
Die Presseberichte über angebliche Morddrohungen des Klägers seien
nicht auf Informationen der Staatsanwaltschaft Wiesbaden zurückzuführen.
Diese habe lediglich den Haftbefehl damit begründet, dass der Kläger
versucht habe, Zeugen massiv einzuschüchtern. Darauf habe sich auch die
Äußerung bezogen, wonach andere in der ... eigenen Art" bedroht worden
seien. | Abs. 86 | | 7.,8,9.10.
Im Zusammenhang mit Berichten über die Ausweitung der Ermittlungen
behauptet das beklagte Land, das Zitat des stellvertretenden
Pressesprechers der Staatsanwaltschaft vom 28.7.2011, es werde wegen
...-Fördergeldern in Höhe von 800.000 ermittelt, habe auf einem
Missverständnis beruht. Dass gegen den Kläger insoweit ermittelt werde,
habe die Staatsanwaltschaft nicht geäußert. Vielmehr hätten die Medien
diesen Zusammenhang hergestellt. Das Land verweist insoweit auf die
klarstellende Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft vom 29.7.2011
(Anl. B. 13, Bl. 184 d.A.). | Abs. 87 | | I.,
III. Das beklagte Land behauptet ferner, der Pressesprecher der
Staatsanwaltschaft Wiesbaden habe sich über die Anklageerhebung gegen
den Klägern lediglich in seiner Privatsphäre telefonisch zu Fragen
geäußert, die ihm ein ihm seit vielen Jahren bekannter Journalist
gestellt habe. Die dpa-Meldung vom 5.5.2012 (Anl. K 37a., Bl. 296) zu
der Anklageerhebung beruhe nicht auf Äußerungen der Staatsanwaltschaft
Wiesbaden. Er ist der Auffassung, selbst wenn insoweit eine
Pflichtverletzung der Staatsanwaltschaft anzunehmen wäre, wäre eine
etwaige Persönlichkeitsrechtsverletzung des Klägers durch die
Presseberichte über die Verärgerung des Pressesprechers, sich am
6.5.2012 überhaupt zu der Anklageerhebung geäußert zu haben,
kompensiert. Das beklagte Land ist schließlich die Auffassung, der
Feststellungsantrag zu III. sei unzulässig, da weder dargetan noch
ersichtlich sei, welcher zukünftige Schaden dem Kläger aus der Äußerung
des Pressesprechers der Staatsanwaltschaft Wiesbaden vom 6.5.2012
entstehen könne. | Abs. 88 | | I.,
VI. Das beklagte Land behauptet, das wegen 12 Rechnungen im Sommer 2012
eingeleitete gesonderte Ermittlungsverfahren beruhe auf dem
fortgeschrittenen Ermittlungsstand der Anklage vom 26.4.2012 und den im
Zuge der Vorbereitung der Anklage gewonnenen Erkenntnisse. | Abs. 89 | | | | | | | Entscheidungsgründe: | Abs. 90 | | Die
Klage ist überwiegend zulässig. Insbesondere ist das für die
Feststellungsanträge erforderliche Feststellungsinteresse gegeben, § 256
ZPO, soweit der Kläger Feststellung der Ersatzpflicht von Schäden durch
entgangene Einkünfte begehrt. Auch wenn der Kläger zum Zeitpunkt der
Klageerhebung einen Teil seiner Einkommensverluste bereits beziffern
konnte, gilt insoweit nicht der Vorrang der Leistungsklage. Der
anspruchsbegründende Sachverhalt befand sich zu diesem Zeitpunkt noch in
der Fortentwicklung. In einem solchen Fall ist der Feststellungsantrag
insgesamt zulässig (BGH NJW 1984, 1552 ff. (BGH 30.03.1983 - VIII ZR 3/82)).
Soweit der Kläger jedoch auch Feststellung der Ersatzpflicht
hinsichtlich bereits eingetretener Schäden in Form von Anwaltskosten für
das Vorgehen gegen einzelne Äußerungen und Maßnahmen der
Staatsanwaltschaft begehrt, fehlt es an einem Feststellungsinteresse.
Nachdem der Sachverhalt insoweit abgeschlossen ist, die Höhe des
Schadens feststeht und der Kläger diesen ohne Schwierigkeiten beziffern
kann und auch bereits beziffert hat (vgl. Anl. K 83, Bl. 529 ff.), hätte
er die Anwaltskosten wegen des Vorrangs der Leistungsklage mit einem
Leistungsantrag geltend machen müssen. | Abs. 91 | | Die Klage ist teilweise begründet. | Abs. 92 | | I.,
II. Der Klageantrag zu I., mit dem der Kläger Geldentschädigung wegen
Amtspflichtverletzung durch Äußerungen der Staatsanwaltschaft gegenüber
Medienvertretern und Feststellung der Schadensersatzpflicht geltend
macht, hat teilweise Erfolg. Das beklagte Land ist nach Art. 34 GG
i.V.m. §§ 839, 823 Abs. 1 BGB, Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1
Grundgesetz zur Zahlung einer Geldentschädigung in Höhe von 15.000,-
verpflichtet. | Abs. 93 | | Nach
den genannten Vorschriften haftet der Staat (bzw. eine andere
Körperschaft) dann, wenn ein Beamter in Ausübung des ihm anvertrauten
öffentlichen Amtes gehandelt und eine sich daraus ergebende
drittschützende Amtspflicht jedenfalls fahrlässig verletzt hat. Ein
Schadensersatzanspruch besteht, wenn hierdurch adäquat kausal ein
Schaden verursacht wurde. Ein Anspruch auf Geldentschädigung setzt nach
der ständigen presserechtlichen Rechtsprechung eine besonders schwere
Persönlichkeitsrechtsverletzung voraus, die nur ausnahmsweise bejaht
wird. Ob eine schwerwiegende Verletzung des Persönlichkeitsrechts
vorliegt, die die Zahlung einer Geldentschädigung erfordert, ist
aufgrund der gesamten Umstände des Einzelfalls zu beurteilen und hängt
insbesondere von der Bedeutung und Tragweite des Eingriffs, also von dem
Ausmaß der Verbreitung der rechtswidrig verursachten Veröffentlichung,
der Nachhaltigkeit und Fortdauer der Interessen- und Rufschädigung des
Verletzten, ferner vom Anlass und Beweggrund des Handelnden sowie von
dem Grad seines Verschuldens ab (BGHZ 78, 274, 280 m.w.N.; BGH NJW
1985,1617,1619 (BGH 22.01.1985 - VI ZR 28/83)). | Abs. 94 | | Die
Staatsanwälte der Staatsanwaltschaft Wiesbaden sind Beamte im
staatsrechtlichen wie auch im haftungsrechtlichen Sinn (Art. 34 GG, §
839 BGB). Sie haben bei der Information der Medien jeweils in ihrer
Funktion als Staatsanwalt und damit in Ausübung ihres öffentlichen Amtes
gehandelt. Ob Staatsanwälte durch Äußerungen gegenüber der Presse ihre
Amtspflicht verletzen, kann allein aufgrund einer umfassenden Abwägung
festgestellt werden. Da jede staatsanwaltschaftliche
Ermittlungstätigkeit und auch jede staatsanwaltschaftliche
Presseinformation in das allgemeine Persönlichkeitsrecht eingreift,
bedarf sie der Rechtfertigung und erfordert eine Abwägung zwischen dem
Informationsrecht der Presse und der Öffentlichkeit einerseits (Art. 5
Abs. 1 GG, § 3 HessPresseG) und dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des
jeweils Betroffenen andererseits (Art. 1 Abs. 1,2 Abs. 1GG) abzuwägen
(BGH, Urteil vom 17.3.1994, III ZR 15/93). Dabei ist zu berücksichtigen,
dass der Staatsanwaltschaft prinzipiell kein eigenes, geschütztes Recht
auf Öffentlichkeitsarbeit zusteht. Allerdings ist anerkannt, dass die
Staatsanwaltschaft in engen Grenzen über Ermittlungen berichten darf und
muss (Verdachtsberichterstattung, vgl. BGH NJW 1994, 1950 ff. (BGH 17.03.1994 - III ZR 15/93)),
um den berechtigten Informationsinteressen der Medien und der
Öffentlichkeit aus Art. 5 Abs. 1 GG zu genügen. Dies spiegelt sich auch
im HessPresseG wider, wonach die Staatsanwaltschaft nach § 3 Abs. 1
HessPresseG die Pflicht hat, den Medien bestimmte Auskünfte zu erteilen,
hierbei jedoch nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 HessPresseG die Rechte des
Betroffenen zu berücksichtigen hat. | Abs. 95 | | Das
Persönlichkeitsrecht gewährt dem einzelnen ein Recht auf freie
Entfaltung der Persönlichkeit. Dieses Recht umfasst auch das Recht auf
informationelle Selbstbestimmung, also das Recht zu bestimmen, welche
Informationen über die eigene Persönlichkeit bekannt gegeben werden und
das Recht zu entscheiden, inwieweit die eigene Persönlichkeit zum
Gegenstand der öffentlichen Aufmerksamkeit gemacht wird. Die
staatsanwaltschaftliche Berichterstattung muss durch ein berechtigtes
öffentliches Interesse legitimiert sein. Ob dies der Fall ist, hängt
entscheidend von Art und Bedeutung der infrage stehenden Straftat sowie
die von der Person des Verdächtigen ab. Zur Rechtfertigung der
Berichterstattung bedarf es eines Mindestbestandes an Beweistatsachen.
Aus der Abwägung der entgegenstehenden Interessen hat die
Rechtsprechung, wie bereits für den Fall der Medienberichterstattung,
Tatbestandsmerkmale entwickelt, die den Ermittlungsbehörden eine
Berichterstattung ermöglichen, gleichzeitig dabei aber auch dem
berechtigten Interesse des Betroffenen Rechnung tragen. Zunächst hat die
Staatsanwaltschaft das Ermittlungsergebnis und ggfls. den Gegenstand
der Anklage selbstverständlich zutreffend darzustellen (vgl. OLG Hamm,
Urteil v. 14.11.2014, Az.: I-11 U 129/13, zitiert nach juris). Der
Vorläufigkeit des Verdachtes (Unschuldsvermutung) hat die
Staatsanwaltschaft dadurch Rechnung zu tragen, dass sie den mit der
Verdachtsberichterstattung zwangsläufig verbundenen Eingriff nicht durch
Vorverurteilungen oder Indiskretionen verstärkt. Hiernach sind die
Verpflichtungen der Staatsanwaltschaft auf folgende Verhaltensweisen
ausgerichtet: eine noch offene Verdachtslage ist distanzierend
darzustellen; vorverurteilende Äußerungen haben zu unterbleiben ebenso
wie unnötige Bloßstellungen (BGH Urteil v. 17.3.1994, Az.: III ZR 15/93,
zitiert nach juris, m.w.N.). Der Betroffene ist zudem rechtzeitig über
den gegen ihn bestehenden Verdacht zu informieren. Die Öffentlichkeit
ist erst über die Anklageerhebung und Einzelheiten der Anklage zu
unterrichten, wenn die Anklageschrift dem Beschuldigten zugestellt oder
anderweitig bekannt gemacht worden ist (vgl. dazu Lehr NStZ 2009, 412
f.). | Abs. 96 | | Gegen
diese Grundsätze hat die Staatsanwaltschaft durch Äußerungen über die
gegen den Kläger eingeleiteten Ermittlungen mehrfach verstoßen und
hierdurch den Kläger in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht
verletzt. | Abs. 97 | | 1.
Zunächst wurde der Kläger dadurch in seinem allgemeinen
Persönlichkeitsrecht verletzt, dass Staatsanwalt Winkelmann im März 2011
gegenüber Pressevertretern erklärte, dass gegen den Kläger eine neue
Anzeige wegen vorenthaltenen Arbeitsentgelts eingegangen sei. Die
entsprechende Information war falsch und damit rechtswidrig. Der Kläger
stand zu keinem Zeitpunkt in Verdacht, Arbeitsgelder vorenthalten zu
haben. Ein Kriterium für die Rechtfertigung von öffentlichen Äußerungen
der Staatsanwaltschaft zu laufenden Ermittlungsverfahren ist das
Vorliegen eines Mindestbestandes an Beweistatsachen (vgl. BGH NJW 1994,
1950 ff. (BGH 17.03.1994 - III ZR 15/93)).
Das bedeutet, ein Verdacht darf nur geäußert werden, wenn er durch
Indizien und/oder Beweise erhärtet ist. Liegt wie hier eine für die
Staatsanwaltschaft erkennbar objektiv falsche Information vor, stellt
dies eine nicht gerechtfertigte Persönlichkeitsverletzung dar. Die
Fehlinformation der Staatsanwaltschaft war auch schuldhaft. Nach § 839
BGB genügt insoweit Fahrlässigkeit. Im Hinblick auf die Weitergabe
sensibler Informationen, die die Persönlichkeitsrechte eines
Beschuldigten tangieren können, ist die Staatsanwaltschaft gehalten,
ihre Aussage gegenüber juristischen Laien besonders sorgfältig zu wählen
und zu überprüfen, um Missverständnisse und Fehlinformationen zu
vermeiden. Das hat die Staatsanwaltschaft hier offenbar nicht getan, da
anders die Fehlinformation nicht zu erklären ist. | Abs. 98 | | Gleichwohl
steht dem Kläger bei isolierter Betrachtung dieser Äußerung kein
Anspruch auf Geldentschädigung zu. Nicht jede rechtswidrige Äußerung
eines Amtsträgers, die zu einer Persönlichkeitsrechtsverletzung führt,
begründet zwangsläufig einen Anspruch auf Ersatz immaterieller Schäden
.Ein solcher Anspruch setzt vielmehr voraus, dass es sich um einen
besonders schwerwiegenden Eingriff handelt und die dadurch verursachte
Beeinträchtigung nicht in anderer Weise, beispielsweise durch
Unterlassen, Gegendarstellung oder Widerruf ausgeglichen werden kann. Ob
ein solcher Ausgleich möglich ist, hängt insbesondere von der Bedeutung
und Tragweite des Eingriffs, der Nachhaltigkeit und Fortdauer der
Beeinträchtigung, von Anlass und Beweggrund des Handelnden sowie vom
Grad seines Verschuldens ab. Hintergrund der Zubilligung einer
Geldentschädigung bei bestimmten Fällen der Verletzung des allgemeinen
Persönlichkeitsrechts ist der Gedanke, dass ohne einen solchen Anspruch
Verletzungen der Würde und der Ehre des Menschen oft sanktionslos
blieben, so dass der Persönlichkeitsrechtsschutz gewissermaßen
leerlaufen würde (BGH NJW 1985, 1617 ff., (BGH 22.01.1985 - VI ZR 28/83)
Herrenreiter-Fall). Kommt es im Rahmen polizeilicher und
staatsanwaltschaftliche Ermittlungen zu einer Häufung von
amtspflichtwidrigen Äußerungen, die jeweils isoliert betrachtet keine
Geldentschädigung erfordern, so kann sich dies in der Gesamtbetrachtung
der Persönlichkeitsrechtsverletzungen anders darstellen (LG Düsseldorf
Urt. v. 30.4.2003, Az. 2 b O 182/02; OLG Düsseldorf, Urt. v. 27.4.2005,
Az. I 15-U 98/03). So liegt der Fall hier. | Abs. 99 | | Über
den Kläger wurde bereits im Vorfeld des hier in Rede stehenden Artikels
umfangreich in der Presse berichtet, u.a. über die Einleitung des
Ermittlungsverfahrens wegen des Verdachts der Untreue. Die Erwähnung von
§ 266 a StGB war unwahr und brachte den Kläger im Zusammenhang mit
einer weiteren Straftat, was ihn auch zusätzlich in seiner
gesellschaftlichen Stellung und damit in der Sozialsphäre seines
Persönlichkeitsrechts beeinträchtigte. Allerdings ist in dem Artikel
lediglich davon die Rede, dass eine weitere Anzeige eingegangen sei,
nicht jedoch, dass insoweit auch ein weiteres Ermittlungsverfahren
eingeleitet wurde. Bei dem angeblichen Tatvorwurf handelt es sich ebenso
wie bei dem gegen den Kläger bestehenden Verdacht der Untreue um ein
Vermögensdelikt. Die Fehlinformation der Staatsanwaltschaft führte damit
in der öffentlichen Wahrnehmung nicht zu einer wesentlichen Veränderung
hinsichtlich Intensität und Qualität der im Raum stehenden Straftaten.
Auch hat die Staatsanwaltschaft das Missverständnis gegenüber dem
anfragenden Journalisten sofort klargestellt hat. In diesem Zusammenhang
ist weiter zu berücksichtigen, dass der Kläger selbst diese
Berichterstattung offenbar nicht als schwerwiegenden Eingriff empfunden
hat, wie seine E-Mail vom 10.3.2011 an ... (Anlage 23 zu Anlage K2, Bl.
113 Anlagenband) nahelegt; darin heißt es:
nun liegt wohl bei der
Staatsanwaltschaft eine weitere Anzeige vor zum Thema
Sozialversicherung. Wir hatten diesen Fall mit Herrn ..., der aber von
etlichen Kollegen
mitgestaltet wurde und auch total unbedenklich ist. | Abs. 100 | | 2.
Auch die Äußerung des Staatsanwalts ... gegenüber der Presse, wonach
gegen den Klägern bereits jetzt Anklage erhoben werden könne, stellt
eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts (§ 823 Abs. 1 BGB)
dar, da sie vorverurteilend und nicht hinreichend distanziert war. | Abs. 101 | | Dass
gegenüber der Presse entsprechende Äußerungen gefallen sind, ist auch
vor dem Hintergrund des Beklagtenvortrags unstreitig. Das beklagte Land
hat, auch wenn es behauptet, die in den Medien abgedruckten Zitate habe
es so nicht gegeben, selbst eingeräumt, dass im Rahmen einer Erläuterung
des Begriffs des dringenden Tatverdachts in Abgrenzung zu dem Begriff
des hinreichenden Tatverdachts seitens der Staatsanwaltschaft geäußert
wurde, dass theoretisch schon jetzt eine Anklageerhebung möglich sei". | Abs. 102 | | Die
Äußerung stellt einen Verstoß gegen die von der Rechtsprechung im
Hinblick auf den Schutz der Persönlichkeitsrechte von Beschuldigten
entwickelten Grundsätze zur Art und Weise von Verdachtsberichterstattung
dar. Danach gilt die Staatsanwaltschaft als so genannte privilegierte
Quelle. Informationen, die sie als Behörde weitergibt, genießen ein
besonderes Vertrauen. Damit haben Behörden wie die Staatsanwaltschaft
auch eine besondere Verantwortung bei Verdachtsberichterstattung. Sie
treffen ganz besondere Sorgfaltspflichten. Die Staatsanwaltschaft hat
der Vorläufigkeit des Verdachts (Unschuldsvermutung) dadurch Rechnung zu
tragen, dass sie den mit der Verdachtsberichterstattung zwangsläufig
verbundenen Eingriff nicht durch Vorverurteilungen oder Indiskretionen
verstärkt. Sie ist verpflichtet, eine noch offene Verdachtslage
distanziert darzustellen, sich insbesondere nicht vorverurteilend zu
äußern. Dabei hat sie bei der Informationsweitergabe zu berücksichtigen,
dass juristische Laien oft geneigt sind, einen Verdacht und die
Einleitung eines Ermittlungsverfahrens mit dem Schuldnachweis
gleichzusetzen (vgl. BGH Urteil vom 17.3.1994, Az.III ZR 15/93). | Abs. 103 | | Die
Aussage des Oberstaatsanwalts ... gegenüber der Presse suggeriert, der
Verdacht der Untreue habe sich bereits so weit erhärtet, dass sich nicht
die Frage stellt, ob sondern nur wann Anklage erhoben wird. Auch wenn
die Äußerungen in der von der Staatsanwaltschaft dargestellten Weise
gefallen sein sollten (die derzeitige Beweislage rechtfertige also
durchaus eine baldige Anklageerhebung), ändert das nichts daran, dass
die Aussage das Persönlichkeitsrecht des Klägers verletzt. Selbst wenn
zum Zeitpunkt der Äußerung ein hinreichender Tatverdacht bestand, waren
die Ermittlungen unstreitig noch nicht abgeschlossen. Damit war der
Ausgang des Ermittlungsverfahrens zu diesem Zeitpunkt noch offen, da die
weiteren Ermittlungen auch durchaus Entlastendes hätten zutage fördern
können. Durch diese Äußerung ist der Kläger auch nicht nur unwesentlich
in seiner beruflichen Position und seiner sozialen Stellung
beeinträchtigt. | Abs. 104 | | Die
Äußerung ist nicht durch das Informationsbedürfnis der Öffentlichkeit
gerechtfertigt. Aussagen der Staatsanwaltschaft über laufende
Ermittlungen müssen grundsätzlich distanziert sein, da nur durch eine
distanzierte Darstellung des Verdachts dem Schutz des Betroffenen und
der für ihn geltenden Unschuldsvermutung ausreichend Rechnung getragen
werden kann. Dies bedeutet in erster Linie, dass die Darstellung nicht
vorverurteilend sein darf (BGH Urteil vom 7.12.1999, Az.VI ZR 51/99,
juris Rn.20). | Abs. 105 | | Die
hier in den Medien zitierte Äußerung der Staatsanwaltschaft erscheint
tendenziös und wenig distanziert. Aus dem Zusammenhang gewinnt der Leser
den Eindruck, der Verdacht gegen den Kläger habe sich erhärtet und
sogar ausgedehnt. Eine Anklageerhebung wird als sicher unterstellt. Dass
die Staatsanwaltschaft diese Wirkung möglicherweise nicht beabsichtigt
hat und lediglich auf die theoretische Möglichkeit der baldigen
Anklageerhebung hinweisen wollte, spielt dabei keine Rolle und
entschuldigt die Staatsanwaltschaft nicht. Gerade um dem besonderen
Schutzbedürfnis des allgemeinen Persönlichkeitsrechts ausreichend
Rechnung zu tragen müssen Äußerungen der Staatsanwaltschaft gegenüber
der Presse stets neutral, sachlich und klar sein. Dass seine Aussage
präjudizierend wirkte, war für den handelnden Staatsanwalt ... erkennbar
und hätte ihm auch bewusst sein müssen. | Abs. 106 | | Auch
hier gilt hinsichtlich der Intensität dieses Eingriffs, dass sie für
sich allein genommen nicht so schwerwiegend ist, dass sie eine
Geldentschädigung erfordern würde. Dies gilt insbesondere im Hinblick
darauf, dass bereits andere (unstreitig zulässige) Maßnahmen der
Ermittlungsbehörden, wie etwa der Erlass des Haftbefehls und die groß
angelegte Durchsuchungsaktion am 4.4.2011, in der Öffentlichkeit den
Eindruck intensiver Ermittlungen und erheblicher Verdachtsmomente gegen
den Kläger erweckt haben dürften. Die Äußerung der Staatsanwaltschaft
mag diesen berechtigten Eindruck zwar unberechtigt verstärkt haben.
Damit ist die Grenze, die eine Geldentschädigung erforderlich macht,
jedoch nicht erreicht. Allerdings ist auch diese
Persönlichkeitsrechtsverletzung im Rahmen der Gesamtschau zu
berücksichtigen. | Abs. 107 | | 3.
Die im Zusammenhang mit der angeblich bereits jetzt möglichen
Anklageerhebung gefallene Äußerung zu der zu erwartenden Haftstrafe von
bis zu 15 Jahren stellt dagegen eine amtspflichtwidrige Verletzung des
allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers dar, die in jedem Fall
eine Geldentschädigung erfordert. Soweit das beklagte Land dazu
vorgetragen hat, man habe nicht behauptet, die Straferwartung des
Klägers liege bei 15 Jahren, sondern man habe lediglich auf den
allgemeinen Strafrahmen der gewerbsmäßigen Untreue hingewiesen, ist dies
weder inhaltlich zutreffend noch vermag es die Äußerungen zu
rechtfertigen. | Abs. 108 | | Zum
Zeitpunkt der fraglichen Äußerung ermittelte die Staatsanwaltschaft
gegen den Kläger wegen des Verdachts der gewerbsmäßigen Untreue. Nach §§
266,263 Abs. 3 StGB liegt der Strafrahmen für gewerbsmäßige Untreue bei
höchstens 10 Jahren. Die Angabe, die Straferwartung des Klägers läge
bei bis zu 15 Jahren ist daher objektiv falsch. Zudem suggeriert diese
Aussage der Öffentlichkeit, der Kläger sei einer sehr schweren Straftat
verdächtig - wesentlich schwerer als dies tatsächlich der Fall war. Die
Äußerung vermittelt außerdem den Eindruck, der Kläger müsse mit einer
Verurteilung zur Höchststrafe rechnen und das bereits zu einem
Zeitpunkt, zu dem noch nicht einmal Anklage erhoben worden war. Dadurch
wird der Kläger auf die Stufe eines Angeklagten gestellt, obwohl er zu
diesem Zeitpunkt lediglich Beschuldigter war. | Abs. 109 | | Die
Äußerung ist rechtswidrig, da sie inhaltlich falsch ist und der
Staatsanwalt sich nicht in einer distanzierten, nicht vorverurteilenden
Art und Weise geäußert hat. Er hat gerade nicht zwischen festgestellter
Schuld und Verdacht differenziert. Die in Rede stehende Aussage
verdeutlicht nicht lediglich, welche Straferwartung generell im Raum
steht. Vielmehr war der falsche Hinweis auf den allgemeinen Strafrahmen,
obwohl objektiv formuliert, als Antwort auf die Frage nach der
Straferwartung des Klägers geäußert, so dass die Aussage von dem
anfragenden Journalisten zwangsläufig konkret auf den Kläger bezogen
werden musste. Auch wenn die Staatsanwaltschaft dies so nicht
beabsichtigt hat, kann sie von einem juristischen Laien keine saubere
Differenzierung des Gesagten von dem Gemeinten erwarten. Da sich die
Staatsanwaltschaft im Rahmen der Berichterstattung darüber bewusst sein
muss, wie schnell Missverständnisse zulasten des Beschuldigten entstehen
können, muss sie solchen aktiv entgegenwirken. Hätte sich die
Staatsanwaltschaft zu der allgemeinen Straferwartung in der Weise
geäußert, dass sie den Strafrahmen (Freiheitsstrafe von 6 Monaten bis zu
10 Jahren), wie er im Gesetz steht, genannt hätte, wäre dies nicht zu
beanstanden gewesen. Die Staatsanwaltschaft hat hier jedoch eine
Straferwartung dazu eine falsche - konkret auf den Fall des Klägers
bezogen geäußert. Sie erweckt damit den Eindruck, es lägen erdrückende
Beweise vor, die eine Verurteilung des Klägers zu einer Maximalstrafe
erwarten lassen. Da es sich auch hier um eine bewusste Äußerung des
Staatsanwalts ... handelt, der aufgrund seiner Funktion als
Pressesprecher der Staatsanwaltschaft und als Jurist mit den Regeln der
rechtmäßigen Verdachtsberichterstattung vertraut sein müsste, hat er
auch schuldhaft gehandelt. | Abs. 110 | | Vorliegend
rechtfertigt und erfordert die Intensität des Eingriffs in das
allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers eine Geldentschädigung. Die
Verletzung ist intensiv, weil sie eine tatsächliche Straferwartung des
Klägers suggeriert, die im Zeitpunkt der Aussage noch gar nicht bestand.
Die Äußerung ist geeignet den Eindruck zu erwecken, der Verdacht gegen
den Kläger habe sich fast zur Gewissheit erhärtet. Auch lässt die Höhe
der geäußerten Straferwartung den Schluss auf eine sehr schwerwiegende
Straftat zu. Zwar wird gegen den Kläger tatsächlich wegen gewerbsmäßiger
Untreue ermittelt, die je nach konkretem Tatvorwurf auch eine relativ
hohe Straferwartung mit sich bringen kann. Jedoch liegt diese mit 10
Jahren deutlich unter den im Raum stehenden 15 Jahren. Ob dem
Kompensationsbedürfnis des Klägers hier durch eine schnelle
Gegendarstellung der Staatsanwaltschaft hätte Genüge getan werden
können, kann dahingestellt bleiben. Die Staatsanwaltschaft hat trotz
entsprechender Aufforderung seitens des Klägers zu einer Klarstellung
keinen Anlass gesehen. Eine Richtigstellung über zwei Jahre nach der
Äußerung ist zum Ausgleich der Verletzung des Persönlichkeitsrechts
nicht geeignet. | Abs. 111 | | Hinsichtlich
der Höhe einer Geldentschädigung ist vor allem auf die Intensität der
Persönlichkeitsrechtsverletzung abzustellen. Dabei ist zu
berücksichtigen, dass die entsprechende rechtswidrige Äußerung der
Staatsanwaltschaft über zumindest eine auch überregionale Zeitung
verbreitet wurde. Die mit konkretem Bezug zu dem Kläger genannte
Straferwartung von bis zu 15 Jahren war geeignet, den Ruf des Klägers
sowohl im privaten als auch im beruflichen Bereich nachhaltig zu
schädigen. Die dadurch verursachten Nachteile lassen sich auch nicht
durch einen eventuellen späteren Freispruch rückgängig machen. Vor
diesem Hintergrund hält das Gericht hier eine Geldentschädigung in Höhe
von 2.000,- für angemessen. | Abs. 112 | | 4.
Auch die Äußerungen von Oberstaatsanwalt ... in der "Hessenschau"
06.04.2011, wonach der Kläger Scheinrechnungen geschrieben habe und es
Hinweise auf die Veruntreuung weiterer Gelder gebe, stellen eine
Persönlichkeitsrechtsverletzung des Klägers dar, weil sie
vorverurteilend und nicht hinreichend distanziert sind. Bei der
Auskunft, der Kläger habe Scheinrechnungen an die ... ausgestellt,
handelt es sich um eine Äußerung, die den Kläger gerade in seiner
Funktion als vertrauenswürdiger Unternehmer und Präsident der ...
empfindlich beeinträchtigt. Gleiches gilt hinsichtlich der Aussage, es
gebe Hinweise auf die Veruntreuung weiterer Gelder. Bei einem Zuhörer
muss dies den Eindruck erwecken, als habe sich der bereits bestehende
Verdacht gegen den Kläger noch erheblich ausgeweitet. Die Äußerungen
sind auch rechtswidrig, weil der ausgesprochene Verdacht nicht
hinreichend distanziert dargestellt wurde. Dem Klägervortrag ist
insoweit zwar nicht zu entnehmen, ob zum Zeitpunkt der Äußerung der
Staatsanwaltschaft hinsichtlich der Frage, ob Scheinrechnungen
geschrieben wurden, bereits andere Ermittlungserkenntnisse vorlagen. Die
Zielrichtung der Ermittlungen (pro bono-Leistungen) änderte sich
endgültig erst mit Verfügung vom 19.8.2011. Unabhängig von der Frage
nach dem Ermittlungsstand zum Zeitpunkt der Äußerung stellt diese jedoch
das Schreiben von Scheinrechnungen als feststehendes Ergebnis dar und
nicht lediglich als Verdacht. | Abs. 113 | | Auch
dieser Eingriff ist für sich genommen so schwerwiegend, dass eine
Geldentschädigung gerechtfertigt erscheint. Trotz der geltenden
Unschuldsvermutung hat die Staatsanwaltschaft den Kläger als jemanden
dargestellt, bei dem eine schwere Straftat erwiesen ist. Die Aussage, es
gebe Hinweise auf die Veruntreuung weiterer Gelder verstärkt diesen
Effekt zusätzlich. Dies beeinträchtigt ihn erheblich in seiner
gesellschaftlichen und beruflichen Stellung. Die Äußerung stellt die
Vertrauenswürdigkeit des Klägers in finanziellen Angelegenheiten
infrage. Eine Wiederherstellung des Vertrauens durch Unterlassen
weiterer entsprechender Äußerungen oder durch eine Gegendarstellung
dürfte kaum möglich sein. Gerade in finanzsensiblen Positionen, wie sie
auch der Kläger innehatte, kommt es auf die Vertrauenswürdigkeit des
jeweiligen Verantwortlichen an. In einem solchen Umfeld ist ein einmal
geäußerter Verdacht nur schwer wieder aus der Welt zu schaffen. Zudem
hat sich die Staatsanwaltschaft trotz entsprechender Aufforderung
seitens des Klägers auch dazu nicht klarstellend geäußert, so dass die
Möglichkeit der Geldentschädigung nicht aus Gründen der Subsidiarität
zurücktreten muss. Auch hier hält das Gericht eine Geldentschädigung in
Höhe von 2.000,- für angemessen. | Abs. 114 | | 5.
Der Vergleich des Falles des Klägers mit dem Fall in der Sache Ruzicka
stellt eine weitere Persönlichkeitsrechtverletzung dar. Dass
entsprechende Äußerungen seitens der Staatsanwaltschaft gefallen sind,
ist auch vor dem Hintergrund des Beklagtenvorbringens unstreitig. Soweit
das beklagte Land vorträgt der Sprecher der Staatsanwaltschaft
Wiesbaden halte es lediglich für möglich", "dass er in einem mit einem
Journalisten des Wiesbadener Kuriers geführten Telefonat ohne irgend
einen Auskunftscharakter angemerkt haben könnte, dass Parallelen zum
Fall Ruzicka bestünden", stellt dies kein wirksames Bestreiten des
konkreten Klägervortrags dar. Der betreffende Staatsanwalt gesteht damit
zu, dass eine solche Äußerung möglicherweise gefallen ist. Dass er sich
in diesem Zusammenhang an einen konkreten Journalisten erinnert,
spricht für die Erinnerung an eine konkrete Situation. In welcher Weise
eine von dem Pressesprecher der Staatsanwaltschaft einem Journalisten zu
einem aktuellen Verfahren erteilte Information "ohne
Auskunftscharakter" gegeben werden kann, erschließt sich dem Gericht
nicht. | Abs. 115 | | Auch
diese Äußerung ist amtspflichtwidrig. Im Zeitpunkt der angeblichen
Äußerung wurde gegen den Kläger wegen des Verdachts der Untreue über
einen Betrag von 180.000,- ermittelt. Der Fall Ruzicka hatte
wesentlich größere Ausmaße. Es ging um eine Schadenshöhe von über
35.000.000,- , wobei die Untreuehandlungen über viele Jahre hinweg
bewusst organisiert wurden. Auch wurde Ruzicka am Ende des Verfahrens zu
einer Freiheitsstrafe von 11 Jahren verurteilt. Insofern ist der Fall
Ruzicka" mit dem gegen den Kläger bestehenden Verdacht gerade nicht
vergleichbar. Indem Staatsanwalt ... beide Fälle in einem Atemzug
genannt hat, hat er nicht nur hinsichtlich der Schwere der im Raum
stehenden Straftat einen falschen Eindruck erweckt, sondern auch
hinsichtlich des Ausmaßes und des Umfangs der Beweistatsachen.
Allerdings ist die Verletzung nicht so schwerwiegend, dass eine
Geldentschädigung erforderlich wäre. Im Hinblick darauf, dass die
Äußerung keinen Niederschlag in Medienveröffentlichungen gefunden hat
und nachweisbar lediglich einer einzigen Person gegenüber geäußert
wurde, erscheint auch eine Berücksichtigung im Rahmen einer
Gesamtbetrachtung nicht geboten. | Abs. 116 | | 6.a.
Soweit der Kläger der Staatsanwaltschaft Wiesbaden vorwirft, den
kursierenden Gerüchten über angebliche Morddrohungen nicht hinreichend
klar entgegengetreten zu sein, ist die Klage begründet. | Abs. 117 | | Grundsätzlich
kann auch das Unterlassen einer Äußerung eine
Persönlichkeitsrechtsverletzung darstellen. Das ist dann der Fall, wenn
eine Pflicht zur Aufklärung bzw. zur Klarstellung bestanden hätte. Im
Rahmen der Verdachtsberichterstattung obliegt es der Staatsanwaltschaft
auch Tatsachen zu veröffentlichen, die den Beschuldigten entlasten. Die
Staatsanwaltschaft dürfte entgegen der Beklagtendarstellung insofern
mitverantwortlich für das Gerücht hinsichtlich der Morddrohungen sein,
als sich in dem Haftbefehl ein entsprechender Hinweis findet. Zur
Begründung der Verdunklungsgefahr wird der Kläger unter Bezugnahme auf
Zeugenaussagen u.a. mit folgender Äußerungen zitiert: es werde vom LKA
alles getan, um die Verräter zu identifizieren, die ihr Leben lang für
ihr Verhalten zahlen müssten und mit langen Haftstrafen zu rechnen
hätten und mit ihrem Leben spielen würden" (Haftbefehl vom 2.4.2011,
Anl. K13, Bl. 142,146 ff. Anlagenband). Vor diesem Hintergrund wäre die
Staatsanwaltschaft verpflichtet gewesen, dem Bericht klar und
entschieden entgegenzutreten, zumal gegen den Kläger unstreitig zu
keinem Zeitpunkt wegen des Verdachts der Bedrohung ermittelt wurde. Das
hat die Staatsanwaltschaft mit ihren Äußerungen zu diesem Sachverhalt
nicht hinreichend getan. Zwar hat sie die angeblich von dem Kläger
geäußerten Morddrohungen nicht bestätigt. Durch ihre vage Äußerung, man
habe keinen Anlass gesehen gegen den Kläger wegen § 241 StGB zu
ermitteln und den Hinweis auf Bedrohungen in der ... eigenen Art" hat
sie das Gerücht aber gerade nicht dementiert, sondern offen gelassen, ob
nicht möglicherweise doch etwas daran ist. Gleichzeitig hat sie damit
bestätigt, dass es tatsächlich Drohungen gegeben hat. Gerade der Hinweis
auf diese Drohungen befeuert im Ergebnis das Gerücht. Dies umso mehr,
als es sich bei dem Adressatenkreis nicht um Juristen handelte, sondern
vielmehr um Journalisten, bei denen nicht auszuschließen ist, dass sie
derartige Gerüchte ausschlachten, wie dies die Frankfurter Rundschau am
6.4.2011 (Anlage K 17, Bl. 159) unter der Überschrift ... soll mit Mord
gedroht haben" auch getan hat. | Abs. 118 | | Das
Verhalten der Staatsanwaltschaft stellt eine intensive Verletzung des
Persönlichkeitsrechts des Klägers dar. Dies gerade auch deshalb, weil
nun nachdem es bisher nur" um Untreue und damit um Vermögensdelikte
gegangen war - plötzlich das Verbrechen Mord im Raum steht, wenn auch
nur in Form einer Morddrohung. Mord ist wohl das schlimmste Verbrechen,
dessen jemand bezichtigt werden kann. Auch nur der Verdacht einer
Morddrohung ist damit ungleich stigmatisierender als der Verdacht einer
Untreue. Da die Staatsanwaltschaft, die durch die Begründung des
Haftbefehls mit hoher Wahrscheinlichkeit für die Entstehung des Gerüchts
mitverantwortlich ist, dem nicht mit hinreichender Klarheit
entgegengetreten ist, wiegt diese Persönlichkeitsrechtsverletzung
besonders schwer, was eine Geldentschädigung in Höhe von 4.000,-
rechtfertigt. | Abs. 119 | | | | | | Abs. 120 | | 6.b.
Auch die Äußerung der Staatsanwaltschaft zu dem Verdacht, der Kläger
habe mehr Geld als die "bislang bekannten 180.000 " veruntreut, hat den
Kläger in seinem Persönlichkeitsrecht verletzt, da sie wiederum eine
Vorverurteilung enthält. Die Äußerung, es gebe Indizien dafür, dass mehr
Geld veruntreut wurde als die bislang bekannten 180.000,- suggeriert,
dass der Untreueverdacht hinsichtlich der in Rede stehenden 180.000,-
bereits erwiesen ist. Dies war jedoch gerade nicht der Fall. Es handelt
sich daher um eine unwahre Tatsache, da sie den Kläger als bereits der
Untreue schuldig darstellt und ihn damit stark in seiner
gesellschaftlichen wie auch beruflichen Position beeinträchtigt. Die
Äußerung ist damit rechtswidrig. | Abs. 121 | | Soweit
die Staatsanwaltschaft eingewandt hat, ihre Äußerung sei aus dem
Zusammenhang gerissen zitiert worden, ändert dies nichts daran, dass
vorliegend von einer Persönlichkeitsrechtsverletzung auszugehen ist.
Grundsätzlich ist es Sache der Staatsanwaltschaft sich bei
Verdachtsberichterstattung gegenüber der Presse so klar zu äußern, dass
Missverständnisse ausgeschlossen sind. Wird sie von der Presse
missverstanden, stellt sich die Frage, ob die Pressemitteilung nicht den
Anschein einer entsprechenden Äußerung begründet. Zumindest ist die
Pressemeldung jedoch ein starkes Indiz dafür, dass sich die
Staatsanwaltschaft in der fraglichen Art und Weise geäußert hat. Es wäre
daher Sache des beklagten Landes gewesen, dies substantiiert zu
bestreiten. Das von der Klägerseite vorgelegte Schreiben der
Staatsanwaltschaft vom 10.6.2011 (Anl. K. 20) genügt insoweit nicht.
Diese Persönlichkeitsrechtsverletzung rechtfertigt für sich genommen
keine Geldentschädigung. Auch hier ist zu berücksichtigen, dass zu
diesem Zeitpunkt bereits andere rechtmäßige Maßnahmen der
Ermittlungsbehörden, insbesondere die Festnahme des Klägers, in der
Öffentlichkeit den Eindruck des Bestehens erheblicher Verdachtsmomente
erweckt haben und die Äußerung des Staatsanwalts diesen berechtigten
Eindruck lediglich verstärkt haben. Die Äußerung ist jedoch im
Zusammenhang mit den weiteren Persönlichkeitsrechtsverletzungen zu
berücksichtigen. | Abs. 122 | | 7.,8.,9.,10.
Hinsichtlich der Presseberichte über die Zweckentfremdung von
mindestens 800.000,- Steuergeld ist die Klage dagegen nicht begründet.
Es fehlt insoweit an einer erkennbar der Staatsanwaltschaft
zuzuordnenden rechtswidrigen Äußerung. Eine Presseveröffentlichung
spricht von einem Ermittlungsverfahren gegen den Kläger wegen 800.000,-
, beruft sich an dieser Stelle jedoch nicht auf die Staatsanwaltschaft.
In einer anderen Veröffentlichung bezieht sich der Verfasser zwar auf
die Staatsanwaltschaft. Deren Äußerung in diesem Zusammenhang lässt
jedoch nicht erkennen, dass gegen den Kläger bereits wegen Veruntreuung
von 800.000,- ermittelt wird. Vielmehr hat Staatsanwalt ... explizit
erklärt, dass man noch nicht wisse, gegen wen Anklage erhoben werde. Die
Äußerung von Staatsanwalt ... hinsichtlich der Wahrscheinlichkeit einer
Anklageerhebung mag eine gewisse Tendenz zur Vorwegnahme des
Ermittlungsergebnisses beinhalten. Allerdings hat er auch betont, dass
gerade nicht klar sei, gegen wen sich der Verdacht richtet und wer zu
den Beschuldigten zählt. Dass im Hinblick auf die vorangegangene
Berichterstattung über den Kläger ein Zusammenhang mit diesem naheliegt,
genügt zur Begründung einer Rechtswidrigkeit der Äußerung von
Staatsanwalt ... nicht. | Abs. 123 | | 11.
Schließlich hat auch die Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft vom
2.2.2012 die Persönlichkeitsrechte des Klägers nicht in rechtswidriger
Weise verletzt. Die Äußerung der Staatsanwaltschaft ist zunächst
hinreichend distanziert und nicht vorverurteilend. Zwar erklärt die
Staatsanwaltschaft, dass sich die Vorwürfe des Haftbefehls bestätigt,
erweitert und zum Großteil konkretisiert hätten. Diese Äußerung muss
jedoch im Gesamtzusammenhang betrachtet werden. In der Pressemitteilung
wird unter Hinweis auf die geltende Unschuldsvermutung ausdrücklich
betont, dass es sich um eine Momentaufnahme handelt und lediglich der
derzeitige Ermittlungsstand mitgeteilt wird. Gleichzeitig wird erklärt,
dass eine abschließende Beurteilung erst nachdem dem Kläger rechtliches
Gehör gewährt wurde, möglich ist. Damit ist die Mitteilung gerade nicht
vorverurteilend. Der Klägervortrag rechtfertigt auch nicht die Annahme,
dass sich die Vorwürfe des Haftbefehls nicht bestätigt, erweitert und
zum Großteil konkretisiert" haben, die Pressenmitteilung insoweit also
inhaltlich falsch gewesen wäre. Der Haftbefehl gegen den Kläger wurde
wegen des dringenden Tatverdachts der Untreue erlassen. Soweit der
Kläger auf den Unterschied zwischen "Scheinrechnungs- These" und "pro
bono -These" verweist, trägt dies seinen Vorwurf, die Staatsanwaltschaft
habe die Presse falsch informiert, nicht. Unabhängig davon, welche der
beiden Theorien die Staatsanwaltschaft verfolgt, handelt es sich in
beiden Fällen um den Verdacht der Untreue. Wegen dieses Verdachts wurde
das Ermittlungsverfahren gegen den Kläger eingeleitet und der Haftbefehl
erlassen. Zum Zeitpunkt der Aufhebung des Haftbefehls wurde auch weiter
hinsichtlich dieses Verdachts ermittelt. Insofern enthält die
Pressemitteilung keine Falschinformation. Dass die Beweislage auch die
pro-bono-These" zum Zeitpunkt der Pressemitteilung nicht mehr getragen
hätte, hat der Kläger nicht substantiiert vorgetragen. Schließlich
dürfte durch die spätere Zulassung der Anklage gegen den Kläger
feststehen, dass sowohl hinsichtlich des Vorwurfs der Veruntreuung von
180.000,- als auch hinsichtlich der Privatnutzung seines Dienstwagens
zu dem fraglichen Zeitpunkt ein hinreichender Tatverdacht vorlag. | Abs. 124 | | Über
die unter I.3, 4. und 6.a. zugesprochenen Beträge in Höhe von insgesamt
8.000,- hinaus steht dem Kläger im Hinblick auf die Äußerungen der
Staatsanwaltschaft unter I. 1., 2. und 6.b.ein
Geldentschädigungsanspruch in Höhe von weiteren 2.000 zu. Der Kläger
wurde durch die nacheinander folgenden einzelnen
Persönlichkeitsrechtsverletzungen insgesamt schwerwiegend in seinem
Persönlichkeitsrecht verletzt. Eine Genugtuung kann nicht anders als
durch die Gewährung einer Geldentschädigung erreicht werden. Die
schwerwiegende Persönlichkeitsrechtsverletzung ergibt sich aus der
zeitlichen Abfolge einer Reihe von Verletzungen, wegen der Bedeutung der
einzelnen Verletzungshandlungen und schließlich wegen der erheblichen
öffentlichen Aufmerksamkeit, die diese Äußerungen der Staatsanwaltschaft
erzielt haben. | Abs. 125 | | Der
Kläger wurde über einen Zeitraum von mehr als zwei Jahren hinweg immer
wieder durch Äußerungen der Staatsanwaltschaft in seinem allgemeinen
Persönlichkeitsrecht, sei es durch Falschmeldungen wie der angeblich
eingegangenen Anzeige wegen Vorenthaltung von Arbeitsentgelt, wegen des
zu erwartenden Strafmaßes von 15 Jahren oder wegen vorverurteilenden
Äußerungen in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt. Die
Verbreitung der falschen und vorverurteilenden Äußerungen war geeignet,
das Ansehen des Klägers in der Öffentlichkeit in besonderem Maße
herabzusetzen. Diese Wirkung kann nicht in anderer Weise als durch eine
Geldentschädigung ausgeglichen werden. Gerade im Hinblick auf die
Häufung der Vorfälle und die zwischenzeitlich vergangene Zeit wäre eine
Richtigstellung seitens der Staatsanwaltschaft nicht geeignet, die mit
der umfangreichen Medienberichterstattung verbunden persönliche
Beeinträchtigungen des Klägers rückgängig zu machen. | Abs. 126 | | I.
(III.) Schließlich steht dem Kläger auch ein Anspruch auf
Geldentschädigung in Höhe von weiteren 5.000,- im Hinblick auf das
Vorgehen der Staatsanwaltschaft im Zusammenhang mit der Anklageerhebung
gegen ihn zu. Unstreitig hat sich die Staatsanwaltschaft zu der
Anklageerhebung gegen den Kläger mindestens 10 Tage vor Zustellung der
Anklageschrift an den Kläger gegenüber Medienvertretern geäußert (vgl.
Anl. K. 41, Bl. 301,302 d.A.). In dem Beitrag der Allgemeinen Zeitung
vom 7.5.2012 und in Echo online vom selben Tag wird jeweils
Oberstaatsanwalt ... zitiert, der sich konkret zu den Hintergründen der
Anklageerhebung geäußert hat. | Abs. 127 | | Darin
liegt ein massiver Verstoß gegen das durch Art. 2 Abs. 1 GG in
Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG)
gewährleistete Recht auf ein rechtsstaatlich faires Verfahren, mit der
Folge, dass dem Kläger gem. § 839 BGB ein Anspruch auf Geldentschädigung
zusteht. Der Anspruch auf ein faires Verfahren beinhaltet u.a. ein
Recht auf Waffengleichheit zwischen der Strafverfolgungsbehörde und dem
Beschuldigten (HessVGH Beschluss vom 15.10.2001, Az. 10 TZ 1734/01), wie
es in Z. 23 Abs. 2 der Richtlinien für das Straf-und Bußgeldverfahren
und in den Richtlinien des GenStAs für die Zusammenarbeit der
Staatsanwaltschaft mit den Medien zum Ausdruck gekommen ist. Von einer
Waffengleichheit zwischen Strafverfolgungsbehörde und Beschuldigten kann
nur dann gesprochen werden, wenn Letzterer unmittelbar im Anschluss an
eine öffentliche Äußerung der Staatsanwaltschaft in der Lage ist, auf
Fragen von Medienvertretern fundiert zu antworten. Dazu ist es aber
erforderlich, dass ihm die Anklageschrift einen angemessenen Zeitraum
vorher vorlag und er die Möglichkeit hatte, deren Inhalt zur Kenntnis zu
nehmen. | Abs. 128 | | Dies
war im Falle des Klägers nicht möglich, da ihm die Anklageschrift erst
10 Tage nach den ersten öffentlichen Äußerungen der Staatsanwaltschaft
zugestellt wurde. Für die Rechtsverletzung ist in diesem Zusammenhang
unerheblich, ob und in welchem Umfang der Kläger wegen des zuvor gegen
ihn geführten Ermittlungsverfahrens über den Inhalt der Anklage
informiert war. Im Hinblick auf die fundamentale Bedeutung des in einem
Rechtsstaat bestehenden Anspruchs auf ein faires Verfahren ist allein
entscheidend, ob ein Beschuldigter die Möglichkeit hat, die
Anklageschrift selbst vor der Information der Öffentlichkeit zur
Kenntnis zu nehmen. Er kann in diesem Zusammenhang nicht auf
tatsächliche oder angebliche Vorkenntnisse verwiesen werden, zumal sich
die Zielrichtung von Ermittlungen - wie im Falle des Klägers auch - im
Laufe des Verfahrens häufig verändert. Es ist nicht ersichtlich, welches
anderweitige Interesse eine Information der Öffentlichkeit vor dem
Beschuldigten rechtfertigen könnte. Durch die Information der
Öffentlichkeit vor Zustellung der Anklageschrift an den Kläger, wurde
seine Möglichkeit, gegenüber den Medien adäquat zu reagieren, erheblich
beeinträchtigt und erschwert. | Abs. 129 | | Soweit
das beklagte Land vorträgt, der Pressesprecher der Staatsanwaltschaft
Wiesbaden habe sich über die Anklageerhebung gegen den Kläger lediglich
in seiner Privatsphäre telefonisch zu Fragen eines ihm seit langem
bekannten Journalisten geäußert, steht dies der Annahme einer
Amtspflichtverletzung nicht entgegen. Wer die Funktion eines
Pressesprechers ausübt, dem muss jederzeit bewusst sein, dass auch in
privatem Umfeld gestellte Fragen von Bekannten, Freunden und erst recht
Journalisten zu aktuellen Vorkommnissen mit hoher Wahrscheinlichkeit in
die Öffentlichkeit gelangen werden. | Abs. 130 | | Mit
der vorzeitigen Veröffentlichung der Anklageerhebung ist auch die
Schwelle einer Geldentschädigung überschritten. Entgegen der Auffassung
des beklagten Landes ist die Rechtsverletzung nicht dadurch ausgeräumt,
dass die Staatsanwaltschaft öffentlich Fehler eingeräumt hat. Die extrem
belastende Situation, sich gegenüber Strafvorwürfen, die einem nicht im
einzelnen konkret bekannt sind, nicht hinreichend verteidigen bzw.
darauf nicht angemessen reagieren zu können, lässt sich durch eine
nachträgliche Entschuldigung nicht ausgleichen. | Abs. 131 | | Im
Hinblick darauf, dass es sich insoweit um einen massiven Eingriff in
die Grundrechte des Klägers handelt, hält das Gericht eine
Geldentschädigung in Höhe von 5.000,- für angemessen. | Abs. 132 | | Das
beklagte Land ist nach § 291 BB zur Verzinsung der zugesprochenen
Geldentschädigung ab Rechtshängigkeit und damit ab dem 26.4.2012,
verpflichtet. | Abs. 133 | | I.(IV.)
Ein darüber hinausgehender Anspruch auf Geldentschädigung wegen der
Einleitung des 2. Ermittlungsverfahrens steht dem Kläger nicht zu. Sein
diesbezüglicher Vortrag ist nicht schlüssig. | Abs. 134 | | Der
Staatsanwaltschaft obliegt die Amtspflicht zur ordnungsgemäßen Führung
ihres Amtes auch dem Beschuldigten gegenüber (BGH Urt. vom 8.3.1956,
Az.III ZR 113/54). Aufgrund der intensiven Beeinträchtigungen, die ein
Ermittlungsverfahren für den Beschuldigten mit sich bringt, kommt § 152
StPO drittschützende Wirkung zu, so dass ein Verstoß zu einer
Staatshaftung führen kann (Meyer-Goßer, StPO, § 152 Rn. 4b,6).
Hinsichtlich der Frage, wann die Staatsanwaltschaft ein
Ermittlungsverfahren einleiten darf bzw. muss kommt ihr jedoch ein
erheblicher Beurteilungsspielraum zu, so dass die Entscheidung der
Staatsanwaltschaft lediglich auf ihre Vertretbarkeit, nicht aber auf
ihre Richtigkeit hin überprüft werden kann (Palandt/Sprau, BGB, § 839,
Rn. 140). Die Vertretbarkeit darf nur dann verneint werden, wenn bei
voller Würdigung auch der Belange einer funktionstüchtigen
Strafrechtspflege die Einleitung der Ermittlungen gegen den
Beschuldigten nicht mehr verständlich wäre (BGH Urteil vom 15.5.1997,
Az. III ZR 46/96) oder wenn die Einleitung eines Strafverfahrens gegen
den Beschuldigten bei kundigen Dritten mit gleichem Kenntnisstand
gewissermaßen ein Kopfschütteln hervorriefe (OLG Düsseldorf, Urteil
27.4.2005, Az. I-15 U 98/03, juris Rn.63). Bei der Prüfung, ob gemäß §
152 Abs. 2 StPO zureichende tatsächliche Anhaltspunkte für die
Einleitung eines Ermittlungsverfahren vorlagen, ist zu beachten, dass
die Staatsanwaltschaft bereits dann zur Einleitung eines
Ermittlungsverfahrens verpflichtet ist, wenn nach kriminalistischer
Erfahrung die Möglichkeit besteht, dass eine verfolgbaren Straftat
vorliegt (sog. Anfangsverdacht; BGH NJW 1998, 96, 97; BGH NJW 1994, 3162
(BGH 24.02.1994 - III ZR 76/92)). | Abs. 135 | | Der
Kläger hat keine Gesichtspunkte vorgetragen, aus denen sich die
Unvertretbarkeit der tatsächlichen und rechtlichen Erwägungen ergibt,
die die Staatsanwaltschaft zur Einleitung des zweiten
Ermittlungsverfahrens veranlasst haben. Zunächst ist darauf hinzuweisen,
dass der Kläger lediglich zu 10 der insgesamt 12 Rechnungen vorgetragen
hat, die Gegenstand des zweiten Ermittlungsverfahrens sind. Im Hinblick
darauf dürften die Ermittlungen zumindest hinsichtlich dieser zwei
Rechnungen auch aus Sicht des Klägers nicht rechtswidrig sein. | Abs. 136 | | Entgegen
der Behauptung des Klägers war keine der fraglichen Rechnungen
Gegenstand der Prüfung durch einen externen Wirtschaftsprüfer. In dem
Vermerk des hessischen Landeskriminalamts vom 2.12.2011 heißt es auf
Seite 2 (Bl. 345 d.A.) ausdrücklich: im Rahmen der Aufarbeitung des
Verfahrens sind
weitere Rechnungen bekannt geworden, über deren
Prüfung in diesem Vermerk berichtet wird. Bei den betreffenden
Rechnungen handelt es sich nicht um Rechnungen, die Bestandteil der
Prüfung durch die ... gewesen waren. | Abs. 137 | | Soweit
der Kläger hinsichtlich der 10 Rechnungen der Fa. ... an ... auf den
Vermerk des hessischen Landeskriminalamts vom 2.12.2011 verweist,
demzufolge sich keine Anhaltspunkte für Untreuehandlungen des Klägers
ergeben haben, handelt es sich dabei lediglich um ein Zwischenergebnis
polizeilicher Ermittlungen, das weder endgültig noch für die
Staatsanwaltschaft bindend ist. Das für den Kläger entlastende Ergebnis
wird in dem Vermerk ausschließlich mit Zeugenaussagen begründet. In dem
Vermerk wird zunächst darauf verwiesen, dass die Rechnungen überwiegend
nicht die Kriterien des § 14 (4) S. 1 Nr. 1-9 UStG erfüllen, da eine
eindeutige und nachvollziehbare Zuordnung der erbrachten Leistungen
nicht gewährleistet ist. Im weiteren wird eine Aussage des Zeugen ...
(...) referiert, der in seiner Vernehmung bekundet hat, dass keine der
beschriebenen Leistungen der Rechnungen seiner Ansicht nach infrage zu
stellen und auch die abgerechneten Leistungsentgelte plausibel seien (S.
8 des Vermerks, Bl. 351 d.A.). Im folgenden werden weitere
Zeugenaussagen von ...-Mitarbeitern wiedergegeben, die zum einen
bestätigt haben, dass es für die fraglichen Rechnungen zumindest keine
schriftlich fixierte Vertragsgrundlage gegeben habe, auf der anderen
Seite aber auch bestätigt haben, dass Leistungen hinsichtlich der zu
prüfenden Rechnungen erbracht wurden. Die Staatsanwaltschaft hat in
ihrem Schreiben vom 18.6.2012 (Anlage K 55, Bl. 341 f. d.A.) an den
Verfahrensbevollmächtigten des Klägers die Einleitung des 2.
Ermittlungsverfahrens damit begründet, dass zu keiner der überwiegend
von dem Kläger freigezeichneten Rechnungen bisher eine schriftliche
vertragliche Grundlage aufgefunden werden konnte und dass die
Zeugenaussagen teils zu pauschal teils durch die weitere Entwicklung
widerlegt seien. Letzteres bezieht sich auf die vier Rechnungen, die
Gegenstand des gegen den Kläger eingeleiteten Strafverfahrens waren. In
diesem Zusammenhang verweist die Staatsanwaltschaft darauf, dass die
Einschätzung von Rechnungen als "plausibel" aufgrund der zum damaligen
Zeitpunkt vom Aufsichtsrat nicht im einzelnen geprüften Angaben des
Angeklagten nicht die Prüfung ersetze, ob in den angegebenen
Einzelfällen aufgrund einer vertraglichen Vereinbarung tatsächlich
Leistungen erbracht wurden. Diese Einschätzung, die die
Staatsanwaltschaft in dem oben genannten Schreiben an den
Verfahrensbevollmächtigten des Klägers auch hinreichend begründet hat,
erscheint aus damaliger Sicht nicht unvertretbar. Tatsächlich bleibt die
Aussage des Zeugen ... sehr vage und auch die anderen Zeugenaussagen
vermitteln den Eindruck unklarer Strukturen und intransparenter
Geschäftspraktiken. | Abs. 138 | | II.
Der Feststellungsantrag ist nicht begründet. Dem Kläger steht kein
Anspruch nach Art. 34 GG i.V.m. §§ 839, 823 Abs. 1 BGB, Art. 2 I i.V.m.
Art. 1 Abs. 1 GG gegen das beklagte Land zu. | Abs. 139 | | Dem
Kläger ist es nicht gelungen, den Nachweis dafür zu erbringen, dass ihm
durch rechtswidrige Äußerungen der Staatsanwaltschaft ein materieller
Schaden entstanden ist. | Abs. 140 | | Unstreitig
hat der Kläger im zeitlichen Zusammenhang mit dem eingeleiteten
Ermittlungsverfahren bzw. dem Erlass des Haftbefehls seine Ämter bei der
... und bei der ... verloren, ruhen lassen oder aufgegeben. Die
Beweisaufnahme hat jedoch auch unter Berücksichtigung der dem Kläger
nach § 287 ZPO zugutekommenden Beweiserleichterungen nicht mit der für
eine Überzeugungsbildung des Gerichts nach § 286 ZPO erforderlichen
Gewissheit bestätigt, dass die rechtswidrigen Äußerungen der
Staatsanwaltschaft hier zumindest mitursächlich gewesen sind. | Abs. 141 | | Dem
Kläger ist es hinsichtlich der haftungsbegründenden Kausalität nicht
gelungen zu beweisen, dass ohne die rechtswidrigen Äußerungen die
Kündigungen nicht oder zumindest nicht zu diesem Zeitpunkt ausgesprochen
worden wären. Für den Kausalitätsnachweis gelten dieselben Grundsätze
zur kausalen Verknüpfung von Rechtsgutsverletzung und Vermögensschaden
wie bei den übrigen Tatbeständen des Deliktsrechts. Die Kausalitätsfrage
ist danach anhand der Theorie des adäquaten Zusammenhangs zu prüfen.
Entscheidend ist danach, wie sich das Geschehen bei pflichtgemäßem
Handeln entwickelt hätte und wie sich die Vermögenslage des Betroffenen
in diesem Fall darstellen würde (vgl. juris Kommentar BGB Bd. 2.3, 2.
Aufl. Zimmerling § 839 Rn. 113 m.w.N.). Der Geschädigte muss beweisen,
dass ihm durch die Amtspflichtverletzung ein Schaden entstanden ist. Der
Amtspflichtverstoß ist für einen Schaden dann nicht kausal, wenn dieser
auch bei amtspflichtgemäßem Verhalten eingetreten wäre. Für die Frage
der Kausalität ist daher entscheidend, welchen Verlauf die Dinge bei
pflichtgemäßem Verhalten der Amtsträger genommen hätten und wie sich in
diesem Falle die Vermögenslage des Verletzten darstellen würde
(Münchener Kommentar zum BGB - Papier, § 839 Rn. 276 ff., m.w.N.). | Abs. 142 | | A.
Hinsichtlich des Ämterverlusts bei der ... und des hierdurch
entstandenen Schadens ist das Gericht nach dem Ergebnis der
Beweisaufnahme nicht davon überzeugt, dass die rechtswidrigen Äußerungen
der Staatsanwaltschaft mitursächlich für die Vertragsbeendigungen am
7.4.2011 waren. Als mitursächlich kommen zunächst nur 4 der insgesamt 7
rechtswidrigen Äußerungen der Staatsanwaltschaft überhaupt in Betracht,
da nur sie zeitlich vor der Aufsichtsratssitzung liegen, in der über die
Kündigungen entschieden wurde. Es handelt sich dabei um die
Fehlinformation über eine neue Anzeige gegen den Kläger wegen
Vorenthaltung von Arbeitsentgelt (Klagantrag II. (1)), die Aussagen,
dass man bereits jetzt Anklage erheben könne (II.(2)), dass sich die
Ermittlungen noch wochenlang hinziehen könnten und der Kläger mit eine
Haftstrafe von bis zu 15 Jahren rechnen müsse (II.(3)) und die Äußerung
des Staatsanwalts ... in der Hessenschau vom 6.4.2011, wonach
Scheinrechnungen" geschrieben worden seien II. (4)). Die anderen drei
rechtswidrigen Äußerungen (Klageanträge II. (5), es handele sich um
einen zweiten Fall ..." und II. (6a,b), der Kläger habe Zeugen in der
... eigenen Art" bedroht) liegen zeitlich nach diesem Datum, so dass
eine Kausalität für die von der ... ausgesprochenen Kündigungen
ausscheidet. | Abs. 143 | | Zunächst
legt der zeitliche Ablauf die Vermutung nahe, dass Grund für die
Vertragsbeendigungen die Verhaftung des Klägers und die
Hausdurchsuchungen waren: Die Falschinformation der Staatsanwaltschaft
zu der angeblich neuen Anzeigen gegen den Kläger wurde am 10.03.2011 in
der BILD-Zeitung veröffentlich, also fast einen Monat vor der
Entscheidung über die Kündigungen. Dass hier ein Zusammenhang bestehen
könnte, erscheint allein wegen des zeitlichen Abstands eher fernliegend. | Abs. 144 | | Auch
eine Ursächlichkeit der drei anderen rechtswidrigen Äußerungen sieht
das Gericht als nicht erwiesen an. Bereits seit Januar 2011 war die ...
durch die Medienberichterstattung über vermeintlich fragwürdige
finanzielle Verflechtungen zwischen der ... und ... unter Druck geraten.
Diese Veröffentlichungen gingen zunächst nicht auf Aktivitäten der
Staatsanwaltschaft zurück. Vielmehr nahm diese erst infolge der
Presseberichte ihre Ermittlungen auf. Der öffentliche Druck auf die ...
erhöhte sich durch das gegen den Kläger rechtmäßig - eingeleitete
staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren Ende Januar 2011 und die
Berichterstattung darüber. Offenbar waren auch schon einzelne Sponsoren
nervös geworden. Trotz des im Raum stehenden Verdachts sowie der
medialen Resonanz und des damit einhergehenden Reputationsverlusts
zeigte sich die ... zumindest nach außen über Monate hinweg solidarisch
mit dem Kläger. Diese Solidarität endete jedoch unmittelbar nach der
Verhaftung des Klägers und den zeitgleich durchgeführten
Hausdurchsuchungen. Nachdem die Staatsanwaltschaft am 2.4.2011 einen
Haftbefehl gegen den Kläger beantragt hatte, wurde dieser am 4.4.2011
festgenommen und dem Haftrichter vorgeführt. Am selben Tag gab es
umfangreiche Durchsuchungen. Hierüber wurde in den Medien ausführlich
berichtet. Einen Tag später, am 5. April trat der Kläger als Präsident
der ... zurück. Lediglich drei Tage nach seiner Festnahme, nämlich am
7.4.2011 wurde er mit sofortiger Wirkung als Geschäftsführer der ...
abberufen und der Hochschullehrervertrag und der
Geschäftsführerdienstvertrag gekündigt. Bereits vor diesem Hintergrund
und im Hinblick auf die Vielzahl von Veröffentlichungen, die auf
rechtmäßige Maßnahmen und Äußerungen der Ermittlungsbehörden zurückgehen
und dem Ansehen des Klägers und der ... in der Öffentlichkeit erheblich
schadeten erscheint fraglich, ob die drei rechtswidrigen Äußerungen der
Staatsanwaltschaft tatsächlich überhaupt eine Rolle gespielt haben
können für die drei Tage nach Erlass des Haftbefehls beschlossene
Entlassung. | Abs. 145 | | Hierbei
ist auch zu berücksichtigen, dass eine Verhaftung und die Durchsuchung
von Wohn-und Geschäftsräumen in der öffentlichen Wahrnehmung generell
als massiver Hinweis auf einen dringenden Tatverdacht bezüglich einer
gravierenden Straftat gewertet werden und zwar in deutlich höherem Maße
als die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens. Bei einer Institution
wie der ..., die auf Sponsoren angewiesen ist, bedeutet dies einen
immensen Reputationsschaden. Da Sponsoren sich von der Unterstützung
einer bestimmten Institution regelmäßig einen eigenen Imagegewinn
erwarten, liegt es nahe, dass sie ihr Sponsoring für eine private
Hochschule, deren Verwaltungsratsvorsitzender verhaftet und deren Räume
von der Staatsanwaltschaft durchsucht wurden, kritisch hinterfragen
werden. | Abs. 146 | | Gegen
eine Ursächlichkeit der rechtswidrigen staatsanwaltschaftlichen
Äußerungen für den Ämterverlust spricht auch das Anhörungsschreiben zur
vorsorglichen Verdachtskündigung des Vorsitzenden des Aufsichtsrats der
..., ..., vom 12.4.2011 (Anlage zum Protokoll vom 20.8.2013, Bl. 779
ff.). Unter 1 werden als Gründe für die vorsorgliche Verdachtskündigung
ausdrücklich der dringende Tatverdacht hinsichtlich des Tatbestandes der
Untreue zulasten der ... und die Festnahme aufgrund des Haftbefehls
wegen von der Staatsanwaltschaft und dem Amtsgericht gesehener
Verdunkelungsgefahr genannt. Im dritten Absatz heißt es wörtlich: Der
Aufsichtsrat unserer Gesellschaft war über den erfolgten
Durchsuchungsbeschluss und Ihre Verhaftung sowie den weiteren Bestand
des Haftbefehls überrascht. Aufgrund Ihrer Darstellungen ging der
Aufsichtsrat bisher davon aus, dass lediglich nur ein Anfangsverdacht zu
ihren Lasten bestünde. Tatsächlich gehen die Ermittlungsbehörden
ausweislich des Durchsuchungsbeschlusses und des Haftbefehls aber davon
aus, dass nach dem gesamten bisherigen Ermittlungsergebnis eine hohe
Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass Sie die Ihnen zur Last gelegten
Straftatbestände verwirklicht haben. | Abs. 147 | | Danach
haben die Äußerungen der Staatsanwaltschaft im Vorfeld der Verhaftung
für die Kündigung scheinbar keine Rolle gespielt. Jedenfalls werden sie
und der durch sie erzeugte öffentliche Druck auf die ... in dem
Schreiben mit keinem Wort erwähnt. Vielmehr wird die Kündigung damit
begründet, dass die bisherigen Beteuerungen des Klägers, gegen ihn
bestünde lediglich ein Anfangsverdacht, durch den Erlass des Haftbefehls
und des Durchsuchungsbeschlusses offensichtlich widerlegt waren. Auch
nach dem Protokoll der Sitzung vom 7.4.2011 (Anl. Zum Protokoll vom
6.5.2014, Bl. 989 ff.) hat sich durch die Verhaftung des Klägers und die
Hausdurchsuchungen eine neue Situation ergeben, die die Kündigungen
erforderlich machte, um Schaden von der ... abzuwenden. Laut Protokoll
war dies der Tenor der anschließenden Presseerklärung. Auch in dem
Protokoll findet sich kein Hinweis darauf, dass die rechtswidrigen
Äußerungen der Staatsanwaltschaft mitursächlich für die Kündigungen
waren. | Abs. 148 | | Die
Vernehmung der Zeugen zu den Gründen, die zu den Kündigungen seitens
der ... geführt haben, hat kein klares Bild ergeben: Zunächst hat die
Beweisaufnahme den Klägervortrag nicht bestätigt, dass die Entscheidung
über die Kündigungen in der Aufsichtsratssitzung vom 7.4.2011 unter dem
Eindruck einer Darstellung der Presseberichterstattung getroffen wurde.
Soweit der Kläger behauptet hat, die Zeugin ... habe in der Sitzung auf
Bitten des Aufsichtsrats einen Überblick über die aktuellen
Presseberichte gegeben, hat die Zeugin dies nicht bestätigt. Sie hat
vielmehr bekundet, die Sitzung pressemäßig" nicht vorbereitet zu haben.
Auch habe sie in der Sitzung nicht über Presseartikel berichtet,
sondern sei lediglich hinzu gerufen worden, um eine Presseinformation
aufzunehmen. | Abs. 149 | | Hinsichtlich
der Frage, inwieweit in der fraglichen Sitzung Presseberichte, die auf
rechtswidrige Äußerungen der Staatsanwaltschaft zurückgingen, eine Rolle
gespielt haben, waren die Aussagen der Zeugen unterschiedlich.
Teilweise haben sie den Klägervortrag insoweit bestätigt, teilweise
haben sie dem explizit widersprochen. Der Zeuge ... hat den
Klägervortrag zu den Kündigungsgründen zunächst nicht bestätigt und
erklärt, man sei vor allem erschüttert gewesen, dass es einen Haftbefehl
gab, der nicht aufgehoben, sondern nur außer Vollzug gesetzt worden
war. Die Äußerungen des Zeugen entsprachen damit inhaltlich im
Wesentlichen dem bereits oben erwähnte Anhörungsschreiben des
Aufsichtsratsvorsitzenden ... vom 12.4.2011, in dem als Gründe für die
Kündigungen der Haftbefehl und insbesondere der Umstand gesehen wurde,
dass gegen den Kläger nicht lediglich ein Anfangsverdacht sondern ein
dringender Tatverdacht besteht. Auf die Frage nach der Bedeutung der
Presseberichte erklärte der Zeuge, er habe zwar jeden Tag einen
Pressespiegel im Landtag und einen Pressespiegel der ... erhalten zu
haben. Die Presseberichte hätten jedoch seiner Erinnerung nach bei der
Aufsichtsratssitzung am 7.4.2011, bei der die Kündigungen beschlossen
wurden, keine entscheidende Rolle gespielt. Er hat klar bekundet, dass
dem Kläger aus den in dem Anhörungsschreiben vom 12.4.2011 genannten
Gründen" gekündigt worden sei. Die Äußerungen der Staatsanwaltschaft
werden darin ebenso wenig erwähnt wie der durch die Medienresonanz
erzeugte öffentliche Druck. Hierzu passt es nicht, wenn der Zeuge dann
auf Nachfragen hin erklärt, dass die öffentliche Wahrnehmung der
Berichterstattung und die Äußerungen des Staatsanwalts ... sicher eine
Rolle gespielt hätten" und man den öffentlichen Druck verspürt habe. Die
Äußerungen des Staatsanwalts ... hätten den dringenden Tatverdacht
untermauert. Seine Ankündigung, dass das Verfahren noch lange dauern
würde hier erinnerte er sich plötzlich wieder an konkrete Äußerungen -
habe eine wichtige Rolle gespielt". | Abs. 150 | | Die
Aussage der Zeugin ... war insoweit nicht ergiebig, da die Zeugin der
Sitzung nur kurzzeitig beigewohnt hat, nämlich um die Pressemitteilung
aufzunehmen. Dazu, was in der Sitzung besprochen wurde und welche Gründe
letztlich für die Entscheidung, dem Kläger zu kündigen maßgeblich
waren, konnte sie aus eigener Wahrnehmung nichts sagen. Soweit sie von
Gesprächen mit Aufsichtsratsmitgliedern über Presseberichte und
Äußerungen der Staatsanwaltschaft berichtet hat, hat ihre Aussage keinen
unmittelbaren Beweiswert. Auch wenn es innerhalb der ...
selbstverständlich Diskussionen darüber gab, sagt dies nichts darüber
aus, was letztendlich die Gründe für die Kündigungen waren,
insbesondere, ob eine der rechtswidrigen Äußerungen der
Staatsanwaltschaft hierbei eine Rolle gespielt hat. | Abs. 151 | | Die
Zeugen ... und ... haben im Ergebnis bestätigt, dass die Äußerungen der
Staatsanwaltschaft jedenfalls mitursächlich für die Kündigungen waren.
Der Zeuge ... nannte in seiner Vernehmung als Gründe für die
Aufsichtsratssitzung am 7.4.2011 die "aktuellen Umstände". Es sei um die
Verhaftung des Klägers und die damit verbundene Kommunikation gegangen.
Ähnlich wie der Zeuge ... äußerte der Zeuge zunächst, nach dem
Spiegelartikel Anfang Januar 2011 und Überprüfung der gegen den Kläger
erhobenen Vorwürfe sei der Aufsichtsrat davon ausgegangen, dass sich die
Sache schnell auflösen würde. In der Aufsichtsratssitzung habe dann
aber neben der Verhaftung des Klägers eine Rolle gespielt, dass ihm nach
Äußerungen der Staatsanwaltschaft ein Strafmaß von 15 Jahren drohe und
es noch länger dauern könne". Es sei um Zitate des Pressesprechers der
Staatsanwaltschaft gegangen; vor dem Hintergrund dieser Äußerungen habe
sich der Aufsichtsrat "wider besseres Wissen gezwungen" gesehen, sich
von dem Kläger zu trennen. Bis dahin sei man der Meinung gewesen, dass
man an ihm festhalten solle. Zu den Gründen für die Kündigungen erklärte
der Zeuge explizit, wenn es nur die Verhaftung gegeben hätte, hätte
möglicherweise eine tiefere Diskussion stattgefunden. Man hätte dann
möglicherweise eine andere Lösung gesucht, beispielsweise eine
Freistellung des Klägers. Er halte es für gut möglich, dass, wenn nur
die Verhaftung stattgefunden hätte, eine andere Lösung hinsichtlich des
Hochschullehrersvertrages gefunden worden wäre. Allerdings habe man sich
dann aufgrund der Berichterstattung für die Kündigungen entschieden.
Auch der Zeuge ... hat hinsichtlich der Kündigungsgründe erklärt, dass
die mediale Resonanz hierbei eine große Rolle gespielt habe und in
diesem Zusammenhang u.a. die Äußerungen des Staatsanwalts ... genannt,
wonach man bereits jetzt Anklage erheben könne und die Ermittlungen
ausweiten werde. | Abs. 152 | | Dagegen
haben die Zeugen ... und ... ausgesagt, die Presseberichte hätten keine
Rolle gespielt, vielmehr seien der Haftbefehl und die Durchsuchungen
entscheidend für die Kündigungen gewesen. Der Zeuge ... hat insoweit
plausibel darauf verwiesen, dass mit der Aussetzung des Haftbefehls ein
Kontaktverbot verbunden war, das eine Zusammenarbeit mit dem Kläger
unmöglich gemacht habe. Durch das umfassende Kommunikationsverbot sei
das Amt für den Kläger praktisch nicht mehr ausführbar gewesen. Für alle
drei Zeugen spielte aber offenbar auch das von ihnen als unangemessen
beschriebene Verhalten des Klägers eine Rolle. Die Zeugen haben in
diesem Zusammenhang die aggressive Verfolgung der vermeintlichen
Verräter durch den Kläger sehr plastisch geschildert. Aus Sicht des
Zeugen ... war der hierdurch innerhalb der ... hervorgerufene
Akzeptanzverlust sogar der wichtigste Grund für die gegenüber dem Kläger
ausgesprochenen Kündigungen. Der Zeuge ... hat in diesem Zusammenhang
noch auf zwei weitere Aspekte hingewiesen, die für die Geschäftsführung
der ... von erheblicher Bedeutung gewesen seien: Zu dem fraglichen
Zeitpunkt bemühte sich die ... um ein Gütesiegel (Equis- Akreditierung),
dessen Verleihung durch die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen gegen
den Kläger zu scheitern drohte. Außerdem wurden der Geschäftsführung
Unterlagen vorgelegt, die den Verdacht gegen den Kläger erhärteten. | Abs. 153 | | Das
Gericht sieht keinen Anlass, die Glaubwürdigkeit einzelner Zeugen
infrage zu stellen. Die Zeugen habe die Entwicklung in weiten Teilen
übereinstimmend geschildert. Insgesamt wurde bei allen Aussagen
deutlich, dass es bei diesem dynamischen Prozess, der schließlich zu den
gegenüber dem Kläger ausgesprochenen Kündigungen geführt hat, im
Nachhinein schwierig ist, einzelne Umstände zu gewichten. Dies gilt umso
mehr, wenn - wie hier - Wahrnehmungen und Erinnerungen durch eine
öffentliche Diskussionen und Berichterstattung sowie vorangegangene
Zeugenvernehmungen in dem Strafverfahren beeinflusst werden. Die
Zeugenaussagen ergeben insgesamt das Bild einer rasanten Entwicklung,
beginnend mit den ersten Vorwürfen gegen den Kläger, die zunächst
überwiegend einen Solidarisierungseffekt hatten, der auch nach
Einleitung des Ermittlungsverfahrens durch die Staatsanwaltschaft
ungebrochen war; gleichzeitig die von dem Kläger initiierte Suche nach
den "Verrätern", die zur Beurlaubung der ... und ... führte, was
wiederum Widerstand innerhalb der Professorenschaft gegen den Kläger
mobilisierte und zu ersten Rücktrittsforderungen führt. Auch innerhalb
der Geschäftsführung und des Aufsichtsrats gehen erste Mitglieder
innerlich auf Distanz zu dem Kläger. Die ständige medialer Begleitung
der Vorgänge führte nicht nur zur Unruhe innerhalb der Universität,
insbesondere bei Studenten und ihren Eltern sondern irritierte auch
zunehmend Sponsoren der .... Neben dem öffentlichen Druck drohte die
Hochschule nun auch wirtschaftlich unter Druck zu geraten; schließlich
die Ereignisse am 4.4.2011, die Festnahme und die Hausdurchsuchungen,
die nach Aussage mehrerer Zeugen zu einer völlig neuen Situation geführt
haben. Auch wenn dieser Geschehensablauf von allen Zeugen weitegehend
übereinstimmend geschildert wurde, sind die Aussagen hinsichtlich der
Ursachen für die Kündigungen uneinheitlich, so dass insoweit ein non
liquet vorliegt. | Abs. 154 | | Vor
diesem Hintergrund ist das Gericht aufgrund der Beweisaufnahme nicht
davon überzeugt, dass ohne die rechtswidrigen Äußerungen der
Staatsanwaltschaft die Kündigungen am 7.4.2011 nicht beschlossen worden
wären. Der Klageantrag II. ist somit mangels Nachweises eines durch die
rechtswidrigen Äußerungen verursachten Schadens unbegründet. | Abs. 155 | | B.
Soweit der Kläger behauptet, durch den Verlust seiner
Verwaltungsratstätigkeit für die ... und deren Tochtergesellschaften sei
ihm ein Schaden entstanden, ist sein diesbezüglicher Vortrag
unschlüssig. Selbst wenn der Verlust seines Verwaltungsratsmandats bei
der ... durch die rechtswidrigen Äußerungen der Staatsanwaltschaft
mitverursacht wäre, fehlt es seinem eigenen Vortrag in dem Schriftsatz
vom 7.4.2015 zufolge an einem hierdurch äquivalent kausal verursachten
Schaden. Ein solcher Schaden läge dann vor, wenn - wie der Kläger
ursprünglich vorgetragen hat ihm für seine Verwaltungsratstätigkeit
vertraglich eine Vergütung zugestanden hätte. Das ist nach seinem neuen
Vortrag jedoch nicht der Fall. Danach soll dem Kläger durch den zwischen
der ... und der ... mittelbar eine Vergütung für seine
Verwaltungsratstätigkeit in der Form gewährt worden sein, dass das von
... an die ... gezahlte Beraterhonorar dem Kläger als deren
Alleineigentümer faktisch zugutekam. Gegen einen solchen Zusammenhang
zwischen Verwaltungsratstätigkeit und Beratungshonorar spricht auf den
ersten Blick, dass der Kläger seine Verwaltungsratstätigkeit mit
Schreiben vom 5.4.2011 kündigte, die Kündigung des Beratervertrages
jedoch auf den 21.4.2011 datiert. Wenn das Pauschalhonorar aus dem
Beratervertrag als Vergütung für die Verwaltungsratstätigkeit des
Klägers gedacht war, stellt sich die Frage, warum der jederzeit kündbare
Beratervertrag dann erst über zwei Wochen nach Beendigung des
Verwaltungsratsmandats gekündigt wurde. | Abs. 156 | | Selbst
wenn jedoch das Beratungshonorar in diesem Sinne als faktische
Vergütung für die Verwaltungsratstätigkeit des Klägers gedacht gewesen
sein sollte, haben die Parteien vertraglich eine andere Regelung
getroffen. Die Leistungsverpflichtung nach dem Beratervertrag bezog sich
als Gegenleistung für das Pauschalhonorar ausdrücklich auf eine
bestimmte Beratertätigkeit und nicht auf die Tätigkeit des Klägers als
Verwaltungsrat (Anl. K 109, Bl. 1179 ff.). Nach dem Klägervortrag
spielten bei Abschluss des Beratervertrages steuerliche Erwägungen eine
Rolle. Das bedeutet aber, dass diese Konstruktion bewusst so gewählt
wurde. Auch wenn das Motiv für den Beratervertrag ein anderer Zweck als
die Vergütung der Beratertätigkeit gewesen sein sollte, ist dies
schadensrechtlich unbeachtlich, da der gesonderte Beratervertrag aus
steuerlichen Erwägungen heraus genau so gewollt war. | Abs. 157 | | Unabhängig
davon ist ein etwaiger, durch die Kündigung des Vertrages entstandener
Schaden auch nicht dem Kläger, sondern allenfalls der SMG Publishing AG
entstanden. Denn nicht der Kläger als Eigentümer sondern die AG als
juristische Person war Vertragspartnerin und damit anspruchsberechtigt. | Abs. 158 | | III.
Der Feststellungsantrag hinsichtlich einer Schadensersatzpflicht des
beklagten Landes im Hinblick auf die öffentlichen Äußerungen der
Staatsanwaltschaft vor Bekanntgabe der Anklageschrift ist nicht
schlüssig. Der Kläger hat nicht vorgetragen, dass ihm durch diese
rechtswidrige Äußerung der Staatsanwaltschaft ein materieller Schaden
entstanden wäre. | Abs. 159 | | IV.
Der Feststellungsantrag hinsichtlich der Einleitung des 2.
Ermittlungsverfahrens ist unbegründet, da die Entscheidung der
Staatsanwaltschaft über die Einleitung des Ermittlungsverfahrens
rechtmäßig war. | Abs. 160 | | Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 ZPO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 S. 1 ZPO. | Abs. 161 | | | | |
| | | (online seit: 03.11.2015) | | | |
| | | Zitiervorschlag: Gericht, Datum, Aktenzeichen, JurPC Web-Dok, Abs. | |