JurPC Web-Dok. 25/2014 - DOI 10.7328/jurpcb201429229

LG Essen
Urteil vom 10.07.2013

42 O 86/12

Haftung für einen Eintrag in einem Branchenverzeichnis im Internet

JurPC Web-Dok. 25/2014, Abs. 1 - 24


Leitsatz (des Einsenders):

    Ein Unternehmer haftet nicht für einen wettbewerbswidrigen Eintrag in einem Branchenverzeichnis im Internet, wenn nicht nachgewiesen werden kann, dass er den Eintrag selbst geschaltet hat, sondern wenn auch die Möglichkeit besteht, dass Dritte oder der Betreiber des Branchenverzeichnisses den Eintrag geschaltet haben, indem z.B. der Eintrag durch den Betreiber des Branchenverzeichnisses aus einem anderen Branchenverzeichnis übernommen wurde.

Tatbestand

Der Kläger ist ein Wettbewerbsverein, der Beklagte betreibt eine Kfz-Werkstatt unter der Geschäftsbezeichnung „XXX Kfz-Werkstatt“. Nach vorangegangener Abmahnung durch den Kläger wegen einer im E-Branchenbuch, Ausgabe 2010/2011, erschienenen Webeanzeige gab der Beklagte am 5.10.2012 eine Unterlassungserklärung ab, wonach er sich verpflichtete es zu unterlassen im geschäftlichen Verkehr JurPC Web-Dok.
25/2014, Abs. 1
a) Mit dem Hinweis „TÜV“ zu werben, sofern die so gekennzeichneten Leistungen nicht vom Technischen Überwachungs-Verein (TÜV) erbracht werde, Abs. 2
und/oder Abs. 3
b) mit der Angabe „ASU“ zu werben, ohne ein anerkannter AU-Betrieb der zuständigen Innung des Kraftfahrzeug-Gewerbes zu sein, Abs. 4
und/oder Abs. 5
c) eine Sachverständigentätigkeit („Gutachter für KFZ“) werblich mit der Ausübung eines Handwerks und/oder Gewerbes aus dem Kfz-Bereich zu verknüpfen. Abs. 6
Für jeden Fall der schuldhaften Zuwiderhandlung verpflichtete sich der Beklagte zur Zahlung einer Vertragsstrafe in Höhe von 4.000,- €. Abs. 7
Der Kläger trägt vor: Abs. 8
Am 22.11.2011 sei festgestellt worden, dass der Beklagte im Internet im S-Branchenbuch Essen auf der web-Seite www.xxx.com für seine Kfz-Werkstatt wie folgt werbe: Abs. 9
„Ihr Kfz-Meisterbetrieb Abs. 10
- Reparaturen aller Fabrikate Abs. 11
- Annahme TÜV + ASU Abs. 12
- Kfz-Unfallsachverständiger“ Abs. 13
Der Kläger beantragt, Abs. 14
den Beklagten zu verurteilen,
4.000,- € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 2. März 2012 zu zahlen.
Abs. 15
Der Beklagte beantragt, Abs. 16
die Klage abzuweisen. Abs. 17
Der Beklagte trägt vor: Abs. 18
Nach Abgabe der Unterlassungserklärung habe er – der Beklagte- das E-Branchenbuch angewiesen, die wettbewerbswidrige Anzeige aus dem Branchenbuch zu löschen. Dies sei so erfolgt, dass seine Ehefrau den Mitarbeiter L. vom E-Branchenbuch angewiesen hätte, die Anzeige zu löschen. Dies sei auch geschehen. Für den nun behaupteten Rechtsverstoß sei er –der Beklagte- nicht verantwortlich. Insbesondere habe er zu einer Fa. O. keinen Kontakt gehabt. Möglicher Weise sei die Schaltung der Anzeige auf www.xxx.com eine Eigenmächtigkeit des Betreibers der web-Seite gewesen, weil dieser nicht über genügend eigene Einträge verfügt habe. Abs. 19
Das Gericht hat Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung der Zeugen D., L. und M.. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 10.7.2013 Bezug genommen. Abs. 20

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet. Abs. 21
Dem Kläger steht gegen den Beklagten kein Anspruch auf Zahlung einer Vertragsstrafe wegen Verstoßes gegen die Unterlassungsverpflichtung vom 5.10.2010 zu; ihm ist der Beweis für seine Behauptung, der Beklagte habe gegen die vereinbarte Verpflichtung verstoßen nicht gelungen. Das Gericht hat nicht die Überzeugung dafür gewinnen können, dass die vom Kläger angeführte Anzeige im S-Branchenbuch (www.xxx.com) auf ein schuldhaftes, dem Beklagten zurechnendes Verhalten zurückzuführen ist. Der Zeuge D. hat zwar bekundet, dass die hier in Rede stehende Anzeige ihrer äußeren Erscheinung nach auf die Ausfüllung eines Eintragsformulars zurückzuführen ist, das online unter Nennung einer e-mail-Adresse ausgefüllt wird, wobei die e-mail-Adresse durch Zusendung eines zu bestätigenden Codes verifiziert wird. Allerdings konnte der Zeuge keinerlei Angaben machen zur konkreten Auftragserteilung, da nach seinen Bekundungen die dem Auftrag zugrundeliegenden Datensätze alle gelöscht worden sind. Damit steht noch nicht einmal fest, von welcher e-mail-Adresse aus die Anzeige in Auftrag gegeben worden ist. Der Zeuge L., die Zeugin M. und der Beklagte im Rahmen seiner Anhörung nach § 141 ZPO haben in sich schlüssig und glaubhaft ausgesagt, die hier im Streit stehende Anzeige in keiner Weise veranlasst zu haben. Abs. 22
Für die Behauptung des Klägers streitet auch kein Anscheinsbeweis. Allein der Umstand, dass im Internet eine Werbung für einen Unternehmer erscheint, löst nicht die Annahme aus, der Unternehmer habe in wettbewerbsrechtlich verantwortlicher Weise daran mitgewirkt (vgl. BGH NJW 1997, 2757 ff.). Auch lässt der besondere Geschäftsablauf, der zur Eintragung im S-Branchenbuch führt, nicht auf einen solchen Anscheinsbeweis schließen. Selbst bei Wahrunterstellung der Aussage des Zeugen D. ließe sich kein Anscheinsbeweis dafür begründen, dass der Beklagte die Anzeige in Auftrag gegeben hat. Denn die sog. Verifizierung der e-mail-Adresse beschränkt sich nach den Bekunden des Zeugen D. eben nur darauf, dass der Benutzer der e-mail-Adresse die in Auftrag gegebene Anzeige auch tatsächlich wünscht. Keine Verifizierung erfolgt dahingehend, dass der Betreiber der e-mail-Adresse auch zur Aufgabe der Anzeige berechtigt ist, etwa weil er die Anzeige in eigener Sache aufgibt oder weil er von dem Berechtigten beauftragt worden ist. Nur der Vollständigkeit halber sei noch angefügt, dass der Kammer auch nach der Aussage der Zeugen D. und L. Zweifel geblieben sind, ob nicht die ursprüngliche Anzeige im E-Branchenbuch doch –auf welchem Wege auch immer- autorisiert oder unautorisiert- kopiert worden sind und auf eine Weise Eingang in das S-Branchenbuch gefunden hat, die dem Beklagten nicht zuzurechnen ist. Zu Recht verweist der Beklagtenvertreter in diesem Zusammenhang auf die Interessenlage der Betreiber eines solchen Branchenverzeichnisses, die nur bei möglichst vielen Einträgen auf viele Benutzer hoffen können. Abs. 23
Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91, 708 Ziffer 11, 711 ZPO.
JurPC Web-Dok.
25/2014, Abs. 24
Anmerkung der Redaktion:
Die Entscheidung wurde freundlicherweise von RA Dr. Bernd Lorenz, Essen eingesandt. Von ihm stammt auch der Leitsatz.
[ online seit: 11.02.2014 ]
Zitiervorschlag: Gericht, Datum, Aktenzeichen, JurPC Web-Dok., Abs.
Zitiervorschlag: LG Essen, Urteil vom 10.07.2013, 42 O 86/12, Haftung für einen Eintrag in einem Branchenverzeichnis im Internet - JurPC-Web-Dok. 0025/2014