Marc Aurel Hildinger *Das Lernprogramm ELAN-REF in der juristischen Ausbildung des Landes |
Einleitung |
E-Learning (elektronisch unterstütztes Lernen) erfreut sich momentan größter Beliebtheit. Projekte und Plattformen schießen wie Pilze aus dem Boden. Innovative Konzepte erobern zunehmend klassische Lernfelder. Diesen Trend haben bereits große amerikanische Universitäten erkannt. Die E-Learning-Plattform edX(2)etwa, um nur ein Beispiel zu nennen, ist ein Zusammenschluss renommierter Universitäten wie der Harvard University und des Massachusetts Institute of Technology (MIT). Dort werden vorwiegend naturwissenschaftliche und informationstechnologische Kurse angeboten, die zeit- und ortsunabhängig von jedem wissbegierigen Interessenten absolviert werden können. Auch andere Plattformen wie eines der bislang größten Angebote Coursera(3)drängen mit Macht auf einen Markt, der noch nicht unbedingt als solcher zu erkennen ist. Denn bisher sind die Angebote oftmals kostenlos. Kosten fallen allenfalls für die eindeutige Identifikation der Nutzer an. Die nötige Selbstdisziplin vorausgesetzt, ist es oft sogar möglich eine Bestätigung(4)über die erfolgreiche Teilnahme an solchen Kursen zu erlangen. | JurPC Web-Dok. 140/2013, Abs. 1 |
Auch in Deutschland sind bereits zahlreiche Projekte ins Leben gerufen worden, die dem Trend folgend elektronisch gestützte Kurse anbieten. So ist das Hasso Plattner Institut zu nennen, das unter der Plattform openHPI(5)jedem Interessierten kostenfrei Informatik-Kurse bietet. Daneben haben viele Universitäten(6)eigene Plattformen, auf welchen sie Studierenden mithilfe des E-Learnings Fachwissen vermitteln möchten. Es drängt sich daher die Frage auf, welchen Stand das E-Learning im juristischen Bereich hat? Es wird teils die Meinung geäußert(7), dass es darum, zumindest wenn es um E-Learning in der juristischen Ausbildung geht, nicht allzu gut bestellt. Juristen, häufig als eher konservativ erkannt, mögen dazu neigen, technische Entwicklungen, welche sich bereits in anderen Fächern etabliert haben, nur zögerlich für ihr Fach zu verwenden. | Abs. 2 |
Jedenfalls scheint es gerade in diesem Bereich Missverständnisse über E-Learning zu geben. Auch wenn es sicherlich genügend Gegenbeispiele geben mag, ist man in der Vergangenheit nur allzu oft dem Irrtum erlegen, E-Learning sei das Bereitstellen von Dokumenten, welche auf einem Server liegend ständig verfügbar sind. Dies ist mitnichten der Fall. Eine Definition für den Begriff E-Learning zu finden, ist müßig, denn es herrscht keine Einigkeit hierüber.(8)Einigkeit besteht aber hinsichtlich der Bezugspunkte des E-Learnings: elektronische Medien, Lerninhalte, Lernprozess und Informationsaustausch. Diese Bezugspunkte führen zu der Umschreibung, dass E-Learning alle Formen des Lernens darstellt, die mithilfe elektronischer Medien Lerninhalte präsentieren und dabei den autonomen Lernprozess des Einzelnen und/oder den Informationsaustausch einer Gemeinschaft fördern. Ein so interpretiertes E-Learning kann aber nur unter der Prämisse der Ausnutzung, wenn nicht aller, so doch eines Großteils der durch ein gewähltes Medium bestehenden Möglichkeiten geeignet sein, den Lernenden Lerninhalte zu vermitteln. Dass dies, zumindest bezogen auf die Ausbildung von Rechtsreferendaren, bereits in dieser Weise praktiziert wird, zeigt das Justizministerium des Landes Baden-Württemberg. Dieses ist neue Wege gegangen und hat hinsichtlich der Wissensvermittlung durch E-Learning im juristischen Vorbereitungsdienst eine Vorreiterrolle eingenommen. | Abs. 3 |
Der vorliegende Aufsatz soll dazu dienen, das im April 2011 erstmals für Referendare des Landes Baden-Württemberg verfügbare E-Learning-Programm ELAN-REF(9)(Elektronisches Lernen Ausbildung im Netzwerk für Referendarinnen und Referendare) vorzustellen. | Abs. 4 |
ELAN-REF: Entstehung |
Dem Konzept ELAN ging eine lange Entwicklungsgeschichte voraus, welche bis ins Jahr 1998 zurückreicht, bevor es schlussendlich in der heutigen Form ab April 2011 für die Referendare in Baden-Württemberg zur Verfügung gestellt wurde. Zur damaligen Zeit hatte das österreichische Bundesministerium für Justiz (BMJ) das Konzept ELAN zunächst für IT-Schulungen zur Registerführung eingeführt. In der Folge wurde das Angebot jährlich erweitert. 2006 kam etwa ein E-Learning für Gerichtsvollzieher zum Einsatz, das einen Teil der Grundausbildung und des Fachdienstes abdeckte. Mehr und mehr etablierte sich das ELAN-Projekt zu einem integralen Bestandteil verschiedener Ausbildungsberufe der Justiz in Österreich und wurde Ausgangspunkt für die Konzeption vieler weiterer Kurse in der Justiz. Weitere Werkzeuge zur Erstellung von E-Learning Modulen wurden geschaffen, ein Konzept für Universitäten wurde erstellt, ehe man im Jahre 2009 mit dem Landesjustizministerium Baden-Württemberg ein Kooperationsprojekt startete. | Abs. 5 |
Für die technische Realisierung wie auch die Gestaltung der grafischen Oberfläche zeichnet sich die Bundesrechenzentrum GmbH aus Wien verantwortlich, welche ihre bereits aus dem ELAN-Framework gewonnen Erfahrungen für die Umsetzung des ELAN-REF einsetzten. Das österreichische BMJ stand beratend und unterstützend bei der Realisierung des Projekts zur Seite. | Abs. 6 |
Was zum fertigen Produkt allerdings fehlte, waren die juristischen Inhalte, die nicht nur an deutsches Recht angepasst, sondern auch an die speziellen Bedürfnisse von Referendaren des Landes Baden-Württemberg ausgerichtet werden mussten. Diese Inhalte - und dies kann nicht genug betont werden - wurden allesamt in ehrenamtlicher Tätigkeit unter der Leitung von Herrn Ministerialrat Dr. Stauß und Herrn Regierungsdirektor Altemeier vom Justizministerium Baden-Württemberg erstellt. Dabei erhielten die in der Justiz tätigen Mitwirkenden, darunter erfahrene Ausbildungsleiter, keine Freistellung um das vorliegende Konzept mit Inhalten auszustatten, sondern mussten dafür zahlreiche Stunden ihrer Freizeit opfern. Gleich einem Film wurde ein detailliertes Drehbuch entworfen, das genau beinhaltet wie und wann die audiovisuellen Elemente des Lernprogramms auftreten und zusammenspielen. In regelmäßigen Workshops wurden Verbesserungsvorschläge, Rahmenbedingungen, Lernziele und Erfolgsfaktoren diskutiert und umgesetzt. Das Ergebnis ist - wie noch zu zeigen sein wird - überzeugend. | Abs. 7 |
ELAN-REF: Zielsetzung |
Dem Selbstverständnis des Justizministeriums Baden-Württemberg gemäß ist es Ziel des Lernprogramms, Basiswissen praxisorientiert zu vermitteln und zu wiederholen, indem den Referendaren ein Lernmedium als Arbeitshilfe an die Hand gegeben wird, das konsequent die vielfältigen Möglichkeiten einer multimedialen Darstellung und Übung nutzt. Keinesfalls soll der Präsenzunterricht oder das Studium einschlägiger Fachliteratur ersetzen werden. Daher dient ELAN-REF als Vorbereitung bzw. Begleitung zu den jeweiligen Einführungslehrgängen der Stationen, aber auch der Nachbereitung des dort gelehrten Stoffs. Eine frühzeitige Vermittlung eines Gesamtverständnisses für die Abläufe in der juristischen Praxis soll damit gewährleistet und der Grundstein für eine vertiefte Behandlung der examensrelevanten Ausbildungsinhalte im Präsenzunterricht gelegt werden. Durch diese Kombination, also die Verzahnung von E-Learning und Präsenzunterricht, dem sog. blended learning, soll sich in der Summe ein guter Ausbildungserfolg einstellen. | Abs. 8 |
ELAN-REF: Bedienung und Aufbau |
Das Lernprogramm ELAN-REF ist webbasiert und läuft vollständig im Browser ab. Es bedient sich der weitverbreiteten Technik von Adobe Flash, wodurch Animationen neben herkömmlichen audiovisuellen Darstellungen möglich werden. Die sonstigen Systemanforderungen halten sich gering. Eine Bildschirmauflösung von 1024x768 ist Voraussetzung. Um eine flächendeckende Versorgung mit dem Lernprogramm sicherzustellen und diejenigen Referendare nicht auszuschließen, welche über keine eigene Internetverbindung verfügen, wird zusätzlich eine Offline-Version bereitgestellt. Allerdings stehen dann einige Funktionen, wie die Verlinkung auf die Gesetzestexte und die Feedbackfunktionen, nicht zur Verfügung. | Abs. 9 |
Die Bedienung erfolgt über Steuerelemente, die es dem Nutzer beispielsweise erlauben, innerhalb einer Lernlektion vor und zurück zu navigieren oder die Präsentation anzuhalten. Es besteht die Möglichkeit über ein Stichwortverzeichnis direkt einzelne Abschnitte des Lernprogramms aufzurufen. Mithilfe eines Buttons für Menü/Hauptmenü ist es jederzeit möglich in die Hauptansicht zurückzukehren. Daneben gibt es selbsterklärend einen Hilfe-Button. Eine Lernfortschrittsanzeige für jedes Kapitel gibt den Referendaren in Prozent Auskunft darüber, wie viele der Lernabschnitte sie bereits absolviert haben. | Abs. 10 |
Während der gesamten Präsentation wird der Großteil des angezeigten Textes von professionellen Sprechern nachgesprochen. Ein sog. Blättermodus ermöglicht es, die Sprecherstimmen stumm zu schalten und zugleich die fertige Animation anzuzeigen, ohne die sich sukzessive aufbauenden Schaubilder abwarten zu müssen. Dadurch soll das schnelle Wiederholen der Inhalte erleichtert werden. | Abs. 11 |
Eine große Stärke des Programms ist es, dass alle Paragraphen, auf die im Laufe der Präsentation Bezug genommen wird, direkt auf die Website www.gesetze-im-internet.de verlinkt sind. Eine Internetverbindung vorausgesetzt, hat man somit Zugriff auf alle im Programm verwendeten Paragraphen, selbst wenn ein Gesetzestext in physischer Form gerade nicht zur Verfügung steht. Hierdurch wird der Anspruch eines E-Learning-Programms unterstrichen, flexibles Lernen zu ermöglichen. | Abs. 12 |
Inhaltlich besteht ELAN-REF bislang aus einem zivilrechtlichen und einem strafrechtlichen Lernmodul. Die Wissensvermittlung beider Themenkomplexe basiert allerdings auf zwei völlig unterschiedlichen Konzepten. So ist das zivilrechtliche Lernmodul ähnlich einem Lehrbuch aufgebaut, wohingegen dem strafrechtlichen ein fiktiver Fall zugrunde liegt. Szenen und Videomaterial wurden mit Darstellern nachgestellt, die selbst in der Justiz tätig sind. Der Umfang der Lernmodule beträgt insgesamt ca. 22,5 Stunden (davon 16 Stunden für das Zivil- und 6,5 Stunden für das Strafrecht). | Abs. 13 |
Gemein ist beiden Lernmodulen, und dies stellt gleichfalls einen weiteren Vorteil des vorliegenden Lernprogramms dar, dass neben vielen Beispielen aus der Praxis Musterformulare aus der Justiz des Landes Baden-Württemberg im PDF-Format in die einzelnen Unterkapitel eingebunden sind. Diese Musterformulare stellen eine erhebliche Hilfe dar, wenn es etwa für die Referendare heißt, erstmals ein eigenes Urteil anzufertigen. Darüber hinaus werden den Referendaren die durch den Föderalismus bedingten und sich von anderen Ländern unterscheidenden Formalitäten und Besonderheiten Baden-Württembergs vor Augen geführt, was gerade denjenigen Referendaren den Einstieg erleichtert, die außerhalb Baden-Württembergs ihr 1. Staatsexamen absolviert haben. | Abs. 14 |
Neben der Präsentation spielt die Interaktion der Nutzer mit dem Lernprogramm eine gewichtige Rolle. Interagieren können diese, indem sie die zahlreichen Übungen durchführen, welche in die einzelnen Unterkapitel integriert sind und zumeist an deren Ende stehen. Die Bandbreite der Übungen reicht hier zunächst von durchaus fordernden Multiple-Choice Fragen über Lückentexte, die interaktiv durch Ziehen mit der Maus (Drag & Drop) um vorgegebene Elemente ergänzt werden müssen bis hin zu Übungen, die darin bestehen, Fehler in einem Text zu erkennen und anschließend zu markieren. Damit nicht genug gibt es weitere Übungsformen, auf die im Abschnitt über das jeweilige Lernmodul noch eingegangen wird. | Abs. 15 |
Das Lernprogramm gibt umgehend nach Bearbeiten der Übungsaufgabe ein Feedback, wobei es die Lösungen zu Übungen des Lernprogramms meist in gesonderten Fenstern anzeigt und meldet, ob die Übung von den Referendaren falsch, richtig oder teilweise richtig beantwortet wurde. Am Ende eines jeden Kapitels haben Referendare die Möglichkeit die bereits abgehandelten Übungen zufällig angeordnet noch einmal in einem Übungspool zu wiederholen. Nicht nur Selbstkontrolle dient ein Zertifikat, das bei Erreichen eines bestimmten Lernfortschritts erteilt wird und ausgedruckt werden kann. Während das Erlangen des Zertifikats im Zivilrecht nicht verpflichtend ist, ist dies im Strafrecht der Fall. Zu Beginn der Station Strafrecht müssen die Referendare das Zertifikat vorlegen, wodurch sichergestellt werden soll, dass die Arbeitsgemeinschaftsleiter von dem Durcharbeiten des Moduls und damit dem Vorhandensein eines strafprozessualen Basiswissens ausgehen können. | Abs. 16 |
Großen Wert legt man seitens des Justizministeriums darauf, wie das Lernprogramm von den Referendaren angenommen wird. Daher sind die Feedbackfunktionen des ELAN-REF sehr umfangreich ausgefallen. Jedes einzelne Kapitel innerhalb eines Lernmoduls ist mit einem Feedbackfragebogen ausgestattet. Ein integriertes Gesamtfeedback zeigt den Autoren des Lernprogramms, was gegebenenfalls geändert, ergänzt oder verbessert werden kann. Auf vielfachen Wunsch der Nutzer wurde etwa ein Stichwortverzeichnis nachgereicht, das in der Urversion des Programms nicht enthalten war. Die Abgabe des Feedbacks erfolgt anonym, personenbezogene Daten werden nicht erhoben. | Abs. 17 |
ELAN-REF: Lernmodul Zivilrecht |
Der Lernstoff wird im Zivilrecht ähnlich einem Lehrbuch nach Kapiteln unterteilt. Zunächst führt ein Einführungskapitel in die Bedienung des Lernprogramms ein und gibt einige nützliche Hinweise. Es folgt ein Kapitel „Allgemeines“, welches essentielle Bestandteile des Zivilprozesses wie Gerichtsaufbau und Instanzenzug oder Zuständigkeiten und Prozessmaximen, aber auch die Grundzüge des Kostenrechts abhandelt. Weiter geht es mit dem zivilrechtlichen Normalprozess, welcher den Ablauf eines Zivilverfahrens schildert und in dem Themen wie Klageschrift bis hin zum streitigen Urteil dargestellt werden. Der zivilrechtliche Teil des Lernprogramms schließt mit den Besonderheiten des Verfahrensgangs. Hier werden unter anderem Themen abgearbeitet, die den Referendaren schon größtenteils in Grundzügen aus dem 1. Staatsexamen bekannt sein dürften, darunter Widerklage, Säumnisverfahren, Erledigung und Klagerücknahme. Die einzelnen Kapitel sind jedoch auf die Anforderungen des Referendariats zugeschnitten und deutlich praxisbezogener. Stets werden die Lerninhalte von zahlreichen Beispielen und sich bewegenden Animationen, die der Veranschaulichung dienen, ergänzt und aufgewertet. So wird etwa die Drittwiderklage sukzessive im Sinne einer realen Prozesssituation als animiertes Schaubild dargestellt - eine weitere Stärke des Lernmediums, wie folgendes Bild verdeutlichen soll: | Abs. 18 |
Abs. 19 |
Sehr umfangreich sind die weit über 100 Übungen ausgefallen. Neben den bereits erwähnten Übungsformen ist es beispielsweise Aufgabe der Referendare: | Abs. 20 |
- Fristen zu berechnen | Abs. 21 |
Abs. 22 |
- die Gebühren eines Rechtsanwalts nach dem RVG zu berechnen | Abs. 23 |
Abs. 24 |
- bestimmte Ereignisse in die richtige Reihenfolge zu bringen | Abs. 25 |
Abs. 26 |
- anhand einer Situationsbeschreibung eine Klageschrift zu formulieren | Abs. 27 |
Abs. 28 |
Gerade bei Themen wie der Baumbach’schen Formel zur Berechnung der jeweiligen Kostentragungsquoten bei Streitgenossen - von Referendaren oft als „trocken“ erachtet - kann das Lernprogramm seine Stärken ausspielen und überzeugen. Theoretisches Wissen verbunden mit Beispielen und Animationen und zusätzlich vom Referendar durchzuführende Berechnungsaufgaben vermitteln die Baumbach’sche Formel anschaulicher und „plastischer“ als jemals zuvor. Zudem können bereits vorhandene Kenntnisse durch ständiges Wiederholen verfestigt werden, denn gerade die komplizierten Feinheiten der Baumbach’schen Formel entschwinden nur allzu schnell aus dem aktiven Gedächtnis. | Abs. 29 |
Abs. 30 |
Abs. 31 |
ELAN-REF: Lernmodul Strafrecht |
Einen anderen didaktischen Aufbau verfolgt der strafrechtliche Teil des Lernprogramms. Ausgangspunkt der Stoffvermittlung ist ein fiktiver Fall, anhand dessen die einzelnen Abläufe des Strafverfahrensrechts vermittelt werden sollen. Nach einem Einstiegskapitel, das sich mit dem des Zivilrechts deckt, beginnt der Fall mit einem Anruf bei der Polizei, wobei der Anrufer einen Einbruchsdiebstahl meldet. Nach und nach entwickelt sich der Fall weiter, so dass damit einhergehend die herkömmlichen Verfahrensschritte des Strafprozesses durchlaufen werden. Gegenstand des strafrechtlichen Lernmoduls sind daher das Ermittlungs-, das Zwischen-, das Haupt- und das Rechtsmittelverfahren, daneben wird der Gerichtsaufbau in Strafsachen dargestellt. Das Vollstreckungsverfahren dagegen wird nicht behandelt. | Abs. 32 |
In den strafrechtlichen sind im Gegensatz zum zivilrechtlichen Teil Videosequenzen eingebunden, die dabei helfen sollen, praktische Abläufe möglichst realitätsnah darzustellen. So wird etwa eine Zeugenbelehrung, eine Urteilsverkündung oder ein Abschlussplädoyer einer Staatsanwältin gezeigt. | Abs. 33 |
Abs. 34 |
Ebenso wie im zivilrechtlichen sind im strafrechtlichen Teil die Übungen sehr umfangreich und vielfältig ausgefallen. Aufgabe der Referendare ist es neben der Beantwortung zahlreicher Multiple-Choice-Fragen und dem Ausfüllen von Lückentexten unter anderem: | Abs. 35 |
- eine Urteilsformel zu entwerfen | Abs. 36 |
Abs. 37 |
- anhand eines Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschlusses richtige Aussagen zu treffen | Abs. 38 |
Abs. 39 |
- anhand einer Anklageschrift die richtige
Entscheidung des Gerichts zu treffen
| Abs. 40 |
Im Ergebnis lässt sich feststellen, dass die Übungen der beiden Lernmodule zum einen abwechslungsreich, praxisnah und motivierend sind und sich zum anderen gut zur schnellen Wiederholung einzelner Abschnitte und damit verbundener Problemkreise eignen. Der Lernstoff, welcher zunächst präsentiert wurde, wird auf diese Weise verinnerlicht. Durch das unmittelbare Feedback erkennen die Nutzer genau, an welchen Stellen es ihnen noch an Kenntnissen mangelt. Vorhandene Lücken können zielgerichtet durch erneutes Durcharbeiten geschlossen werden. | Abs. 41 |
Zusammenfassung und Ausblick |
Mit ELAN-REF wurde ein modernes Lernmedium geschaffen, das bislang bundesweit einmalig ist. Es soll den Referendaren den Einstieg in die Ausbildungsstationen erleichtern und sie auf diese praxisorientiert vorbereiten. Darüber hinaus dient es als Nachschlagewerk und bietet den Referendaren Tipps und Hilfestellungen für die Praxis. Der Umfang ist bewusst breit angelegt. Es wurde darauf geachtet, nicht zu sehr ins Detail zu gehen, wobei an Stellen, an denen dies im Rahmen eines Lernprogramms nötig und möglich ist, Detailtiefe gegeben ist, wie etwa beim Unterkapitel über die Baumbach’sche Formel. Ein E-Learning-Programm wie ELAN-REF kann und will gar nicht umfassend sein, sondern soll konventionelle Wissensvermittlung dem Zeitgeist und den technischen Möglichkeiten entsprechend sinnvoll ergänzen. Die audiovisuelle Vermittlung des Lernstoffs gepaart mit animierten Schaubildern und vielen Beispielen sowie originalgetreuen Musterformularen ist in jedem Fall gelungen. | Abs. 42 |
Wenn es auch vereinzelt Kritikpunkte geben mag, anzusprechen ist zum Beispiel das Fehlen kooperativer Elemente, in denen die Referendare ähnlich der Gruppenarbeit in der AG Falllösungen erarbeiten oder die optimale Verzahnung mit dem Präsenzunterricht sicher noch Zeit benötigt, so ist ELAN-REF bereits in seiner jetzigen Form in weit überwiegendem Maße als sehr positiv zu bewerten und stimmt hoffnungsvoll, dass derartige Bemühungen intensiviert und ausgebaut werden. Allein schon um gegenüber anderen Fächern und international auf dem Gebiet neuer Lernmedien mittelfristig nicht den Anschluss zu verlieren, wäre eine solche Entwicklung wünschenswert. | Abs. 43 |
Um der fortschreitenden Durchsetzung von Tablet-Computern Rechnung zu tragen, wäre es darüber hinaus zu begrüßen, die Technik mit den Möglichkeiten von HTML 5 zu erweitern, um jedenfalls künftige E-Learning-Kurse endgeräteunabhängig zur Verfügung zu stellen. | Abs. 44 |
Festzuhalten bleibt, dass ELAN-REF der
bislang ambitionierteste Versuch ist, E-Learning im juristischen
Vorbereitungsdienst zu etablieren und Inhalte abseits der
überkommenen Lehrweisen praxisgerecht zu vermitteln. Der Stein
wurde ins Rollen gebracht, ein Anfang gemacht und das
Justizministerium Baden-Württemberg hat mit der Einführung
des ELAN-REF nicht nur einen Schritt in die richtige Richtung
gemacht. Vielmehr werden sich zukünftige Lernprogramme am
aufwendig gestalteten ELAN-REF und seiner Eingliederung in die
juristische Ausbildung messen lassen müssen. Mittlerweile haben
andere Länder wie Berlin, Brandenburg und Sachsen eine Lizenz
für ELAN-REF erworben und beabsichtigen eine Zusammenarbeit mit
Baden-Württemberg im Rahmen eines Betriebsverbundes. Es bleibt
daher abzuwarten, inwieweit sich das vorliegende Konzept in anderen
Ländern im juristischen Vorbereitungsdienst durchsetzen wird und
ob derartige Konzepte auch im universitären Umfeld Anklang
finden werden.
| JurPC Web-Dok. 140/2013, Abs. 45 |
F u ß n o t e n
(1)Der Verfasser war von 2011 bis 2013 Rechtsreferendar in Baden-Württemberg und gehörte zur ersten Einstellungskampagne, der das Lernprogramm ELAN-REF zu Beginn des juristischen Vorbereitungsdienstes zur Verfügung gestellt wurde. |
(2)http://www.edx.org |
(3)http://www.coursera.org. |
(4)Bestätigungen dieser Art werden von den Plattformbetreibern häufig als Zertifikate bezeichnet. |
(5)http://openhpi.de |
(6)Beispielhaft sind hier die freie Lernplattform ILIAS zu nennen, die von der Universität Köln entwickelt wurde und die Virtuelle Hochschule Bayern (vhb), ein Verbundinstitut bayerischer Universitäten, zu nennen. |
(7)Hilgendorf, Computergestützte Lehre im Recht. Entwicklungsstand und Aussichten des E-Learnings in der deutschen Juristenausbildung in: Brockmann / Dietrich / Pilniok, Exzellente Lehre im juristischen Studium, 2011, S. 171 f. |
(8)Hesselmann,Grundlegende Gedanken zur Einführung von E-Learning in Unternehmen, in: Dittler, E-Learning: Einsatzkonzepte und Erfolgsfaktoren des Lernens mit interaktiven Medien, S. 397 ff. |
(9)Für Referendare des Landes Baden-Württemberg ist ELAN-REF
unter http://www.elan-ref.de erreichbar.
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