|
|
| Die
Klage ist zulässig. Statthafte Klageart ist gemäß § 42 Abs. 1 VwGO
i.V.m. § 9 Abs. 4 Satz 1 des Gesetzes zur Regelung des Zugangs zu
Informationen des Bundes vom 05.09.2005 (BGBl. I S. 2722,
Informationsfreiheitsgesetz; im weiteren: IFG) die Verpflichtungsklage,
weil der Gesetzgeber in § 1 Abs. 1 IFG keinen unmittelbaren Anspruch
auf Informationsgewährung (auf z. B. behördliche Auskunft,
Akteneinsicht, etc.) gewähren wollte, sondern lediglich einen Anspruch
auf die Entscheidung der Verwaltung (Gewährung/Bewilligung) über den
beantragten Informationszugang als Normativakt (vgl. Schoch, IFG Komm.
1. Aufl., § 9 Rdnr. 78). |
|
| Soweit
die Klage ursprünglich auf „Auskunftserteilung“ (Realakt) gerichtet war
und in dem in der ersten mündlichen Verhandlung gestellten Klageantrag
Ziffer 1 statt einer bloßen Konkretisierung des Klagebegehrens auch
eine Klageänderung gesehen werden kann, hält das Gericht diese für
sachdienlich. |
|
| Auch
im Übrigen bestehen gegen die Zulässigkeit der Klage keine Bedenken,
insbesondere wurde auch das nach § 9 Abs. 4 Satz 2 IFG zwingend
vorgesehene Vorverfahren durchgeführt. |
|
| Die
Klage ist auch begründet. Die Klägerin hat einen Rechtsanspruch auf
Bewilligung der mit dem Klageantrag Ziffer 1 begehrten Einsicht in die
im Klageantrag Ziffer 1 näher bezeichneten Lieferanten-Reportings. Der
Bescheid der Beklagten vom 19.06.2009 und der Widerspruchsbescheid vom
12.08.2009 sind daher rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren
Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 5 VwGO). |
|
| 1.
Der Rechtsanspruch der Klägerin auf Zugang zu den begehrten
Informationen folgt aus § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG. Nach dieser Vorschrift
hat jeder nach Maßgabe dieses Gesetzes (IFG) gegenüber den Behörden des
Bundes einen Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen. Gemäß § 1
Abs. 2 Satz 1 IFG kann der Zugang durch Auskunftserteilung, die
Gewährung von Akteneinsicht oder durch die Überlassung von
Informationen in sonstiger Weise (wie z. B. hier begehrt: durch
Überlassung von teilweise geschwärzten Fotokopien von Aktenstücken)
erfolgen. |
|
| Nach
dem Willen des Gesetzgebers ist der Anspruch auf Informationszugang
„voraussetzungslos“ (vgl. Gesetzesentwurf der Fraktionen SPD und
Bündnis 90/Die Grünen, Bundestagsdrucksache 15/4493 vom 14.12.2004, S.
7 zu § 1 Abs. 1 IFG) und damit in materiell-rechtlicher Hinsicht an
keine (weiteren) Tatbestandsvoraussetzungen gebunden. Der Anspruch
setzt daher weder ein rechtliches noch ein berechtigtes Interesse am
Informationszugang voraus (vgl. Schoch aaO. zu § 1 Rdnrn. 18 und 19
m.w.N.). |
|
| 2. Als juristische Person des Privatrechts (GmbH) ist die Klägerin auch ohne weiteres anspruchsberechtigt. |
|
| 3.
Unmittelbar auskunftspflichtige Stellen i.S.d. § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG
sind alle Behörden des Bundes, also auch die Wehrbereichsverwaltung Süd
als Mittelbehörde im Behördenaufbau der territorialen Wehrverwaltung
des Bundes. |
|
| 4.
Entgegen der Rechtsansicht der Beklagten handelt es sich bei den der
Wehrbereichsverwaltung Süd von der Beigeladenen überlassenen
Lieferanten-Reporting um „amtliche“ Informationen im Sinne der
Anspruchsnorm. |
|
| a.
Insbesondere steht die Tatsache, dass die Lieferanten-Reportings von
der Beigeladenen erstellt worden sind, der Einstufung als „amtliche“
Informationen nicht entgegen, weil es nach dem Wortlaut des § 2 Nr. 1 IFG für die Amtlichkeit einer Information ausschließlich auf deren
Zweckbestimmung und nicht auf deren Herkunft oder Urheberschaft ankommt
(ebenso Schoch aaO. zu § 2 Rdnr. 38). |
|
| Die
Lieferanten-Reporting dienen amtlichen Zwecken in diesem Sinne, da sie
der Wehrbereichsverwaltung Süd die Kontrolle der Erfüllung des mit der
Beigeladenen geschlossenen Rahmenvertrages über die Lieferung von
EDV-Büromaterial ermöglichen soll und damit im Zusammenhang mit einer
der Wehrbereichsverwaltung Süd zugewiesenen behördlichen Aufgabe (hier:
Materialbeschaffung für nachgeordnete Behörden) steht. |
|
| b.
Ebenso wenig steht der Annahme der Amtlichkeit dieser Informationen
entgegen, dass diese der Wehrbereichsverwaltung Süd im Rahmen eines
sogenannten „fiskalischen Hilfsgeschäftes“ zugegangen sind. Denn weder
dem Wortlaut der einschlägigen §§ 1 und 2 IFG noch den zugehörigen
Gesetzesbegründungen lässt sich auch nur ansatzweise entnehmen, dass
der Bundesgesetzgeber den Anspruch auf Informationszugang auf
Informationen aus hoheitlichen Verwaltungstätigkeiten beschränken
wollte. |
|
| Stellt
man bei der Definition des Auskunftspflichtigen - gerade auch unter
Berücksichtigung des Wortlauts des § 1 Abs. 1 Satz 2 IFG -
richtigerweise auf den funktionalen Behördenbegriff des § 1 Abs. 4
VwVfG ab, nach dem Behörde jede Stelle ist, die öffentlich-rechtliche
Aufgaben der Verwaltung wahrnimmt und berücksichtigt man weiter, dass
sich die zuständigen Behörden bei der Wahrnehmung ihrer im öffentlichen
Recht wurzelnden Aufgaben grundsätzlich verschiedener Handlungsformen
bedienen, also entweder hoheitlich, schlicht hoheitlich oder auch
fiskalisch tätig werden können, ist für die von der Beklagten
angenommene Beschränkung ihrer Auskunftspflicht auf Informationen, die
im Rahmen einer hoheitlichen Verwaltungstätigkeit erlangt worden sind,
offensichtlich kein Raum. |
|
| Die
hier vertretene Rechtsansicht wird im Übrigen auch durch eine
Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zu einem in der Sache
vergleichbaren Auskunftsbegehren nach dem Umweltinformationsgesetz vom
22.12.2004 (UIG) bestätigt, wonach Stellen der öffentlichen Verwaltung
auch solche seien, die fiskalisch handeln und deshalb Unterlagen, die
der Behörde im Rahmen einer fiskalischen Tätigkeit zugegangen sind,
nicht von der Informationspflicht ausgenommen werden könnten (vgl. im
Einzelnen BVerwG, Urt. v. 18.10.2005 - 7 O 5/04 - m.w.N. in Juris). |
|
| 5.
Entgegen der Ansicht der Beklagten steht der Anwendung des § 1 Abs. 1 IFG im vorliegenden Fall auch nicht die Sperrwirkung des § 1 Abs. 3 IFG
entgegen, wonach Regelungen in anderen Rechtsvorschriften über den
Zugang zu amtlichen Informationen - abgesehen von bestimmten Ausnahmen
- der allgemeinen Informationszugangsregelung des § 1 Abs. 1 IFG
vorgehen (Subsidiarität des IFG). Eine verdrängende Spezialität i.S.d.
§ 1 Abs. 3 IFG im Sinne einer Ausschließlichkeit, die den Rückgriff auf
die allgemeine Norm sperrt, ist aber nur für solche Rechtsvorschriften
anzunehmen, die in gleicher Weise wie das IFG Regelungen „über den
Zugang zu amtlichen Informationen“ treffen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 09.11.2010 - 7 B 43/10 - in Juris). |
|
| Die
von der Beklagten in diesem Zusammenhang genannte Verdingungsordnung
für Leistungen - Teil A (VOL/A), die über § 97 Abs. 6 GWB den Charakter
einer Rechtsvorschrift erlangt hat, enthält jedoch weder in ihrer
Fassung vom 06.04.2006 (vgl. Bundesanzeiger vom 30.05.2006) noch in
ihrer - mit Wirkung vom 11.06.2010 für verbindlich erklärten Fassung
vom 20.11.2009 (vgl. Bundesanzeiger vom 29.12.2009) spezielle
Informationszugangsregelungen im Sinne der genannten obergerichtlichen
Rechtsprechung. |
|
| a.
Der von der Beklagten in diesem Zusammenhang genannte § 22 Nr. 6 Abs. 1
VOL/A/Ausgabe 2006 gewährt offensichtlich keinen speziellen
Informationszugangsanspruch in dem oben genannten Sinne. Diese
Vorschrift begründet vielmehr lediglich eine Verwahrpflicht und eine
Pflicht des Auftraggebers zur vertraulichen Behandlung während des laufenden Vergabeverfahrens und bezieht sich zudem lediglich auf die „Angebote und ihre Anlagen“. Für die Zeit {span style="text-decoration: underline;">nach
Abschluss des Vergabeverfahrens enthält diese Vorschrift - wie auch
alle weiteren Regelungen der VOL/A/Ausgabe 2006 - dagegen keinerlei
Vorgaben, die als Informationszugangsregelungen eingestuft werden und
noch dazu auch außerhalb des abgeschlossenen Vergabeverfahrens Geltung
beanspruchen könnten. |
|
| b.
Die Nachfolgeregelung in § 14 Abs. 3 VOL/A/Ausgabe 2009 dehnt die
Verwahrpflicht und die Pflicht des Auftraggebers zur vertraulichen
Behandlung in zeitlicher Hinsicht zwar auch auf die Zeit nach
Abschluss des Vergabeverfahrens aus. Die Regelung bezieht sich jedoch
ausdrücklich ebenfalls nur auf die „Angebote und ihre Anlagen“ sowie
auf die „Dokumentation über die Angebotseröffnung“. Sie enthält demnach
keine Vorgaben für den Umgang mit Unterlagen, die dem Auftraggeber erst
nach dem Abschluss des Vergabeverfahrens im Rahmen der
Vertragserfüllung zugehen (wie hier die verlangten
Lieferanten-Reportings) und begründet damit nach ihrem klaren Wortlaut
offensichtlich auch keine Pflicht des Auftraggebers zur vertraulichen
Behandlung der Dokumentation der späteren Vertragsabwicklung. |
|
| Diese
Vorschriften der VOL/A regeln demnach den Informationszugang in Bezug
auf die dem Auftraggeber innerhalb und außerhalb eines
Vergabeverfahrens zugehenden Unterlagen weder vollumfänglich noch
abschließend und entfalten folglich auch keine Sperrwirkung i.S.d. § 1
Abs. 3 IFG gegenüber dem hier geltend gemachten
Informationszugangsanspruch aus § 1 Abs. 1 IFG. |
|
| Hinzu
kommt, dass das Vorbringen der Beklagten, die begehrte
Informationsgewährung verletze das durch die genannten
vergaberechtlichen Regelungen geschützte und in Ausschreibungsverfahren
von der Beklagten zu beachtende Vertraulichkeits- und
Wettbewerbsprinzip, auch in der Sache nicht schlüssig ist. Das
Gegenteil dürfte vielmehr richtig sein. |
|
| Denn
die Beklagten-Vertreter haben hierzu anhand konkreter Beispiele in der
mündlichen Verhandlung vom 17.05.2011 nochmals dargelegt, dass die
Klägerin durch den begehrten Einblick in die Lieferanten-Reportings
Detail-Informationen über die tatsächlich erfolgten Lieferungen zur
Erfüllung des Rahmenvertrages erhalten würde und dadurch in künftigen
Ausschreibungsverfahren einen Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen
Mitbewerbern hätte, die über diese Informationen nicht verfügen. |
|
| Geht
man von der Richtigkeit dieser Ausführungen aus, folgt daraus aber
zwangsläufig, dass die Beigeladene als bisherige Vertragspartnerin der
Beklagten diesen Wettbewerbsvorteil bislang und auch künftig
ausschließlich besitzt, wenn Mitbewerbern - wie der Klägerin - die
Einsicht in die Lieferanten-Reportings verweigert wird. |
|
| Es
ist daher auch ohne weiteres nachvollziehbar, dass die Beigeladene an
der Verweigerung dieser Informationsgewährung ein beachtliches
wirtschaftliches Interesse hat, um sich diesen Wettbewerbsvorteil, der
sich aus der Kenntnis der in den Lieferanten-Reportings enthaltenen
Detail-Informationen ergibt, exklusiv zu erhalten. |
|
| Aus
welchen sachlichen Gründen sich allerdings die Beklagte berechtigt oder
gar verpflichtet sieht, der Beigeladenen diesen Wettbewerbsvorteil
exklusiv zu erhalten, erschließt sich der Kammer nicht. Aus den von der
Beklagten genannten Vorschriften des Vergaberechts lässt sich eine
solche faktische Privilegierung bisheriger Vertragspartner in
Ausschreibungsverfahren zulasten anderer Mitbewerber jedenfalls nicht
herleiten. Denn diese vergaberechtlichen Vorschriften dienen u. a. ja
gerade auch dem Zweck, einen wettbewerbswidrigen Informationsvorsprung
einzelner Mitbewerber zu verhindern, um die Chancengleichheit aller
Mitbewerber bei der Abgabe von Angeboten im Ausschreibungsverfahren zu
gewährleisten. |
|
| Aus
den Grundsätzen des Vergaberechts lässt sich daher eher eine
Verpflichtung der Beklagten herleiten, den sich aus der früheren
Vertragsbeziehung ergebenden Informationsvorsprung und
Wettbewerbsvorteil der Beigeladenen dadurch auszugleichen, dass sie
auch möglichen anderen Mitbewerbern für nachfolgende
Ausschreibungsverfahren auf Antrag die betreffenden Informationen zur
Verfügung stellt, um einen fairen Ausschreibungswettbewerb für alle
Mitbewerber unter gleichen Angebots-Bedingungen zu gewährleisten. |
|
| Aus alldem folgt, dass nicht die Gewährung
der von der Klägerin begehrten Informationen gegen die Vorschriften des
Vergaberechts verstößt und diese deshalb - wie die Beklagte meint -
einen Informationsanspruch aus § 1 IFG in entsprechender Anwendung des
§ 1 Abs. 3 IFG ausschließen müssten, sondern vielmehr die Verweigerung
der begehrten Informationsgewährung durch die Beklagte vergaberechtlich
fragwürdig erscheint, weil die Beklagte damit ihrem früheren
Vertragspartner einen von ihr selbst angenommenen Wettbewerbsvorteil
erhält und sie diesen damit in künftigen Ausschreibungsverfahren in
wettbewerbsrechtlich bedenklicher Weise besser stellt als andere
Mitbewerber. |
|
| Ob
die Beigeladene aufgrund dieses Wettbewerbsvorteils auch die
Nachfolgeausschreibung des abgelaufenen Rahmenvertrages wiederum für
sich entscheiden konnte, kann hier offen bleiben. |
|
| c.
Die von der Beklagten weiter genannte Vorschrift des § 111 GWB kann
ebenfalls nicht als verdrängende Spezialvorschrift i.S.d. § 1 Abs. 3 IFG eingestuft werden. Denn diese regelt lediglich ein
(eingeschränktes) Akteneinsichtsrecht unterlegener Bieter im Rahmen
eines Nachprüfungsverfahrens und ist demnach ebenfalls sowohl in
sachlicher als auch in zeitlicher Hinsicht beschränkt. Aus dieser
Regelung können folglich ebenfalls keine
Informationszugangsbeschränkungen in Bezug auf solche Unterlagen
hergeleitet werden können, die dem Auftraggeber erst nach Abschluss eines solchen Nachprüfungsverfahrens zugehen. |
|
| 6. Dem Informationszugangsanspruch der Klägerin können auch keine vertragsrechtlichen Bestimmungen entgegen gehalten werden. |
|
| a.
Soweit in dem zwischen der Beklagten und der Beigeladenen
abgeschlossenen Rahmenvertrag in § 12 Abs. 1 auf die - nach wie vor
gültigen - allgemeinen Vertragsbedingungen für die Ausführung von
Leistungen (VOL/B) vom 05.08.2003 (Fassung 2003) und die zusätzlichen
Vertragsbedingungen des Bundesministeriums der Verteidigung zur
Verdingungsordnung für Leistungen Teil B (ZVB/BMVg) Bezug genommen
wurde, hat die Beklagte selbst zu Recht darauf hingewiesen, dass diese
vertragsrechtlichen Bestimmungen lediglich die Pflicht des
Auftraggebers begründen, Kenntnisse von Betriebs- und
Geschäftsgeheimnissen vertraulich zu behandeln (vgl. Klagebegründung
vom 11.11.2010, S. 4). Die insoweit einschlägige Regelung des § 4 Abs. 3 VOL/B enthält damit aber keine weitergehende Beschränkung des
Informationszugangsrechts der Klägerin als § 6 Satz 2 IFG und ist daher
offensichtlich nicht geeignet, den Informationszugangsanspruch der
Klägerin dem Grunde nach in Frage zu stellen. |
|
| b.
Die von der Beklagten weiter genannte Regelung des § 3 Nr. 2 VOL/B
steht dem Informationszugangsanspruch der Klägerin schließlich
ebenfalls nicht entgegen, da diese die Verfügungsbefugnis des
Auftraggebers für die ihm überlassenen Unterlagen nur in Bezug auf die
genannten Verwendungen (Veröffentlichung, Vervielfältigung, Nutzung zu
vertragswidrigen Zwecken) einschränkt und die hier begehrte Gewährung
von Einsicht in die teilweise unkenntlich gemachten und damit
inhaltlich unvollständigen Lieferanten-Reportings bereits begrifflich
unter keine der in § 3 Nr. 2 VOL/B genannten Tatbestandsalternativen
fällt. |
|
| c.
Sonstige vertragliche Regelungen, die den Informationszugangsanspruch
der Klägerin in Frage stellen könnten, sind weder vorgetragen noch
ersichtlich und wären im Rahmen einer privatrechtlichen Vereinbarung
ohnehin gemäß § 134 BGB nichtig, da es grundsätzlich rechtlich nicht
möglich ist, den Anwendungsbereich des IFG und ein sich daraus
ergebendes Informationszugangsrecht über die Ausnahmevorschriften des IFG hinaus durch vertragliche Vereinbarung zu beschränken (vgl. Berger/Roth/Scheel, IFG Kommentar zu § 1 Rdnr. 83). |
|
| 7.
Im vorliegenden Fall ist der Klägerin der von ihr begehrte
Informationszugang auch nicht nach § 3 IFG zu versagen, da das
Vorliegen eines der in § 3 IFG normierten Ausnahmetatbestände nicht
ausreichend dargelegt wurde. |
|
| Die
Darlegungslast für das Vorliegen von Ausschlussgründen nach den §§ 3 ff. IFG liegt bei der auskunftspflichtigen Behörde (vgl. hierzu im
Einzelnen Schoch aaO., Bemerkung zu §§ 3 - 6 Rdnr. 49 ff.). Dabei
müssen die Angaben der darlegungspflichtigen Behörde zwar nicht so
detailliert sein, dass Rückschlüsse auf die geschützte Information
möglich sind. Sie müssen aber so detailliert und nachvollziehbar sein,
dass das Vorliegen des geltend gemachten Ausschlussgrundes vom Gericht
geprüft und das Vorliegen des Geheimhaltungsgrundes für die
betreffenden Unterlagen tatsächlich angenommen werden kann (vgl. BVerwG, Beschl. v. 01.02.1996 - 1 B 37/95 -; VG Berlin, Urt. v. 10.09.2008 - VG 2 A 167.06 - sowie zuletzt BVerwG, Beschl. vom
06.04.2011 - 20 F 20.10 - alle in Juris). |
|
| Diesen Anforderungen genügt das Vorbringen der Beklagten zu den geltend gemachten Ausschlussgründen des § 3 IFG nicht. |
|
| a.
Soweit die Beklagte behauptet hat, die Offenlegung der begehrten
Lieferanten-Reportings beeinträchtige fiskalische Interessen der
Beklagten im Wirtschaftsverkehr i.S.d. § 3 Nr. 6 IFG, ist dieses
Vorbringen bereits nicht schlüssig, denn die Beklagte hält ihre
fiskalischen Interessen nur dann für beeinträchtigt, wenn die Klägerin
Einblick in Geschäftsgeheimnisse der Beigeladenen erhalten würde, was
jedoch mangels einer entsprechenden Einwilligung der Beigeladenen
ohnehin ausgeschlossen ist (vgl. § 6 Satz 2 IFG). |
|
| Darüber
hinaus ist weder plausibel dargelegt noch für die Kammer sonst
ersichtlich, inwieweit die begehrten Lieferanten-Reportings ohne
Artikel-Nummern, Kunden-Nummern und Preisangaben bei künftigen
Auftragsvergaben und Beschaffungsmaßnahmen zu Wettbewerbsvorteilen
anderer Anbieter zum Nachteil der Beklagten führen könnten und warum
solche Nachteile (welche?) für die Beklagte nicht bestehen, wenn die
Beigeladene die sich aus den Lieferanten-Reportings ergebenden
Informationen in künftigen Ausschreibungsverfahren allein besitzt. |
|
| b.
Für den - erstmals mit Anwaltsschriftsatz vom 21.03.2011 geltend
gemachten - Ausschlussgrund des § 3 Nr. 1 b. IFG gilt im Ergebnis
nichts anderes. |
|
| Danach
besteht der Anspruch auf Informationszugang auch dann nicht, wenn das
Bekanntwerden der Information nachteilige Auswirkungen auf militärische
und sonstige Belange der Bundeswehr haben kann. |
|
| Insoweit
lässt sich aber bereits die Grundannahme der Beklagten, wonach die in
den Lieferanten-Reportings enthaltenen Liefermengen Rückschlüsse „auf
besondere Aktivitäten einzelner Abteilungen der Wehrbereichsverwaltung
zur Vorbereitung oder Durchführung wichtiger Einsätze und Projekte“
zuließen und „deren Bekanntwerden daher nachteilige Auswirkungen auf
sicherheitsempfindliche Belange der Bundeswehr haben könne“, anhand der
dem Gericht vorliegenden Lieferanten-Reportings überhaupt nicht
verifizieren. Denn die darin dokumentierten Liefermengen weisen in
Bezug auf die einzelnen belieferten Dienststellen keineswegs
Schwankungen auf, die auffällig sind und deshalb konkrete Rückschlüsse
auf besondere Aktivitäten dieser Dienststellen zulassen könnten. |
|
| Die
tatsächlich dokumentierten Liefermengen bewegen sich vielmehr
ausnahmslos in einem völlig unauffälligen Schwankungsbereich. Dies
wurde von der Beklagten in der zweiten mündlichen Verhandlung am
17.05.2011 auf ausdrückliche Rückfragen des Gerichts auch gar nicht in
Abrede gestellt. |
|
| Die
Vertreter der Beklagten räumten vielmehr ein, dass sie die
streitgegenständlichen Lieferanten-Reportings auf solche auffälligen
Abweichungen überhaupt nicht untersucht hätten und daher nicht
ausschließen könnten, dass diese solche Abweichungen tatsächlich
überhaupt nicht dokumentieren. Darauf komme es aber auch nicht an, weil
jedenfalls irgendwann in künftigen Lieferanten-Reportings solche
auffälligen Abweichungen dokumentiert sein könnten, die dann
möglicherweise auch die genannten Rückschlüsse zuließen. Da jedenfalls
in der Zukunft die Möglichkeit einer solchen Beeinträchtigung
sicherheitsempfindlicher Belange der Bundeswehr nicht ausgeschlossen
werden könne, dürfe die Beklagte die Einsicht in Lieferanten-Reportings
daher grundsätzlich und ausnahmslos verweigern. |
|
| Dieser
Argumentation kann bereits deshalb nicht gefolgt werden, weil sie
verkennt, dass das vorliegende Klagebegehren auf Informationsgewährung
auf die im Zusammenhang mit dem Rahmenvertrag ... erstellten
Lieferanten-Reportings beschränkt ist und sich im vorliegenden
Klageverfahren deshalb ausschließlich die Frage stellt, ob diese
Lieferanten-Reportings Informationen erhalten, deren Offenlegung
nachteilige Auswirkungen im Sinne des § 3 Nr. 1 b. haben könnte. Dies
hat die Beklagte jedoch - wie bereits ausgeführt - selbst nicht
behauptet, geschweige denn plausibel dargelegt. |
|
| Die darauf aufbauenden weiteren Schlussfolgerungen der Beklagten, bedürfen daher keiner Erörterung. |
|
| 8. Auch der von der Beklagten weiter geltend gemachte Ausschlussgrund des § 6 Satz 2 IFG ist vorliegend nicht gegeben. |
|
| Nach
dieser Vorschrift darf der Zugang zu Betriebs- und
Geschäftsgeheimnissen nur gewährt werden, soweit der Betroffene
eingewilligt hat. Als Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse werden alle
auf ein Unternehmen bezogenen Tatsachen, Umstände und Vorgänge
verstanden, die nicht offenkundig sind. |
|
| Neben
dem Mangel an Offenkundigkeit setzt ein Geschäfts- oder
Betriebsgeheimnis weiter ein berechtigtes Interesse des Unternehmens an
der Nichtverbreitung der betreffenden Informationen voraus. Ein solches
Interesse besteht in der Regel, wenn die Offenlegung der Informationen
geeignet ist, exklusives technisches oder kaufmännisches Wissen den
Marktkonkurrenten zugänglich zu machen und so die Wettbewerbsposition
des Unternehmens nachteilig zu beeinflussen. |
|
| Geschäftsgeheimnisse
zielen auf den Schutz kaufmännischen Wissens. Sie betreffen alle
Konditionen, durch welche die wirtschaftlichen Verhältnisse eines
Unternehmens maßgeblich bestimmt werden können. Dazu gehören u. a.
Umsätze, Ertragslagen, Geschäftsbücher, Kundenlisten oder Bezugsquellen
(vgl. BVerwG, Beschl. v. 10.08.2010 - 20 F 5/10 - m.w.N. in Juris). |
|
| Ausgehend
von dieser Begriffsdefinition stimmt die Kammer mit der Beklagten und
der Beigeladenen zwar darin überein, dass an der Geheimhaltung der
Lieferanten-Reportings jedenfalls dann ein berechtigtes Interesse der
Beigeladenen bestünde, wenn die Klägerin deren vollständige
Vorlage verlangen würde, da diese sodann auch Rückschlüsse auf die
Preiskalkulation der Beigeladenen in Ausschreibungsverfahren zulassen
würden, die jedoch zweifellos dem schutzwürdigen kaufmännischen Wissen
in dem oben genannten Sinne zuzurechnen ist. |
|
| So
liegt der Fall hier aber nicht, da die Klägerin auf einen Zugang zu den
in den Lieferanten-Reportings enthaltenen Preisangaben und den weiteren
Daten, die möglicherweise als geschützte Geschäftsgeheimnisse
eingestuft werden könnten (Artikelnummern, Kundennummern) ausdrücklich
verzichtet hat. |
|
| Soweit
die Lieferanten-Reportings darüber hinaus Angaben über die
Vertragsabwicklung enthalten, ist jedoch ein berechtigtes Interesse der
Beigeladenen an deren Geheimhaltung in dem oben genannten Sinne für die
Kammer nicht erkennbar. |
|
| Dies
gilt insbesondere für die Kenndaten der Lieferbelege (Belegjahr,
Belegnummer, Belegart, etc.), das Bestell- und Rechnungsdatum sowie
sämtliche Angaben über die belieferten Dienststellen der Beklagten
(Dienststellen-Nummer, AO-Name 1, AO Name 2, AO Zusatz, AO Straße, AO
Postleitzahl, AO Ort, AO Matchcode). |
|
| In
Bezug auf diese Daten hat auch die Beklagte nicht nachvollziehbar
dargelegt, dass deren Offenlegung - einzeln oder zusammen - die
Wettbewerbsposition der Beigeladenen nachteilig beeinflussen könnte. |
|
| Für
die näheren Angaben über die belieferten Dienststellen hat die Beklagte
dies selbst nicht behauptet. Insoweit verneint sie einen
Auskunftsanspruch lediglich unter Hinweis auf § 9 Abs. 3 IFG, verkennt
dabei aber offensichtlich, dass es der Klägerin im vorliegenden
Verfahren nicht um die - allgemein zugänglichen - Informationen über
die belieferten Dienststellen, sondern um die näher umschriebenen
Informationen aus den Lieferanten-Reportings in der Gesamtschau geht,
die sich die Klägerin zweifellos nicht „aus allgemein zugänglichen
Quellen“ im Sinne der genannten Vorschrift beschaffen kann. |
|
| In
Bezug auf die anderen Kenndaten der Lieferbelege werden ausschließlich
pauschale Behauptungen aufgestellt und - zum Teil wenig naheliegende -
Schlussfolgerungen gezogen, ohne diese auch nur ansatzweise
nachvollziehbar zu begründen und die deshalb einer näheren Betrachtung
nicht zugänglich sind. |
|
| Dies
gilt in besonderem Maße für die Überlegungen der Beklagten zu der
„Kombination aus Bestelldatum und Rechnungsdatum“, aus der die Beklagte
- für das Gericht nicht nachvollziehbar - nicht nur die Lieferwege, die
Lagerhaltung und die Abnahmemengen der Beigeladenen herauslesen,
sondern auch Rückschlüsse auf deren Rabattverträge mit ihren
Zulieferern ziehen können will. |
|
| Die
einzelnen Artikelbezeichnungen und tatsächlichen Liefermengen in den
Lieferanten-Reportings können bereits deshalb nicht als
Geschäftsgeheimnisse der Beigeladenen eingestuft werden, weil das von
den Dienststellen der Beklagten im Vertragszeitraum voraussichtlich
benötigte EDV-Verbrauchsmaterial einschließlich der voraussichtlich
benötigten Einzelmengen nach den Angaben der Beklagten bereits Inhalt
der Ausschreibungsunterlagen waren und der Katalog des benötigten
EDV-Verbrauchsmaterials einschließlich der Größenordnung der benötigten
Mengen den potentiellen Mitbewerbern der Beigeladenen folglich bereits
aus dem vorausgegangenen Vergabeverfahren bekannt sind. |
|
| Soweit
sich den Lieferanten-Reportings (darüber hinaus) lediglich entnehmen
lässt, ob die im Rahmen des Vergabeverfahrens ausgeschriebenen
Liefermengen der einzelnen Artikel während der Vertragszeit tatsächlich
erreicht, überschritten oder unterschritten worden sind, vermag die
Kammer nicht zu erkennen, inwieweit diese Detailinformationen künftige
Geschäftsinteressen der Beigeladenen beeinträchtigen und deshalb in
ihrem Interesse geheimhaltungsbedürftig sein könnten. |
|
| Auch
in Bezug auf diese Angaben hat weder die Beklagte noch die Beigeladene
selbst im vorliegenden Verfahren eine in der Sache auch nur halbwegs
nachvollziehbare Begründung für ein solches Geheimhaltungsinteresse
gegeben. |
|
| 9.
Der Klägerin steht der geltend gemachte Anspruch auf Gewährung von
Einsicht in die Lieferanten-Reportings in dem im Klageantrag Ziffer 1
formulierten Umfang (ohne Artikelnummern, Kunden-Nummern und ohne
Preisangaben) folglich zu. |
|
| Diese
(teilweise) Informationsgewährung erfordert auch keinen
unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand im Sinne des § 7 Abs. 2 Satz 1 IFG, nachdem die Lieferanten-Reportings bei der Beklagten inzwischen
wieder in elektronischer Form vorhanden sind und die
geheimhaltungsbedürftigen Daten in den betreffenden Dateien vor einer
Übersendung als Kopien oder Ausdrucke problemlos gelöscht werden
können. Dies wurde von der Beklagten zuletzt nicht mehr bestritten und
bedarf daher keiner vertiefenden Betrachtung mehr. |
|
| 10.
Nach alledem ist die Beklagte gemäß § 7 Abs. 2 Satz 1 IFG verpflichtet,
dem Antrag der Klägerin auf Informationszugang ohne Preisgabe der
genannten geheimhaltungsbedürftigen Informationen (Artikel-Nummern,
Kunden-Nummern und Preisangaben) zu entsprechen. |
|
| Der Klage war daher in dem zuletzt beantragten Umfang stattzugeben. |
|
| Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. |
|
| Die
Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren war gemäß § 162
Abs. 2 VwGO entsprechend dem Regelfall für notwendig zu erklären, weil
im vorliegenden Fall schwierige und bislang obergerichtlich nicht
entschiedene Rechtsfragen im Zusammenhang mit dem IFG zu erörtern waren. |
|
| Die Berufung wurde gem. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.
|
|