| II. Der Antrag ist gemäß §§ 406e Abs. 4
Satz 2, 161a Abs. 3 Satz 2 bis 4 StPO zulässig, bleibt in der
Sache jedoch ohne Erfolg. Zu Recht hat die Staatsanwaltschaft der begehrten
Akteneinsicht nicht entsprochen, da überwiegende schutzwürdige Interessen des
Beschuldigten bzw. des betroffenen Anschlussinhabers entgegenstehen
(§ 406e Abs. 2 Satz 1 StPO). Dieser Ausschlussgrund gilt auch
für die Antragstellerin als Nebenklageberechtigte im Sinne der §§ 406e
Abs. 1, 395 Abs. 2 Nr. 2, 374 Abs. 1 Nr. 8 StPO,
§§ 106 ff. UrhG (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 51. Aufl., § 406e
Rn. 6). Zwar kommt nach der ständigen Rechtsprechung der Kammer im Rahmen
von Ermittlungsverfahren wegen unberechtigten Zugänglichmachens
urheberrechtlich geschützter Werke über Internet-Tauschbörsen grundsätzlich ein
Einsichts- und Auskunftsanspruch des verletzten Rechteinhabers in Betracht
(LG Darmstadt, Beschl. v. 09.10.2008 - 9 Qs 490/08, GRUR-RR
2009, 13 = MMR 2009, 52 m. zust. Anm. Bär; Beschl. v. 12.12.2008 -
9 Qs 573-618/08, MMR 2009, 290 Ls. = K&R 2009, 211 m. zust. Anm.
Sankol; Beschl. v. 17.04.2009 - 9 Qs 98/09; ebenso LG Stralsund,
MMR 2009, 63). Maßgebend bleibt jedoch eine - hier zu Lasten der
Antragstellerin ausfallende - Abwägung im Einzelfall. Zur Beurteilung
überwiegend schutzwürdiger Interessen sind zunächst die widerstreitenden
Grundrechte der Beteiligten in Ansatz zu bringen. Während sich der verletzte
Rechteinhaber regelmäßig auf Art. 2 Abs. 1, 12 Abs. 1 GG und -
mit Blick auf das geistige Eigentum - auf Art. 14 Abs. 1 GG stützen
kann, ist auf Seiten des Beschuldigten bzw. des betroffenen Anschlussinhabers
dessen Recht auf informationelle Selbstbestimmung nach Art. 1 Abs. 1
und 2 Abs. 1 GG zu beachten. Zum einen ist zu berücksichtigen, dass es bei
der Namhaftmachung des Verwenders einer IP-Adresse lediglich um die Erhebung
der sog. Bestandsdaten und nicht der verfassungsrechtlich weitaus stärker
geschützten Verkehrsdaten geht. Entgegen der Auffassung der Staatsanwaltschaft
ist der Schutz von Verkehrsdaten schon deshalb nicht betroffen, weil die
(dynamische) IP-Adresse dem Anzeigenden bereits bekannt ist und lediglich noch
die Abfrage der beim Provider gespeicherten Daten über die Person des
Anschlussinhabers erfolgt (vgl. LG Offenburg, MMR 2008, 480;
LG Stralsund, MMR 2009, 63; Bär, MMR 2009, 54, 55). Zum anderen kann etwa
die Stärke des Tatverdachts von Bedeutung sein. Ferner ist in Bedacht zu
nehmen, dass ein berechtigtes Interesse an der Namhaftmachung des
Anschlussinhabers auch insofern möglich erscheint, als dieser - selbst ohne
schuldhafte Mitwirkung an dem Urheberrechtsverstoß - u.U. als Störer nach
§ 97 UrhG, § 1004 BGB haftet. Denn ein berechtigtes Interesse an der
begehrten Akteneinsicht kann sich auch auf bürgerlich-rechtliche Ansprüche
stützen (s. BVerfG, NJW 2007, 1052 f.; Meyer-Goßner, § 406e Rdnr. 3,
jew. m.w.N.; a.A. wohl LG München I, MMR 2008, 561). Dass die
Störerhaftung im Einzelfall möglicherweise von der Verletzung der dem
Anschlussinhaber obliegenden Überwachungs- und Aufsichtspflichten abhängt
(vgl. OLG Düsseldorf, VersR 2008, 1221; OLG Frankfurt a.M., MMR
2008, 603; MMR 2008, 169; LG Frankenthal, Beschl. v. 15.09.2008 -
6 O 325/08), steht - anders als die Staatsanwaltschaft meint - der
Bejahung eines berechtigten Interesses an der Akteneinsicht nicht entgegen. Ob
und welche Bedeutung der Verletzung solcher Verkehrssicherungspflichten
zukommt, lässt sich erst unter Berücksichtigung der Darlegungs- und
Beweislastverteilung in einem Zivilrechtsstreit beantworten und kann im Rahmen
des § 406e StPO schlechterdings nicht antizipiert werden. Es wäre aber
nicht gerechtfertigt, Akteneinsicht allein deshalb zu versagen, weil nicht von
vornherein auszuschließen ist, dass in Ausnahmefällen einmal ein
Anschlussinhaber verklagt wird, der nicht Störer im Sinne des Urheberrechts ist
(vgl. OLG Köln, MMR 2008, 820, 822). Eine ganz wesentliche Bedeutung
kommt darüber hinaus dem Ausmaß der Rechtsverletzung zu. Unbeschadet der Frage,
ob die Vorschrift des § 101 UrhG n. F. in die Abwägung nach
§ 406e StPO einzubeziehen und somit Akteneinsicht allein bei
Verletzungshandlungen von "gewerblichem Ausmaß" zu gewähren ist (vgl. dazu
Kammer, Beschl. v. 09.10.2008 - 9 Qs 490/08,
GRUR-RR&nsp;2009, 13,&nsp;14 f. = MMR 2009, 52, 53 f.; zur
Auslegung dieses Begriffes noch OLG Zweibrücken, Beschl.
v. 27.10.2008 - 3 W 184/08), ist in jedem Fall dem Grundsatz der
Verhältnismäßigkeit Rechnung zu tragen. Dieser steht der begehrten
Akteneinsicht regelmäßig entgegen, sofern sich die Rechtsverletzung als
Bagatelle darstellt. Wie die Kammer bereits entschieden hat, wird von einer
solchen Bagatelle dann auszugehen sein, wenn über die inkriminierte IP-Adresse
lediglich ein einziges Musikstück oder ein einziges Filmwerk nachweislich zum
Herunterladen angeboten wurde (LG Darmstadt,
Beschl. v. 12.12.2008 - 9 Qs 573-618/08, MMR 2009, 290 Ls.
= K&R 2009, 211 für einzelne Musikstücke; Beschl. v. 17.04.2009 -
9 Qs 98/09 für einzelne Filmwerke). Obwohl die im Internet begangenen
Urheberrechtsverstöße in ihrer Häufung zu erheblichen Umsatzeinbußen der Musik-
und Filmwirtschaft führen, ist zur Beurteilung der Frage, ob eine Bagatelltat
vorliegt, keine betriebs- oder volkswirtschaftliche Perspektive einzunehmen.
Maßgeblich ist die individuelle Verfehlung im konkreten Einzelfall, der jeweils
für sich genommen zu bewerten ist, da die Rechtsverletzungen anderer Nutzer dem
jeweiligen Beschuldigten nicht zugerechnet werden können. Allerdings gibt der
vorliegende Fall - in dem gleich zwei Filmwerke der Antragstellerin innerhalb
mehrerer Stunden entweder wiederholt oder durchgängig zum Herunterladen
angeboten wurden - Anlass, die Bagatellgrenze zu präzisieren. Danach ist das
Recht auf informationelle Selbstbestimmung des Anschlussinhabers jedenfalls
nicht mehr ohne weiteres vorrangig, sofern fünf Filmwerke in zeitlich engem
Zusammenhang vorgehalten wurden. Dann nämlich bestehen greifbare und
quantifizierbare Anhaltspunkte für einen systematischen Rechtsbruch und kann
auch der durch den Täter herbeigeführte zivilrechtliche Schaden im Sinne des
§ 97 UrhG nicht mehr als unbeträchtlich angesehen werden. Entsprechendes
gilt für das Bereithalten von fünf Musikalben, da ein Album mit einem Filmwerk
vergleichbar erscheint, oder - ausgehend von der Annahme, dass sich auf einem
Album durchschnittlich etwa 10 Titel befinden - beim Anbieten von
50 einzelnen Musikstücken eines oder mehrerer Interpreten. Da es sich
vorliegend durch das zeitweise Bereithalten zweier urheberrechtlich geschützter
Filmwerke aber noch um eine bagatellartige Rechtsverletzung handelt, bei der
das Recht auf informationelle Selbstbestimmung des Beschuldigten grundsätzlich
vorrangig ist, war Akteneinsicht zu versagen. Zugleich scheidet eine bloße
Auskunftserteilung aus, weil auch hiermit die Aufdeckung der Identität des
Anschlussinhabers verbunden wäre.
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