JurPC Web-Dok. 25/2006 - DOI 10.7328/jurpcb/200621228

LG Gießen
Beschluss vom 30.05.2005

2 StVK-Vollz. 515/05

DVD-Spieler für Gefangenen

JurPC Web-Dok. 25/2006


StVollzG § 70 Abs. 2 Nr. 2

Leitsätze (der Redaktion)

1. Von einem DVD-Player, bei dem es ich um ein reines Abspielgerät ohne jede Aufzeichnungs- und Speichermöglichkeit handelt, geht keine abstrakte Gefahr aus, die eine Versagung der Aushändigung an einen Gefangenen nach § 70 Abs. 2 Nr. 2 StVollzG rechtfertigen könnte.

2. Bei Nichtvorliegen von Versagungsgründen tritt hinsichtlich des durch § 70 Abs. 1 StVollzG eröffneten Ermessensspielraums der JVA eine Reduzierung des Ermessens auf Null ein, so dass eine Verpflichtung der JVA zur Aushändigung des DVD-Players auszusprechen ist.

Anmerkung der Redaktion:
Unter dem Titel "Landesjustizverwaltungen müssen sich an Gerichtsurteile halten" gab dieser Fall dem Bundesjustizministerium Anlass zu einer Pressemitteilung vom 06.01.2006. Der Wortlaut der Pressemitteilung ist nachfolgend in kursiver Schrift wiedergegeben (Quelle: www.bmj.bund.de):

Bundesjustizministerin Brigitte Zypries und die rechtspolitischen Sprecherinnen und Sprecher der SPD-Landtagsfraktionen haben bei ihrem Treffen in Berlin heute deutlich gemacht, dass in Deutschland alle öffentlichen Stellen zur Befolgung von Gerichtsentscheidungen verpflichtet sind. Sie haben ihre gemeinsame Haltung wie folgt bekräftigt:

„Das Grundgesetz bindet die vollziehende Gewalt an Gesetz und Recht. Deshalb ist es rechtsstaatlich vollkommen inakzeptabel, dass sich eine Landesjustizverwaltung nicht an ein rechtskräftiges Urteil hält. Ein Justizminister ist gut beraten, jeden Anschein zu vermeiden, dass in seinem Verantwortungsbereich fundamentale Rechtsstaatsgebote wie das Gewaltenteilungsprinzip missachtet werden. Wenn sich staatliche Stellen nicht an das Recht halten, unterminieren sie das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in den Rechtsstaat. Dieser Verantwortung sollte sich jeder Justizminister und jede Justizministerin bewusst sein und dafür sorgen, dass rechtskräftige Gerichtsentscheidungen ohne Wenn und Aber beachtet werden.“

Hintergrund dieser Aufforderung ist ein Rechtsstreit eines Häftlings, der in der Justizvollzugsanstalt (JVA) im hessischen Butzbach einsitzt. Er wollte einen DVD-Spieler in seiner Zelle haben, dies lehnte die Justizvollzugsanstalt unter Hinweis auf Sicherheitsbedenken ab. Das Landgericht Gießen gab dem Häftling Recht und führte aus, dass ein DVD-Gerät, das allein zum Abspielen geeignet sei, die Sicherheit und Ordnung der Justizvollzugsanstalt nicht gefährde. Der Ermessensspielraum der JVA sei deshalb auf Null reduziert. Das Urteil ist rechtskräftig. Dennoch verweigert die JVA Butzbach dem Häftling die Aushändigung des DVD-Spielers.

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[online seit: 24.02.2006]
Zitiervorschlag: Gericht, Datum, Aktenzeichen, JurPC Web-Dok.

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