LG Hamburg |
UWG § 1 MarkenG §§ 5 Abs. 3, 15 Abs. 2 |
Leitsatz (der Redaktion) |
Das englische Wort "bike" ist dem deutschen Publikum als Wort für "Fahrrad" verständlich, es ist eines der vielen aus dem Englischen übernommenen Wörter aus dem Bereich des Sports; an diesem Wort besteht deshalb ein konkret feststellbares Freihaltebedürfnis nicht nur der Fahrrad-Branche, sondern auch der Presse, die sich mit dem Fahrrad beschäftigt. |
Tatbestand |
Die Parteien streiten um die Befugnis der Beklagten, eine Internet-Adresse (domain-name) mit der eigentlichen Kennzeichnung "bike.de" zu benutzen. Die Klägerin macht an dieser Bezeichnung Titelschutz- und Markenrechte geltend, da sie eine Zeitschrift für mountainbike-Interessierte unter dem Titel "bike" verlegt. Die Beklagten erhielten im April 1996 von der deutschen Vergabestelle für Internet-domains (denic) die Adresse http://www.bike.de, unter der sie einen gewerbsmäßigen Online-Dienst für Mountainbiker unterhält. Die Homepage sowie die Folgeseiten ergeben sich aus den Anlagen K 3 und K 4. | JurPC Web-Dok. 180/1999, Abs. 1 |
Die Klägerin trägt vor:
| Abs. 2 |
Die Klägerin beantragt,
| Abs. 3 |
Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen. | Abs. 4 |
Die Beklagten tragen vor:
| Abs. 5 |
Entscheidungsgründe |
Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet. Die Klägerin kann den Beklagten nicht verbieten lassen, ein Informations- und Werbeforum unter der Adresse http://www.bike.de zu unterhalten. Die Verwendung dieser Internet-Adresse verletzt keine Markenrechte der Klägerin und stellt sich auch nicht als rufausbeutend und daher sittenwidrig im Sinne des § 1 UWG dar. Voraussetzung beider allgemeinen Begriffs wie "bike" erforderlich ist. Dieses englische Wort ist dem deutschen Publikum ohne weiteres als Wort für "Fahrrad" verständlich und wird auch in Zusammensetzungen (mountainbike) und Ableitungen (biker) verwendet. Es ist eines der vielen aus dem Englischen übernommenen Wörter aus dem Bereich des Sports. An diesem Wort besteht deshalb ein konkret feststellbares Freihaltebedürfnis nicht nur der Fahrrad-Branche, sondern auch der Presse, die sich damit beschäftigt. Maßgebliche Verkehrskreise, auf deren Kenntnis des Titels es vorliegend ankommt, sind aber nicht nur die Leser von Zeitschriften aus dem Bereich des Fahrradsports bzw. der mountainbike-Fahrer, sondern aller daran Interessierten, wahrscheinlich sogar alle Nachfrager von Fahrrädern, wozu dann fast die gesamte Bevölkerung gehören dürfte. Um die Zeitschrift der Klägerin zu lesen oder sich für die Internetseiten der Beklagten zu interessieren, muß man keineswegs selbst aktiver Biker sein. Denn die Internet-Seiten der Beklagten wenden sich ihrerseits an alle Internet-User, wenn gleich - wie die vorgelegten Seiten zeigen - inhaltlich faktisch zugeschnitten auf die "Biker-Szene" im engeren Sinne. Zugang zum Internet haben zur Zeit etwa 2 Mio. deutsche Haushalte. Es ist nach dem Klägervortrag ausgeschlossen, daß dieser Kreis, der Zugang zur Domain der Beklagten hat, die Zeitschrift der Klägerin in zu forderndem Maße kennt. So hat die Klägerin keine Werbeaufwendungen vorgetragen, die z.B. geeignet wären, den Titel über den Bereich der Leserschaft hinaus bekannt zu machen. Dann aber wird die Bekanntheit dieses Special-Interest-Titels nicht wesentlich über die Leser-Reichweite hinausgehen, die aber ebenfalls nicht vorgetragen ist, sich aber kaum jenseits der 300.000 Leser bewegen dürfte. Deshalb braucht kein Sachverständigenbeweis darüber erhoben zu werden, wievielen Personen genau der Titel "bike" bekannt ist, wenn die Größenordnung für die erforderliche Verkehrsdurchsetzung bereits nach dem Vortrag der Klägerin nicht erreicht wird. | Abs. 6 |
Dies schließt allerdings einen Schutz des Titels als solchen für die Zeitschrift selbst nicht aus (vgl. BGH GRUR 1991, 153 -pizza&pasta). Der Schutzbereich ist ohne Verkehrsdurchsetzung allerdings minimal und ohne erhöhte Bekanntheit auf Identverletzungen beschränkt, d.h. auf eine Kennzeichnung einer Zeitschrift mit dem Wort "bike". Das Anbieten von Informationsseiten für Fahrradinteressierte unter der Domain "bike.de" im Internet fällt nicht in diesen Schutzbereich. Denn die angesprochenen Verkehrskreise haben keinen Anlaß, unter "bike" dort lediglich die Klägerin zu erwarten, weil diese eine Zeitschrift mit "bike" betitelt. Anlaß, dies anzunehmen, haben die Verkehrskreise allenfalls, wenn sie die Zeitschrift schon in ausreichendem Maße kennten und der Begriff "bike" in der Vorstellung des Publikums von der Klägerin als Herkunftshinweis für sich besetzt hätte. Dafür gibt, wie ausgeführt, der Klägervortrag keinen Anhaltspunkt. Auch wenn man die - gerichtsbekannte - Übung von Unternehmen berücksichtigt, unter ihren Firmen und auch unter ihren Produktkennzeichnungen Internet-Seiten anzubieten, so bedeutet dies für den Verkehr im Umkehrschluß nicht, daß es sich bei jeder Internet-Kennung um eine Marke oder einen Namen handeln muß. Dies ist auch die insoweit zutreffende Auffassung beispielsweise des Landgerichts Köln, CR 1997, 291 (292) "kerpen.de". Die Internet-Adresse ist frei wählbar; dabei mag es für ein Unternehmen zwar naheliegen, eine benutzte oder eingetragene Marke zu wählen, zwingend ist dies keineswegs. Es ist eben so sehr naheliegend, gängige Sachbezeichnungen zu wählen (vgl. instruktiv OLG Frankfurt a.M. WRP 1997, 341, "Wirtschaft-online") und für die große Zahl privater "Anbieter" allemal näherliegend. Und es muß berücksichtigt werden, worauf die Beklagten zu Recht hinweisen, daß es keineswegs zwingend und durch die denic vorgegeben ist, daß eine Marke in Alleinstellung erscheint. Es ist durchaus denkbar, daß Zusätze aufgenommen werden, die es hier der Klägerin ermöglichen würden, ihren Titel trotz der belegten Adresse "bike.de" als Domain-Namen zu wählen, etwa "bike.zeitschrift.de" oder Ähnliches. Der Verkehr braucht deshalb auch keineswegs Internet-Domain-Namen stets mit bekannten Marken zu identifizieren. Bei derart beschreibenden Begriffen wie vorliegend "bike" ist dies für den Verkehr besonders fernliegend. Denn die Seiten der Beklagten geben auch keine Hinweise darauf, die dem Verkehr nahelegten, hier könnte doch die Zeitschrift der Klägerin im Internet präsent sein. Verwechslungen und auch Rufübertragungen sind deshalb nicht in nennenswertem Umfang zu befürchten. Die Beeinträchtigung der Klägerin beschränkt sich vorliegend erkennbar darauf, daß sie nicht unter der bloßen Adresse "(http://www.) bike (.de)" ins Internet gehen kann, weil die Vergabestelle denic Adressen nach Zeitrang vergibt. Darauf hat sie aufgrund ihres Titels allerdings keinen Anspruch. Es gibt viel zu viele gleichlautende Namen, auch Marken aus verschiedenen Branchen und beschreibend zu gebrauchenden Titel, als daß eine Vergabe der Internet-Domains generell nach Markenprioritäten durchzusetzen wäre. Bei bekannten Marken kann aber resultieren, daß eine gleichlautende Internet-Adresse unzulässig wird, häufig liegt aber eher ein wettbewerbswidriges Verhalten vor, nämlich Behinderungswettbewerb oder Rufausbeutung ("Domain-Piraterie"), als eine klare markenrechtliche Zuwiderhandlung. Vorliegend bleibt zusammenzufassen, daß der Verkehr angesichts der erkennbar beschreibenden Natur des Wortes "bike" und angesichts der nicht vorgetragenen Bekanntheit des Titels der Klägerin keine Verbindung herstellen wird zwischen der Zeitschrift der Klägerin und den Internetseiten der Beklagten. | Abs. 7 |
Dementsprechend sind auch die weiteren mit der Klage geltend
gemachten Ansprüche nicht gegeben. Die Nebenentscheidungen folgen aus den §§
91, 709 ZPO.
| JurPC Web-Dok. 180/1999, Abs. 8 |
[online seit: 10.12.99] |
Zitiervorschlag: Gericht, Datum, Aktenzeichen, JurPC Web-Dok., Abs. |
Zitiervorschlag: Hamburg, LG, "bike.de" - JurPC-Web-Dok. 0180/1999 |