JurPC Web-Dok. 90/1999 - DOI 10.7328/jurpcb/199914589

OLG Düsseldorf,
Urteil vom 22.10.98 (2 U 65/98)

Irreführende Werbung im Internet

JurPC Web-Dok. 90/1999, Abs. 1 - 44


UWG §§ 1, 3

Leitsätze (der Redaktion)

  1. Ist in einer im Internet geschalteten Werbeanzeige für eine Telefongesellschaft von "enormen Einsparungen" bei Auslandstelefonaten die Rede, so sind damit erhebliche Einsparungen von über 10% gemeint.
  2. Vergleichende Werbung, die sich in einem isolierten Preisvergleich gegenüber nur einem weiteren Mitbewerber erschöpft, ist nicht von vornherein unzulässig.

Tatbestand

Die Antragstellerin ist Deutschlands größter Anbieter von Telefonkommunikationsleistungen. Ihre Preise für Auslandsverbindungen (Stand: 1. März 1998) ergeben sich aus der als Anlage W 4 vorliegenden Preisliste (vgl. Bl. 39 bis 55 GA).JurPC Web-Dok.
90/1999, Abs. 1
Die Antragsgegnerin ist die deutsche Tochtergesellschaft eines englischen Telefondienstleisters. Sie bietet Interessenten ebenfalls die Möglichkeit, telefonisch Auslandsgespräche zu führen. Die Preise der Antragsgegnerin für Auslandsverbindungen ergeben sich aus der mit Schriftsatz vom 27. März 1998 überreichten Anlage A 1 (Spalten 1 und 2).Abs. 2
Das Angebot der Antragsgegnerin wurde mit der nachfolgend wiedergegebenen Website im Internet beworben.Abs. 3
(Es folgt die Darstellung der Website, Red.)Abs. 4
Mit anwaltlichem Schreiben vom 12. März 1998 mahnte die Antragstellerin die Antragsgegnerin wegen verschiedener Angaben in dieser Werbung ab und forderte sie zur Abgabe strafbewehrter Unterlassungsverpflichtungserklärungen auf. Unter anderem beanstandete die Antragstellerin, daß in der Werbung für ein 3-Minuten-Gespräch um 17.00 Uhr in die USA angegeben sei, daß für ein solches Gespräch bei der Antragstellerin ein Preis von DM 4,32 zu zahlen sei. Tatsächlich koste es nämlich zu der angegebenen Uhrzeit DM 2,52. Die Antragsgegnerin gab daraufhin am 19. März 1998 unter anderem insoweit eine Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung strafbewehrt ab (vgl. Bl. 61 GA). Wegen weitergehender Beanstandungen der Antragstellerin lehnte sie die Abgabe strafbewehrter Unterlassungsverpflichtungserklärungen ab.Abs. 5
Die Antragstellerin erwirkte am 24. März 1998 im Beschlußwege eine einstweilige Verfügung der 12. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf, die es der Antragsgegnerin unter Androhung gesetzlicher Ordnungsmittel untersagt, im geschäftlichen Verkehr zum Zwecke des Wettbewerbs im Rahmen des Angebots für Telefondienstleistungen wörtlich oder sinngemäß anzukündigen oder ankündigen zu lassen: "Enorme Einsparungen bei ihren Auslandsgesprächen". Hinsichtlich des weiteren Antrages der Antragstellerin, nämlich der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Verfügung zu untersagen, im Rahmen des Angebots von Telefondienstleistungen Preisvergleiche zu veröffentlichen und/oder veröffentlichen zu lassen, die nur auf die Preise der D. T. bezogen sind und weitere Anbieter nicht in der gleichen Art und Weise einbeziehen, ordnete die 12. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf zugleich an, darüber nicht ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden und Termin hierzu auf Antrag zu bestimmen.Abs. 6
Die Antragsgegnerin hat gegen die erlassene einstweilige Verfügung Widerspruch eingelegt.Abs. 7
Die Antragstellerin hat geltend gemacht, daß die beanstandete Werbeaussage "Enorme Einsparungen bei ihren Auslandsgesprächen" eine Irreführung über die Preisbemessung und Preiswürdigkeit des Angebots der Antragsgegnerin im Sinne von § 3 UWG darstelle. Der unbefangene Durchschnittsverbraucher verstehe die werbliche Ankündigung der Antragsgegnerin dahin, daß ihr Angebot absolut, also gegenüber allen Wettbewerbern, zu enormen Einsparungen bei Auslandsgesprächen führe. Dies sei jedoch unzutreffend. Aber auch dann, wenn die Aussagen nur auf ihre, der Antragstellerin, Preise für Auslandsgespräche bezogen werde, sei sie unzutreffend. Bei längeren Gesprächen nach Italien z.B. sei sie in den Preisen günstiger als die Antragsgegnerin. Auch bei längeren Gesprächen in die Türkei könnten im Verhältnis zu ihr nur ganz geringe Einsparungen erzielt werden, die nicht die Aussage von "enormen" Einsparungen rechtfertigten. Ihr zweites Antragsbegehren sei deshalb gerechtfertigt, weil ein Preisvergleich, bei dem lediglich auf das Angebot eines von zahlreichen Wettbewerbern Bezug genommen werde, wettbewerbswidrig im Sinne der §§ 1, 3 UWG sei.Abs. 8
Die Antragstellerin hat beantragt,

die einstweilige Verfügung vom 24. März 1998 zu bestätigen und zusätzlich unter Androhung gesetzlicher Ordnungsmittel der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Verfügung zu untersagen, im Rahmen des Angebots von Telefondienstleistungen Preisvergleiche zu veröffentlichen und/oder veröffentlichen zu lassen, die nur auf die Preise der D. T. AG bezogen sind und weitere Anbieter nicht in der gleichen Art und Weise einbeziehen.

Abs. 9
Die Antragsgegnerin hat beantragt,

die einstweilige Verfügung vom 24. März 1998 aufzuheben und den auf ihren Erlaß gerichteten Antrag zurückzuweisen.

Abs. 10
Die Antragsgegnerin hat geltend gemacht, daß die von ihr gewählte Formulierung "Enorme Einsparungen bei ihren Auslandsgesprächen" von den angesprochenen Verkehrskreisen allein auf das Angebot der Antragstellerin bezogen werde. Bei einem Vergleich mit der Antragstellerin biete sie in der Tat große Einsparungsmöglichkeiten, die, auch wenn sie nicht immer im Bereich von 50 % lägen, gleichwohl mit dem Adjektiv "enorm" belegt werden könnten, ohne daß bei den angesprochenen Verkehrskreisen hierdurch eine Fehlvorstellung über den Umfang der möglichen Ersparnisse aufkomme. Im übrigen sei der Preisvergleich, der allein die Antragstellerin einbeziehe, zulässig und für den Verbraucher auch nützlich, zumal der Marktanteil der Antragstellerin in den hier interessierenden Bereich der Fern- und Auslandsgespräche bei etwa 98 % liege. Dies führe dazu, daß für den Verbraucher nach wie vor ein Preisvergleich allein mit der Antragstellerin interessant sei.Abs. 11
Das Landgericht hat die einstweilige Verfügung vom 24. März 1998 bestätigt und überdies der Antragsgegnerin unter Androhung gesetzlicher Ordnungsmittel untersagt, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs im Rahmen des Angebotes von Telefondienstleistungen Preisvergleiche zu veröffentlichen und/oder veröffentlichen zu lassen, die nur auf die Preise der Deutschen Telekom AG bezogen sind und weitere Anbieter nicht in der gleichen Art und Weise einbeziehen. Zur Begründung hat es ausgeführt, daß in der Anpreisung "Enorme Einsparung bei ihren Auslandsgesprächen" eine unzulässige Irreführung des Verbrauchers über die Preisbemessung der Antragsgegnerin liege. Die Aussage werde vom Verkehr nicht allein auf die Preisgestaltung der Antragstellerin bezogen, sondern auch auf die der anderen Anbieter. Der Verkehr erwarte daher aufgrund der beanstandeten Aussage, daß die Antragsgegnerin grundsätzlich die günstigste Anbieterin sei und sie darüber hinaus zu sämtlichen Konkurrenten einen deutlichen, d.h. außergewöhnlich großen ("enormen") Preisabstand halte. Dies sei jedoch unzutreffend. Der Antrag zu 2. finde seine rechtliche Grundlage in § 1 UWG, da eine kritisierende vergleichende Werbung, die unmittelbar Bezug nehme auf einen bestimmten Mitbewerber, grundsätzlich unzulässig sei. Nur ausnahmsweise könne eine solche Werbung zulässig sein. Die Voraussetzungen eines solchen Ausnahmefalls lägen hier jedoch nicht vor. Da die Antragsgegnerin jedenfalls das mit der Installation der in Rede stehenden Website verbundene wettbewerbswidrige Tun eines anderen ausnutze, weil sie damit Kunden akquiriere, sei sie auch Störer. Ihre Darlegungen reichten auch nicht aus, anzunehmen, daß es ihr nicht in zumutbarer Weise möglich sei, die beanstandete Werbung zu verhindern, zumal sie sich wegen der Werbung auf der in Rede stehenden Website teilweise bereits zur Unterlassung verpflichtet habe. Die Vermutung des § 25 UWG sei nicht widerlegt, da die Antragsgegnerin nicht mehr bestritten habe, daß die Antragstellerin von der hier angegriffenen Werbung erst am 5. März 1998 Kenntnis erhalten hat.Abs. 12
Gegen dieses Urteil hat die Antragsgegnerin Berufung eingelegt. In der Berufungsinstanz wiederholen die Parteien ihr erstinstanzliches Vorbringen und ergänzen es.Abs. 13
Die Antragsgegnerin macht ergänzend geltend, daß es für den Erlaß der begehrten einstweiligen Verfügung schon an der Eilbedürftigkeit fehle. Es sei erstinstanzlich im Termin vom 22. April 1998 nicht unstreitig gestellt worden, daß die Klägerin erst am 5. März 1998 Kenntnis von der in Frage stehenden Website bekommen habe. Da die in Rede stehende Seite schon 1997 im Internet installiert gewesen sei, sei als sicher davon auszugehen, daß die Antragstellerin auf der steten Suche nach unbequemen Wettbewerbern auch das Internet durchforstet habe und insoweit fündig geworden sei. Hinsichtlich des Antrages zu 2 sei darüber hinaus darauf zu verweisen, daß er bereits deshalb prozessual unzulässig sei, weil insoweit anderweitige Rechtshängigkeit gegeben sei. Im Verfahren 2 U 7/98 sei dieser Antrag von der Antragstellerin anhängig gemacht worden. Der dann erfolgten Rücknahme dieses Antrages in dem Verfahren habe sie nicht zugestimmt. Jedenfalls sei aber mit der Rechtskraft der in dem Parallelverfahren ergangenen Entscheidung das Begehren der Antragstellerin zurückgewiesen worden. Im übrigen sei sie hinsichtlich des beanstandeten Wettbewerbsverhaltens nicht passivlegitimiert. Unstreitig sei die entsprechende Seite nicht von ihr geschaltet worden. Es gehe nicht an, die nationale Tochtergesellschaft eines ausländischen Konzerns für dessen außerhalb des Gebiets der Bundesrepublik Deutschland vorgenommene Handlungen zur Rechenschaft zu ziehen. Wenn die Muttergesellschaft in England dort auch für sie in zulässiger Art und Weise werbe, könne dies in der Bundesrepublik nicht zu einer gegenteiligen Wirkung einschließlich konzernmäßiger "Sippenhaftung" führen. Im übrigen habe das Landgericht den Begriff "enorm" verkannt.Abs. 14
In der heutigen Werbesprache werde dieser Begriff nur noch dahin verstanden, schlicht und einfach in irgendeiner Form besser zu sein. Wenn ein Unternehmen 10 % Kosten spare, gelte dies bereits als "enorm". Das Landgericht habe daher dem Begriff "enorm" eine Bedeutung zugemessen, den er nicht mehr habe. Auch habe das Landgericht verkannt, daß sich die in Rede stehende Aussage, wie sich aus dem gesamten Zusammenhang ergebe, nur auf die Antragstellerin, nicht aber auf die neuen Anbieter beziehe. Hinsichtlich des Antrages zu 2 habe das Landgericht schließlich verkannt, daß nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofes "Testpreis-Angebot" [= JurPC Web-Dok. 98/1998, Abs. 1 - 52, Anm. der Red.] die Richtlinie 97/55/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. Oktober 1997 zur Änderung der Richtlinie 84/450/EWG über irreführende Werbung zwecks Einbeziehung der vergleichenden Werbung bereits jetzt im Rahmen der Generalklausel des § 1 UWG zu beachten sei. Danach sei jedoch eine vergleichende Werbung, die nur auf einen Mitbewerber Bezug nehme und sich mit ihm befasse, grundsätzlich zulässig.Abs. 15
Die Antragsgegnerin beantragt,

auf ihre Berufung das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 6. Mai 1998 abzuändern und die einstweiligen Verfügungen vom 24. März 1998 und 6. Mai 1998 aufzuheben und den Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.

Abs. 16
Die Antragstellerin beantragt,

die Berufung der Antragsgegnerin zurückzuweisen.

Abs. 17
Die Antragstellerin verteidigt das landgerichtliche Urteil als zutreffend.Abs. 18
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt ihrer Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.Abs. 19

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung der Antragsgegnerin hat in der Sache nur insoweit Erfolg, als sie sich gegen die mit Urteil vom 6. Mai 1998 erlassene einstweilige Verfügung der 12. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf richtet, dagegen war ihr der Erfolg zu versagen, als sie sich gegen die mit Beschluß vom 24. März 1998 erlassene und mit Urteil vom 6. Mai 1998 bestätigte einstweilige Verfügung richtet.Abs. 20
Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin scheitern die Begehren der Antragstellerin nicht schon an der für den Erlaß einer einstweiligen Verfügung erforderlichen besonderen Voraussetzung der Dringlichkeit. In Wettbewerbssachen - um eine solche handelt es sich hier - wird nämlich die für den Erlaß von einstweiligen Verfügungen erforderliche Dringlichkeit gemäß § 25 UWG vermutet. Diese Vermutung ist hier nicht widerlegt. Dabei kann es dahingestellt bleiben, ob die Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung vom 22. April 1998 vor dem Landgericht unstreitig gestellt hat, daß die Antragstellerin erst am 5. März 1998 von der in Rede stehenden Website im Internet Kenntnis erhalten hat, da die Antragsgegnerin, die insoweit darlegungs- und glaubhaftmachungspflichtig ist, nicht substantiiert dargetan und glaubhaft gemacht hat, daß die Antragstellerin schon vor dem 5. März 1998 Kenntnis von dieser Werbung der Antragsgegnerin hatte. Die Antragsgegnerin hat lediglich dargetan, daß die in Rede stehende Homepage schon 1997 installiert worden und die Antragstellerin in der Vergangenheit, stets auf der Suche nach unbequemen Wettbewerbern gewesen sei. Sie hat daraus den Schluß gezogen, daß die Antragstellerin mit Sicherheit auch schon weit vor dem 5. März 1998 das Internet durchforstet habe und dabei fündig geworden sei. Dieser Schluß ist jedoch in keiner Weise zwingend und daher auch nicht geeignet, darzutun, daß die Antragstellerin tatsächlich vor dem 5 . März 1998 Kenntnis von der beanstandeten Werbung hatte.Abs. 21
Soweit die Antragsgegnerin in diesem Zusammenhang darauf verweist, daß es der Antragstellerin schon lange bekannt gewesen sei, daß sie, die Antragsgegnerin, mit der Preisgünstigkeit ihres Angebotes werbe, ist dieses Vorbringen unerheblich, da es hier nicht allgemein darum geht, daß die Antragsgegnerin mit der Preisgünstigkeit ihres Angebotes wirbt, sondern darum, daß sie dies in einer ganz bestimmten Weise tut, die in den beiden Anträgen der Antragstellerin beschrieben werden. Daß jedoch die Antragstellerin gerade davon schon lange Kenntnis hatte, ist weder substantiiert dargetan noch glaubhaft gemacht.Abs. 22
Die mit dem Antragsbegehren der Antragstellerin geltend gemachten Ansprüche scheitern auch nicht an einer fehlenden Passivlegitimation der Antragsgegnerin. Als Störer ist jeder passivlegitimiert, von dem ernstlich zu befürchten ist, daß er durch sein Tun oder Unterlassen einen Wettbewerbsverstoß begeht. Dabei richtet sich der Unterlassungsanspruch auch dann gegen ihn, wenn er einen Wettbewerbsverstoß durch andere begeht oder einen anderen zu einem wettbewerbswidrigen Verhalten veranlaßt, dieses fördert oder für sich ausnutzt, sofern er die Möglichkeit hat, die Handlung zu verhindern (ständige Rechtsprechung vgl. z.B. BGH 1986, 683 - Ostkontakte; 1990, 373, 374 - Schönheits-Chirurgie; BGH GRUR 1991, 769, 770 - Honoraranfrage).Abs. 23
Es bestehen keine Zweifel daran, daß die Antragsgegnerin für die in der streitgegenständlichen Website gemachten Angaben passivlegitimiert ist. Bereits in der Überschrift dieser Website heißt es in Fettdruck: "...". Die Zweitüberschrift, ebenfalls fett gedruckt, lautet "Willkommen bei F. G.". Im dritten Absatz wird "die deutsche Niederlassung von F. T. als "echte kostengünstige Alternative zur D. T. bezeichnet. Der gesamte Inhalt der streitgegenständlichen Website im Internet bezieht sich auf die Verhältnisse bei Auslandstelefonaten von D. aus, die von der Antragstellerin und nicht von ihrer Muttergesellschaft in England angeboten werden. Im letzten Absatz auf Seite 1, der mit "Was kostet es?" eingeleitet wird, wird ein Preisbeispiel für ein 3-Minuten-Gespräch in die USA der "F. T. G." genannt, im übernächsten Satz wird gesagt, daß es dabei "bei F. T." keinerlei sonstige Kosten gebe. Im letzten Absatz auf Seite 2 wird berichtet, daß daran gearbeitet werde, auch für die "deutsche Niederlassung" der F. T. Antragsformulare auf dem "Web" anzubieten. Es können nach alledem keine Zweifel daran bestehen, daß mit der in Rede stehenden Homepage Leistungen der Antragsgegnerin und nicht von deren britischer Muttergesellschaft beworben werden.Abs. 24
Darauf, ob die Antragsgegnerin selbst die in Rede stehende Werbung im Internet installiert hat, kommt es bei dieser Sachlage nicht an, da die Werbung der Antragsgegnerin zugute kommt und die Antragsgegnerin sie auch für sich ausnutzt, um damit Kunden zu akquirieren.Abs. 25
Es ist auch ohne weiteres glaubhaft, daß die Antragsgegnerin die Möglichkeit hat, Störungen, die von dieser Werbung ausgehen, zu verhindern bzw. zu beseitigen. Dies ergibt sich bereits daraus, daß sie auf die Abmahnung der Antragstellerin hin (vgl. Anlagen W 5 - Bl. 56-58 GA) ausweislich der Anlage W 6 (vgl. Bl. 60-61) wegen in der streitgegenständlichen Homepage befindlichen Angaben strafbewehrte Unterlassungsverpflichtungserklärungen gegenüber der Antragstellerin abgegeben hat. Bei dieser Sachlage reichen die Darlegungen der Antragsgegnerin nicht aus, um darzutun, daß sie als Tochterunternehmen der von ihr als Urheberin der Website Benannten nicht in der Lage sei, in Fragen der Werbung für ihr Unternehmen auf ihre auswärtige Muttergesellschaft Einfluß zu nehmen.Abs. 26
Im Ergebnis zutreffend hat das Landgericht das Antragsbegehren der Antragstellerin zu Ziffer 1 auch als unter dem Gesichtspunkt des § 3 UWG gerechtfertigt beurteilt.Abs. 27
Nach der vorgenannten Vorschrift kann auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wer im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs über geschäftliche Verhältnisse, insbesondere über die Beschaffenheit, den Ursprung, die Herstellung oder die Preisbemessung einzelner Waren oder gewerblicher Leistungen oder des gesamten Angebots, über Preislisten, über die Art des Bezugs oder der Bezugsquelle von Waren, über den Besitz von Auszeichnungen, über den Anlaß oder den Zweck des Verkaufs oder über die Menge der Vorräte irreführende Angaben macht. Mit der Ankündigung "Enorme Einsparungen bei ihren Auslandsgesprächen" hat die Antragsgegnerin im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs Angaben über die Preisbemessung und Preiswürdigkeit ihres Angebots gemacht, die geeignet sind, einen nicht unerheblichen Teil der angesprochenen Verkehrskreise irrezuführen.Abs. 28
Dabei kann es letztlich dahingestellt bleiben, ob der Verkehr die Aussage über die "enormen Einsparungen" angesichts des gesamten Inhalts der in Rede stehenden Website nur, wie von der Antragsgegnerin geltend gemacht, auf die Antragstellerin bezieht, was nach Auffassung des Senats auch naheliegt, da sie nämlich auch dann unzutreffend ist. Wenn der Verkehr diese Aussage über die Preisbemessung der Antragsgegnerin nur in Relation zur Antragstellerin versteht, so versteht er sie jedenfalls dahin, daß er Auslandsgespräche bei der Antragstellerin, ganz gleich in welches Land, zu welcher Zeit und mit welcher Dauer er sie führt, deutlich, d.h. mit einem erheblichen Preisabstand, bei der Antragsgegnerin preisgünstiger führen kann als bei der Antragstellerin. Irgendwelche Einschränkungen in Bezug auf bestimmte Länder, bestimmte Zeiten oder die Dauer bestimmter Gespräche findet sich nämlich in der Anpreisung nicht.Abs. 29
Die jedenfalls von einem nicht unerheblichen Teil des angesprochenen Verkehrs so verstandene Angabe ist jedoch unzutreffend, wie die Tabelle im Schriftsatz der Antragstellerin vom 20. April 1998 Seite 5 (Bl. 94 GA) und der nicht substantiiert bestrittene Sachvortrag der Antragstellerin auf Seite 20 des Schriftsatzes vom 10. August 1998 (Bl. 206 GA) ausweisen. Danach werden Telefongespräche nach Italien von der Antragsgegnerin teilweise überhaupt nicht günstiger oder nur bis zu 8,2l % günstiger angeboten und auch Telefongespräche in die Türkei nur in einem Rahmen von 1,64 % bis 10,27 %, womit der Verkehr noch keine "enormen", d.h. außergewöhnlich große, Einsparungen verbindet.Abs. 30
Der Auffassung der Antragsgegnerin, daß der Verkehr den Begriff "enorm" lediglich als eine Art marktschreierischer Übertreibung verstehe und er in Verbindung mit dem Wort "Einsparungen" für den Verkehr allenfalls zum Ausdruck bringe, daß der so Werbende sich als preisgünstig darstellt, vermag der Senat nicht zu folgen. Vielmehr ist der Senat der Auffassung, daß damit für den Verkehr zum Ausdruck gebracht wird, daß die Einsparungen erheblich sind und jedenfalls über 10 % liegen, zumal die Antragstellerin in der in Rede stehenden Werbung ihrer Aussage über die "enormen Einsparungen" noch durch Beispiele verdeutlicht hat, die eine Ersparnis von "58 %" nennen bzw. eine "Ersparnis um weit mehr als die Hälfte".Abs. 31
Das Landgericht hat daher zu Recht mit dem angefochtenen Urteil die einstweilige Verfügung vom 24. März 1998 bestätigt. Dabei ist im Hinblick auf die erforderliche Bestimmtheit unschädlich, daß das ausgesprochene Verbot sich auch auf "sinngemäße" Ankündigungen bezieht, denn mit den Worten "wirklich oder sinngemäß" wird nur zum Ausdruck gebracht, daß auch im Kern gleiche Verhaltensweisen vom Verbot erfaßt werden sollen.Abs. 32
Nicht gefolgt werden kann dem Landgericht jedoch insoweit, als es der Antragstellerin auch den von ihr zu Ziffer 2 geltend gemachten Anspruch zuerkannt hat. Das insoweit verfolgte Begehren ist allerdings entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin nicht schon prozessual unzulässig, jedoch ist es sachlich nicht gerechtfertigt und findet insbesondere in § 1 UWG keine Grundlage.Abs. 33
Soweit die Antragsgegnerin hinsichtlich dieses zweiten Begehrens der Antragstellerin das prozessuale Hindernis der anderweitigen Rechtshängigkeit geltend macht, kann es dahingestellt bleiben, ob dieser Antrag tatsächlich einmal in dem Verfahren 2 U 7/98 vor dem Senat von der Antragstellerin geltend gemacht worden ist, und zwar vor Anhängigmachung des Antrags im vorliegenden Verfahren, also ob Deckungsgleichheit zwischen dem damals geltend gemachten Antrag und dem nunmehr geltend gemachten Antrag vorliegt, da der von der Antragstellerin im Verfahren 2 U 7/98 geltend gemachte Antrag, der Antragsgegnerin zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs für Auslandstelefongespräche mit einem tabellarischen Preisvergleich zu werben, bei dem die Preise der Antragsgegnerin den Preisen lediglich der Antragstellerin, nicht aber denen weiterer Anbieter von Auslandstelefongesprächen gegenübergestellt werden, in der mündlichen Verhandlung vom 7. Mai 1998 nach Hinweis des Senats, daß die Antragstellerin damit keinen Erfolg haben könne, von ihr zurückgenommen worden ist. Diese Rücknahme war entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin auch ohne ihre Einwilligung wirksam. Das Einwilligungserfordernis des § 269 Abs. 1 ZPO findet auf einstweilige Verfügungen keine Anwendung (vgl. die in NJW l982, 2452 veröffentliche Senatsentscheidung; sowie Zöller, ZPO, 20. Aufl., § 269 Rdn. 14, sowie Baumbach/Lauterbach, ZPO, 52. Aufl., § 920 Rdn. 10). Abs. 34
Auch die Rechtskraft der im Verfahren 2 U 7/98 getroffenen Entscheidung steht der Zulässigkeit des hier geltend gemachten Antrages nicht entgegen, da der Antrag, über den im Parallelverfahren rechtskräftig entschieden worden ist, nicht deckungsgleich ist mit dem hier in Rede stehenden Antrag. Gegenstand des damals zur Entscheidung stehenden Antrages war ein tabellarischer Preisvergleich mit den Alternativen "Economy" und "Standard".Abs. 35
Das Antragsbegehren der Antragstellerin zu Ziffer 2 ist jedoch sachlich nicht gerechtfertigt. Es geht dabei, wie das Landgericht zutreffend erkannt hat, um die Frage, ob eine vergleichende Werbung, die unmittelbar Bezug nimmt auf einen Mitbewerber, nach § 1 UWG zulässig ist.Abs. 36
Diese Frage ist nunmehr jedoch nicht mehr auf der Grundlage der früheren Rechtsprechung zu entscheiden, wonach von einem grundsätzlichen Verbot der vergleichenden Werbung auszugehen ist, sondern auf der Grundlage der Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 5. Februar 1998 - I ZR 211/95 - "Testpreis-Angebot", veröffentlicht in WRP 1998, 718 [= JurPC Web-Dok. 98/1998, Abs. 1 - 52, Anm. der Red.]. Nach der vorgenannten Entscheidung des Bundesgerichtshofes ist, nachdem inzwischen die Richtlinie 97/55/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. Oktober l997 zur Änderung der Richtlinie 84/450/EWG über irreführende Werbung zwecks Einbeziehung der vergleichenden Werbung (ABl. Nr. L 290 vom 23. 10. 1997, S. 18) ergangen ist, eine richtlinienkonforme Auslegung des § 1 UWG geboten, auch wenn die Frist für die Umsetzung der Richtlinie zur vergleichenden Werbung derzeit noch nicht abgelaufen ist. Eine richtlinienkonforme Auslegung des § 1 UWG führt jedoch nach der zitierten Entscheidung des Bundesgerichtshofs dazu, daß vergleichende Werbung nunmehr als grundsätzlich zulässig anzusehen ist, sofern die unter Art. 3 a Abs. 1 lit. a-h der Richtlinie 97/95/EG (vgl. hierzu GRUR 1998, 117-119) genannten Voraussetzungen erfüllt sind.Abs. 37
Zu diesen Voraussetzungen zählt es jedoch nicht, den Vergleich stets mit allen Mitbewerbern oder eine erhebliche Zahl von Mitbewerbern zu treffen. Vielmehr ist es nach diesen Voraussetzungen grundsätzlich auch möglich, Waren oder Dienstleistungen nur mit denen eines bestimmten Mitbewerbers zu vergleichen.Abs. 38
Allerdings ist nach Art. 3 a Abs. 1 lit. a der Richtlinie eine irreführende vergleichende Werbung unzulässig. Der Senat vermag jedoch nicht festzustellen, daß allein der Umstand, daß die Antragsgegnerin sich nur mit der Antragstellerin vergleicht und andere Anbieter in den Vergleich nicht einbezieht, zu einer Irreführung bei den angesprochenen Verkehrskreisen führt. Ein solcher Vergleich würde zu einer Irreführung führen, wenn der Verkehr die Antragstellerin nur als "pars pro toto" ansehen würde. Eine solche Vorstellung des Verkehrs erscheint dem Senat jedoch lebensfremd und wird von der Antragstellerin auch nicht im einzelnen glaubhaft gemacht. Vielmehr spricht viel dafür, daß für die angesprochenen Verkehrsteilnehmer auf der einen Seite die Antragstellerin als Exmonopolist und auf der anderen Seite die Antragsgegnerin mit allen neuen Anbietern steht, so daß das Angebot und die Preise der Antragsgegnerin von den angesprochenen Verkehrskreisen auch nicht als repräsentativ für Angebot und Preise der Gesamtheit der neuen Anbieter angesehen werden.Abs. 39
Soweit die Antragstellerin geltend macht, daß die Wettbewerbswidrigkeit darin liege, daß die Antragstellerin sich auf einen Preisvergleich beschränke, kann auch dem nicht gefolgt werden. Zwar ist der Preis nur eines von mehreren Kriterien eines Angebotes, doch bedeutet dies nicht, daß der Mitbewerber stets dann, wenn er einen Vergleich vornehmen will, einen Vergleich mit sämtlichen Kriterien eines Angebotes des Mitbewerbers vorzunehmen hat. Die angesprochenen Verkehrskreise wissen, daß der Preis nur eines von mehreren Kriterien eines Angebots ist. Da ihm über die anderen Kriterien in dem Vergleich nichts gesagt wird, werden ihm insoweit durch den Preisvergleich auch keine unzutreffenden Angaben gemacht. Gegenstand der beanstandeten Werbung und auch des Antrages der Antragstellerin ist ein Preisvergleich der Antragsgegnerin und nicht ein Angebotsvergleich.Abs. 40
Dafür, daß isolierte Preisvergleiche von vornherein unzulässig seien, ist Art. 3 a Abs. 1 lit. a-h der Richtlinie nichts zu entnehmen, im Gegenteil ergibt sich aus dem Erwägungsgrund 8 (vgl. GRUR 1998, 117 rechte Spalte) , daß die Richtlinie es ermöglichen sollte, Vergleiche durchzuführen, die sich lediglich auf den Preis von Waren oder Dienstleistungen beziehen.Abs. 41
Der Antragsgegnerin konnte es daher nicht untersagt werden, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs im Rahmen des Angebots von Telefondienstleistungen Preisvergleiche zu veröffentlichen und/oder veröffentlichen zu lassen, die nur auf die Preise der D. T. AG bezogen sind und weitere Anbieter nicht in der gleichen Art und Weise einbeziehen.Abs. 42
Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 und § 97 Abs. 1 ZPO.Abs. 43
Eine Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit kam nicht in Betracht, weil das vorliegende Urteil als zweitinstanzliche Entscheidung im Verfahren auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung einem Rechtsmittel nicht unterliegt (§ 545 Abs. 2 ZPO) und daher ohne besonderen Ausspruch nicht nur vorläufig, sondern endgültig vollstreckbar ist.
JurPC Web-Dok.
90/1999, Abs. 44
[online seit: 28.05.99]
Zitiervorschlag: Gericht, Datum, Aktenzeichen, JurPC Web-Dok., Abs.
Zitiervorschlag: Düsseldorf, OLG, Irreführende Werbung im Internet - JurPC-Web-Dok. 0090/1999