JurPC Web-Dok. 108/1998 - DOI 10.7328/jurpcb/1998137103

Helmut Rüßmann *

Internationale Zuständigkeit für die Durchsetzung von Ansprüchen aus Geschäfts- und Wettbewerbshandlungen im Internet **

JurPC Web-Dok. 108/1998, Abs. 1 - 56


Gliederung:


I. Ausgangssituation und Problemstellung

Das Internet und in Sonderheit der als World Wide Web bezeichnete Dienst mit seinen graphischen Aufbereitungsmöglichkeiten bieten sich als Werbe- und Verkaufsmedium für Unternehmen an. Die eigene Homepage ist für jedes größere Unternehmen heute schon zur Selbstverständlichkeit geworden. Zahlreiche, auch kleinere Anbieter errichten eine Online-Präsenz auf dem Rechner eines Service-Providers und werben dort für ihre Produkte und Dienstleistungen. Um Kunden gleichsam in die virtuellen Läden zu locken, bieten mehrere Unternehmen ihre Waren auf einem einzigen Server an[1]. Damit kann man möglichst viele verschiedene Produkte "an einem Ort" kaufen. Die Angebotspalette reicht von Computersoftware, Computerteilen und elektrischen Geräten über Feinkost bis hin zu Geschenkartikeln. Es gibt kaum etwas, das es nicht im Internet gibt. Parallel zur Verbreiterung der Angebotspalette verläuft eine Entwicklung, die dem privaten Nutzer den Zugang zum Internet vom heimischen PC aus immer leichter macht. Vertragsschlüsse im Internet werden bald an der Tagesordnung sein.JurPC Web-Dok.
108/1998, Abs. 1
Damit fordert das Internet die nationalen Rechtsordnungen heraus und bringt sie zugleich an ihre Grenzen. Denn das Beziehungsgeflecht zwischen den Beteiligten ist potentiell global. Ein Webangebot in einem beliebigen Land der Welt kann technisch ohne weiteres in diesem, aber auch in nahezu allen anderen Teilen der Erde wahrgenommen werden. Technisch erreicht ein Anbieter also alle möglichen gewerblichen oder privaten Kunden weltweit, gleich, welcher territorial begrenzte Adressatenkreis mit dem Angebot angesprochen sein soll. Zugleich setzt sich der Anbieter damit potentiell in einen Wettbewerb mit anderen Anbietern, von wo aus und für welchen Markt auch immer diese agieren mögen. Zwar wird diese technische Grenzenlosigkeit vor dem Hintergrund der wirtschaftlichen Realisierung deutlich relativiert werden können. So wird etwa eine Saarbrücker Gebäudereinigung, die ihre Konditionen auch im Web anpreist, schon in München keinen Hauseigentümer zum Vertragsschluß bewegen können, geschweige denn in Kobe. Das mag bei einem Saarbrücker Softwarehaus aber schon anders aussehen.Abs. 2
Die hier zu behandelnden Fragen der internationalen Zuständigkeit für Klagen aus Geschäfts- und Wettbewerbshandlungen im Internet sind Fragen, die jedes nationale Gericht nach dem für es geltenden internationalen Zivilprozeßrecht beantworten muß: deutsche Gerichte nach deutschem internationalen Zivilprozeßrecht, japanische Gerichte nach japanischem internationalen Zivilprozeßrecht. Ich werde mich bei meinen Ausführungen auf das deutsche internationale Zivilprozeßrecht stützen. Die Rechtsprobleme, die sich in Deutschland stellen, dürften sich aber in nahezu allen anderen Rechtsordnungen dieser Welt spiegeln, und nicht zuletzt in Japan, das im Zivilprozeßrecht von einer geradezu familiären Nähe zu Deutschland geprägt ist.[2]Abs. 3
Im deutschen Recht wird zwischen der Eröffnung der deutschen Gerichtsbarkeit und der internationalen Zuständigkeit unterschieden.Abs. 4
Unter "Gerichtsbarkeit" (facultas iurisdictionis) versteht man "die aus der Souveränität fließende Befugnis eines jeden Staates, Recht zu sprechen". [3] Dieser Befugnis setzt das Völkerrecht nur wenig Grenzen, indem es etwa andere Staaten und dessen Repräsentanten von der Gerichtsbarkeit ausnimmt. In den Grenzen des Völkerrechts hat ein Staat in seiner Hoheitssphäre grundsätzlich die Gerichtsbarkeit für die Entscheidung jeder Rechtsstreitigkeit unabhängig davon, ob der Streit irgendwelche Anknüpfungspunkte an das Inland aufweist. Die Gerichtsbarkeit regelt demnach - grob gesagt - ob ein Staat seine Gerichte zur Entscheidung berufen darf.Abs. 5
Demgegenüber wird durch die internationale Zuständigkeit bestimmt, ob es zweckmäßig ist, die bestehende Gerichtsbarkeit im Einzelfall auszuüben. Hier wird also geregelt, "in welchem Umfang ein Staat von seiner Gerichtsbarkeit Gebrauch macht" [4] bzw. machen will. Dabei mag es ein Gesichtspunkt sein, die Anerkennungsfähigkeit einer Sachentscheidung im Auge zu behalten. Dieser Gesichtspunkt ist von Bedeutung, wenn die Wirkungen der Entscheidung über das Territorium des Urteilsstaates hinaus reichen sollen. Das ist etwa dann der Fall, wenn es bei einem Leistungsurteil um die Vollstreckung in Vermögen geht, das im Ausland belegen ist. Hier muß man gewärtigen, daß der Vollstreckungsstaat die Anerkennung und Vollstreckung des Urteils aus dem Urteilsstaat davon abhängig macht, daß das Gericht des Urteilsstaates nach den Zuständigkeitsregeln des Vollstreckungsstaates seine internationale Zuständigkeit mit Recht angenommen hat (so im deutschen Recht §§ 723 Abs. 2 Satz 2, 328 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Vor diesem Hintergrund könnte es mindestens unzweckmäßig sein, die Entscheidungszuständigkeit auch in Bereiche hinein auszudehnen, in denen die Anerkennung und Vollstreckung durch den mitbetroffenen Vollstreckungsstaat versagt würde. [5]Abs. 6
Zum Problem wird die internationale Zuständigkeit regelmäßig, wenn sich nur der Kläger durch eine besondere Nähe gerade zu den deutschen Gerichten auszeichnet, wenn etwa nur er seinen (Wohn-)Sitz oder eine Niederlassung in Deutschland hat, er also eine Klage "zu Hause" anstrebt, der Beklagte dagegen im Ausland sitzt und lebt. Rechtlich meist unproblematisch sind dagegen Fälle, in denen (auch) der Beklagte einen solchen Anknüpfungspunkt zu Deutschland besitzt. Denn dann bedarf er nicht des Schutzes, dem die Grenzen einer inländischen internationalen Zuständigkeit vor allem dienen, um dem Beklagten die Mühen der Verteidigung vor einem Gericht, dessen Sprache er nicht versteht, dessen Verfahrensregeln er nicht kennt und das nach seinem internationalem Privatrecht unter Umständen ein anderes materielles Recht anwendet, als das Heimatgericht es nach seinem internationalem Privatrecht tun würde.Abs. 7
Im folgenden möchte ich drei Problemfelder unterscheiden. Die beiden ersten betreffen die Geschäftshandlungen, also Rechtsstreitigkeiten innerhalb einer vertraglichen Beziehung. Hierbei möchte ich zuerst den allgemeinen Rechtsverkehr (II) behandeln, um zweitens die sich durch den Verbraucherschutz ergebenden Besonderheiten (III) aufzeigen zu können. Anschließend wird es um die internationale Zuständigkeit für wettbewerbsrechtliche Rechtsstreitigkeiten (IV) gehen. Die beiden letzten Bereiche werden zu einem gemeinsamen Problem führen, der Diskrepanz zwischen technischer Reichweite und bestimmungsgemäßem Adressatenkreis (V).Abs. 8

II. Gerichtsstände für Geschäftshandlungen ohne Verbraucherbeteiligung

Die internationale Zuständigkeit richtet sich in Deutschland im Verhältnis zu den meisten Mitgliedern der Europäischen Union nach dem Brüsseler EWG-Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 27.09.1968 (EuGVÜ) sowie im Verhältnis zu den EFTA-Staaten nach dem fast inhaltsgleichen Luganer Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 16.09.1988 (Luganoübereinkommen). Außerhalb des zwischenstaatlichen Anwendungsbereichs der beiden Übereinkommen wie etwa im Verhältnis zu Japan gelten die allgemeinen Regeln der Zivilprozeßordnung über die örtliche Zuständigkeit, die für die internationale Zuständigkeit entsprechend herangezogen werden.Abs. 9

1. Gerichtsstand des (Wohn-) Sitzes

Vorbehaltlich wirksamer Gerichtsstandsvereinbarungen kommen zunächst der allgemeine Gerichtsstand des Wohnsitzes einer natürlichen Person und derjenige des Sitzes oder der Niederlassung einer juristischen Person zur Anwendung (jeweils Art. 2 und 3 der beiden Übereinkommen sowie §§ 12, 13, 17, 21 ZPO). Diese Fälle sind ebenso unproblematisch wie praktisch irrelevant. Entscheidungserheblich sind gerade die Fälle, in denen es an einem solchen Gerichtsstand fehlt.Abs. 10

2. Gerichtsstand des Erfüllungsortes

Ins Blickfeld rückt damit für die Geschäftshandlungen vor allem der Gerichtsstand des Erfüllungsortes (Art. 5 Nr. 1 der Übereinkommen, § 29 ZPO). Dieser gilt nicht nur für Erfüllungsansprüche, sondern für alle Streitigkeiten aus Vertragsverhältnissen, also auch etwa Wandlungs- oder Schadensersatzklagen [6].Abs. 11
Den Erfüllungsort zu ermitteln, ist nach herrschender Auffassung in Deutschland [7] ausschließlich Aufgabe des zur Geltung gelangenden materiellen Rechts, hierfür wiederum sind die Kriterien des internationalen Privatrechts maßgeblich[8], also insbesondere die Art. 27 ff. EGBGB.Abs. 12
Wenn demnach eine Rechtswahl der Parteien nach Art. 27 Abs. 1 EGBGB zur Anwendung einer ausländischen Rechtsordnung führt, so richtet sich die Bestimmung des Erfüllungsorts nach den dort maßgeblichen Vorschriften. Ein inländischer Gerichtsstand wäre in diesen Fällen für den Vertragspartner im Inland nur dann zugänglich, wenn das ausländische Schuldrecht den Erfüllungsort in Deutschland festlegte.Abs. 13
Fehlt es an einer Rechtswahl, so bestimmt sich der Erfüllungsort außerhalb der Verbraucherverträge im Sinne von Art. 29 EGBGB nach dem Recht desjenigen Staates, zu dem der Vertrag die engste Bindung aufweist (Art. 28 Abs. 1 EGBGB). Nach Art. 28 Abs. 2 EGBGB wird vermutet, daß der Vertrag die engsten Verbindungen mit dem Staat aufweist, in dem die Partei, welche die charakteristische Leistung zu erbringen hat, im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder, wenn es sich um eine Gesellschaft, einen Verein oder eine juristische Person handelt, ihre Hauptverwaltung hat. Bei Internet-Angeboten wird es hauptsächlich um Kaufverträge gehen, die im Versandwege, wenn nicht gar online (Softwaretransfer), erfüllt werden, oder aber um Dienstleistungen, die ebenfalls über das Web selbst abgewickelt werden (etwa Datenbankdienste). Die charakteristische Leistung erbringt hier typischerweise der Anbieter, während der Kunde lediglich zur Zahlung des Entgelts verpflichtet ist. Art. 28 EGBGB verweist demnach bei Internetgeschäften mit einem ausländischen Anbieter regelmäßig auf die ausländische Rechtsordnung. Deren Bestimmung des Erfüllungsorts wirkt auf den internationalen Gerichtsstand in Deutschland zurück. Häufig wird es danach an einem Gerichtsstand in Deutschland fehlen.Abs. 14
Nicht wesentlich anders verhält es sich, wenn der Erfüllungsort auch unter Anwendung von Art. 28 EGBGB oder aufgrund einer Rechtswahl doch nach deutschem Recht zu bestimmen sein sollte. Die für den Erfüllungsort maßgeblichen Vorschriften finden sich in den §§ 269, 270 BGB. Wenn ein Ort für die Leistung weder bestimmt ist noch sich aus den Umständen, insbesondere der Natur des Schuldverhältnisses, ergibt, ist im Zweifel der Wohnsitz des Schuldners Erfüllungsort (§ 269 Abs. 1 BGB), so daß das deutsche Schuldrecht die Holschuld als gesetzlichen Regelfall bestimmt[9]. Im Zusammenhang mit § 29 ZPO geht es um denjenigen Ort, an dem die primäre streitige Verpflichtung zu erfüllen war, gleich ob auf ihre Feststellung, Erfüllung, Aufhebung oder Schadensersatz wegen ihrer Nichterfüllung geklagt wird[10]. Dies dürfte auch für eine Klage auf Minderung des Kaufpreises gelten. In den letztgenannten Fällen ist nicht der einzelne Anspruch im Streit, sondern es geht um die Verletzung des Vertrages insgesamt. Klagt also etwa der Käufer auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung, so liegt der Erfüllungsort in zivilprozessualer Hinsicht nicht dort, wo der Verkäufer den Schadensersatzanspruch zu erfüllen hat, sondern am Ort der Erfüllung der vertraglichen Hauptpflicht [11]. Da dies nach dem oben Gesagten regelmäßig der (Wohn-)Sitz des Schuldners ist, steht dem Kunden gegen den ausländischen Anbieter ein Gerichtsstand des Erfüllungsortes in Deutschland nicht zu.Abs. 15
Ausnahmsweise mag man allerdings zu einem solchen Gerichtsstand gelangen, wenn der Kunde aufgrund der Sachmängelgewährleistung Rückzahlung des Kaufpreises verlangt. Denn bei der Wandlung kann man von einem einheitlichen Erfüllungsort ausgehen, der sich nach dem Ort bestimmt, an dem sich die Sache vertragsgemäß befindet[12]. Das ist hier regelmäßig der Wohnsitz des Käufers. Rechte aus der Wandlung können danach also im Inland geltend gemacht werden.Abs. 16

3. Gerichtsstandsvereinbarung

Schließlich könnte ein Gerichtsstand, in erster Linie wohl allerdings im Ausland, begründet sein, wenn der Anbieter in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen eine ausschließliche internationale Zuständigkeit vorsieht. Wird nun also eine Klage bei dem ohne eine solche Vereinbarung zuständigen deutschen Gericht erhoben und von seiten des Beklagten dessen internationale Zuständigkeit aufgrund der Gerichtsstandsklausel gerügt, so ist deren Zulässigkeit nach deutschem Recht zu prüfen. Dies ergibt sich aus dem Grundsatz des "forum regit processum" [13], wonach für verfahrensrechtliche Fragen das autonome inländische Recht die Beurteilungskriterien liefert [14]. Die Zulässigkeit richtet sich demgemäß nach deutschem Recht, das Zustandekommen als solches, was etwa Fragen der Geschäftsfähigkeit, Stellvertretung oder Willensmängel angeht, ist hingegen nach dem internationalprivatrechtlich anwendbaren Sachrecht zu beurteilen[15].Abs. 17
Hier müßten also die Anforderungen der §§ 38, 40 ZPO gewahrt sein. Diese gelten sinngemäß auch für den Fall, in dem keine Zuständigkeit eines deutschen Gerichts positiv bestimmt, sondern vielmehr ausgeschlossen sein soll (sog. Derogation). Nach § 38 Abs. 2 ZPO kann eine Gerichtsstandsvereinbarung etwa dann getroffen werden, wenn eine der Parteien keinen allgemeinen Gerichtsstand im Inland hat. Eine solche Vereinbarung bedarf jedoch der Schriftform bzw. der schriftlichen Bestätigung (§ 38 Abs. 2 Satz 2 ZPO). Diese Formerfordernisse gelten auch im Zusammenhang mit der Bestimmung einer internationalen Zuständigkeit. Denn es erscheint nicht gerechtfertigt, sie gerade in diesem Bereich leerlaufen zu lassen. Schriftliche Erklärungen werden im Internet indessen nicht abgegeben. Schriftform bedeutet nach § 126 BGB Eigenhändigkeit der Unterschrift. Diese ist bei im Wege der Telekommunikation überlieferten Erklärungen aber nicht gewahrt. Selbst wenn ein Ausdruck eines Dokuments beim Empfänger erfolgt, trägt dieser keine eigenhändige Unterschrift[16]. Allerdings bleibt abzuwarten und im Auge zu behalten, ob nicht der Gesetzgeber die Formvoraussetzungen mit Blick auf den elektronischen Geschäfts- und Rechtsverkehr ändert. Wenn der Gesetzgeber meint, die bislang durch die Schriftform erfüllten Funktionen im elektronischen Rechtsverkehr etwa durch digitale Signaturen[17] erfüllen lassen zu können, könnten wir in einen Rechtszustand geraten, der Vereinbarungen über die internationale Zuständigkeit ausländischer Gerichte auf elektronischem Wege ermöglicht.Abs. 18
Eine Gerichtsstandsvereinbarung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen bei Vertragsschlüssen im Internet scheitert de lege lata (noch) mangels Wahrung der Schriftform nach § 38 Abs. 2 Satz 2 ZPO. Nur der Vollständigkeit halber sei darauf hingewiesen, daß auch im Falle einer individuell vereinbarten (Un-)Zuständigkeit deutscher Gerichte dem Erfordernis des § 38 Abs. 2 Satz 2 ZPO allein durch elektronische Erklärungen nicht genüge getan werden kann. Gerichtsstandsvereinbarungen sind deshalb nach deutschem Recht für das Internet (noch) weitgehend unbeachtlich.Abs. 19
Für den Rechtsverkehr ohne Verbraucherbeteiligung kann man demnach insgesamt festhalten, daß Gerichtsstände für Klagen gegen einen ausländischen Internetanbieter nur ausnahmsweise in Deutschland begründet sind.[18] In diesem Bereich wird man mit diesem Ergebnis auch leben können. Abs. 20

III. Verbrauchergerichtsstände

Die Konsequenz, nach einer vertraglichen Betätigung im Internet zu einer Klage im entfernten Ausland gezwungen zu sein, dürfte dagegen weit weniger tolerabel sein beim privaten Verbraucher. Dem Schutz des Verbrauchers dienen denn auch besondere internationale Gerichtsstände. Hier gilt es zu prüfen, ob diese Regelungen auch für internetspezifische Vorgänge fruchtbar gemacht werden können [19].Abs. 21

1. Verbraucherschutz in den Europäischen Übereinkommen

Einen Verbrauchergerichtsstand gewährt Art. 13 i.V.m. Art. 14 EuGVÜ (ebenso Art. 13, 14 Luganoübereinkommen). Wenig problematisch ist dabei das Erfordernis eines Vertrages, "den eine Person zu einem Zweck abgeschlossen hat, der nicht der beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit dieser Person (Verbraucher) zugerechnet werden kann" (Art. 13 Abs. 1 EuGVÜ). Ebenfalls rechtlich ohne größere Schwierigkeiten, aber auch (noch) ohne große praktische Relevanz für das Internet sind die Nr. 1 (Teilzahlungskauf) sowie die Nr. 2 (Kreditgeschäft zur Finanzierung eines Kaufs) von Art. 13 Abs. 1 EuGVÜ.Abs. 22
Entscheidungserheblich bei Internetgeschäften dürfte damit regelmäßig die Nr. 3 sein, wonach auch für "andere Verträge" ein Verbrauchergerichtsstand begründet ist, "wenn sie die Erbringung einer Dienstleistung oder die Lieferung beweglicher Sachen zum Gegenstand haben, sofern a) dem Vertragsschluß in dem Staat des Wohnsitzes des Verbrauchers ein ausdrückliches Angebot oder Werbung vorausgegangen ist und b) der Verbraucher in diesem Staat die zum Abschluß des Vertrages erforderlichen Rechtshandlungen vorgenommen hat". Der im Web surfende Verbraucher wird typischerweise nur auf virtueller Weltreise sein, seine Willenserklärung also online von seinem Heimatland aus abgeben. Damit kommt es entscheidend darauf an, ob auch in diesem Heimatland ein ausdrückliches Angebot oder Werbung vorausgegangen ist. Auf diese Voraussetzung wird gleich noch einzugehen sein.Abs. 23

2. Verbraucherschutz nach nationalem Recht

Vorher möchte ich aber noch die Suche nach anderen Verbrauchergerichtsständen außerhalb der beiden Übereinkommen aufnehmen. Sie verläuft bei Internetgeschäften nicht eben erfolgreich. So gilt etwa § 7 HaustürwiderrufsG m.E. hier nicht. Denn eine den Haustürgeschäften vergleichbare Drucksituation besteht für den Internetsurfer, der selbst und jederzeit frei darüber entscheiden kann, ob, wann und wie er sich mit einem Internet-Angebot vertraut machen oder ihm gar zustimmen will, nicht[20]. Auch die noch in §§ 6a und 6b des Abzahlungsgesetzes enthaltenen Gerichtsstände zugunsten des Verbrauchers wurden in das Verbraucherkreditgesetz nicht übernommen. Der Gesetzgeber hat insoweit den durch das grundsätzliche Prorogationsverbot des § 38 ZPO beabsichtigten Verbraucherschutz als hinreichend erachtet. Abs. 24
Zu beachten sind allenfalls noch die Besonderheiten, die sich bei einem Gerichtsstand des Erfüllungsortes unter Beteiligung eines Verbrauchers ergeben. Denn abweichend von Art. 28 EGBGB kommt es nun nicht mehr darauf an, zu welcher Rechtsordnung der Vertrag die engste Bindung aufweist. Vielmehr kommt für den Verbrauchervertrag nach Art. 29 Abs. 2 EGBGB das Recht des Staates zur Anwendung, in dem der Verbraucher seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, gegenüber dem deutschen Verbraucher also deutsches Schuldrecht. Damit gelten aber auch gegenüber dem deutschen Verbraucher die §§ 269, 270 BGB, die - wie bereits gezeigt - regelmäßig auf einen ausländischen Erfüllungsort und damit auch Gerichtsstand verweisen. Auch mittels Art. 29 EGBGB wird man also nur ausnahmsweise (etwa bei einer Wandlung) dem Verbraucher mit einem inländischen Gerichtsstand des Erfüllungsortes helfen können.Abs. 25
Damit bleibt regelmäßig allein der Rückgriff auf Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 EuGVÜ (bzw. Luganoübereinkommen). Außerhalb der europäischen Gerichtsstandsübereinkommen ist der Verbraucher dagegen regelmäßig schutzlos gestellt. Hier sehe ich den nationalen Gesetzgeber in der Pflicht.Abs. 26

3. Schlüsselfrage: Wo wirbt der Internetanbieter?

Innerhalb der beiden Abkommen steht und fällt also ein Verbrauchergerichtsstand regelmäßig mit der Frage, wo der Anbieter seine Angebote oder seine Werbung unterbreitet hat (Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 EuGVÜ). Im wesentlichen drei Antworten kommen in Betracht: Erstens: Der Internet-Anbieter wirbt nur in dem Land, in dem er seinen Sitz hat oder seine Webseiten aufgelegt hat. Zweitens: Seine Werbung richtet sich an alle Länder, in denen die technische Möglichkeit besteht, die Seiten wahrzunehmen, also letztlich an die ganze Welt. Oder aber drittens: Es findet sich eine in irgendeiner Form zwischen beiden Extremen vermittelnde Lösung. Abs. 27
Bevor wir diese Frage beantworten, möchte ich den Bereich der Wettbewerbshandlungen in Angriff nehmen, weil er uns zu einem verwandten Problem führen wird. Abs. 28

IV. Wettbewerbshandlungen

Der deutsche Wettbewerbsrechtler wird neben den rein nationalen Fragestellungen die Internetaktivitäten im wesentlichen aus zwei Perspektiven beargwöhnen.[21] Einerseits interessieren ihn die ausländischen Wettbewerber deutscher Anbieter, die zwar vielleicht den rechtlichen Anforderungen ihres Heimatlandes genüge tun mögen, aber im Inland gegen strengere Wettbewerbsregeln verstoßen. Paradebeispiel dürfte die in Deutschland unzulässige vergleichende Werbung sein,(Anmerkung der Redaktion: vgl. hierzu aber jetzt: BGH, Urteil vom 05.02.98, I ZR 211/95 = JurPC Web-Dok. 98/1998, Abs. 1 - 52) mit der etwa ein amerikanischer Anbieter seine Vorzüge gegenüber dem deutschen oder auch einem dritten (japanischen) Konkurrenten im Web anpreist. Gibt es für den deutschen oder gar für den japanischen Anbieter einen internationalen Gerichtsstand in Deutschland, der vielleicht sogar die Durchsetzung eines Unterlassungsanspruchs nach deutschem Sachrecht ermöglicht? Andererseits: Droht dem deutschen Wettbewerber eine erfolgreiche Inanspruchnahme vor deutschen oder gar beliebigen ausländischen Gerichten, weil er gegen strengere Wettbewerbsregeln irgendeines anderen Landes verstoßen hat? Muß also etwa der deutsche Anwalt zukünftig hinsichtlich der Webseiten seines Klienten alle Wettbewerbsordnungen dieser Welt überprüfen, bevor er zur Freischaltung des Webangebotes raten kann?Abs. 29
Das sind zunächst einmal Fragen nach dem auf die Wettbewerbshandlung anwendbaren Recht. Sie weisen aber eine gewisse Parallele zu der bei unseren Überlegungen im Vordergrund stehenden Frage nach der internationalen Zuständigkeit auf, weil das internationale Privatrecht wie das Recht der internationalen Zuständigkeit für die Bestimmung des anwendbaren Rechts wie für die Festlegung der internationalen Zuständigkeit an ein- und dasselbe Merkmal anknüpfen: den Ort, an dem die Wettbewerbsverletzung begangen wird.Abs. 30
Beschränken wir uns zunächst auf die Frage nach einem internationalen Gerichtsstand! [22] Nach den europäischen Gerichtsstandsübereinkommen kommt jeweils Art. 5 Nr. 3 zur Anwendung, wonach eine "Person, die ihren Wohnsitz in dem Hoheitsgebiet eines Vertragsstaats hat, in einem anderen Vertragsstaat verklagt werden kann", "wenn eine unerlaubte Handlung oder eine Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist, oder wenn Ansprüche aus einer solchen Handlung den Gegenstand des Verfahrens bilden", und zwar "vor dem Gericht des Ortes, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist". Nach nationalem Recht kommt § 24 Abs. 2 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) zur Anwendung. Danach ist für Klagen auf Grund dieses Gesetzes, wenn der Beklagte im Inland keinen Wohnsitz hat, das Gericht zuständig, in dessen Bezirk die Handlung begangen ist. Als Begehungsort gilt nicht nur der Ort der Tathandlung, sondern auch der Ort des Verletzungserfolgs [23]. So verhält es sich auch, wenn man auf den allgemeineren Gerichtsstand der unerlaubten Handlung nach § 32 ZPO zurückgreift[24]. Auch dort ist Gerichtsstand der Begehungsort, worunter aber sowohl der Handlungs- als auch der Erfolgsort fallen[25].Abs. 31
Im Internet bereitet schon der nach UWG und ZPO zumindest auch relevante Tat- oder Handlungsort erhebliche Schwierigkeiten. Häufig läßt sich gar nicht ohne weiteres ermitteln, wo ein Server überhaupt steht. Nicht einmal eine territoriale Top-Level-Domain, etwa ".de" für Deutschland, bietet einen sicheren Hinweis darauf, daß der Server tatsächlich in Deutschland steht. Viele kommerzielle Webangebote werden ohnehin auf Servern mit nicht-territorialen Domains, insbesondere ".com" für "commercial", aufgelegt, die überhaupt keine Aussage über den Standort des Servers zulassen. Wo ein Webserver steht, ist im übrigen technisch völlig willkürlich. Der Betreiber kann ihn von einem beliebigen anderen Ort der Welt aus technisch pflegen und ihn deshalb auch beliebig plazieren. Ein Anbieter, der rechtliche Nachteile gleich welcher Art fürchtete, bräuchte also ohne weitere organisatorische Maßnahmen nur den Server in einem anderen Land aufzustellen oder seine Daten nach dort auf einen anderen Rechner zu übertragen. Schon der Arbeitsplatz, von dem aus er sein Angebot elektronisch pflegte, könnte in seinem Heimatland verbleiben. Irgendwelche Rechtsfolgen von dem Standort eines Servers abhängig zu machen, ist deshalb willkürlich und öffnet dem Mißbrauch Tür und Tor. Die Konsequenz wären Webangebote unter "Billigflagge". Rechtlich kann der Handlungsort also nur dort sein, von wo aus der Verantwortliche agiert. Das wird unabhängig vom Standort seines Servers regelmäßig sein (Wohn-)Sitz oder der Sitz einer Niederlassung sein. Doch könnte sich auch diese Anknüpfung noch als unangemessen erweisen, wenn mit ihr zugleich über das anwendbare Recht bestimmt würde. Denn auch jetzt eröffneten sich Möglichkeiten, den Sitz dort zu nehmen, wo das schwächste Wettbewerbsrecht regiert.Abs. 32
Über das Problem des Handlungsortes hinaus entsteht die Globalität potentieller Gerichtsstände in erster Linie aber durch die Fülle möglicher Erfolgsorte. National hat der Gesetzgeber den sog. "fliegenden" Gerichtsständen des Erfolgsortes, die gerade bei Wettbewerbshandlungen nur durch die Reichweite der Werbung begrenzt waren, zwar im reinen Inlandsprozeß, soweit es um Klagen des nicht unmittelbar Betroffenen (Verbände, Konkurrenten, Kammern) geht, durch § 24 Abs. 1 UWG (Gerichtsstand nur des Wohnsitzes oder der Niederlassung des Beklagten) entgegen gewirkt. Gerade für die hier interessierende Auslandsberührung (§ 24 Abs. 2 UWG) ebenso wie für den Gerichtstand des durch die unerlaubte Handlung unmittelbar Betroffenen gilt dies aber nicht. Damit bleibt es bei dem Grundsatz, daß der Verletzungserfolg wie etwa für Ehrverletzungen durch Druckschriften[26] oder Fernsehsendungen[27] überall dort eintritt, wo der verletzende Inhalt verbreitet wurde.Abs. 33
Übertragen auf die internationale Zuständigkeit heißt dies, daß ein oder besser jedes deutsche Gericht für Wettbewerbshandlungen im Internet international zuständig ist, in dessen Bezirk ein Internetangebot bestimmungsgemäß verbreitet wurde. Damit entspricht die Problemstellung eines Gerichtsstands für Wettbewerbshandlungen derjenigen eines Verbrauchergerichtsstands nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 EuGVÜ bzw. Luganoübereinkommen (dem Vertragsschluß vorausgegangene Werbung im Inland): Wo wird ein Internetangebot bestimmungsgemäß verbreitet?Abs. 34

V. Technische Reichweite und bestimmungsgemäßer Adressatenkreis

Das Problem der technisch unbegrenzten Reichweite ist neu. Bei keinem bisherigen Informationsträger gibt es eine vergleichbare technische Universalität.Abs. 35

1. Parallele zu den Presseerzeugnissen

Immerhin konnten aber auch schon bisher nationale Presseerzeugnisse zu einem Problem des internationalen Prozeßrechts werden, wenn sie in andere Länder gelangten und sich dort als persönlichkeits- oder wettbewerbsrechtliche Verletzungshandlungen darstellten. Die Grenzziehung war aber hier zu bewältigen. Der EuGH[28]beantwortete vor allem eine Folgefrage: Er bejahte 1995 einen Gerichtsstand nach Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ in jedem Staat, in dem das Presseerzeugnis bestimmungsgemäß verbreitet wurde. Lediglich die materielle Prüfungskompetenz beschränkte er auf diejenigen Schäden, die in dem Staat des angerufenen Gerichts verursacht wurden.[29]Eine umfassende Prüfungskompetenz räumte er dagegen nur in demjenigen Vertragsstaat ein, in dem der Beklagte seinen Sitz hat. Abs. 36
Für die Reichweite einer Verbreitung hatte bereits 1977 der BGH im Einzelnen formuliert[30]: "Von einem Verbreiten kann indessen nur die Rede sein, wenn der Inhalt der Zeitschrift dritten Personen bestimmungsgemäß und nicht bloß zufällig zur Kenntnis gebracht wird (...). Immer muß der Leser des Druckerzeugnisses, dem dessen Inhalt zur Kenntnis gegeben werden soll, sich in dem Bereich aufhalten, den der Verleger oder Herausgeber nach seinen Intentionen auch wirklich erreichen will oder in dem er mit einer Verbreitung rechnen muß."Abs. 37
Damit sind solche Staaten nicht mehr im Spiel, in die bloß zufällig einzelne Druckwerke etwa von einem Urlaubsheimkehrer mitgebracht werden. Werden dagegen Teile einer Auflage planmäßig exportiert, etwa in Urlaubszentren oder ausländische Großstädte, liegt eine Verbreitung auch in diesen Staaten vor.Abs. 38

2. Parallele zu Fernsehausstrahlungen

Auch bei Fernsehsendungen begegnet man einem dem Internet durchaus verwandten Phänomen. [31] Schon bei terrestrischer Übertragung führt die möglichst vollständige Versorgung auch der Randgebiete geradezu zwingend zu einer technischen Verbreitung auch in den angrenzenden Regionen. Mit einer Wahrnehmung rechnen muß der Fernsehveranstalter also auch dort. Durch die Satellitenübertragung strahlen Programme ohnehin mittlerweile weit über den unmittelbaren nationalen Raum hin aus. Lediglich bei der Kabeleinspeisung deckt sich durch die zielgenaue Verteilung der bewußt bediente Adressatenkreis mit der technischen Erreichbarkeit. Auch bei Fernsehsendungen gilt grundsätzlich die Formel, daß mit der Kenntnis von der technischen Reichweite der Ausstrahlung auch von einer bestimmungsgemäßen Verbreitung in den betroffenen Sendegebieten auszugehen ist[32].Abs. 39

3. Die Erweiterung beim Internet hin zur Universalität

Das Internet erweitert nun die technischen Möglichkeiten hin zu einer Universalität. Technisch muß jeder Anbieter damit rechnen, daß seine Webseiten in jedem Staat der Welt wahrgenommen werden können. Die begrenzenden Formeln, wie sie für Presse und Fernsehen entwickelt wurden, scheinen hier zu versagen. Damit wäre zumindest nach deutschem internationalen Prozeßrecht in Deutschland ein Gerichtsstand begründet für jegliche Wettbewerbsstreitigkeit, die ein im Internet publiziertes Angebot zum Gegenstand hat. Abs. 40
a) Vom Tatort zum Marktort
Diese allumfassende Zuständigkeit der deutschen Gerichte für Wettbewerbshandlungen im Internet geht zu weit.[33]Eine denkbare Abhilfe könnte darin liegen, die internationale Zuständigkeit im Sinne des Gleichlaufs von Zuständigkeit und anwendbarem Recht[34] nur dann zu bejahen, wenn auch deutsches Wettbewerbsrecht zur Anwendung gelangt. Das klingt zunächst überraschend, hatten wir doch oben angeführt, daß das internationale Privatrecht und das internationale Prozeßrecht an ein- und dasselbe Merkmal des Begehungsorts anknüpfen. Indessen wird im internationalen Privatrecht schon lange die Angemessenheit der Anknüpfung des auf Wettbewerbshandlungen anwendbaren Rechts an das allgemeine Deliktsstatut in Frage gestellt und statt dessen die Anknüpfung an ein wettbewerbsrechtliches Sonderstatut vorgeschlagen und von der Rechtsprechung auch praktiziert.Abs. 41
Das deutsche internationale Privatrecht des unlauteren Wettbewerbs, hat im Zuge der Zeit mancherlei Schwankungen und Wandlungen erfahren[35]. Tatortregelverständnis i.S. des Ubiquitätsprinzips (Maßgeblichkeit des Erfolgs- und Handlungsorts), gelegentliche Neigung zum Ineinssetzen von Erfolgs- und Schadensort und Nußbaumsche Regel (Maßgeblichkeit deutschen Sachrechts für den Wettbewerb zwischen Inländern auf welchen Märkten auch immer) haben dem deutschen Wettbewerbsrecht lange Zeit ein (zu) weites Anwendungsfeld eröffnet. BGHZ 35, 329 - Kindersaugflaschen (Abschied von der Ubiquitätsregel) und BGHZ 40, 39 - Stahlexport (grundsätzlicher Abschied von der Nußbaumschen Regel) haben die gebotene Korrektur eingeleitet. Heute läßt sich ein allgemeiner Konsens dahin konstatieren, daß Wettbewerbsstatut grundsätzlich das Recht des Orts der wettbewerblichen Interessenkollision, mithin das jeweilige Marktortrecht [36] ist. Streitig sind nur noch Art und Reichweite der Ausnahmen. Nach der Stahlexport-Doktrin soll es bei der Maßgeblichkeit deutschen Sachrechts für den Auslandswettbewerb unter Inländern bleiben, wenn sich derselbe ausschließlich zwischen Inländern abspielt oder sich die Wettbewerbshandlung nach Art und Zielrichtung ausschließlich oder doch überwiegend gegen die schutzwürdigen Interessen eines inländischen Mitbewerbers richtet[37]. Eine verbreitete Literaturmeinung[38] lehnt demgegenüber zwar die Nußbaumsche Regel auch in ihrer relativierten Form ab, macht den von der Stahlexport-Entscheidung thematisierten Gesichtspunkt spezieller Mitbewerberbezogenheit der zu beurteilenden Wettbewerbshandlung indes insoweit fruchtbar, als sie den Satz von der (Allein-)Maßgeblichkeit des Marktortrechts nur für "marktbezogene" Wettbewerbshandlungen gelten lassen will. "Betriebs-" bzw. "nicht marktbezogene" Wettbewerbshandlungen, als deren Charakteristikum teils das Fehlen einer Einwirkung über den Markt[39], teils das Fehlen kollektiver Konkurrentenbetroffenheit[40]benannt wird, werden überwiegend dem allgemeinen Deliktskollisionsrecht[41] und damit der Ubiquitätsregel (mit dem Sitz des betroffenen Unternehmens als Erfolgsort)[42]bzw. bei gemeinsamem Sitzland ausschließlich dem gemeinsamen Personalstatut[43] unterstellt.Abs. 42
Mit Lindacher[44] bin ich der Auffassung, daß man sich von der Nußbaumschen Regel vollständig verabschieden und auf die Marktortregel beschränken sollte, soweit das Wettbewerbsrecht auf marktbezogene Wettbewerbshandlungen reagiert und unter dem gewandelten Funktionsverständnis neben dem Mitbewerberschutz gleichrangig dem Schutz der Marktgegenseite (in Sonderheit der Verbraucher) und dem Schutz des Wettbewerbs als Institution dient. Das führt zu einer Synchronisierung des Geltungsanspruchs der Marktortregel und des Anwendungsbereichs der Verbandsklage: Die Marktortregel als genuin wettbewerbsrechtlich bestimmte Tatortregel sollte zugunsten der allgemeinen Tatortregel (einschließlich des Ubiquitätsprinzips) bzw. des Satzes von der Maßgeblichkeit des gemeinsamen Personalstatuts dort und erst dort weichen, wo das zu beurteilende Verhalten - nach deutschem Sachrecht - ausschließlich Individualschutzansprüche auslöst, eine Verbandsklage also nicht gegeben ist. Die Verletztenklagen werden demzufolge nach der allgemeinen Tatortregel, die Interessentenklagen nach der Marktortregel behandelt.Abs. 43
Die Bestimmung der lex causae nach der Marktortregel im lauterkeitsrechtlichen Kernbereich heißt: Wettbewerbshandeln, das auf Verbesserung bzw. Verteidigung der Inlandsmarktposition zielt, unterliegt deutschem, Wettbewerbshandeln, das auf Stärkung bzw. Erhalt von Auslandsmarktstellungen zielt, dem jeweiligen ausländischen Wettbewerbsrecht. Von welchem Standort aus das Wettbewerbshandeln ausgeht, spielt nach dieser Auffassung keine Rolle mehr; entscheidend sind die Auswirkungen des Wettbewerbshandelns auf den Markt.Abs. 44
Da gezielte Einwirkung auf deutsche Urlauber im Ausland zum ausländischen Marktgeschehen zählt, bleibt es auch insoweit bei der Maßgeblichkeit lokalen Sachrechts[45]. Verkaufsveranstaltungen im Rahmen von "Kaffeefahrten" insAusland unterliegen als inländisches Marktgeschehen hingegen deutschem Wettbewerbsrecht[46].Abs. 45
b) Der Marktort für Internet-Angebote
In den Beispielsfällen, die für die Entwicklung des besonderen Wettbewerbsstatuts Pate gestanden haben (Vertrieb einer sklavischen Nachahmung auf Auslandsmärkten BGHZ 35, 329 [Kindersaugflaschen], Versenden von Informationsschreiben an ausländische Kunden mit Wirkungen auf den Wettbewerb im Ausland BGHZ 40, 391 [Stahlexport]; Umwerbung von Urlaubern im Ausland BGHZ 113, 11 [Kauf im Ausland], Werbung in einer schweizerischen Zeitschrift, die auch in Deutschland vertrieben wird BGH GRUR 1971, 153 = NJW 1971, 323 [Tampax]) bereitete es keine Schwierigkeiten, den Markt und damit das Recht zu identifizieren, an dem die Zulässigkeit des Wettbewerbshandelns zu messen war. Wenn wir indessen Internetaktivitäten von Produktanbietern betrachten, liegt die Schwierigkeit gerade darin, aus der Vielzahl der Plätze dieser Welt, von denen die Webseite eines Anbieters abgerufen werden kann, die Bereiche herauszufinden, auf denen sich der Kampf um Kunden und Marktanteile abspielt und die sich so für die Anwendung ihres Wettbewerbsrechts und im Gleichklang damit für eine internationale Zuständigkeit qualifizieren. Auch der Ausflug in das (gegenüber dem Recht der internationalen Zuständigkeit modernere Recht des internationalen Privatrechts) hat uns damit noch keine Lösung für das internetspezifische "allstate"-Problem beschert.Abs. 46
Zur "multistate"-Problematik grenzüberschreitender Fernsehwerbung hat Kort[47] vorgeschlagen, ein quantitatives Mindestmaß des Umfangs an Marktbeeinflussung zu verlangen, die durch eine wettbewerbswidrige Handlung erfolgt, und zur Messung auf die Ermittlung von Einschaltquoten "gegebenenfalls unterstützt durch Umfragen über den Bekanntheitsgrad einer Fernsehwerbung"[48] verwiesen. Im Internet können Indizien wie die Sprache der Web-Seite, Zahlungs- und Versandmodalitäten, Reichweite des Produktmarktes oder die Logprotokolle weiterhelfen, um den Umfang der von einer Web-Seite ausgehenden Marktbeeinflussung zu bestimmen.[49] Hier zeigen sich Ansätze und Anknüpfungsmöglichkeiten für eine Begrenzung der sonst weltweit eröffneten internationalen Zuständigkeit.Abs. 47
c) Verbrauchergerichtsstand
Beim Verbrauchergerichtsstand verhält es sich ähnlich. Ein Verbraucher wird nicht immer auf die Wohltat eines heimischen Gerichtsstandes vertrauen dürfen, nur weil er sich im Internet von ausländischen Angeboten hat inspirieren lassen. Denken wir uns als Beispiel den im Portugiesischen kundigen deutschen Verbraucher, der für seine nächste Portugalreise eine Inlandszugfahrkarte bestellt, indem er ein auf Portugiesisch verfaßtes Webformular ausfüllt. Soll dieser Kunde wirklich in Deutschland mit der Behauptung klagen können, mit dem Fahrkartenerwerb sei etwas nicht in Ordnung gewesen? Auch hier ist es aus technischer Sicht eindeutig, daß der portugiesische Anbieter mit einer Kenntnisnahme auch in Deutschland rechnen muß. Doch soll dies für das Tatbestandsmerkmal einer vorausgegangenen Werbung (Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 EuGVÜ) in Deutschland genügen?Abs. 48

4. Begrenzung der bestimmungsgemäßen Verbreitung nach inhaltlichen Kriterien

Eindeutig dürfte sein, daß eine Begrenzung der bestimmungsgemäßen Verbreitung nicht bloß auf die subjektive Absicht des Anbieters, für welches Gebiet und welches Land er seine Werbung gelten lassen will, abstellen kann. Diese Intention wäre so gut wie überhaupt nicht nachweisbar. Im Einzelfall würde sich jeder Anbieter gegen eine Klage im aus seiner Sicht ausländischen Staat mit der Behauptung zur Wehr setzen wollen, auf dieses Land habe sein Angebot nicht gezielt.Abs. 49
Wohl aber kann man versuchen, anhand inhaltlicher Kriterien den Adressatenkreis eines Webangebotes einzugrenzen. Das Beispiel legt schon ein erstes Kriterium nahe. Für denjenigen, der in seinem Angebot eine nur in einem begrenzten Sprachraum gebräuchliche Sprache verwendet, streitet die Vermutung, daß auch sein Angebot allenfalls für diesen Sprachraum gelten soll. Ein rein in Deutsch verfaßtes Angebot wird im ersten Zugriff deshalb höchstens den Sprachraum Deutschland, Österreich und Schweiz bedienen, auch wenn es in anderen Ländern, etwa in Japan viele der deutschen Sprache Kundige geben mag. Mit dem Japanischen wird es sich vice versa nicht anders verhalten, wenn auch sicherlich mehr Japaner deutsch als Deutsche japanisch sprechen.Abs. 50
Schon das Beispiel Portugals zeigt allerdings, daß es sich beim Sprachkriterium wirklich nur um einen ersten Zugriff handelt. Wohnt unser reiselustiger Verbraucher etwa in Südamerika (die Geltung eines Art. 13 EuGVÜ entsprechenden Übereinkommens vorausgesetzt), wird er zumindest nicht wegen einer Sprachbarriere an einer auch an ihn gerichteten Werbung zweifeln. Auf einen Verbrauchergerichtsstand in seiner Heimat wird er dennoch nicht berechtigt vertrauen dürfen. Abs. 51
Man wird also auch den Gegenstand der Werbung mit einbeziehen müssen. Im angeführten Beispiel hat man wenig Mühe, die Entscheidung an dem objektiven Kriterium festzumachen, daß das Angebot einer ausschließlich im Inland zu erbringenden Beförderungsleistung sich lediglich an Interessenten richten wird, die sich auch im Inland befinden. Ist der Gegenstand der Werbung dagegen erkennbar auch in anderen Ländern von Interesse und das Webangebot so zu verstehen, daß auch der Kontakt mit ausländischen Kunden gewollt ist, wird man eine Werbung bzw. eine bestimmungsgemäße Verbreitung auch in diesen Ländern bejahen können und müssen.Abs. 52
Angesichts der Bedeutung, die das Englische im Computerbereich allgemein und in Sonderheit im Internet als Verständigungsgrundlage erlangt hat, wird man an die Verwendung eines (auch) englischen Angebots zumindest bei Staaten, in denen die Muttersprache nicht schon das Englische ist, die Vermutung knüpfen können, daß das Angebot sich über die eigenen Landesgrenzen hinaus erstrecken und möglicherweise gerade auch weltweit gelten soll. Wenn das (auch) in Englisch verfaßte Webangebot etwa den Vertrieb einer weltweit verwendbaren Software zum Gegenstand hat, wird man davon ausgehen müssen, daß auch eine weltweite Werbung intendiert ist. Soweit sich das Angebot an Verbraucher richtet, muß der Anbieter dann auch mit den internationalen Zuständigkeiten zugunsten der Verbraucher rechnen. Zielt sein Angebot derart auf einen ausländischen Markt, geschieht ihm auch mit einem Wettbewerbsgerichtsstand in diesem Staat kein Unrecht. Abs. 53
Schließlich kann man auch einen weiteren, allerdings mit Vorsicht zu genießenden Indikator benennen. Jedenfalls wenn sich der Anbieter auf einen Vertrag mit einem ausländischen Kunden eingelassen hat, den er erkennbar via Internet gewonnen hat, wird er sich wohl in aller Regel auch daran festhalten lassen müssen, daß sich dann auch seine Werbung auf das Heimatland des Kunden erstreckte. Das gilt zumindest, wenn man auf der Anbieterseite von einer individuellen Entscheidung zugunsten eines Vertragsschlusses gerade mit diesem Kunden ausgehen kann. Wo dagegen automatisiert eine Dienstleistung oder Lieferung erfolgt, wie es bei unserem Fahrkartenbeispiel technisch zu erwarten wäre, wird man auch dieses Kriterium nur mit Zurückhaltung zur Anwendung bringen können.Abs. 54

VI. Ergebnis

Den technischen Möglichkeiten des Internets korrespondieren noch nicht überall überzeugende rechtliche Rahmenbedingungen im Recht der internationalen Zuständigkeit. Geschäftsbeziehungen ohne Verbraucherbeteiligung lassen sich mit dem bestehenden Instrumentarium noch angemessen bewältigen. Tritt dagegen ein Verbraucher hinzu, fehlt es jedenfalls außerhalb des Anwendungsbereichs der europäischen Zuständigkeitsübereinkommen regelmäßig an dem gebotenen Schutz eines inländischen Verbrauchergerichtsstandes. Andererseits muß man im Verbraucherbereich, wenn die europäischen Übereinkommen zur Anwendung kommen, ebenso wie bei Wettbewerbsstreitigkeiten der Ausuferung weltweiter "fliegender" Gerichtsstände entgegenwirken, indem zwischen der technisch universalen Erreichbarkeit und dem objektiv zu ermittelnden, konkreten Adressatenkreis eines Webangebots unterschieden wird. Denn maßgeblich kann nur letzterer sein.Abs. 55
In Wettbewerbsfällen kann es danach auch bei der vorgestellten Lösung neben der Vielzahl internationaler Zuständigkeiten auch zu einer Vielzahl anwendbarer Wettbewerbsrechte kommen. Die Rechtsfolge dieses Ergebnisses besteht in der kumulativen Anwendung mehrerer Wettbewerbsrechte. Für den Anspruch auf Schadensersatz bedeutet dieses Vorgehen, daß nicht der gesamte Schaden, der in verschiedenen Ländern entstanden ist, nach einer Rechtsordnung berechnet werden darf, sondern eine Schadensberechnung vorzunehmen ist, die auf das jeweilige Staatsgebiet nach der dort geltenden Rechtsordnung beschränkt ist. Grundsätzlich gilt dies auch für Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche, so daß ihnen nur dort nachgekommen werden muß, wo die geltende Rechtsordnung einen solchen Anspruch gewährt. Allerdings bedeutet dies für unteilbare Handlungen (wie sie typischerweise im Internet vorliegen), daß sich der Kläger auf das strengste berufene nationale Recht stützen und so im Ergebnis die gesamte Handlung unterbinden kann[50].
JurPC Web-Dok.
108/1998, Abs. 56

Fußnoten:

** Der Beitrag gibt einen (im Fußnotenapparat aktualisierten) Vortrag wieder, den ich im September 1997 an der Konan Universität in Kobe (Japan) gehalten habe. Aus diesem und einem weiteren Vortrag in Japan sind zwei Aufsätze "Verbraucherschutz im Internet" und "Wettbewerbshandlungen im Internet - Internationale Zuständigkeit und anwendbares Recht" entstanden, die in Kommunikation & Recht veröffentlicht werden (Verbraucherschutz im Internet, K&R 1998, 129 bis 137). Überschneidungen sind nicht zufällig. JurPC und ich danken dem Verlag Recht und Wirtschaft Heidelberg, daß er der Veröffentlichung des Vortrags in JurPC zugestimmt hat.
[1]Sog. Cybermalls, wie z.B. das Internet Shopping Network mit 600 einzelnen Unternehmen und über 20.000 Produkten, vgl. PC Professionell 9/95, 184.
[2] Vgl. Nakamura, Japan und das deutsche Zivilprozeßrecht, in: Habscheid (Hrsg.), Das deutsche Zivilprozeßrecht und seine Ausstrahlung auf andere Rechtsordnungen, 1991, S. 415 ff.
[3]Zöller/Geimer, Zivilprozeßordnung, 20. Aufl. 1997, IZPR B Rdnr. 36.
[4]Eickhoff, Inländische Gerichtsbarkeit und internationale Zuständigkeit für Aufrechnung und Widerklage, 1985, S. 26 m.w.N.
[5] Zum Gerechtigkeitsgehalt und damit zu den Schranken der internationalen Zuständigkeit umfassend Pfeiffer, Internationale Zuständigkeit und prozessuale Gerechtigkeit, 1995.
[6] Arens/Lüke, Zivilprozeßrecht, 6. Aufl. 1994, § 6, Rdnr. 87; Zöller/Vollkommer (oben Anm. [3]), § 29, Rdnrn. 16 ff.
[7] Kritisch dazu Schack, Internationales Zivilverfahrensrecht, 2. Aufl. 1996, Rdnrn. 260 ff., der eine prozeßrechtliche Bestimmung des Erfüllungsortes für erforderlich hält.
[8] Zöller/Vollkommer (oben Anm. [3]), § 29, Rdnr. 3.
[9] Zum Erfüllungsort siehe Medicus, Schuldrecht I, Allgemeiner Teil, 10. Aufl. 1998, Rdnrn. 142 ff.
[10] Hierzu etwaRosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozeßrecht, 15. Aufl. 1993, § 36 II 1, S. 175 f.; Schack (oben Anm. [7]), Rdnrn. 265 ff.
[11] Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, 56. Aufl. 1998, § 29, Rdnr. 15.
[12] BGH, NJW 1983, 1479, 1480; Zöller/Vollkommer (oben Anm. [3]), § 29, Rdnr. 25; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann (oben Anm. [11]), § 29, Rdnr. 14; dies soll auch dann gelten, wenn die Kaufsache untergegangen oder bereits zurückgegeben ist, Zöller/Vollkommer (oben Anm. [3]), § 29, Rdnr. 25.
[13] Hierzu Geimer, Internationales Zivilprozeßrecht, 3. Aufl. 1997, Rdnr. 319.
[14] Geimer (oben Anm. [13]), Rdnr. 25; BGH, MDR 1989, 335.
[15] Geimer (oben Anm. [13]), Rdnr. 26 m.w.N.
[16] Zu diesem Problemkreis Kuhn, Rechtshandlungen mittels EDV und Telekommunikation, 1991, 2. Kap., § 12 I 1, S. 126; dazu, daß bei gegenüber einem Gericht abzugebenden Erklärungen (Bsp.: Klageerhebung) andere Maßstäbe angelegt werden können, siehe Arens/Lüke (oben Anm. [6]), Rdnr. 141.
[17] Siehe zu den digitalen Signaturen im Zusammenhang mit dem Beweisrecht elektronischer Dokumente Rüßmann, jur-PC 1995, 3212, 3217.
[18]Den Gerichtsstand des Vermögens nach § 23 ZPO, der international auf wenig Gegenliebe stößt und sich auch in keinem der Übereinkommen findet, wird auch in Deutschland mittlerweile sehr restriktiv verstanden. Jedenfalls Versuchen, die Gegenforderung des Beklagten aus dem streitigen Rechtsverhältnis als inländisches Vermögen zu bewerten, um einen sonst nicht gegebenen Gerichtsstand zu begründen, sollte man mit dem bei § 23 ZPO zu Recht häufig erhobenen Arglisteinwand begegnen (Patzina in: MünchKomm-ZPO, 1992, § 23 Rdnr. 3).
[19]Siehe dazu auch Rüßmann, Internationalprozeßrechtliche und internationalprivatrechtliche Probleme bei Vertragsschlüssen im Internet unter besonderer Berücksichtigung des Verbraucherschutzes in: Tauss/Kollbeck/Mönikes (Hrsg.), Deutschlands Weg in die Informationsgesellschaft, Baden-Baden, 1996, S. 709 ff.
[20]Siehe dazu eingehend Rüßmann (oben Anm. [19]), S. 718 ff.
[21] Vgl. Waltl, Online-Netzwerke und Multimedia - Werbung und Vertrieb im Internet, in: Lehmann (Hrsg.), Internet- und Multimediarecht, 1997, S. 185 (190 f.).
[22] Vgl. dazu Lindacher, Internationale Zuständigkeit in Wettbewerbssachen, in: Festschrift für Hideo Nakamura, 1996, S. 321 ff.
[23]Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 19. Aufl. 1996, § 24 Rdnr. 6.
[24]Zum Verhältnis der beiden Gerichtsstände siehe Zöller/Vollkommer (oben Anm. [3]), § 32 Rdnr. 10.
[25]Zöller/Vollkommer (oben Anm. [3]), § 32 Rdnr. 16.
[26]Gerichtsstand an allen Orten, an welche die Druckschrift der Bestimmung der Verbreiters gemäß gelangt ist, BGH NJW 1977, 1590.
[27]Jedes Gericht zuständig, in dessen Bezirk die Sendung ausgestrahlt wurde, OLG München, OLGZ 87, 217.
[28]NJW 1995, 1881 ff.
[29] Diese Zersplitterung der besonderen Gerichtsstände kann nicht gutgeheißen werden. Sie ist weder dem Kläger noch dem Beklagten zuzumuten und stellt auch das Gericht vor unnötige Schwierigkeiten, national begrenzte Teile eines Gesamtschadens schätzen zu müssen (so schon das Reichsgericht in RGZ 72, 41 (45 f.).
[30]BGH NJW 1977, 1590.
[31] Dazu unter der Perspektive des Kollisionsrechts mit einem Plädoyer zur Abkehr von der deliktsrechtlichen Anknüpfung Kort, Zur "multistate"-Problematik grenzüberschreitender Fernsehwerbung, GRUR Int 1994, 594.
[32]Vgl. jedenfalls für den örtlichen Gerichtsstand OLG München, OLGZ 87, 217.
[33] In dieser Einschätzung übereinstimmend Kuner, Internationale Zuständigkeitskonflikte im Internet, CR 1996, 453, der die Beschränkung über die forum non conveniens Doktrin vorschlägt, die indessen im deutschen Recht keinen Rückhalt findet.
[34] Allgemein zu den Gleichlauftheorien Pfeiffer (oben Anm. [5]), S. 91 ff.; explizit ablehnend für Delikts- und Wettbewerbsrecht Geimer (oben Anm. [13]), Rdnr. 1527; differenzierend nach Verletztenklage und Interessentenklage Lindacher (oben Anm. [22]).
[35] Gelungene Darstellung der einschlägigen Entwicklungslinien etwa bei Sack, Die kollisions- und wettbewerbsrechtliche Beurteilung grenzüberschreitender Werbe- und Absatztätigkeit nach deutschem Recht, GRUR Int 1988, 320 (321 f.).
[36] BGHZ 35, 329 (333 f.) - Kindersaugflaschen; 113, 11 (14 f.) - Kauf im Ausland; Kropholler, Internationales Privatrecht, 3. Aufl., 1997, § 53 VII/1, Staudinger/v. Hoffmann, BGB, 12. Aufl., 1992, Art. 38 EGBGB Rdnr. 508, 515; MünchKomm-BGB/Kreuzer, 3. Aufl., 1998, Art. 38 EGBGB Rdnrn. 234, 241; Schricker in: Großkommentar zum UWG, 1994, Einl. Rdnr. F 194; Baumbach/Hefermehl (oben Anm. [23]), Einl. UWG Rdnr. 184; Köhler/Piper, UWG, 1995, Einf. Rdnr. 74; Sack, GRUR Int. 1988, 322 f.
[37] Kommentarlos zustimmend Baumbach/Hefermehl(oben Anm.[23]), Einl. UWG Rdnr. 185.
[38] MünchKomm-BGB/Kreuzer (oben Anm. [36]), Art. 38 EGBGB Rdnr. 236; Staudinger/v. Hoffmann (oben Anm. [36]), Art. 38 EGBGB Rdnr. 521; Sack, GRUR Int. 1988, 330.
[39] Staudinger/v. Hoffmann (oben Anm. [36]), Art. 38 EGBGB Rdnr. 521.
[40] MünchKomm-BGB/Kreuzer (oben Anm. [36]), Art. 38 EGBGB Rdnr. 247.
[41] MünchKomm-BGB/Kreuzer (oben Anm. [36]), Art. 38 EGBGB Rdnr. 236, 247; Staudinger/v. Hoffmann (oben Anm. [36]), Art. 38 EGBGB Rdnr. 529 f.; Sack, GRUR Int. 1988, 330.
[42] Staudinger/v. Hoffmann (oben Anm. [36]), Art. 38 EGBGB Rdnr. 530.
[43] Staudinger/v. Hoffmann (oben Anm. [36]), Art. 38 EGBGB Rdnr. 530; MünchKomm-BGB/Kreuzer (oben Anm. [36]), Art. 38 EGBGB Rdnr. 251.
[44] Zum Internationalen Privatrecht des unlauteren Wettbewerbs, WRP 1996, 645 und Die internationale Verbandsklage in Wettbewerbssachen, in: Prütting/Rüßmann (Hrsg.), Prozeßrecht am Ausgang des 20. Jahrhunderts, Festschrift für Gerhard Lüke, 1997, S. 377.
[45] Richtig: BGHZ 113, 11 (14 ff.) - Kauf im Ausland; Staudinger/v. Hoffmann (oben Anm. [36]), Art. 38 EGBGB Rdnr. 538; GroßkommUWG/Schricker (oben Anm. [36]), Einl. Rdnr. 206; abweichend Koch, JZ 1991, 1041 sowie Bernhard, GRUR Int 1992, 373.
[46] GroßkommUWG/Schricker (oben Anm. [36]), Einl. Rdnr. F 206; Köhler/Piper (oben Anm. [36]), Einf. Rdnr. 82.
[47] Oben Anm. [31].
[48] A.a.O. S. 599.
[49] Vgl. auch Hoeren, Werberecht im Internet am Beispiel der ICC Guidelines on Interactive Marketing Communications, in: Lehmann (Hrsg.) Internet- und Multimediarecht, 1997, S. 111 (113).
[50] Staudinger/v. Hoffmann(oben Anm. [36]), Art. 38 EGBGB nF, Rdnr. 546; MünchKomm-BGB/Kreuzer (oben Anm. [36]), Art. 38 EGBGB Rdnr. 248; Kort(oben Anm. [31]), S. 600.
* Dr. Helmut Rüßmann ist Professor für Bürgerliches Recht, Zivilprozeßrecht und Rechtsphilosophie an der Universität des Saarlandes in Saarbrücken.
[online seit: 31.07.98]
Zitiervorschlag: Autor, Titel, JurPC Web-Dok., Abs.
Zitiervorschlag: Rüßmann, Helmut, Internationale Zuständigkeit für die Durchsetzung von Ansprüchen aus Geschäfts- und Wettbewerbshandlungen im Internet - JurPC-Web-Dok. 0108/1998