JurPC Web-Dok. 97/2016 - DOI 10.7328/jurpcb201631698

OLG Köln

Beschluss vom 30.11.2015

6 W 130/15

"Wenn 1 & 1 sich streiten"

JurPC Web-Dok. 97/2016, Abs. 1 - 42


Leitsätze:

1. Allein die Mitteilung, zwei Mitbewerber würden sich „streiten", ist nicht geeignet, eine sachlich nicht gerechtfertigte Verringerung der Wertschätzung eines dieser Mitbewerber zu begründen. Sie kann daher grundsätzlich nicht gemäß §§ 3, 4 Nr. 7 UWG verboten werden.

2. Die identische Verwendung einer Marke eines Mitbewerbers im Rahmen vergleichender Werbung ist nur dann kein Verstoß gegen § 14 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG, wenn sämtliche Voraussetzungen zulässiger vergleichender Werbung vorliegen. Hierzu gehört auch, dass die vergleichende Werbung nicht irreführend ist.

3. Die Aussage, im Netz eines (nur regional tätigen) Internetzugangsanbieters seien Geschwindigkeiten „bis 200 Mbit/s" möglich, beinhaltet keine Aussage über die bundesweite Verfügbarkeit entsprechender Angebote.

Gründe:

Abs. 1
I.Abs. 2
Die Parteien sind auf dem Telekommunikationssektor tätig, wo sie unter anderem Internetzugänge, jeweils auch verbunden mit anderen Leistungen, anbieten. Die Antragstellerin ist bundesweit tätig, das Angebot der Antragsgegnerinnen beschränkt sich jeweils auf ein Bundesland. Die Antragstellerin ist Inhaberin der am 9. 9. 2015 in das Markenregister eingetragenen deutschen Wortbildmarke Nr. DE 302015040096, die unter anderem für die Klasse 38 (Telekommunikation) Geltung beansprucht:Abs. 3
(An dieser Stelle befindet sich im Original eine Grafik, Anm. der Red.)Abs. 4
Die Antragstellerin beanstandet die im Tenor eingeblendete Werbung der Antragsgegnerinnen (Anlage K 1), die nach ihrem Vortrag in der bundesweit verbreiteten Zeitschrift „Telecom Handel" (Ausgabe vom 19. Oktober 2015) erschienen ist, daneben aber auch im Internet, beispielsweise über „Twitter", verbreitet worden ist.Abs. 5
Die Antragstellerin hat die Werbung unter zwei Aspekten angegriffen: Mit dem Antrag zu 1) hat sie beanstandet, die Werbung unter dem Vorspann des Slogans „Wenn 1 & 1 sich streiten" verstoße unter verschiedenen Aspekten gegen das Lauterkeitsrecht. Die Werbung stelle eine unlautere Beeinträchtigung dar, da sie als „Streithansel" dargestellt werde. Ferner liege eine unlautere Beeinträchtigung und Ausnutzung ihres Rufs vor. Schließlich sei diese Werbung auch irreführend, da den Lesern der Anzeige suggeriert werde, ein Streit zwischen der Antragstellerin und der Unternehmensgruppe „1 & 1" wirke sich zu Gunsten der Antragsgegnerinnen oder ihrer Dienstleistungen aus. Hilfsweise hat die Antragstellerin den Antrag zu 1) auf die Verletzung ihrer – bekannten – Marke gestützt.Abs. 6
Daneben hat die Antragstellerin mit dem Antrag zu 2) geltend gemacht, durch die beanstandete Werbung würden die Antragsgegnerinnen suggerieren, sie könnten einen Internetzugang mit 200 Mbit/s bundesweit anbieten, was nicht zutreffe, da die Antragsgegnerinnen jeweils nur in einem Bundesland aktiv seien. Diese Geschwindigkeit würde auch nicht bei einem isolierten Internetzugang, sondern nur zusammen mit anderen Leistungen der Antragsgegnerinnen wie Fernseh- und Telefonanschlüssen angeboten.Abs. 7
Vorgerichtlich hat die Antragstellerin die Werbung auch unter dem Gesichtspunkt beanstandet, dass die Aussage „freut sich der Schnellste" eine unzulässige, da unzutreffende Alleinstellungswerbung darstelle. Tatsächlich aber würden die Antragstellerin und andere Anbieter ebenso schnelle, teilweise noch schnellere Zugänge anbieten. Insoweit haben die Antragsgegnerinnen eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben.Abs. 8
Das Landgericht hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, in der Werbung liege keine unzulässige Herabsetzung der Antragstellerin oder ihres Angebots. Ebenso fehle es an einer Rufausnutzung, da sich die Antragsgegnerinnen gerade von der Antragstellerin absetzen würden. Markenrechtliche Ansprüche würden ausscheiden, da es an einer zeichenmäßigen Benutzung der Marke der Antragstellerin fehle. Auch der Antrag zu 2) sei unbegründet, da die Antragsgegnerinnen kein konkretes Produkt bewerben würden, es liege vielmehr eine allgemeine Firmen- oder Imagewerbung vor.Abs. 9
Mit ihrer sofortigen Beschwerde, der das Landgericht nicht abgeholfen hat, verfolgt die Antragstellerin weiter ihren Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung. Zur Begründung wiederholt und vertieft sie ihren erstinstanzlichen Vortrag.Abs. 10
II.Abs. 11
Die zulässige, insbesondere fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss, mit dem das Landgericht Köln ihren Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zurückgewiesen hat, hat in der Sache nur teilweise Erfolg.Abs. 12
1. Die Aussage als solche, dass die Antragsgegnerinnen mit dem von ihnen angebotenen Internetzugang mit 200 Mbit/s die „schnellsten" seien, wird von der Antragstellerin mit dem hier zu beurteilenden Antrag nicht mehr angegriffen, nachdem die Antragsgegnerinnen insoweit eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben haben. Sie ist daher auch nicht Gegenstand dieser Entscheidung.Abs. 13
2. a) Mit zutreffender Begründung ist das Landgericht davon ausgegangen, die Werbung mit dem „Vorspann" „Wenn 1 & 1 sich streiten" in der als Anlage K 1 vorgelegten Anzeige stelle keinen Verstoß gegen Lauterkeitsrecht dar. Da sich der Antrag ausdrücklich gegen die Anzeige „wie in der Anlage K 1 beigefügten" Kopie richtet, ist diese Aussage nicht isoliert, sondern im Zusammenhang der gesamten Anzeige zu bewerten, in der blickfangmäßig die Aussage „Wenn 1 & 1 sich streiten/freut sich der Schnellste" hervorgehoben wird.Abs. 14
aa) Ein Verstoß gegen §§ 3, 4 Nr. 7 UWG liegt nicht vor. Bei der beanstandeten Aussage handelt es sich insoweit um eine wahre Tatsachenbehauptung, als zwischen der Antragstellerin und der Unternehmensgruppe 1&1 auch nach dem Vorbringen der Antragstellerin tatsächlich rechtliche Auseinandersetzungen geführt werden. Zwar können unter bestimmten Voraussetzungen auch wahre Tatsachenbehauptungen im Wettbewerb über einen Mitbewerber einen Verstoß gegen § 4 Nr. 7 UWG darstellen. Voraussetzung ist aber auf jeden Fall, dass die Mitteilung dieser Tatsachen geeignet ist, den Mitbewerber herabzusetzen. Eine Herabsetzung im Sinne des § 4 Nr. 7 UWG besteht in der sachlich nicht gerechtfertigten Verringerung der Wertschätzung des Mitbewerbers, seines Unternehmens oder seiner Leistungen in den Augen der angesprochenen oder von der Mitteilung erreichten Verkehrskreise (Köhler, in: Köhler/Bornkamm, UWG, 33. Aufl. 2015, § 4 Rn. 7.12). Auch wenn unterstellt wird, dass die angesprochenen Verkehrskreise in der magentafarbenen „1" die Marke der Antragstellerin erkennen, liegt in der Anzeige keine Herabsetzung ihres Unternehmens.Abs. 15
Soweit sich die Anzeige, wie das Landgericht angenommen hat, an die Leser der Zeitschrift „Telecom Handel" und damit an Fachkreise wendet, so ist davon auszugehen, dass diesen Fachkreisen bewusst ist, dass auf dem Gebiet der Telekommunikationsdienstleistungen ein intensiver Wettbewerb besteht und Auseinandersetzungen über die Zulässigkeit bestimmter Werbeaussagen auf diesem Markt ein gängiges Phänomen sind, wie allein die zahlreichen veröffentlichten Gerichtsentscheidungen belegen. Aber auch gegenüber dem allgemeinen Verbraucher ist die Mitteilung, zwei Unternehmen würden sich „streiten", nicht geeignet, die betreffenden Unternehmen herabzusetzen. Die Wertschätzung eines Unternehmens durch den Verbraucher könnte allenfalls beeinträchtigt werden, wenn ihm mitgeteilt wird, dass das betreffende Unternehmen in Auseinandersetzungen mit Kunden verwickelt ist. Dem Verbraucher ist bekannt, dass zahlreiche, auch namhafte Unternehmen in Auseinandersetzungen mit Mitbewerbern verwickelt sind. Rechtsstreitigkeiten zwischen Unternehmen wie „Apple" und „Samsung" oder „Lindt" und „Haribo" haben auch über die Fachöffentlichkeit hinaus ein breites Echo gefunden, ohne dass ersichtlich wäre, dass der Ruf der betreffenden Unternehmen allein dadurch Schaden genommen hätte.Abs. 16
Fernliegend ist schließlich das Verständnis der Antragstellerin, dadurch, dass ihr Zeichen in der Zusammenstellung „1 & 1" an erster Stelle genannt werde, werde der Eindruck erweckt, sie habe die Auseinandersetzungen initiiert. Ein solches Verständnis ist schon rein sprachlich nicht naheliegend. Der Gehalt der Aussage liegt darin, dass „1 + 1" sich streiten, und dass sich darüber ein Dritter freut. Eine Aussage dahingehend, wer den Streit begonnen und ob dies in irgendeiner Weise verwerflich oder nachteilig sei, wird dadurch nicht getroffen.Abs. 17
bb) § 4 Nr. 10 UWG wird durch § 4 Nr. 7 UWG als der spezielleren Vorschrift verdrängt (Köhler, in: Köhler/Bornkamm, UWG, 33. Aufl. 2015, § 4 Rn. 7.6).Abs. 18
cc) Ein Verstoß gegen §§ 3, 6 Abs. 2 Nr. 2 UWG liegt nicht vor. Bei der beanstandeten Werbung handelt es sich um vergleichende Werbung, da die Antragsgegnerinnen – die durch ihr Unternehmenslogo kenntlich gemacht sind – sich als den „Schnellsten" bezeichnen und damit die Geschwindigkeit ihrer Internetverbindung, auf die auch weiter unten in der Anzeige noch einmal eingegangen wird, im Vergleich zu den Leistungen der Antragstellerin und der Unternehmensgruppe „1 & 1" bewerben. Bei der Geschwindigkeit handelt es sich um eine der zentralen Eigenschaften eines Internetzugangs und damit um eine wesentliche, relevante, nachprüfbare und typische Eigenschaft einer solchen Dienstleistung im Sinne des § 6 Abs. 2 Nr. 2 UWG.Abs. 19
Der Vergleich verstößt durch die humorvoll-ironische Anspielung auf das allgemein bekannte Sprichwort „wenn zwei sich streiten, freut sich der Dritte" auch nicht gegen das Objektivitätsgebot des § 6 Abs. 2 Nr. 2 UWG. Diese Anforderung soll Vergleiche ausschließen, die sich aus einer subjektiven Wertung ihres Urhebers und nicht aus einer objektiven Feststellung ergeben (EuGH, GRUR 2007, 69 Tz. 46 – LIDL Belgium/Colruyt). Eine humorvolle oder ironische Anspielung auf einen Mitbewerber oder dessen Produkte in einem Werbevergleich stellt erst dann eine unzulässige und unsachliche Herabsetzung dar, wenn sie den Mitbewerber dem Spott oder der Lächerlichkeit preisgibt oder von den Adressaten der Werbung wörtlich und damit ernst genommen und daher als Abwertung verstanden wird (BGH, GRUR 2010, 161 Tz. 20 – Gib mal Zeitung). Diese Voraussetzungen erfüllt die beanstandete Anzeige nicht, wie bereits oben unter 1. erörtert worden ist. Damit fehlt es nicht nur an einem Verstoß gegen das Gebot der Objektivität im Sinne des § 6 Abs. 2 Nr. 2 UWG, sondern es scheidet zugleich ein Verstoß gegen § 6 Abs. 2 Nr. 5 UWG aus.Abs. 20
dd) Ferner liegt auch kein Verstoß gegen § 6 Abs. 2 Nr. 4 UWG vor. Eine Rufbeeinträchtigung im Sinne dieser Vorschrift ist, wie soeben ausgeführt, nicht gegeben. Eine unlautere Rufausnutzung scheitert schon daran, dass die Antragsgegnerinnen sich mit ihrem Angebot (als dem „schnellsten") von dem der Antragstellerin gerade absetzen wollen. Es fehlt daher an einer Übertragung des Rufs der Marke der Antragstellerin auf die Produkte der Antragsgegnerinnen (vgl. BGH, GRUR 2010, 161 Tz. 33 – Gib mal Zeitung).Abs. 21
ee) Eine Irreführung der durch die Anzeige angesprochenen Verkehrskreise (§§ 3, 5 UWG) kann, soweit dies noch Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist, ebenfalls nicht angenommen werden. Entgegen der Annahme der Antragstellerin kann der humorvoll-ironischen Verfremdung des Sprichworts „wenn zwei sich streiten, freut sich der Dritte" durch den Slogan „wenn 1 & 1 sich streiten, freut sich der Schnellste" keine Aussage dahingehend entnommen werden, dass die Tatsache, dass die Antragstellerin in Auseinandersetzungen verwickelt ist, einen Einfluss auf die Qualität des Leistungsangebotes habe. Der Aussage kann nicht mehr entnommen werden, als dass sich die Antragsgegnerinnen freuen, nicht in Auseinandersetzungen mit ihren Mitbewerbern verwickelt zu sein. Ein ursächlicher Zusammenhang mit der Qualität der jeweiligen Leistungsangebote wird damit nicht hergestellt.Abs. 22
ff) Der Umstand, dass die vergleichende Werbung unter einem anderen Gesichtspunkt irreführend ist, weil die Antragsgegnerinnen im Vergleich mit der Antragstellerin tatsächlich nicht den schnellsten Internetzugang anbieten, kann an dieser Stelle keine Berücksichtigung finden, da dieser Irreführungsaspekt von der Antragstellerin mit dem vorliegenden Antrag ausdrücklich nicht mehr gerügt wird. Folgerichtig hat sich die Antragstellerin auch nicht auf § 5 Abs. 3 UWG berufen.Abs. 23
b) Begründet ist der Verfügungsantrag zu 1) aber wegen der von der Antragstellerin hilfsweise geltend gemachten Verletzung ihrer Marke Nr. DE 302015040096. Die Antragstellerin kann von den Antragsgegnerinnen Unterlassung der beanstandeten Werbung gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 5 MarkenG verlangen.Abs. 24
aa) Der Inhaber einer eingetragenen Marke ist zwar nicht berechtigt, einem Dritten die Benutzung eines mit seiner Marke identischen oder ihr ähnlichen Zeichens in einer zulässigen vergleichenden Werbung zu verbieten, wenn diese die in Art. 4 der Richtlinie 2006/114/EG genannten Zulässigkeitsbedingungen erfüllt (BGH, GRUR 2010, 161 Tz. 35 – Gib mal Zeitung; GRUR 2015, 1136 Tz. 16 – Staubsaugerbeutel im Internet). Dies gilt auch für bekannte Marken (BGH, GRUR 2010, 161 Tz. 35 – Gib mal Zeitung).Abs. 25
Diese Voraussetzung ist jedoch im vorliegenden Fall nicht erfüllt. Zwar verstößt die Werbung nicht, wie dargelegt, gegen die in § 6 Abs. 2 UWG enthaltenen Zulässigkeitsbedingungen vergleichender Werbung. Art. 4 lit. a) der Richtlinie 2006/114/EG enthält jedoch als weitere Bedingung zulässiger vergleichender Werbung die Bestimmung, dass die Werbung nicht irreführend (unter anderem) im Sinne der Art. 6 und 7 der Richtlinie 2005/29/EG ist, wobei diese Einschränkung in § 6 Abs. 2 UWG keinen Niederschlag gefunden hat. In richtlinienkonformer Anwendung des deutschen Rechts ist es aber dahingehend auszulegen, dass auch eine irreführende (da inhaltlich unzutreffende) vergleichende Werbung unzulässig ist (vgl. Köhler, in: Köhler/Bornkamm, UWG, 33. Aufl. 2015, § 6 Rn. 23).Abs. 26
Auch wenn die Irreführung als solche, wie dargelegt, von der Antragstellerin nicht mehr angegriffen wird und auch nicht angegriffen werden kann, nachdem sich die Antragsgegnerinnen insoweit strafbewehrt zur Unterlassung verpflichtet haben, so kann die Frage, ob die Benutzung der Marke der Antragstellerin in der beanstandeten Werbung unzulässig ist, nur einheitlich beantwortet werden. Die Antragstellerin muss eine Beeinträchtigung ihrer Marke nur dann hinnehmen, wenn diese durch die Verwendung der Marke in einer zulässigen vergleichenden Werbung gerechtfertigt ist. Genügt die Werbung nicht den Anforderungen zulässiger vergleichender Werbung unter Einschluss des Art. 4 lit. a) der Richtlinie 2006/114/EG, so entfällt diese Rechtfertigung.Abs. 27
bb) Entgegen der Annahme des Landgerichts liegt eine zeichenmäßige Benutzung der Marke der Antragstellerin in der beanstandeten Anzeige vor. Die Benutzung eines mit der Marke eines Mitbewerbers identischen oder ihr ähnlichen Zeichens durch einen Werbenden in einer vergleichenden Werbung zu dem Zweck, die von ihm angebotenen Waren oder Dienstleistungen zu identifizieren, ist als eine Benutzung im Sinn von Art. 5 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2008/95/EG für die eigenen Waren und Dienstleistungen des Werbenden anzusehen. Eine solche Benutzung kann daher gegebenenfalls gemäß diesen Bestimmungen verboten werden (EuGH, GRUR 2008, 698 Tz. 36 f. – O2 und O2 (UK)/H3G; GRUR 2009, 756 Tz. 53 – L'Oréal/Bellure, beide noch zu Art. 5 der Richtlinie 89/104/EWG).Abs. 28
cc) Die Antragsgegnerinnen haben ein mit der Marke der Antragstellerin identisches Zeichen in der beanstandeten Anzeige verwendet und damit Telekommunikationsleistungen – konkret: Internetzugang – beworben, wie er auch von der Antragstellerin unter dieser Marke angeboten wird. Durch die konkrete Ausgestaltung der Werbung wird der Eindruck erweckt, das Produkt der Antragsgegnerinnen sei hinsichtlich einer zentralen Eigenschaft – der Geschwindigkeit – dem unter der Marke der Antragstellerin vertriebenen Produkt überlegen. Hierin liegt eine Beeinträchtigung der Werbefunktion der Marke der Antragstellerin.Abs. 29
dd) Ob daneben auch ein Verstoß gegen § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG vorliegt, braucht daher nicht mehr geprüft zu werden. Insbesondere bedarf die Frage keiner Entscheidung, ob die Marke DE 302015040096 der Antragstellerin, die erst im Mai 2015 angemeldet und im September 2015 in das Register eingetragen worden ist, allein aufgrund der Farbe „Magenta" bereits ihrerseits als bekannte Marke im Sinn dieser Vorschrift zu bewerten ist.Abs. 30
ee) Dementsprechend war die beanstandete Werbung auf der Grundlage des hilfsweise geltend gemachten markenrechtlichen Anspruchs entsprechend dem Antrag zu 1) zu untersagen. Die Abweichungen des Tenors von der Antragsfassung sind redaktioneller Natur und beinhalten keine weitere Abweisung des Antrags (§ 938 Abs. 1 ZPO).Abs. 31
3. Die Bewerbung von Dienstleistungen der Antragsgegnerinnen unter Hinweis auf ein Internetzugang mit bis zu 200 Mbit/s, die mit dem Antrag zu 2. beanstandet wird, stellt unter dem verfahrensgegenständlichen Aspekt der räumlichen und tarifstrukturellen Beschränkung des Angebots der Antragsgegnerinnen ebenfalls keine Irreführung im Sinn der §§ 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 1, 5a Abs. 3 Nr. 1 UWG dar.Abs. 32
Entgegen der Annahme der Antragstellerin lassen sich diese Aussagen nicht dahingehend verstehen, dass die Antragsgegnerinnen damit für sich in Anspruch nehmen, ihre Angebote seien deutschlandweit verfügbar. So hat der Senat bereits in seinem Urteil vom 7. 9. 2012 – 6 U 6/12 die damals von der Antragstellerin beanstandete Werbeaussage der Antragsgegnerinnen zu 1) und 2) „das schnellste Internet Deutschlands" als nicht irreführend beurteilt und zur Begründung ausgeführt:Abs. 33
Der Senat teilt nach erneuter Beratung die Auffassung des Landgerichts, dass die Beklagte – entgegen der in der Berufungsinstanz wiederholten und vertieften Beanstandung der Klägerin – mit der Aussage „das schnellste Internet Deutschlands" keine Verfügbarkeit ihres Angebots in ganz Deutschland behauptet hat.Abs. 34
Der … unzutreffende Eindruck, die Beklagte sei mit ihrem Angebot wenigstens in einem nach Größe und Struktur repräsentativen Teil des Bundesgebiets vertreten, wird durch die hier in Rede stehende Werbung nicht erweckt. Deren Aussagegehalt erschöpft sich vielmehr darin, dass die Beklagte von allen Anbietern in Deutschland die absolut höchste Downloadgeschwindigkeit anbiete. Wo in Deutschland dieser Spitzenwert erreicht wird, ist für die Wahrheit der Aussage nicht entscheidend. (a. a. O. juris Tz. 14 f.)Abs. 35
An dieser Wertung hält der Senat fest. Auch die hier zu beurteilende Werbung besagt lediglich, dass im Netz der Antragsgegnerinnen Geschwindigkeiten von „bis 200 Mbit/s" technisch möglich sind und auch tatsächlich erzielt werden können. Eine Aussage, an welchen Orten diese Leistung in Anspruch genommen werden kann und in welcher konkreten Tarifausgestaltung (als reiner Internetzugang oder nur in Kombination mit einem Fernsehanschluss) wird damit nicht getroffen. Auch daraus, dass sich die Antragsgegnerinnen in dem Vergleich mit den bundesweit aktiven Unternehmen der Antragstellerin und der Unternehmensgruppe „1 & 1" in Beziehung setzen, lässt sich ein solches Verständnis der Anzeige nicht ableiten.Abs. 36
Der von der Antragstellerin herangezogenen Entscheidung des OLG Frankfurt (GRUR-RR 2015, 150 – Entertain Comfort) lässt sich nichts Gegenteiliges entnehmen. Die Werbung, die das OLG Frankfurt dort zu beurteilen hatte, betraf einen konkreten Tarif der dortigen Beklagten, bei dem aus der Werbung nicht ersichtlich war, dass die dort beworbenen Leistungen einen bestimmten Anschlusstyp voraussetzten, der nur in bestimmten Ballungsräumen angeboten wurde (a. a. O. S. 151 Tz. 28 f.). Im vorliegenden Fall wird jedoch, wie bereits das Landgericht hervorgehoben hat, kein konkreter Tarif beworben, sondern nur die technische Leistungsfähigkeit des Netzes der Antragsgegnerinnen in den Vordergrund gestellt. Die weiter von der Antragstellerin zitierte Entscheidung des OLG Düsseldorf (WRP 2014, 1340 – Top Tagesgeld) betrifft eine Blickfangwerbung für konkrete Tagesgeldangebote, bei der wesentliche Einschränkungen des Angebots (Gewährung des beworbenen Zinssatzes nur für ein der Höhe nach begrenzten Anlagebetrag) nicht im Blickfang enthalten waren (a. a. O. juris Tz. 42). Sie betrifft damit einen anderen Sachverhalt als die hier zu beurteilende Werbeaussage.Abs. 37
Die weiter zitierten Entscheidungen des OLG Hamburg (Urt. v. 11. 11. 2009 – 5 U 209/08) und des OLG Stuttgart (Urt. v. 22. 12. 2014 – 2 U 56/14) sind, soweit ersichtlich, nicht veröffentlicht und auch von der Antragstellerin nicht vorgelegt worden. Es lässt sich daher nicht feststellen, wie die dort beurteilten Werbemaßnahmen konkret ausgestaltet waren.Abs. 38
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO. Der Senat hat bei der Kostenquote berücksichtigt, dass die Antragstellerin auch mit dem Antrag zu 1) nicht in vollem Umfang, sondern nur aufgrund des hilfsweise geltend gemachten markenrechtlichen Anspruchs obsiegt.Abs. 39
Wert für das Beschwerdeverfahren: 70.000 EUR.Abs. 40
Rechtsbehelfsbelehrung:Abs. 41
Gegen diesen Beschluss kann durch die Antragsgegnerinnen Widerspruch eingelegt werden. Dieser ist bei dem Landgericht Köln, Luxemburger Straße 101, 50939 Köln, durch einen bei dem Landgericht zugelassenen Rechtsanwalt einzulegen und soll begründet sein.Abs. 42

 
(online seit: 28.06.2016)
 
Zitiervorschlag: Gericht, Datum, Aktenzeichen, JurPC Web-Dok, Abs.
Zitiervorschlag: Köln, OLG, "Wenn 1 & 1 sich streiten" - JurPC-Web-Dok. 0097/2016