JurPC Web-Dok. 52/2016 - DOI 10.7328/jurpcb201631452

Michael Weller *

Rezension Thomas Gergen - Mediation und Translation im Recht des Geistigen Eigentums

JurPC Web-Dok. 52/2016, Abs. 1 - 10


Thomas Gergen: Mediation und Translation im Recht des Geistigen Eigentums – Wirtschaftsmediation mit Schwerpunkt Deutschland und LuxemburgAbs. 1
Erschienen als 23. Band der Schriftenreihe „Denkart Europa. Schriften zur europäischen Politik, Wirtschaft und Kultur", herausgegeben von der ASKO-EUROPA Stiftung, Saarbrücken, und der Europäischen Akademie Otzenhausen gGmbH, erschienen im Verlag Nomos, Baden-Baden, 2015 – ISBN 978-3-8487-2330-0Abs. 2
Prof. Dr. Dr. Thomas Gergen legt ein Werk vor, in dem er auf hervorragende Weise seine Kompetenzen miteinander verbindet und so anschaulich und kurzweilig in die Mediation und Translation im Recht des geistigen Eigentums mit einem Blick nach Deutschland und nach Luxemburg einführt. An der Universität des Saarlandes war er Leiter einer Forschungsstelle zur Rechtsgeschichte und seine sowohl ausgewiesene sprachliche Expertise, die er jährlich bei dem von der Europäischen EDV-Akadmie des Rechts (EEAR) gGmbH veranstalteten Seminar zu aktuellen Rechtsentwicklungen für gerichtlich bestellte Dolmetscher und Übersetzer unter Beweis stellt, wie auch seine aktuelle Lehrtätigkeit an der European University for Economics and Management (EUFOM) in Luxemburg sowie in seiner Eigenschaft als geschäftsführender Professor und Bereichsleiter der Module Geistiges Eigentum sowie Medienrecht am Distance and Independent Studies Center (DISC) der Technischen Universität Kaiserslautern haben ihn ein Werk schaffen lassen, indem alle Bereiche seiner beruflichen Tätigkeit sich wiederfinden lassen.Abs. 3
Daher verwundert es auch nicht, wenn Thomas Gergen nach einigen einleitenden Bemerkungen und vor einem vertieften Einstieg in die Technik der Mediation nach dem auf dem Harvard-Konzept aufbauenden Fünf-Phasen-Modell anhand zweier historischer Beispiele aus dem Bereich des Buchdruckprivilegs die bereits frühen Bemühungen um eine für die Konfliktparteien beiderseits wirtschaftliche tragfähige Konfliktauflösung durch einen eingeschalteten Dritten schildert. Hiermit erhält der Leser ein klares Bild, worum es Gergen in seiner Darstellung geht: die Nutzung einer Konfliktsituation durch das In-die-Pflicht-Nehmen der Kontrahenten, an der Verbesserung ihrer jeweiligen persönlichen Situation unter Moderation eines Dritten mitzuwirken. Ein großes Anliegen ist es ihm daher, die von ihm in den Mittelpunkt seiner Überlegungen gestellte Mediation und Translation gegenüber anderen Formen der Streitbeilegung, insbesondere alternativen Methoden hierzu, abzugrenzen und die persönlichen Anforderungen an die Person des Mediators auch als Translator herauszustellen.Abs. 4
In einer zusammenfassenden Darstellung erläutert der Verfasser sowohl die unionsrechtlichen Grundlagen sowie die hierauf basierend durch das nationale Recht geschaffenen Räume, innerhalb derer eine Mediation und Translation stattfinden kann. Besondere Aufmerksamkeit schenkt er dabei der Gesetzesgenese in Deutschland, indem er die wesentlichen Züge des Gesetzgebungsprozesses und das Ringen um die bestmögliche Regelung – welch Omen für das zu regelnde Verfahren – nachzeichnet. Dabei verschweigt er nicht, dass in steuerrechtlichen Angelegenheiten der Raum für Mediation durch die Regelung in § 85 AO stark eingeschränkt, jedoch aufgrund der Möglichkeit, sich über der Besteuerung zugrunde zu legende Tatsachen tatsächlich zu verständigen nicht völlig verschlossen ist.Abs. 5
Im zweiten Teil der Darstellung widmet sich der Autor den Vor- und Nachteilen der Mediation mit Blick auf Rechte des geistigen Eigentums. Hierbei stellt er die Mediation der gerichtsförmigen Streiterledigung gegenüber und arbeitet die je nach Rechtsgebiet zu beobachtenden Besonderheiten heraus. Dabei werden nicht nur die üblichen Argumente der Zeit- und Kostenersparnis der Mediation gegenüber dem streitigen gerichtlichen Verfahren in allen Bereichen des Rechts am geistigen Eigentum bemüht, sondern gerade die weniger augenfälligen Aspekte, die zwischen Patent- und Markenrecht, Urheberrecht und Arbeitnehmererfindungsrecht ebenso divergieren können, wie zwischen kraft staatlicher Registrierung erworbener Schutz- und Ausschließungsrechte einerseits und kraft vertraglicher Vereinbarungen erworbener derivativer Nutzungsbefugnisse andererseits. Gerade die Berücksichtigung dieser typischen konfliktträchtigen Interessenlagen verschafft dem Leser ein umfassendes Bild von der Mediation, den Herausforderungen und den Chancen, die ihr innewohnen.Abs. 6
Thomas Gergen betreibt aber keine unkritische Werbung für die Mediation, sondern zeigt auch auf, wo die Grenzen dieser Methode der Streitbeilegung liegen. Trotz der Chance, aus dem Konfliktfall für die in Streit geratenen Beteiligten beiderseits einen Mehrwert zu generieren, legt er dar, dass in einer ganzen Reihe von Fallkonstellationen die Mediation ihr Ziel nicht erreichen kann. In diesem Zusammenhang sei exemplarisch auf den Fall hingewiesen, dass die Parteien auf den im Einzelfall zu erzielenden Mehrwert, den eine Mediation verspricht, zu Gunsten einer eine Vielzahl von Fällen klärenden höchstrichterlichen Entscheidung verzichten. Auch die Problematik der drohenden Verjährung wird nicht ausgespart, so dass am Ende des zweiten Teils des Werkes ein Vorschlag für eine Mediationsvereinbarung steht, die alle als kritisch ermittelten Punkte berücksichtigt.Abs. 7
Im dritten und letzten Teil seiner Arbeit gibt der Verfasser einen kompakten Überblick über dasjenige, was Gegenstand des Rechts am geistigen Eigentum ist. Nach der Klärung der Begrifflichkeiten, insbesondere von geistigem Eigentum und Immaterialgüterrecht sowie dessen bilanzieller und steuerrechtlicher Behandlung, wendet sich Thomas Gergen wiederum der geschichtlichen Entwicklung zu. Erst danach steigt er in eine Besprechung der Normen des Urheberrechts einschließlich des Wahrnehmungsrechts und der Durchsetzung der urheberrechtlichen Ausschließlichkeitsbefugnisse in Zivil- und Strafverfahren ein. Hierauf baut der Vergleich des Urheberrechts mit dem gewerblichen Rechtsschutz auf, indem die Bereiche des Marken-, Design-, Patent- und Gebrauchsmusterrechts jeweils eigenständig schlaglichtartig und unter Berücksichtigung auch jüngster Entwicklungen beleuchtet werden. Der dritte Teil schließt mit einem kurzen Blick auf das Wettbewerbsrecht, das ebenfalls in seiner historischen Entwicklung beschrieben wird.Abs. 8
Insgesamt vermittelt das Werk auch und gerade dem mit der Materie noch nicht oder nur wenig vertrauten Leser nicht nur einen sehr guten Einstieg in die Mediation und Translation, indem es ein grundlegendes Verständnis dafür legt, dass Mediation mehr ist, als Moderation eines Streits durch einen Dritten in einem freiwilligen, nicht öffentlichen Verfahren. Es wird klar, dass der Mediator neben fundierter fachlicher Kenntnis der Rechtsmaterie, in der er mit dem Ziel der Herbeiführung einer Konfliktlösung zur Hilfe gerufen wird, auch und besonders in der Lage sein muss, die Positionen der Konfliktparteien in Interessen aufzulösen. Nur wenn dies gelingt, kann die Mediation schließlich erfolgreich im Sinne einer interessengerechten auf die Herstellung einer wirtschaftlich für beide Seiten tragfähigen weiteren Verfahrensweise wirken.Abs. 9
Leider ist auch ein Wort der Kritik unumgänglich. Es betrifft das bescheidene und bei einem in einem renommierten Verlag erschienenen Werk in dieser Weise nicht zu erwartende Lektorat. So mögen nicht sinnentstellende vereinzelte Tippfehler vom geneigten Leser ob der Qualität der Ausführungen im Übrigen noch geflissentlich ignoriert werden können. Wenn man nach Auslieferung des Werkes aber – sei es als Leser oder als Autor – feststellen muss, dass bei der Druckversion gleich ein falscher Absatz in den Druck geraten ist, ist dies ein berechtigtes Ärgernis für alle Beteiligten. Dies gilt umso mehr, als die Behandlung der Bearbeitung im Urheberrecht auf Seite 199 ab dem zweiten Absatz die Geräte- und Leermedienabgabe zum Gegenstand macht und damit einen offensichtlichen, auch dem fachlich nicht kundigen Lektor sich geradezu aufdrängenden Bruch aufweist. Es bleibt zu hoffen, dass das Werk in einer zweiten Auflage – dann mit den zutreffenden Ausführungen des Autors – erscheint, denn dass die von Thomas Gergen vorgelegte Studie inhaltlich im Übrigen überzeugen kann, ist einleitend bereits ausgiebig dargelegt.Abs. 10

 
Fußnote:
* Autor ist Rechtsanwalt Michael Weller, Geschäftsführer der Europäischen EDV-Akademie des Rechts gGmbH, Saarbrücken.
 

 
(online seit: 19.04.2016)
 
Zitiervorschlag: Autor, Titel, JurPC Web-Dok, Abs.
 
Zitiervorschlag: Weller, Michael, Rezension Thomas Gergen - Mediation und Translation im Recht des Geistigen Eigentums - JurPC-Web-Dok. 0052/2016