JurPC Web-Dok. 82/2013 - DOI 10.7328/jurpcb201328587

AG Augsburg
Urteil vom 14.12.2012

17 C 4362/12

Auslegung der 40-Euro-Klausel im Fernabsatzrecht

JurPC Web-Dok. 82/2013, Abs. 1 - 14


Leitsatz (der Redaktion):

    Hinsichtlich der Preisgrenze von 40,00 Euro kommt es auf die einzelne Sache und nicht auf die Gesamtheit der Bestellung an. Dies folgt bereits aus dem Wortlaut der verwendeten Ausschlussklausel, welche von der "zurückzusendenen Sache" spricht und damit bewusst im Singular formuliert ist. Außerdem ergibt sich dies auch aus dem Sinn und Zweck der Regelung, nämlich nicht nur die Zahl der nicht ernsthaften Bestellungen zurückzudrängen, sondern ebenso die missbräuchlichen Bestellungen einer Mehrzahl von Waren, von denen dann nur eine gekauft wird, zu verhindern.

Entscheidungsgründe

Gemäß § 495a ZPO bestimmt das Gericht das Verfahren nach billigem Ermessen. Innerhalb dieses Entscheidungsrahmens berücksichtigt das Gericht grundsätzlich den gesamten Akteninhalt. JurPC Web-Dok.
82/2013, Abs. 1
Die zulässige Klage erweist sich als unbegründet. Abs. 2

A.

Die Klage ist zulässig. Die sachliche und örtliche Zuständigkeit des Amtsgerichts Augsburg ergibt sich vorliegend aus § 23 Nr. 1 GVG, sowie §§ 12, 13 ZPO. Abs. 3

B.

Die Klage ist jedoch unbegründet. Abs. 4
I.  Der Kläger kann die hier in Rede stehenden Versandkosten in Höhe von 6,90 € nicht gern. §§ 312 d Abs. 1, 355 Abs. 1 S. 1, 357 Abs. 1, 346 Abs. 1 BGB ersetzt verlangen. Abs. 5
1.  Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass am 20.07.2012 ein Kaufvertrag über eine Leinenhose Größe XXL zum Preis von 29,95 € und ein Paar Schuhe Größe 46 zum Preis von 12,90 € über das Internet und damit unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln geschlossen worden ist. Es liegt somit ein Fernabsatzvertrag im Sinne des § 312 b Abs. 1 BGB vor. Die Beklagte ist Unternehmerin im Sinne des § 14 Abs. 1 BGB, der Kläger Verbraucher im Sinne des § 13 BGB. Abs. 6
2.  Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten wurden wirksam in den Kaufvertrag einbezogen, da der Kläger in zumutbarer Weise von den einschlägigen Bestimmungen Kenntnis nehmen konnte. Im Rahmen des Bestellvorgangs musste der Kläger nämlich die Allgemeinen Geschäftsbedingungen durch Anklicken einer sog. Check-Box akzeptieren. Anderenfalls hätte eine Bestellung nicht ausgeführt werden können. Abs. 7
Die hier im Streit stehende Klausel, wonach die Kosten der Rücksendung im Falle des Widerrufs bei einem Gegenstandswert von unter 40,00 € vom Käufer zu tragen sind stellt auch keine unangemessene Benachteiligung im Sinne des § 307 Abs. 1 BGB dar. Eine solche würde gern. § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB nur dann vorliegen, wenn die Klausel mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung nicht zu vereinbaren wäre. Vorliegend weicht die Klausel aber gerade nicht vom einschlägigen Gesetzestext ab, sondern ist vielmehr mit § 357 Abs. 3 S. 2 BGB identisch. Abs. 8
3.  Der Vertrag konnte vorliegend vom Kläger gem. §§ 312 d Abs. 1,355 Abs. 1 S. 1 BGB wirksam widerrufen werden. Die Widerrufserklärung erfolgte konkludent durch das Zurückschicken der Ware an den Beklagten. Abs. 9
Die Folgen des Widerrufs sind daher grundsätzlich nach §§ 357 Abs. 1 S. 1 BGB, 346 ff. BGB zu ermitteln. Demzufolge sind die erbrachten Leistungen zurückzugewähren, prinzipiell also auch die vom Kläger unstreitig gezahlten Versandkosten in Höhe von 6,90 €. Diese Rechtsfolge konnte jedoch vorliegend - wie aufgezeigt - wirksam durch AGB abbedungen werden. Die Tatbestandsvoraussetzungen der Ausschlussklausel liegen hier - entgegen den Ausführungen der Klagepartei - vor. Abs. 10
a)  Unstreitig lieferte die Beklagte dem Kläger entsprechend seiner Bestellung eine Leinenhose Größe XXL, sowie Schuhe in Größe 46. Der Umstand, dass die bestellten Waren dem Kläger nicht passten stellt hierbei keinen Sachmangel im Sinne des § 434 Abs. 1 BGB dar. Ein solcher wäre lediglich dann gegeben, wenn die Istbeschaffenheit von der Sollbeschaffenheit negativ abweichen würde. Es ist allgemein bekannt, dass international keine einheitlichen Größen bzw. Konfektionsvorgaben in der Textilindustrie existieren. Die Größenangaben sind daher von Hersteller zu Hersteller, sowie abhängig vom Herstellungsland unterschiedlich. Größenabweichungen bei Textiliwaren sind daher dem allgemeinen Lebensrisiko zuzuordnen. Abs. 11
b)  Hinsichtlich der Preisgrenze von 40,00 € folgt das Gericht der Argumentation der Beklagtenseite, wonach es hierbei auf die einzelne Sache und nicht auf die Gesamtheit der Bestellung ankommt. Dies folgt bereits aus dem Wortlaut der verwendeten Ausschlussklausel, welche von der "zurückzusendenen Sache" spricht und damit bewusst im Singular formuliert. Außerdem ergibt sich dies auch aus dem Sinn und Zweck der Regelung, nämlich nicht nur die Zahl der nicht ernsthaften Bestellungen zurückzudrängen, sondern ebenso die missbräuchlichen Bestellungen einer Mehrzahl von Waren, von denen dann nur ein gekauft wird, zu verhindern (vgl. Palandt, BGB, 70. Auflage 2011, § 357, Rn 6). Abs. 12
Im Ergebnis stehen dem Kläger daher keine Ansprüche auf Rückzahlung der Versandkosten zu, sodass die Klage auch hinsichtlich der Nebenforderung abzuweisen war. Abs. 13
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in den §§ 708 Nr. 11,713 ZPO.
JurPC Web-Dok.
82/2013, Abs. 14
[ online seit: 14.05.2013 ]
Zitiervorschlag: Gericht, Datum, Aktenzeichen, JurPC Web-Dok., Abs.
Zitiervorschlag: Amtsgericht Augsburg, Urteil vom 14.12.2012, 17 C 4362/12, Auslegung der 40-Euro-Klausel im Fernabsatzrecht - JurPC-Web-Dok. 0082/2013