JurPC Web-Dok. 166/2008 - DOI 10.7328/jurpcb/20082310162

Julia Striezel *

Konvergenz der Medien - Konvergenz des Rechts? - Tagungsbericht zum 3. Bayreuther Forum für Wirtschafts- und Medienrecht

JurPC Web-Dok. 166/2008, Abs. 1 - 16


Am 17. und 18. Oktober 2008 fand das dritte Forum der Bayreuther Forschungsstelle für Wirtschafts- und Medienrecht (FWMR), diesmal in Zusammenarbeit mit dem DFG-Graduiertenkolleg "Geistiges Eigentum und Gemeinfreiheit", an der Universität Bayreuth zum Thema "Konvergenz der Medien - Konvergenz des Rechts" statt. Wie bei Veranstaltungen des FWMR und auch im DFG-Graduiertenkolleg üblich wurden interdisziplinär sowohl juristische, ökonomische als auch medienwissenschaftliche Aspekte der Thematik behandelt. JurPC Web-Dok.
166/2008,   Abs. 1
Nach den Begrüßungen der über 100 Teilnehmer durch den Direktor der FWMR Prof. Dr. Stefan Leible von der Universität Bayreuth, den Oberbürgermeister Bayreuths Dr. Michael Hohl, den Präsidenten der Universität Bayreuth Prof. Dr. Dr. h.c. Helmut Ruppert und den Sprecher des Graduiertenkollegs Prof. Dr. Diethelm Klippel führte Prof. Dr. Jörg Gundel in die Fragestellung ein. Die Konvergenz der Medien habe sich zwar langsamer als ursprünglich erwartet vollzogen, technische Engpässe lösten sich jedoch nun immer weiter fortschreitend auf. Daher sei eine aktuelle Bestandsaufnahme der Konvergenz der Medien notwendig. Zunächst werde ein einführender Teil vorangestellt und anschließend würden die rechtlichen Konsequenzen am ersten Tag primär aus öffentlich-rechtlicher, am zweiten Tag vornehmlich aus privatrechtlicher Perspektive betrachtet werden. Abs. 2
Der Medienwissenschaftlicher Prof. Dr. Jürgen E. Müller von der Universität Bayreuth erläuterte daraufhin, inwieweit "Mediale Recyclings und Re-Mediationen im digitalen Zeitalter zu Auflösung des "Werk"-Begriffs" beitragen. Bevor der rechtliche Aspekt in den Mittelpunkt des Forums rückte, gab Christoph Keese, Konzerngeschäftsführer Public Affairs der Axel Springer AG, einen Einblick in die weitere Entwicklung der Konvergenz der Medien. In seinen Ausführungen unter dem Titel "Konvergenz der Medien - Was bringt die Zukunft" erläuterte er zunächst die wirtschaftliche Bedeutung des Internets auch für den Werbemarkt. Somit bestehe die Notwendigkeit für Zeitungsverlage, auch über Online-Portale vertreten zu sein. Dennoch werde auch die Zeitung ihren Stand nicht verlieren, da beispielsweise das "haptische" Erlebnis im Internet verloren ginge. Abs. 3
Die anschließenden Beiträge widmeten sich vornehmlich dem öffentlich-rechtlichen Aspekt der Thematik. Abs. 4
Zuerst verdeutlichte Prof. Dr. Hubertus Gersdorf von der Universität Rostock die "Auswirkungen der Medienkonvergenz auf den Rundfunkbegriff und die Medienregulierung". Zunächst erörterte er die Notwendigkeit einer Wiederbelebung des individualrechtlichen Kerns des Grundrechts der Rundfunkfreiheit, um danach die sekundärrechtliche Konzeption zur Regulierung der audiovisuellen Medien zu beschreiben. Kritisiert wurde hierbei insbesondere der zeitliche Empfang als maßgebliches Differenzierungskriterium. Sein Kommentator Andreas Gummer, Stellvertretender Bereichsleiter für Recht der Bayrischen Landeszentrale für neue Medien stimmte Gersdorf darin zu, dass das Rundfunkrecht auch ein Individualrecht sei. Den europarechtlichen Ausführungen widersprach er jedoch zum Teil, da gemäß seiner Meinung vor allem nach der Wirkung auf die Gesellschaft differenziert werden müsse. Abs. 5
Prof. Dr. Karl-Nikolaus Pfeifer, Direktor des Instituts für Medienrecht und Kommunikationsrecht an der Universität zu Köln, hielt einen Vortrag über "Presserecht im Internet". Er führte hierzu aus, dass die technische Konvergenz bei Netzangeboten bisher noch nicht für eine rechtliche Konvergenz gesorgt habe. Zudem legte er dar, warum die Übertragung landespresserechtlicher Maßstäbe auf Telemedien im TMG zu einer "Zwei-Klassen-Gesellschaft" für meinungsbildende Dienste im Internet geführt habe. Auch habe die ursprüngliche Absicht des europäischen Richtliniengebers, erleichterte Haftungsregeln für neue Dienste einzuführen und diese Dienste zu fördern, sich im Medienrecht bisher nicht durchsetzten können, welches zu Lasten etablierter Meinungsanbieter gehe. Abs. 6
Im Folgenden referierte Prof. Dr. Peter Huber von der Ludwigs-Maximilians-Universität München zum Streit um die digitale Dividende. Zunächst definierte er diesen Begriff als diejenigen Frequenzen, die im vollständig digitalen Umfeld nach Deckung des öffentlichen Bedarfs zusätzlich verfügbar seien. Vor allem der bedeutsame Umfang dieser digitalen Dividende könne Schwierigkeiten hervorrufen, die freiwerdenden Frequenzen unter ausgewogener Berücksichtigung politischer, sozialer und ökonomischer Aspekte zu verteilen. In seinem Kommentar stellte RA Dr. Reinhard Gaertner von TaylorWessing ergänzend dar, dass die EU-Kommission eine wirtschaftliche Nutzung gegenüber einer kulturellen präferiere. Abs. 7
Die letzte Thematik mit einem öffentlich-rechtlichen Schwerpunkt " Konvergenz der Medien und neue Informationsangebote öffentlich-rechtlicher Rundfunkveranstalter: Hilft der Public-Value-Test" behandelte Prof. Dr. Christoph Degenhart von der Universität Leipzig. Abs. 8
So gäben die Vorgaben des Gemeinschaftsrechts dem Drei-Stufen-Test, der eine Ausprägung des Public-Value-Gedankens darstelle, eine Schlüsselrolle im Verfahren der Auftragsdefinition. Der Test trage zur Konkretisierung des Rundfunkauftrags bei und sorge daher für Rechtssicherheit auch bei Online-Aktivitäten. Insgesamt sei die Auftragsbestimmung weder das erstickende Korsett als das sie von den Rundfunkveranstaltern betrachtet, noch der Freibrief für ungebremste Expansion als der sie von den Wettbewerbern kritisiert werde. In seiner Anmerkung kritisierte RA Prof. Dr. Norbert Wimmervon White & Case den starken beihilferechtlichen Bezug der Diskussion um den Drei-Stufen-Test. So spiele dieser eigentlich gar keine Rolle und diene nur als Katalysator. Abs. 9
Höhe- und Endpunkt des ersten Veranstaltungstages bildete die Podiumsdiskussion zum Thema "Die Rahmenbedingungen für den dualen Rundfunk im multimedialen Zeitalter - Kann alles bleiben wie es ist?". Moderiert von Prof. Dr. Thomas Rexvom BR Fernsehen debattierten der Justiziar des ZDF Prof. Dr. Carl-Eugen Eberle, der Vizepräsident Fernsehen und Multimedia des Verbands Privater Rundfunk und Telemedien e.V. Dr. Tobias Schmid, MdB Dipl.-Polit. Dorothee Bär von der CSU und der Geschäftsführer der TT-STUDIOS Medienberatungs- & -beteiligungs GmbH Prof. Dr. Helmut Thoma über verschiedene Zukunftsperspektiven des dualen Systems. Abs. 10
Der nächste Veranstaltungstag wies eine privatrechtliche Prägung auf. Abs. 11
Zunächst diskutierte Prof. Dr. Thomas Dreier von der Universität Karlsruhe die "fehlende urheberrechtliche Nutzungsberechtigung trotz - oder wegen - Konvergenz?". Anhand des Beispiels der urheberrechtlichen Subsumtion von IP-TV, Internet-TV und Handy-TV führte der Redner aus, dass technische Konvergenz nicht allein dazu führt, dass bislang disparate Techniken bzw. unterschiedliche Arten der technischen Werknutzung konvergieren und mithin Ansatzpunkte für eine rechtliche Differenzierung entfallen. Vielmehr finde zugleich eine weit größere technische Ausdifferenzierung der einzelnen Dienste statt, die eine rechtliche Unterscheidung nochmals erheblich erschwerten. In ihrem Kommentar zeigte RAin Prof. Dr. Eva-Irina von Gamm auf, an welchen Stellen sich aufgrund der Konvergenz unterschiedliche Konsequenzen für die Nutzung von IP-TV, Internet-TV und Handy-TV ergeben können, so z.B. welche Aspekte von der GEMA üblicherweise erfasst würden und welche nicht. Abs. 12
Prof. Dr. Knut-Werner Lange von der Universität Bayreuth erörtere die "Crossmediale Zusammenschlusskontrolle" anhand des ursprünglich geplanten Zusammenschlusses von Springer und Pro7/Sat1. So erläuterte er die besonderen Schwierigkeiten, die sich bei derartigen konglomeraten Zusammenschlüssen für die Beurteilung der marktübergreifenden Effekte, welche aus kartellrechtlicher Sicht wesentlich seien, ergeben würden. Daher forderte er eine engere Zusammenarbeit zwischen dem Bundeskartellamt und der KEK, um eine optimierte Marktermittlung zu erreichen. RA Prof. Dr. Peter Mailänder hingegen sprach sich für eine strikte Trennung von wettbewerblichem Schutz und Vielfaltssicherung aus, so dass eine Doppelkontrolle mit verschiedene Schutzzielen stattfinde. Abs. 13
Im Anschluss wurde von RA Dr. Thomas Summerer von CMS Hasche Sigle "Die Vergabe medialer Rechte an der Bundesliga - Differenzierung nach Übertragungswegen?" thematisiert. Zunächst wurde die kartellrechtliche Problematik der Zentralvermarktung der Bundesliga dargestellt, jedoch sei weiterhin eine Differenzierung nach Übertragungswegen auf der Basis präziser vertraglicher Definitionen möglich. Gleichzeitig regte er an, dass dem Sportveranstalter ein eigenes Leistungsschutzrecht eingeräumt werde. Abs. 14
Zuletzt erörterte der Präsident des Bayerischen Fußballverbandes Dr. Rainer Koch "Die Verwertung von Amateurfußballspielen im Internet". Ausgangspunkt seiner Thesen war die Feststellung der wirtschaftlichen Bedeutung der gebündelten Verwertung für den Amateurfußball. Da zudem die Kosten der Durchführung die Fußballverbände und - vereine trügen, folgerte er, dass diese auch die resultierenden Erträge erhalten sollten. Prof. Dr. Ansgar Ohly von der Universität Bayreuth widersprach in seinem Kommentar dem Vorredner, da nach geltendem Recht Amateurfußballspiele ein für jedermann verfügbares Allgemeingut seien. Abs. 15
Damit ging das 3. Bayreuther Forum für Wirtschafts- und Medienrecht zu Ende, das für alle Beteiligten eine hervorragende Gelegenheit darstellte, sich über Entwicklungen im Bereich der Konvergenz der Medien zu informieren. Hervorzuheben ist insbesondere die Chance über den eigenen Tellerrand hinauszuschauen und die Problemstellungen nicht nur juristisch, sondern auch ökonomisch und medienwissenschaftlich zu beleuchten. Diese Möglichkeit besteht erneut beim 4. Forum der FWMR, das im März 2009 zum Thema "Alternative Finanzierung für den Mittelstand - Wirtschaft * Recht * Steuern" stattfinden wird. Das nächste medienrechtliche, dann 5. Bayreuther Forum ist für den Herbst 2009 geplant.
JurPC Web-Dok.
166/2008,   Abs. 16
* Julia Striezel ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Internationales Recht und Rechtsvergleichung von Professor Dr. Stefan Leible an der Universität Bayreuth.
[ online seit: 28.10.2008 ]
Zitiervorschlag: Autor, Titel, JurPC Web-Dok., Abs.
Zitiervorschlag: Striezel, Julia, Konvergenz der Medien - Konvergenz des Rechts?   —   Tagungsbericht zum 3. Bayreuther Forum für Wirtschafts- und Medienrecht - JurPC-Web-Dok. 0166/2008