JurPC Web-Dok. 55/2008 - DOI 10.7328/jurpcb/200823351

Larissa Bichert *

Marken- und Produktpiraterie in China

JurPC Web-Dok. 55/2008, Abs. 1 - 49


Bichert, Larissa
I n h a l t s ü b e r s i c h t
I. Problem: Marken- und Produktpiraterie in China
II. Gewerblicher Rechtsschutz gegen Marken- und Produktpiraterie in Deutschland
III. Markenrechte auf der europäischen Ebene gegen Marken- und Produktpiraterie
IV. Internationaler Markenschutz und Übereinkommen
V. Das chinesische Markengesetz unter Berücksichtigung des neuen Entwurfes
VI. Potenzielle Probleme bei der Durchsetzung der Markenrechte in China
VII. Handlungsempfehlungen für Unternehmen mit Engagement in China und Fazit

Dieser Beitrag ist die Zusammenfassung der Diplomarbeit der Autorin, die h i e r (im PDF-Format) nachgelesen werden kann.

I. Problem: Marken- und Produktpiraterie in China

Die Volksrepublik China (VR China) ist zurzeit in aller Munde und verdrängt die Schlagzeilen über Länder mit ähnlich dynamischer Wirtschaftsstruktur wie beispielsweise Indien. Über die sozialistische Marktwirtschaft mit einem kommunistischen Einparteienregime an ihrer Spitze und der weltweit größten Bevölkerung von 1,3 Mrd.(1)Menschen wird überall lebhaft diskutiert. Es vergeht kaum ein Tag, an dem die Wirtschaftspresse nicht den Aufstieg Chinas zur neuen Supermacht prophezeit. So sind einige Kommentatoren von dem "Wirtschaftswunderland" begeistert, andere dagegen sehen den "Roten Drachen"(2)als große Gefahr. JurPC Web-Dok.
55/2008, Abs. 1
Die rekordverdächtigen Auslandsinvestitionen steigen beständig, da China der Geschäftspartner Nr. 1 ist und alle Großprojekte dorthin verlagert werden. Vor aufrecht erhaltener Euphorie und den sich bietenden Chancen vergessen viele Unternehmen jedoch die Risiken und unterschätzen die Gefahren, welche vom dortigen Markt ausgehen. Denn nicht nur die Wirtschaft boomt in China, sondern auch die Marken- und Produktpiraterie. China gilt als Paradies für Produktfälscher und zählt daher zur Hochburg der Marken- und Produktpiraterie, die sich heute quer durch alle Branchen zieht(3)und nicht wie in der Vergangenheit vorwiegend auf Luxuskonsumgüter und Markentextilien beschränkt war. Somit gehört das "Reich der Mitte" zu den Ländern, die in großem Maße von umfangreichsten und schwerwiegendsten Verstößen gegen die Rechte des geistigen Eigentums betroffen sind. Abs. 2
Im Ergebnis sind die Folgen der Produktpiraterie verheerend. Denn diese richtet nicht nur enorme betriebswirtschaftliche, sondern auch enorme volkswirtschaftliche Schäden an. Europaweit fallen ihr dadurch ca. 300.000 Arbeitsplätze zum Opfer(4). Technologie- und exportabhängige Länder wie Deutschland sind im besonderen Maße betroffen. In Deutschland gehen jährlich 70.000 Arbeitsplätze aufgrund von Marken- und Produktpiraterie verloren(5). Abs. 3
Fakt ist, dass sich das Phänomen Marken- und Produktpiraterie zu einem komplexen und professionellen Geschäftszweig mit immens hoher krimineller Energie entwickelt hat, der zunehmend durch die Globalisierung der Märkte und dem damit verbundenen stetig wachsenden Wettbewerbs- und Kostendruck, Wegfall von Grenzen, Abbau von Handelsbarrieren und neue Medien wie dem Internet(6)begünstigt wird. So spricht man heute von Wirtschaftskriminalität(7)und dem Verbrechen des 21. Jahrhunderts(8). Abs. 4
Allerdings sind die Motive für die Verletzung der Rechte am geistigen Eigentum und somit das Betreiben von Marken- und Produktpiraterie nicht nur wirtschaftlicher Natur. Die chinesische Mentalität bzw. die andersartige Einstellung der Chinesen zum geistigen Eigentum ist der Grund für die Entwicklung des Landes zu einer Hochburg der Marken- und Produktpiraterie. Konfuzianismus ist eine Philosophie, die China und das dortige Denken stark geprägt und beeinflusst hat(9). Danach ist das Kopieren kein Unrecht. Vielmehr gilt es als Ehrerbietung und Ausdruck der Anerkennung gegenüber dem Meister. Eine Nachahmung wird als bedeutender Schritt erachtet und perfektioniert demzufolge den eigenen persönlichen Stil(10). Deshalb stehen die gewerblichen Schutzrechte noch heute im Konflikt mit der konfuzianischen Tradition, die zwar gesetzlich geahndet, aber gesellschaftlich angesehen ist(11). Ferner gibt es eine Reihe weiterer kultureller Aspekte, die das Phänomen Marken- und Produktpiraterie stark begünstigen. Hierzu zählt z.B. das als Guanxi(12)bezeichnete institutionalisierte Beziehungsgeflecht, welches als Ursache des regionalen Protektionismus deklariert wird(13). Abs. 5
Die facettenreichen Ursachen und Gründe führen dazu, dass in den letzten Jahren die Anzahl der betroffenen Unternehmen in Deutschland, aber auch in China selbst drastisch gestiegen ist. Das Bewusstsein für dieses Problem tritt zunehmend in den Vordergrund. Infolge dieses drastischen Problems und der daraus resultierenden weltweiten Bedeutung hat die deutsche Bundeskanzlerin Frau Dr. Angela Merkel den Schwerpunkt des im Juni 2007 in Deutschland (Heiligendamm) abgehaltenen G8-Gipfels auf den Schutz des geistigen Eigentums gelegt(14). Der Aussage hierzu von Bundesjustizministerin Frau Zypries kann entnommen werden, dass die Bundesregierung den Kampf gegen Produktpiraterie aufgenommen hat(15). Abs. 6
Auf staatlicher Ebene darf der Kooperationswille aber nicht nur von Seiten der deutschen Bundesregierung ausgehen, sondern wird von der chinesischen Regierung benötigt. In Anbetracht der Olympischen Spiele 2008, die in China stattfinden werden, ist es von ausschlaggebender Bedeutung, dass das "Land des Wirtschaftswunders" sein bisher nicht sehr ausgeprägtes Bewusstsein für das Thema Markenpiraterie stärkt und den Kampf dagegen antritt. Aussagen wie "Während den Olympischen Spielen 2008 werden wir effektive Maßnahmen starten, um zu gewährleisten, dass das sportliche Großereignis so frei wie möglich von Verletzungen geistigen Eigentums ist"(16), sollten unterdies nicht nur zu vorübergehenden Aktionen führen, die lediglich zur Verbesserung des Ansehens im Ausland beitragen. Das verstärkte Vorgehen gegen die Marken- und Produktpiraterie und der Schutz des geistigen Eigentums in China muss im Gegenteil langfristige Gestalt annehmen und kontinuierlich verbessert werden. Abs. 7

II. Gewerblicher Rechtsschutz gegen Marken- und Produktpiraterie in Deutschland

Zu beobachten ist, dass sich insbesondere die Marke als Erkennungszeichen für Qualität etabliert hat. Neben dem Produkt an sich, wird mit einer Marke Prestige, Qualität, Image, Lifestyle, Emotionen und andere häufig kaum fassbare subjektive Elemente(17)assoziiert. Infolge dieser Bedeutungszunahme in der Öffentlichkeit, aber auch gleichermaßen für die Unternehmen, ist es demnach von immenser Bedeutung, das Schicksal nicht den professionellen Produktfälschern in China zu überlassen. Vielmehr sollten gewerbliche Schutzrechte geachtet werden. Infolge dessen, dass insbesondere Marken von der Piraterie betroffen sind, ist es wichtig, das zu den gewerblichen Schutzrechten gehörende Markenrecht näher zu durchleuchten. Dabei werden der Hintergrund des deutschen Markenrechts und die Funktionen der Marke erläutert. Im Detail wird auf die Punkte Schutzgegenstand und -voraussetzungen, Entstehung und Schutzumfang von Markenrechten, Ausschluss von Markenrechten, Rechtsfolgen, Schranken des Schutzes, Übertragung, Lizenz und schließlich auf die Eintragung und Registrierung eingegangen. Abs. 8

III. Markenrechte auf der europäischen Ebene gegen Marken- und Produktpiraterie

Neben der markenrechtlichen Darstellung von nationalen Schutzmaßnahmen in Deutschland sind ebenso die im Zusammenhang stehenden Vorschriften auf der europäischen Ebene äußerst wichtig. Denn die EU als eine der wichtigsten Wirtschaftsräume weltweit und die fortwährende Zunahme der Unternehmenstätigkeit, die sich nicht nur auf das Gebiet eines Staates beschränkt, führt zu einer besonderen Signifikanz des grenzüberschreitenden Markenschutzes. So ist auf der europäischen Ebene die Gemeinschaftsmarke, die es den Unternehmen gestattet, durch ein einziges Eintragungsverfahren für alle Mitgliedsstaaten den EU Markenschutz zu erlangen, von Wichtigkeit. Ebenso spielt die EU-Richtlinie zur Durchsetzung des Rechtes auf geistiges Eigentum 2004/48/EG (sog. Enforcement-Richtlinie) und die europäische Produktpiraterieverordnung eine Rolle. Abs. 9

IV. Internationaler Markenschutz und Übereinkommen

Das Phänomen Marken- und Produktpiraterie erstreckt sich allerdings nicht nur auf nationale und europäische Ebene. Längst hat das "illegale Geschäft" den internationalen Wirtschaftsraum heimgesucht, sodass man von einer weltweiten Betroffenheit ausgehen kann. Aufgrund dessen besteht akute Notwendigkeit der Bekämpfung dieses Problems auf dem internationalen Terrain, um insbesondere den Produkten oder Dienstleistungen internationaler Unternehmen Schutz gewährleisten zu können. In diesem Zusammenhang ist die Registrierung der internationalen Marke (IR-Marke) bedeutend, die dem Inhaber gestattet, einer im Vertragsstaat eingetragenen bzw. angemeldeten Marke (Basismarke) durch eine einzige Registrierung Schutz auch in den anderen Verbandsstaaten zu erwerben. Darüber hinaus existiert eine Vielzahl von internationalen Verträgen und Abkommen, die zum internationalen Schutz ihren Beitrag leisten und an die China gebunden ist. Abs. 10

V. Das chinesische Markengesetz unter Berücksichtigung des neuen Entwurfes

Die Welt schaut auf China, das Land des "Weltwirtschaftswunders", bei dem die Versuchung als auch die Attraktivität, die Geschäfte dorthin zu verlagern, enorm ist. Dieser gewaltige Ansturm verleitet dazu, das Risiko in Bezug auf die gewerblichen Schutzrechte, welches in diesem Land am höchsten ist, zu unterschätzen. Denn China gilt immer noch als Problemland mit den "schlechtesten" Bedingungen für den Schutz des geistigen Eigentums. Ziel ist es daher, die existierenden Probleme des derzeitigen chinesischen Markenrechtes herauszufinden und zu untersuchen, um schließlich eine Analyse zwischen dem aktuellen Markengesetz und dem vorgelegten Entwurf (Draft of Trademark Law of the People's Republic of China vom 30. April 2007) durchführen zu können. Zudem sollen dadurch die Unternehmen die bestehenden Schutzmöglichkeiten und -instrumente des chinesischen Markenrechtes besser kennen lernen. Abs. 11
Die zweite Gesetzesnovelle des chinesischen Markenrechts von 2001(18)kam überraschend noch vor Beitritt Chinas zur WTO(19). Laut den Verkündungen aus China seien dort die Mindestanforderungen des TRIPS-Abkommens berücksichtigt worden. Diese Gesetzesänderungen wurden insbesondere deswegen vorgenommen, um den Anforderungen in Bezug auf den WTO Beitritt gerecht zu werden. Die Gesetzesnovelle von 2001 berücksichtigte allerdings nicht die Probleme, die sich durch die Entwicklung der Marktwirtschaft nach der ersten Gesetzesänderung des Markenrechts in 1993 ergaben. Die änderungsbedürftigen Problemfälle kommen jedoch nach sechs Jahren seit Chinas Beitritt zur WTO deutlicher zum Vorschein. Abs. 12
Darüber hinaus ist in den letzten Jahren die Anzahl der eingereichten Markenregistrierungen, Widersprüchen, Überprüfungen und Entscheidungen stetig und dramatisch in die Höhe avanciert. Dies stellt einen enormen Druck und ernste Herausforderungen an die Arbeit der Markenregistrierung dar. Als verursachender Faktor ist zudem der herausragende Aufstieg Chinas zur Weltwunderwirtschaft nicht zu vergessen. Seit der Gesetzesänderung in 2001 durchlebte China eine rapide wirtschaftliche Entwicklung, die eine hohe Anzahl an Registrierungsbeantragungen für verschiedene Marken mit sich brachte. Entsprechend statistischer Angaben hat sich zwischen den Jahren 2001 und 2006 die jährliche Anzahl von markenbezogenen Antragstellungen inkl. Anträge für Markenregistrierung, Markenübertragungen und Widersprüchen verdoppelt(20). Die Behörden hinken demzufolge der rasanten wirtschaftlichen Entwicklung aussichtslos hinterher. Resultierend daraus ist es für die Antragsteller unmöglich, ihre Marken rechtzeitig zu registrieren. Dies wiederum beeinträchtigt und erschwert die normale Entwicklung der Unternehmen und überlässt der expandierenden Fälscherindustrie in China mehr Möglichkeiten, solche Schutzlücken auszunutzen. Im Übrigen ist der zunehmende Rückstand für Anmeldungen von Markenregistrierungen gewissermaßen auf das verkomplizierte Verfahren der Markenregistrierung in China zurückzuführen. Es ist durchaus möglich, dass eine Marke mindestens fünf Verfahren passieren muss, bevor eine Registrierung vollzogen werden kann. Demnach könnte der gesamte Prozess bis zu zehn Jahren dauern und erheblich nachteilige Konsequenzen nach sich ziehen. Abs. 13
Die Integration der chinesischen Wirtschaft in die globale Verflechtung der Wirtschaftssysteme fordert eine weitere Harmonisierung, insbesondere beim Registrierungsverfahren. Um diesen Erfordernissen nachkommen zu können, müsste China zu einem früheren Zeitpunkt dem Markenabkommen von Singapur (engl. Singapore Treaty on the Law of Trademarks)(21)beitreten, weil das aktuelle chinesische Markengesetz nicht mit den Anforderungen des Abkommens konform geht(22). Um wenige Defizite davon zu erwähnen, fehlt es bspw. an einer Regelung, nach der ein Antragsteller für eine Marke zwei oder mehrere Warenklassen in einer Anmeldung beantragen kann. Weiterhin würde die Einführung einer elektronischen Anmeldung einen sehr sinnvollen Beitrag zum Fortschritt leisten. Es ist daher vonnöten, auf die relevanten Bestimmungen des Markenabkommens von Singapur zurückzugreifen, um die Erweiterung und Erleichterung der Markenregistrierung in China voranzutreiben. Folglich ist das schnelle Voranbringen der dritten Änderung des chinesischen Markengesetzes dringend zu empfehlen. Abs. 14
Ob der vom chinesischen Markenamt (engl. Chinese Trademark Office - CTMO) vorgelegte Entwurf zur Änderung des Markengesetzes die genannten Verbesserungsforderungen enthält, wird in der Arbeit näher untersucht. Die Endgültigkeit des Entwurfes und der genaue Zeitpunkt der geplanten dritten Gesetzesnovelle(23)steht noch nicht fest. Der letzte und demnach aktuelle Stand des Entwurfes (Draft of Trademark Law of the People's Republic of China vom 30. April 2007) wurde vom CTMO vorgelegt. Den Verlautbarungen zufolge wurde der genannte Entwurf an verschiedene wirtschaftliche Branchen und Institutionen weitergeleitet, um von diesen Stellungnahmen bzw. kritische Bemerkungen zu erhalten(24). Diese Bereitschaft die von Seiten Chinas ausgeht, ist außerordentlich positiv zu würdigen und stellt zudem ein erstaunliches Niveau der Transparenz dar. Wann mit dem Abschluss des endgültigen parlamentarischen Gesetzgebungsverfahrens zu rechnen ist, wurde noch nicht offiziell bekannt gegeben. Entsprechend den Angaben im "China's Action Plan on IPR Protection 2007" war die endgültige Fertigstellung des Entwurfes für 2007 geplant(25). Daraus ließe sich schließen, dass mit der Verabschiedung der Revision im Laufe des Jahres 2008 zu rechnen ist. Mit der Umsetzung des Entwurfes würde China einen signifikanten Schritt vollenden und könnte sich zudem auf Augenhöhe mit den internationalen Standards begeben. Abs. 15
Eintragung von nicht gewöhnlichen MarkenPositiv ist die Ermöglichung der Eintragung von nicht gewöhnlichen Marken, wie z. B. Hör-, Tast-, Geruchs-, Bewegungs-, Farbmarken usw. zu verzeichnen. Abs. 16
Unregistrierte MarkenDer Schutz von unregistrierten Marken wird im Entwurf deutlich gestärkt(26). Abs. 17
SonderkennzeichenDer Entwurf räumt dem Markeninhaber die Möglichkeit ein, Sonderkennzeichen einzutragen. Die Implementierung dieser Vorschriften erforderte ein ganzes Kapitel, in dem detaillierte Bestimmungen vorzufinden sind. Abs. 18
Nachweis- und KollektivmarkenDen Nachweis- und Kollektivmarken wird im Entwurf eine bedeutende Rolle zugeteilt, sodass die Widmung eines separaten Kapitels dem Gesetzgeber als sinnvoll erscheint. Abs. 19
Geographische AngabenRegelungen bzgl. geographischer Angaben werden ergänzt und sind somit mit einer Reihe hinzugefügter Vorschriften im eigenen Kapitel enthalten. Abs. 20
Das Prinzip der Ehrlichkeit und VertrauenswürdigkeitSowohl die Anmeldung zur Markenregistrierung als auch die -benutzung müssen mit dem Prinzip der Ehrlichkeit und Vertrauenswürdigkeit im Einklang stehen. Hiermit soll eine Basis für das Vorgehen gegen missbräuchliche Registrierungen und Nutzungen von Marken Dritter geschaffen werden. Abs. 21
Eintragungsverbote (absolute Schutzhindernisse)Die Regelung bzgl. absoluter Schutzhindernisse unterzog sich einer deutlichen Ausdehnung, mit der Folge, dass die Anzahl der Kategorien von Zeichen, die nicht eintragungsfähig sind, von acht auf 18 erweitert worden ist. Abs. 22
DisclaimerDie von der Praxis lang geforderte Verzichtserklärung (Disclaimer) wird im Rahmen einer neuen Vorschrift möglich gemacht. Danach ist es nun erlaubt, eine Erklärung abzugeben, bei der man auf das ausschließliche Recht eines nicht unterscheidungskräftigen und deswegen an sich nicht eintragungsfähigen Teils einer Marke verzichtet. Der Vorteil besteht darin, dass nach Abgabe einer solchen Erklärung die Eintragung aller inkl. nicht unterscheidungskräftigen Bestandteile einer Marke erfolgt. Abs. 23
Eintragungsverbote (relative Eintragungshindernisse, sog. Rechte Dritter)Diese betreffen die Fälle, in denen eine neu eingetragene Marke mit einer bereits zuvor eingetragenen, älteren Marke identisch oder ähnlich ist.

Abs. 24
Die früher benutzen Marken Dritter und Marken mit gewisser Reputation genießen im Entwurf aufgrund der Einfügung entsprechender Regelung einen deutlich erhöhten Schutz, Abs. 25
Sowohl den früher benutzten, aber unregistrierten berühmten Marken als auch registrierten berühmten Marken wird Schutz gewährt(27), Abs. 26
Der Schutzumfang einer eingefügten Vorschrift erstreckt sich auf den Schutz entgegenstehender sonstiger Rechte Dritter, wie Patent-, Unternehmensname-, Urheber-, Namensrechte etc. Abs. 27
Prüfung der absoluten und relativen SchutzhindernisseEine essentielle Modifikation unterbreitet der Entwurf in Bezug auf die Prüfung der relativen Schutzhindernisse. Mehrere Bestimmungen lassen feststellen, dass sich die Prüfung des CTMO nur auf die absoluten Schutzhindernisse erstreckt. Dagegen werden die relativen Eintragungs- hindernisse (Rechte Dritter) wie auch in Deutschland nicht von Amts wegen examiniert. Abs. 28
Zuständigkeit des TRABsDer TRAB behandelt nunmehr vier Angelegenheiten, die in seinen Zuständigkeitsbereich fallen. Abs. 29
Als erstes sind die Einsprüche des Antragstellers zu nennen, die aufgrund der Zurückweisungsentscheidung seitens des CTMO erhoben werden, Abs. 30
Folglich ist der TRAB für Widersprüche einer bereits veröffentlichen Marke verantwortlich, Abs. 31
Als nächstes folgen Löschungen einer Marke,Abs. 32
Letztlich ist der TRAB für Ungültigkeitserklärungen registrierter Marken zuständig. Abs. 33
WiderspruchsfristDie dreimonatige Widerspruchsfrist wird im Entwurf auf vier Monate verlängert. Abs. 34
RechtsübertragungIn Bezug auf die Regelungen der Rechtsübertragung werden einige Modifizierungen in Anlehnung an das Marken-abkommen von Singapur vorgenommen. Die Antragstellung für die Genehmigung der Übertragung ist von beiden Parteien, sowohl von dem Übertragenden als auch dem Übertragungs-empfänger durchzuführen. Das Antragsverfahren kann jedoch von einer der beiden Parteien ausgeführt werden. Abs. 35
LizenzDer Entwurf sieht keine zwingende Hinterlegung des Marken-lizenzvertrages vor. Abs. 36
RechtsverletzungenDie Vorschrift in Bezug auf die Rechtsverletzungen unterlag der Bearbeitung. Die Liste der Handlungsaktivitäten, die zu einer Haftung beisteuern, ist deutlich ausgeweitet worden. Abs. 37
Verwaltungsbezogene MaßnahmenBeim Vorliegen einer rechtsverletzenden Handlung kann die AIC nicht nur die Ware beschlagnahmen und vernichten, sondern auch eine Geldbuße verhängen. Diese beträgt das Fünffache des rechtswidrigen Umsatzes(28). Wenn sich dieser Betrag nicht errechnen lässt, höchstens RMB 1 Mio. Abs. 38
Zivilrechtlicher SchadenDer Entwurf schlägt ebenso vor, den zivilrechtlichen Schaden von RMB 500.000 auf RMB 1 Mio. zu erhöhen. Hiermit wird ein Abschreckungsmechanismus gegenüber den Produktpiraten erzeugt. Abs. 39
RegistrierungsverfahrenDer Entwurf bietet in Bezug auf das schwierig zu durchleuchtende Eintragungsverfahren und das komplizierte dazugehörige Regelungswerk eine Reihe von Vorschriften, die diesbezüglich modifiziert und insbesondere an die Mindest-anforderungen des Markenabkommens von Singapur angepasst wurden: Abs. 40
Elektronische bzw. Online-Anmeldung, welche viele Erleichterungen mit sich bringt, ist laut dem Entwurf möglich, Abs. 41
Der Antragsteller darf im Rahmen der neuen Vorschriften für dieselbe Marke zwei oder mehrere Warenklassen in einer Anmeldung beantragen, was die Kostenintensivität und zugleich den Aufwand reduziert(29), Abs. 42
Der Antragsteller ist imstande, seinen Antrag auf An-meldung noch bevor dem Feststehen der Entscheidung des CTMO/TRAB zurückziehen, Abs. 43
Dem Antragsteller wird ebenso die geteilte Anmeldung ermöglicht, Abs. 44
Bedeutungsvoll ist die Einfügung der zwölfmonatigen Frist für die Prüfung der Anträge. Damit wäre der unpräzisen Regelung der unverzüglichen Bearbeitung nach der aktuellen Gesetzeslage ein Ende gesetzt. Das Verfahren wird somit erheblich verkürzt. Abs. 45
Mithilfe des Entwurfes zum Markengesetz erfolgt eine Zusammenfassung einer Vielzahl von verschiedenen Regelungen in Bezug auf das Markenrecht, was als positiv zu bewerten ist. Summa summarum hat China kein Regelungs-, sondern eher ein Vollzugsdefizit beim Kampf gegen die Produktpiraterie, denn die rechtlichen Schutzmöglichkeiten gegen Produktpiraterie in China stehen westlichen Standards kaum in etwas nach. Somit können die seit langem vorzufindenden und in den Köpfen der Menschen verfestigten Vorurteile auf die fehlende Gesetzeslage in China aus dem Wege geräumt werden. Abs. 46

VI. Potenzielle Probleme bei der Durchsetzung der Markenrechte in China

Die Probleme bei der Bekämpfung der Marken- und Produktpiraterie beruhen weniger auf den grundsätzlich verfügbaren Rechtsmitteln, sondern eher auf den in der Praxis existierenden Problemen. Denn die Kluft zwischen dem geschriebenen und dem in der Praxis angewendeten Recht ist enorm(30). Im chinesischen Alltag besteht ein beträchtlicher Unterschied zwischen "Recht haben" und "Recht bekommen"(31). Ob sich dieses tief festgefrorene Dilemma bezüglich der Durchsetzung der Markenrechte nach Inkrafttreten des Entwurfes ändern wird, bleibt abzuwarten. Nicht auszuschließen ist eine potenzielle Veränderung, unwahrscheinlich ist jedoch die Besserstellung oder gar das komplette Verschwinden von grundlegenden Problemen, die aus der Mentalität, der sozialistischen Wirtschaftsstruktur und vieler anderer Strukturen resultieren. Vielmehr ist davon auszugehen, dass erst eine grundlegende Umstrukturierung und -gestaltung des politischen bzw. politisch-administrativen Systems, eine Stärkung des Rechtsbewusstseins, eine Einstellungs- bzw. Mentalitätsänderung, eine Sensibilisierung der Öffentlichkeit und weitere vergleichbare Impulse eine Verbesserung nach sich ziehen würden. Um das Manko der Rechtsdurchsetzung zu einem makellosen Verfahren zu verändern, sind grundlegende Strukturänderungen dringend notwendig. Abs. 47

VII. Handlungsempfehlungen für Unternehmen mit Engagement in China und Fazit

Durch das aufgezeigte Problem sind Unternehmen gezwungen, sich den Tatsachen und der Wahrheit in Bezug auf das weltweit gewaltige Ausmaß der Marken- und Produktpiraterie, insbesondere in China zu stellen. Denn fehlendes Handeln könnte zum bösen Erwachen führen, welches fatale Nachwirkungen nach sich zieht und gar einen wirtschaftlichen Ruin verursachen kann. Bisher existiert leider kein vorgefertigtes Rezept i. S. einer Geschäftsstrategie, die als Schutzwand gegen die Piratenangriffe dienen könnte. Dennoch ist es auf langfristige Sicht für Unternehmen jeder Größe unabwendbar, eine für das Unternehmen geeignete praktische Verbindung wirtschaftlich technisch-organisatorischer und juristischer Schutzmaßnahmen(32)i. S. einer umfassenden Schutzstrategie in Unternehmen zu implementieren. Abs. 48
Mit Spannung bleibt abzuwarten, welche Modifikationen in Bezug auf die derzeitig geschilderte Situation der chinesische Markengesetzentwurf mit sich bringt und inwieweit das Problem der Rechtsdurchsetzung hierdurch verbessert werden kann.
JurPC Web-Dok.
55/2008, Abs. 49

Fußnoten:

(1) Vgl. BfAI, abgerufen am 22.10.2007 unter http://www.bfai.de/DE/Content/bfai-online-news/ 015/s1,hauptbeitrag=80364,layoutVariant=Standard,sourcetype=SE ,templateId=render.html.
(2) Vgl. o. V., abgerufen am 22.10.2007 unter http://www.perspektive-blau.de/artikel/0603c/0603c.htm.
(3) Vgl. DIHK/APM, abgerufen am 22.10.2007 unter http://www.markenpiraterie-apm.de/files/standard/China%20Studie.pdf.
(4) Vgl. Bialdiga, abgerufen am 22.10.2007 unter http://www.ftd.de/unternehmen/industrie/:Firmen%20Patente/298097.html; Ann/Broy/Günthner/Lindemann/Wildemann, die V.B.P. rechnet für den europäischen Raum ebenso mit 300. 000 verlorenen Stellen, abgerufen am 22.10.2007 unter http://www.produktionsforschung.de/fzk/groups/pft/documents/internetdokument/id_055831.pdf.
(5) Vgl. Ann/Broy/Günthner/Lindemann/Wildemann, abgerufen am 22.10.2007 unter http://www.produktionsforschung.de/fzk/groups/pft/documents/internetdokument/id_055831.pdf.
(6) Vgl. Rösler, IIC 2006, S. 771 ff., nähere Ausführungen zur Marken- und Produktpiraterie im Internet.
(7) Vgl. Burkart, 2006, S. 17; weitere ausführliche Informationen sind in der PWCStudie über Wirtschafts-kriminalität 2007 zu finden, abrufbar unter http://www.pwc.de/fileserver/RepositoryItem/studie_wikri_2007.pdf?itemId=3169192, abgerufen am 18.12.2007.
(8) Vgl. Kaufmann, abgerufen am 22.10.2007 unter http://www.messe-stuttgart.de/p-messe/2005/download/produktfaelschung.pdf; auch Denkler, abgerufen am 22.10.2007 unter http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/artikel/163/134904/.
(9) Vgl. Hintze, 2007, S. 8.
(10)Vgl. Praxisnaher Ratgeber für Unternehmen - 2002, 2002, S. 19.
(11)Vgl. Ruppel, 2007, S. 90.
(12)Vgl. Online-Enzyklopädie, Guanxi, abgerufen am 24.10.2007 unter http://de.wikipedia.org/wiki/Guanxi.
(13)Vgl. v. Welser/Gonzalez, 2006, S. 197, Rn. 335.
(14)Vgl. BMF, abgerufen am 22.10.2007 unter http://www.bundesfinanzministerium.de/lang_de/nn_17844/nsc_true/DE/Aktuelles /Monatsbericht__des__BMF/2007/07/070718agmb019,templateId=raw,property=publicationFile.pdf.
(15)Vgl. BMJ, abgerufen am 09.11.2007 unter http://www.bmj.de/enid/8477ca364606fac9f5f4785379b59411 ,671429706d635f6964092d0934373030093a0979656172092d0932303037093a096d6f6 e7468092d093039093a095f7472636964092d0934373030 /Pressestelle/Pressemitteilungen_58.html.
(16)Vgl. o. V., abgerufen am 23.10.2007 unter http://www.markenbusiness.com/de/news.php?newsid=5086.
(17)Vgl. Harte-Bavendamm in: Harte-Bavendamm (Hrsg.), 2000, S. 7, Rn. 16.
(18)Die englische Fassung des Gesetzes, Trademark Law of the PRC adopted on 27.10. 2001, abgerufen am 28.11.2007 unter http://www.sipo.gov.cn/sipo_English/laws/relatedlaws/200204/t20020416_34755.htm; deutsche Fassung verfügbar unter http://lehrstuhl.jura.uni-goettingen.de/chinarecht/820823b.htm, abgerufen am 28.11.2008; Keßler/Qiao, RIW 2003, S. 174 ff.
(19)Vgl. Hilf/Göttsche, RIW 2003, S. 161 ff.
(20)Vgl. Dongwei, CPT 2007, S. 84.
(21)Das von der WIPO verwaltete Markenrechtsabkommen, abgerufen am 19.11.2007 unter http://www.wipo.int/edocs/mdocs/mdocs/en/tlt_r_dc/tlt_r_dc_30.pdf.
(22)Vgl. Dongwei, CPT 2007, S. 85.
(23)Die Arbeit in Bezug auf die Änderungen des Markengesetzes hat begonnen, so SAIC, abgerufen am 19.11.2007 unter http://www.ipr.gov.cn/ipr/en/info/Article.jsp?a_no=37109&col_no=934&dir=200612; laut China's Action Plan on IPR Protection 2007 wurde ebenfalls festgelegt, den Änderungsprozess des Markengesetzes zu beschleunigen und die Gesetzesmodifizierungen im Entwurf zu beenden, abgerufen am 19.11.2007 unter [1] http://english.ipr.gov.cn/ipr/en/info/Article.jsp?a_no=67391&col_no=925&dir=200704.
(24)Dies verkündete U.S. Chamber of Commerce/American Chamber of Commerce in China/American Chamber of Commerce in Shanghai in ihrer Stellungnahme zu dem Entwurf, 2007, S. 2 und ICC, 2007, S. 1.
(25)Vgl. People's Daily Online, China's Action Plan on IPR Protection 2007, abgerufen am 17.01.2008 unter http://english.peopledaily.com.cn/200704/24/eng20070424_369187.html; Managing Intellectual Property verkündete, dass das CTMO am 30.08.2007 den Entwurf zum chinesischen Markenrecht an diverse Wirtschaftszweige weitergeleitetet hat, um von diesen Stellungnahmen zu erhalten, abgerufen am 17.01.2008 unter http://www.managingip.com/Article.aspx?ArticleID=1788449.
(26)So auch U.S. Chamber of Commerce/American Chamber of Commerce in China/American Chamber of Commerce in Shanghai, 2007, S. 2.
(27)U.S. Chamber of Commerce/American Chamber of Commerce in China/American Chamber of Commerce in Shanghai bewerten die deutlich klareren Regelung in Bezug auf den Schutz berühmter Marken als positiv, 2007, S. 2.
(28)Nach dem aktuellen Gesetz beträgt die Höhe der Geldstrafe bis zu drei Mal soviel wie der illegale Umsatz; kann der illegale Umsatz nicht berechnet werden, so beläuft sich die Höhe der Geldstrafe bis zu RMB 100.000.
(29)ICC, 2007, S. 1, 15, aus der Perspektive der internationalen Standards ist diese Modifizierung begrüßenswert.
(30)Vgl. Bottenschein, GRUR 2005, S. 122.
(31)Vgl. Kroboth, 2006, S. 55.
(32)Vgl. Weiden, GRUR 2007, S. 125.
* Larissa Bichert ist staatlich geprüfte kaufmännische Fremdsprachenassistentin (Abschluss der Ausbildung 06/2002) und seit Februar 2008 Diplom-Wirtschaftsjuristin (FH), daneben European Master of Business Administration (EMBA, Paris); die Graduierung wird entweder Ende März oder Anfang April 2008 stattfinden.
[ online seit: 26.03.2008 ]
Zitiervorschlag: Autor, Titel, JurPC Web-Dok., Abs.
Zitiervorschlag: Bichert, Larissa, Marken- und Produktpiraterie in China - JurPC-Web-Dok. 0055/2008