JurPC Web-Dok. 58/2001 - DOI 10.7328/jurpcb/200116473

LG Hamburg
Urteil vom 01.08.2000

312 O 328/00

"www.joop.de"

JurPC Web-Dok. 58/2001, Abs. 1 - 46


BGB § 12, MarkenG § 15 Abs. 3, Abs. 4

Leitsätze (der Redaktion)

1.Der national und international bekannte Modedesigner Joop kann die Nutzung der Domain "www.joop.de" gegenüber einem anderen Träger dieses Namens aus namens- und markenrechtlichen Gründen untersagen, da insoweit das Recht an der ungestörten Führung der durch § 12 BGB geschützten Bezeichnung "Joop" als Bestandteil des Unternehmensnamens verletzt wird.

2.Demgegenüber greift der Einwand des Rechts der Gleichnamigen nicht durch, da dieses Recht besagt, dass der jüngere Namensträger alles ihm Zumutbare tun muss, um Verwechselungen zu vermeiden; insoweit wären vorliegend zum Ausschluss von Verwechselungen Zusätze in der Domain geboten gewesen.

3.Ein Anspruch des Berechtigten auf eine gegenüber der DENIC zu erklärende Einwilligung in die Umschreibung der Domain auf den Berechtigten besteht nicht; der Anspruch aus §§ 12 BGB bzw. 15 MarkenG gibt lediglich einen Anspruch auf Erklärung des Verzichts auf die Domain "www.joop.de" gegenüber der DENIC.

Tatbestand

Die Klägerin, das von dem international renommierten Mode-Designer Wolfgang Joop gegründete Mode- und Lifestyle-Unternehmen mit Sitz in Hamburg, verlangt von den Beklagten zu 1) bis 3) Unterlassung der Nutzung der Internet-Domain "joop.de".JurPC Web-Dok.
58/2001, Abs. 1
Dem liegt im einzelnen der folgende Sachverhalt zugrunde:
Der Mode-Designer Wolfgang Joop ist seit Ende der sechziger Jahre als Modeschöpfer tätig und wurde erstmals 1970 durch Preisgewinne beim Modewettbewerb der seinerzeit sehr verbreiteten Frauen- und Modezeitschrift "Constanze" einer breiteren Öffentlichkeit bekannt. Wolfgang Joop, der unter seinem bürgerlichen Namen auftrat, setzte in der Folgezeit seine geschäftliche Tätigkeit in der Modewelt kontinuierlich fort und brachte 1988 seine damals schon vielfältigen Aktivitäten in die von ihm gegründete "Joop Fashion GmbH", die Klägerin, ein, wobei 1993 der Firmenname in die nunmehrige Firma "Joop! GmbH" geändert wurde.
Abs. 2
Die Klägerin ist Inhaberin der für diverse Waren und Dienstleistungen eingetragenen Marke 1 013 222 "JOOP!" mit einer auf den 5. November 1980 zurückgehenden Priorität. Mit Priorität vom 24. August 1983 wurde ferner die Wortmarke 1 055 197 "JOOP" national für verschiede Waren und Dienstleistungen eingetragen. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der Eintragung wird auf die als Anlagen K4 bis K6 zur Akte genommenen Auszüge aus der Zeichenrolle des Deutschen Patentamts verwiesen. Die Bezeichnungen "JOOP!" und "JOOP" sind ferner für eine Vielzahl von Produktklassen und -kategorien in etwa 150 Ländern kennzeichenrechtlich geschützt.Abs. 3
Auf Grundlage der persönlichen und schöpferischen Leistungen ihres Gründers Wolfgang Joop entwickelte sich die Klägerin zu einem national und international erfolgreichen Mode- und Lifestyle-Unternehmen. Die von der Klägerin selbst in Zusammenarbeit mit zahlreichen Lizenznehmern angebotene Produktpalette umfasst Herren- bzw. Damenbekleidung, Schuhe, Lederwaren, Uhren, Brillen, Schmuck, sonstige modische Accessoires sowie neuerdings auch Waren aus den Bereichen Home Decor und Interior Design. Der Umsatz für das Jahr 1999 betrug 600 Millionen DM. Im Internet ist die Klägerin unter der Adresse "www.joop.com" präsent.Abs. 4
Die Klägerin behauptet eine überragende Bekanntheit der Bezeichnung "Joop" sowohl in Deutschland wie auch im Ausland; der ganz überwiegende Teil der angesprochenen Verkehrskreise assoziiere mit dem Begriff "Joop" ausschließlich das Unternehmen der Klägerin und die von diesem angebotenen Produkte. Nach einer 1998 durchgeführten Markenbekanntheitsstudie aus dem Gruner + Jahr Verlag erzielen die Produkte der Klägerin im Parfumbereich einen Bekanntheitsgrad von 68 %, im Herrenoberbekleidungsbereich liege der Bekanntheitsgrad bei 65 %. Gerade bei den eher jüngeren Internet-Nutzern sei von einer ganz überragenden Bekanntheit der Bezeichnung "JOOP!" auszugehen.Abs. 5
Der Beklagte zu 1),..., der mit dem Gründer der Klägerin verwandt ist, vertreibt seit Anfang der 70er Jahre unter seinem bürgerlichen Namen Pianos, Flügel, Klaviere, elektronische Orgeln, Noten Tonträger u.ä. ausgehend von zeitweise drei Einzelhandelsgeschäften in Braunschweig und drei weiteren Filialen im norddeutschen Raum. Er ist seit 1999 formell bei der DENIC e.G. als Inhaber der Internet-Domain "joop.de" eingetragen.Abs. 6
Der Beklagte zu 2),... , ein Stiefsohn des Beklagten zu 1), vertreibt seit 1984 EDV-Dienstleistungen unter seinem bürgerlichen Namen. 1990 verlagerte er seine Geschäftstätigkeit auf die von ihm gegründete "Joop Systemlösungen GmbH", die Beklagte zu 3), deren Geschäftsführer er bis 1999 war. Schon 1990 wurde die Beklagte zu 3) bei der DENIC e.G. als Inhaberin der Internet-Domain "joop.de" eingetragen. Bei der DENIC e.G. ist der Beklagte zu 2) auch nach Übertragung der Domain auf den Beklagten zu 1) im Jahre 1999 als administrativer Kontakt für die Internet-Domain "joop.de" eingetragen. Die Beklagte zu 3) ist weiter unter der Internet-Adresse "www.joop.de" präsent. Auf ihrer Homepage bietet sie einen Überspielservice von Videokassetten und anderen Datenträgern auf DVD an. Abs. 7
Nachdem die Klägerin bereits 1995 auf die Internet-Domain "joop.de" aufmerksam geworden war und sich über ihre Werbeagentur bei dem Beklagten zu 2) nach den Konditionen für eine etwaige Übertragung der Domain erkundigt hatte, verlangte die Klägerin mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 29. Januar 1999 von den Beklagten zu 2) und 3) die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung hinsichtlich der Nutzung der Internet-Domain "joop.de".Abs. 8
Für die Beklagten zu 2) und 3) meldete sich mit Schriftsatz vom 18.2.1999 der Prozeßbevollmächtigte der Beklagten mit der Anfrage, zu welchen Konditionen gegebenenfalls eine außergerichtliche Streitbeilegung möglich sei. Mit weiterem Schriftsatz vom 5.3.1999 lehnte der Prozeßbevollmächtigte der Beklagten die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung ab.Abs. 9
Zwischenzeitlich wurde die Internet-Domain "joop.de" auf den Beklagten zu 1) übertragen. Als die Klägerin von diesem Umstand Kenntnis erlangte, stellte sie bei der DENIC e.G. einen sog. "WAIT-Antrag", der dazu führt, dass der Inhaber einer Internet-Domain diese zwar noch nutzen, nicht aber übertragen kann. Sodann wandte sich die Klägerin mit Schreiben ihres Prozeßbevollmächtigten vom 19. November 1999 an den Beklagten zu 1) und forderte diesen auf, die Nutzung der Internet-Domain "joop.de" zu unterlassen, in die Übertragung der Domain einzuwilligen und eine strafbewehrte Unterlassungsverpflichtungserklärung abzugeben. Der Beklagte zu 1) lehnte die Erfüllung dieser Ansprüche mit anwaltlichem Schreiben des Rechtsanwalts ... vom 2. Dezember 1999 ab. Ohne Anerkennung einer Rechtspflicht verzichtete der Rechtsanwalt ... für den Beklagten zu 1) auf sämtliche Rechte an der Internet-Domain "joop.de". Mit Schreiben vom 27.1.2000 teilte er dies der Klägerin mit. Eine Übertragung der Internet-Domain auf die Klägerin wurde von der DENIC e.G. aber nicht vorgenommen, da diese für einen Verzicht an der Internet-Domain eine persönliche Erklärung des Beklagten zu 1) forderte.Abs. 10
Mit Schriftsatz vom 3.2.2000 meldete sich für den Beklagten zu 1) der Prozeßbevollmächtigte der Beklagten als neuer Bevollmächtigter. In einem weiteren Schriftsatz vom 14.2.2000 verweigerte dieser die Erfüllung von Ansprüchen gegenüber der Klägerin und erklärte gleichzeitig die Anfechtung der Erklärung des Rechtsanwalts ... für den Beklagten zu 1). Der Prozeßbevollmächtigte der Beklagten verwies jedoch auf die Möglichkeit einer Einigung und machte geltend, daß die Beklagten für den mit dem Verlust der Domain verbundenen Aufwand eine angemessene Kompensation beanspruchen müßten, wobei hinsichtlich der Höhe die Klägerin zur Abgabe eines Vorschlags unter Anspielung auf den klägerseits für die Auseinandersetzung angesetzten Streitwert aufgefordert wurde.Abs. 11
Die Klägerin ist der Ansicht, ihr stünden Ansprüche auf Nutzungsunterlassung und Übertragung hinsichtlich der Internet-Domain "joop.de" aufgrund zahlreicher Anspruchsgrundlagen zu. Wegen der Verzichtserklärung des Rechtsanwalts ... sei schon ein vertraglicher Anspruch auf Nutzungsunterlassung gegen den Beklagten zu 1) gegeben. Abs. 12
Zudem bestünden marken- und namensrechtliche Unterlassungsansprüche aus §§ 15 Abs. 1, 5 MarkenG, §§ 14 Abs. 2, 4 Nr. 1 MarkenG sowie aus § 12 BGB gegen alle Beklagten, weil sich die Klägerin in Bezug auf die Bezeichnung "joop" auf die bessere Priorität berufen könne und zudem eine Verwechslungsgefahr begründet sei. Angesichts der Tatsache, dass bei Internet-Streitigkeiten der Internetauftritt selbst als das maßgebliche Produkt angesehen werden müsse, sei sogar Produktidentität gegeben. Eine Berufung auf das Recht der Gleichnamigen stehe den Beklagten nicht zu, da die Übertragung der Internet-Domain von der Beklagten zu 3) auf den Beklagten zu 2) als Strohmanngeschäft zu werten sei. Soweit es auf eine Interessenabwägung ankomme, fiele diese aufgrund der überragenden Verkehrsgeltung der Marke "JOOP!" zu Gunsten der Klägerin aus.Abs. 13
Des weiteren könne sich die Klägerin auf lauterkeitsrechtliche Ansprüche berufen. So sei die Nutzung der Internet-Domain "joop.de" irreführend i.S.d. § 3 UWG, weil sich die Beklagten hiermit bundesweit eine Alleinstellung anmaßten, die den tatsächlichen Verhältnissen krass widerspreche. Es liege außerdem ein sittenwidriger Behinderungswettbewerb gem. § 1 UWG vor, weil Kunden, die sich eigentlich für das Angebot der Klägerin interessierten, auf die Website der Beklagten zu 3) umgeleitet würden.Abs. 14
Ein Anspruch auf Übertragung der Internet-Domain "joop.de" rechtfertige sich aus einer analogen Anwendung von § 894 BGB i.V.m. § 8 Abs. 1 S. 2 PatentG, den Grundsätzen der angemaßten Eigengeschäftsführung nach §§ 687 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 681, 667 BGB sowie nach den Grundsätzen der ungerechtfertigten Bereicherung gem. § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 BGB.Abs. 15
Die Klägerin beantragt,

1. die Beklagten zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu DM 500.000,00, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, bei der Beklagten zu 3) zu vollstrecken an ihrem Geschäftsführer, zu unterlassen, die Internet-Domain "joop.de" zu nutzen oder nutzen zu lassen, insbesondere unter dieser Adresse Inhalte im Internet anzubieten oder anbieten zu lassen.
2 a) die Beklagten zu 1) und 2) zu verurteilen, gegenüber der DENIC e.G. Frankfurt, jeweils in die Umschreibung der Internet-Domain "joop.de" auf die Klägerin einzuwilligen.
hilfsweise
b) die Beklagten zu 1) und 2) zu verurteilen, gegenüber der DENIC e.G. eine Erklärung abzugeben, wonach auf die Domain "joop.de" verzichtet wird.

Abs. 16
Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen.

Abs. 17
Die Beklagten sind der Ansicht, es bestünden weder vertragliche noch gesetzliche Ansprüche auf Nutzungsunterlassung. Die Verzichtserklärung des Rechtsanwalts ... sei nach der erklärten Anfechtung nicht mehr existent, da diesem nicht bewusst gewesen sei, dass der Beklagte zu 1) Inhaber der Domain "joop.de" sei, und er dementsprechend davon ausgegangen sei, sein Mandant sei nur zufällig Adressat einer Abmahnung geworden. Dies stelle einen beachtlichen Irrtum i.S.d. § 119 Abs. 2 dar.Abs. 18
Marken- und namensrechtliche Ansprüche bestünden schon deswegen nicht, weil es an einer Verwechslungsgefahr fehle. Auch bei Streitigkeiten um Internet-Domains sei hinsichtlich des Merkmals der Branchennähe auf das konkrete Angebot abzustellen. Das unter der Internet-Adresse "www.joop.de" vorzufindende Angebot der Beklagten zu 3) sei von der Tätigkeit der Klägerin jedoch branchenverschieden. Im übrigen sei den Namens- und Markenrechten der Klägerin durch das Recht der Gleichnamigen eine Schranke gesetzt, da die Beklagten jeweils Namensrechte an der Bezeichnung "Joop" hätten. Die Berufung auf das Recht der Gleichnamigen sei hier auch nicht ausnahmsweise ausgeschlossen. Von einem Vorschieben eines Strohmanns könne hier keine Rede sein. Alle Beklagten seien unter dem ihnen zustehenden Namen "Joop" geschäftlich tätig und beabsichtigten dies auch für die Zukunft.Abs. 19
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze sowie die zur Akte gereichten Anlagen verwiesen.Abs. 20

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist ganz überwiegend begründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagten den geltend gemachten Anspruch auf Nutzungsunterlassung. Hingegen besteht kein Anspruch gegen die Beklagten zu 1) und 2) auf Einwilligung in die Umschreibung der Internet-Domain "joop.de". Insoweit greift aber der hilfsweise geltend gemachte Anspruch auf Abgabe einer Verzichtserklärung gegenüber der DENIC e.G.Abs. 21
I. Der Anspruch der Klägerin gegen die Beklagten, es zu unterlassen, die Internet-Domain "joop.de" zu nutzen oder nutzen zu lassen, insbesondere unter dieser Adresse Inhalte im Internet anzubieten oder anbieten zu lassen, folgt aus § 12 BGB sowie aus §§ 15 Abs. 4 MarkenG. Abs. 22
1.Nach § 12 BGB kann der Namensberechtigte von dem, der seine Interessen an der ungestörten Namensführung durch unbefugte Nutzung des gleichen Namens verletzt, Beseitigung der Beeinträchtigung und Unterlassung der Namensführung für die Zukunft verlangen. Die Klägerin kann für sich den Namensschutz des § 12 BGB beanspruchen. Durch § 12 BGB wird nicht nur der bürgerliche Name geschützt, sondern alle Kennzeichnungen, auch Firmenabkürzungen und Firmenschlagworte (Palandt/Heinrichs, BGB, 59. Aufl. (2000), Rdz. 10 zu § 12), demnach auch die Bezeichnung "Joop" als schlagwortartiges Zeichen für das Unternehmen der Klägerin mit dem vollständigen Namen "JOOP! GmbH".Abs. 23
2. Der Klägerin steht darüberhinaus ein Anspruch aus § 15 Abs. 4 MarkenG zu. Die Klägerin kann sich in Bezug auf das Unternehmenskennzeichen "Joop" auf die durch die Aufnahme der Geschäftstätigkeit ihres Gründers unter dem Namen Joop Ende der sechziger Jahre begründete Priorität (§ 5 Abs. 2 MarkenG) berufen, die somit Vorrang vor allen drei Beklagten hat. Abs. 24
Bei dieser geschäftlichen Bezeichnung handelt es sich um eine im Inland bekannte geschäftliche Bezeichnung, so daß der Klägerin der besondere Schutz des § 15 Abs. 3 MarkenG zusteht. Die Beklagten haben zwar "rein vorsorglich" eine Bekanntheit oder gar Berühmtheit der klägerischen Marken und wohl auch der Unternehmenskennzeichnung bestritten. Dieses Bestreiten ist jedoch unsubstantiiert. Die Kammer war aufgrund der vorgelegten Unterlagen imstande, aufgrund eigener Sachkunde festzustellen, daß jedenfalls eine solche Verkehrsgeltung der Bezeichnung "Joop" zu bejahen ist, wie sie für den besonderen Schutz des § 15 Abs. 3 MarkenG erforderlich ist. Die in der bisherigen Rechtsprechung für den Schutz berühmter Kennzeichen für erforderlich gehaltenen Bekanntheitsgrade von 80 % in der Gesamtbevölkerung (BGHZ 114, 111 - Avon). sind nicht mehr maßgebend. Angesichts der mittlerweile durch den Gesetzgeber vorgenommenen Verankerung des Bekanntheitsschutzes in den §§ 14 Abs. 2 Nr. 3, 15 Abs. 3 MarkenG und der damit verbundenen Beseitigung dessen Ausnahmecharakters kann an solchen starren, hohen Grenzwerten nicht mehr festgehalten werden. Die Kammer kann ohne weiteres feststellen, daß ein zu fordernder Bekanntheitsgrad von ca. 30 - 40 % in der Gesamtbevölkerung in jedem Fall erreicht wird. Angesichts der im Laufe der Jahre von der Klägerin vorgenommenen Produkterweiterung kann nicht davon gesprochen werden, die Bezeichnung "Joop" genieße einen Bekanntheitsgrad nur in bestimmten Bevölkerungskreisen. Abs. 25
3. Ob darüberhinaus der Klägerin auch aus § 14 Abs. 5 MarkenG wegen der eingetragenen Marken mit Priorität vom 23.1.1981 bzw. 21.10.1983 ein Unterlassungsanspruch zusteht, was dem Beklagten zu 1) gegenüber wegen dessen Geschäftsaufnahme ab Anfang der 70er Jahre zweifelhaft sein könnte, kann dahingestellt bleiben.Abs. 26
4. Die Nutzung der Internet-Domain "joop.de" durch die Beklagten stellt eine namensrechtlich relevante Benutzungshandlung und zugleich eine gemäß § 15 Abs. 3 MarkenG unzulässige Nutzung des geschützten Unternehmenskennzeichens dar, es liegt keine gemäß § 23 MarkenG erlaubte Nutzung vor. Abs. 27
Internet-Domains haben neben ihrer Primärfunktion, über die Eingabe in das Adressfeld eine bestimmte Website aufrufen zu können, eine Sekundärfunktion. Diese besteht darin, dass der Verkehr über die Eingabe der Domain zugleich eine Zuordnung des hinter der Website stehenden Anbieters vornehmen kann. Über die Internet-Domain kann demnach das betreffende Unternehmen von anderen Unternehmen unterschieden und damit namensmäßig gekennzeichnet werden.Abs. 28
5. Mit der Nutzung der Internet-Domain "joop.de" verletzen die Beklagten das Interesse der Klägerin an der ungestörten Führung ihrer durch § 12 BGB geschützten Bezeichnung "Joop" als Bestandteil ihres Unternehmensnamens "JOOP! GmbH". Sie handeln folglich "unbefugt". Die Nutzung ist auch im Sinne von § 15 Abs. 3 MarkenG geeignet, die Unterscheidungskraft der geschäftlichen Bezeichnung in unlauterer Weise zu beeinträchtigen. Mit dem hier geltend gemachten Unterlassungsanspruch will die Klägerin den Beklagten nicht untersagen, den Namen "Joop" schlechthin im geschäftlichen Verkehr zu benutzen, was gemäß § 23 Nr. 1 MarkenG nicht berechtigt wäre.Abs. 29
6. Demgemäß können weder aus den eigenen Namensrechten der Beklagten an der Bezeichnung "Joop" noch gemäß § 23 MarkenG zugunsten der Beklagten Einwendungen gegen den hier geltend gemachten Unterlassungsanspruch durchgreifen. Abs. 30
Die Lösung des Konflikts ist über das Recht der Gleichnamigen zu finden. Der Einwand der Klägerin, es liege ein Fall des Strohmanngeschäfts vor und deswegen sei das Recht der Gleichnamigen nicht anwendbar, greift nicht durch. Es kann letztlich dahingestellt bleiben, ob die Verteidigung der Beklagten bereits deswegen unbegründet erscheint, weil die Übertragung der Internet-Domain auf den Beklagten zu 1) in unlauterer Absicht mit dem Ziel, die Klägerin an der Ausübung ihrer Namens- und Markenrechte zu hindern, vorgenommen worden sein konnte.Abs. 31
Die Grundregel des Rechts der Gleichnamigen besagt, daß der jüngere Namensträger, der im Prinzip ein berechtigtes Interesse an der Verwendung seines Namens vorweisen kann, alles ihm Zumutbare tun muß, um Verwechslungen nach Möglichkeit auszuschließen (vgl. Ingerl/Rohnke, MarkenG (1998), Rdz. 16 zu § 23). Auf den vorliegenden Fall bezogen bedeutet das, daß die Beklagten nicht berechtigt waren, die unzweifelhaft auf die Klägerin hinweisende Internet-Domain "joop.de" für sich eintragen zu lassen und zu nutzen. Sie haben damit gerade nichts getan und in keiner Weise dafür Sorge getragen, daß Verwechslungen mit der Klägerin vermieden werden, sondern eher im Gegenteil es auf eine Verwechslung mit dem Unternehmen der Klägerin angelegt. Dazu waren sie keinesfalls berechtigt. Damit wird nicht ausgeschlossen, daß die Beklagten zur Verwendung des Namens "Joop" in anderer Weise im geschäftlichen Verkehr durchaus berechtigt sein mögen. Der Einwand der Beklagten, mit der Klage werde ihre geschäftliche Tätigkeit nachhaltig behindert, geht fehl.Abs. 32
Bei der in derartigen Konfliktfällen vorzunehmenden umfassenden Interessenabwägung (siehe dazu Ingerl/Rohnke, MarkenG (1998), Rdz. 27 zu § 23). ergibt sich ohne weiteres, daß die Beklagten die streitgegenständliche Domain aufgeben müssen. Ihnen ist zuzumuten, sich von der Klägerin bei einem etwaigen Internetauftritt durch das Hinzufügen von unterscheidungskräftigen Zusätzen abzugrenzen. Für den Beklagten zu 1) ist ein besonderes Interesse an der Beibehaltung der hier streitgegenständlichen, von ihm bisher noch zu keinem Zeitpunkt mit aktiven Inhalten unterlegten Internet-Domain von vornherein nicht erkennbar. Dieses wird auch an der Reaktion des zunächst vom Beklagten zu 1) beauftragten Rechtsanwalts ... deutlich. Mit dessen Schriftsatz vom 2.12.1999 hat sich der Beklagte zu 1) bereits wirksam zu einem Verzicht auf die Domain verpflichtet. Die durch den jetzigen Prozeßbevollmächtigten erklärte Anfechtung dieser Erklärung greift nicht durch, da ein Anfechtungsgrund in keiner Weise ersichtlich ist. Die im nicht nachgelassenen Schriftsatz der Beklagten vom 28. Juli 2000 vorgetragenen Pläne für einen Internet-Auftritt des Beklagten zu 1) vermögen keinesfalls zu belegen, daß der Beklagte zu 1) auf eine Beibehaltung der Domain angewiesen wäre, weil sich diese Pläne ohne weiteres auch mit einer Domain "pianohauseberhardjoop.de" oder "jooppianohaus.de" verwirklichen ließen. Ebensowenig besteht für den Beklagten zu 2) ein nachvollziehbares besonderes Interesse an einem Internet-Auftritt unter genau der Domain "joop.de" ohne unterscheidungskräftige Zusätze. Auch für die Beklagte zu 3), die als einzige unter der Domain im Internet präsent ist, erscheint es ohne weiteres zumutbar, diese Domain aufzugeben und ihre Aktivitäten unter einer anderslautenden Domain fortzusetzen, die durchaus auch den Namensbestandteil "Joop" enthalten mag, wobei bereits durch die Übertragung der Domain auf den Beklagten zu 1) die Richtigkeit dieser Beurteilung belegt wird. Als einziger bei der Interessenabwägung zugunsten der Beklagten anzuführender Umstand ist zu berücksichtigen, daß die Beklagte zu 3) immerhin über mehrere Jahre die Domain genutzt hat, ohne daß es zunächst zu Beanstandungen durch die Klägerin gekommen ist.Abs. 33
Demgegenüber liegt es auf der Hand, daß das Unternehmen der Klägerin aufgrund der Inhaberschaft an dem bekannten Unternehmenskennzeichen ein besonderes Interesse an der Domain "joop.de" ohne Zusätze haben muß, schon um einer Verwässerungsgefahr gegen jede Beeinträchtigung der Werbekraft des Kennzeichens vorzubeugen (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 59. Aufl. (2000), Rdz. 31 zu § 12; Ingerl/Rohnke, MarkenG (1998), Rdz. 509 ff. zu § 14). Aufgrund der Verkehrsgeltung der Klägerin erwartet der Internet-Nutzer, bei Eingabe der Adresse "www.joop.de" die Homepage der Klägerin vorzufinden. Diese Erwartung wird enttäuscht, sobald die Homepage der Beklagten zu 3) auf dem Bildschirm erscheint. Hingegen dürfte nach Auffassung der Kammer der Anteil derjenigen Internet-Nutzer, die bei Eingabe dieser Adresse tatsächlich die Beklagte zu 3) auffinden wollen - bundesweit gesehen - verschwindend gering sein. Der Großteil der Internet-Nutzer wird nach dem derzeitigen Zustand deswegen gezwungen, sich ungewollt die Homepage der Beklagten zu 3) anzusehen. Es liegt darüberhinaus auf der Hand, daß im Zuge der sich sprunghaft vergrößernden Verbreitung der Internet-Nutzung in den letzten Jahren das oben genannte besondere Interesse der Klägerin erheblich an Gewicht gewonnen hat. Die Klägerin war in der Vergangenheit auch bereit, dem Interesse der Beklagten zu 3), die immerhin auf eine Anmeldung der Domain bereits im Jahre 1990 verweisen kann und geltend gemacht hat, daß mit der Aufgabe bzw. Änderung einer Internet-Domain auch Kosten verbunden seien, entgegenzukommen. Die Sachlage stellt sich für die Kammer insoweit allerdings so dar, daß eine Einigung über einen gewissen finanziellen Ausgleich an deutlich überzogenen Forderungen der Beklagten zu 2) und 3) gescheitert ist. Als Beleg ist hier nur auf das Schreiben des Prozeßbevollmächtigten der Beklagten vom 14.2.2000 zu verweisen.Abs. 34
Die Klägerin hat daher an dem geltend gemachten Unterlassungsanspruch ein deutlich überwiegendes schutzwürdiges Interesse. Die Benutzung der Internet-Domain durch die Beklagten, insbesondere der unter der Adresse "www.joop.de" vorzufindende Auftritt der Beklagten zu 3), beeinträchtigt die Exklusivität des Unternehmensschlagwortes der Klägerin. Durch die Verwendung der streitgegenständlichen Bezeichnung gerade für Produkte, die mit dem Angebot der Klägerin wenig zu tun haben, verblasst deren Alleinstellung in der Vorstellung des Publikums. Abs. 35
Der Hinweis der Beklagten, die Klägerin nutze im Internet bereits die Bezeichnung "joop" unter der Top-Level-Domain "com" ist nicht geeignet, an dieser Beurteilung etwas zu ändern. Zum einen ändert diese Präsenz nichts daran, dass diejenigen Internet-Nutzer, die über die zunächst naheliegende Top-Level-Domain "de" Kontakt zu der Klägerin aufnehmen wollen, das Angebot der Klägerin zunächst nicht erreichen können. Ob diese Internet-Nutzer das Angebot der Klägerin anschließend unter der Top-Level-Domain "com" aufsuchen, ist jedenfalls ungewiss. Zum anderen können die Top-Level-Domains "de" und "com" nicht ohne weiteres als gleichwertig angesehen werden (vgl. Hans.OLG Hamburg, MMR 2000, 40 (43) - mitwohnzentrale.de).Abs. 36
Die Beklagten sind hinsichtlich des Unterlassungsanspruchs passivlegitimiert. Der Beklagte zu 1) ist formell Inhaber der Internet-Domain. Der Beklagte zu 2) ist bei der DENIC e.G. als administrativer Kontakt eingetragen und übt damit die tatsächliche Gewalt aus. Die Beklagte zu 3) ist unter der Adresse "www.joop.de" im Internet präsent.Abs. 37
II. Die Klägerin kann von den Beklagten zu 1) und 2) nicht verlangen, gegenüber der DENIC e.G. jeweils in die Umschreibung der Internet-Domain "joop.de" auf die Klägerin einzuwilligen.Abs. 38
1.Ein Anspruch auf Einwilligung in die Umschreibung der Internet-Domain auf die Klägerin ist vom Beseitigungsanspruch des § 12 BGB nicht gedeckt. Inhalt dieses Anspruchs ist die Beseitigung eines als Folge einer Verletzungshandlung fortwirkenden Zustandes (Ingerl/Rohnke, MarkenG (1998), Rdz. 55 ff. Vor §§ 14 - 19; Hoffmann, Anmerkung zum Urt. des OLG München v. 12.8. 99 - 6 U 4484/98 "rolls-royce.de",. MMR 2000, 105, 106). Die Einwilligung in die Umschreibung würde aber nicht nur den Störungszustand beseitigen, sondern auch die Rechtsposition des Klägers verbessern. Dazu ist der Störer des namensrechtlichen Beseitigungsanspruchs aber nicht verpflichtet.Abs. 39
2.Der Klägerin steht der geltend gemachte Umschreibungsanspruch auch nicht aus § 894 BGB i.V.m. § 8 Abs. 1 S. 2 PatentG zu, wie von der Rechtsprechung in parallel gelagerten Fällen teilweise angenommen wird (OLG München, CR 1999, 382 (383) - shell.de). Eine derartige Analogie ist jedoch abzulehnen. Der Grundbuchberichtigungsanspruch nach § 894 BGB ist Ausprägung des in § 892 BGB verankerten öffentlichen Glaubens des Grundbuchs. Die Registrierung einer Internet-Domain kann diese Funktion jedoch gerade nicht beanspruchen. Es besteht auch keine Vergleichbarkeit mit dem öffentlichen Glauben. Vielmehr weist die DENIC e.G. in ihren Vergaberichtlinien ausdrücklich darauf hin, dass der Anmelder vor der Registrierung fremde Rechte selbst zu überprüfen hat. Soweit dies nicht erfolgt ist oder eine Rechtsverletzung noch nicht erkennbar war, übernimmt die DENIC e.G. auch keine irgendwie geartete Garantie für die Rechtskonformität der Registrierung. Auch eine Analogie zu § 8 Abs. 1 S. 2 PatentG ist nicht möglich. Diese Vorschrift betrifft die Patentvindikation und gibt dem an dem Patent materiell Berechtigten gegenüber dem Nichtberechtigten einen Anspruch auf Patentübertragung. Es handelt sich um einen Anspruch dinglicher Natur, der dem Herausgabeanspruch des Eigentümers gegen den Besitzer gem. § 985 BGB rechtsähnlich ist. Die Berechtigung dieses Anspruchs ergibt sich aus dem erfinderrechtlichen Charakter des Patents. Dieser Charakter ist bei Namens- und Kennzeichenrechten gerade nicht vorhanden. Dies zeigt sich nicht zuletzt daran, dass dem Namens- und Kennzeichenrecht ein Übertragungsanspruch - mit Ausnahme der Sonderkonstellation des § 17 MarkenG - gänzlich fremd ist.Abs. 40
3. Ein Anspruch auf Umschreibung der Internet-Domain steht der Klägerin auch nicht aus §§ 687 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 681, 667 BGB zu. Ungeachtet der Frage, ob die Registrierung einer Internet-Domain, die einem anderen zusteht, die Führung eines objektiv fremden Geschäfts darstellt, kann die Übertragung nicht als Herausgabe des durch die unberechtigte Geschäftsführung Erlangten i.S.v. § 667 BGB aufgefaßt werden. Erlangt hat die Beklagte zu 3) die eigene Inhaberschaft an der Domain, deren Herausgabe nicht automatisch zu einer Inhaberschaft der Klägerin führen würde, zumal für die Übertragung die Mitwirkung der DENIC erforderlich wäre.Abs. 41
4. Ein Anspruch aus § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 BGB ist ebenfalls nicht gegeben. Zwar kommt es bei der Eingriffskondiktion auf vorsätzliches oder schuldhaftes Handeln nicht an. Zudem dürfte die Registrierung einer Internet-Domain, an der ein anderer ein besseres Namens- oder Markenrecht, also immerhin ein absolutes Recht innehat, einen Eingriff in den Zuweisungsgehalt dieser Rechtsposition zu Lasten des Inhabers darstellen. Die Rechtsfolgen der Eingriffskondiktion stimmen aber nicht mit dem Verlangen der Klägerin überein. Durch die Domain-Registrierung "erlangt" i.S.d. Bereicherungsrechts ist die Nutzung der verletzten Rechtsposition. Die Domain-Registrierung selbst kann als Eingriff in diese Rechtsposition selbst aber nicht Herausgabegegenstand sein. Inwieweit angesichts der Tatsache, dass die erlangte Nutzung als solche nicht herausgegeben werden kann, grundsätzlich Wertersatzansprüche zu Gunsten des Rechtsinhabers gegeben sein können, braucht hier nicht entschieden zu werden.Abs. 42
III. Der hilfsweise geltend gemachte Anspruch der Klägerin gegen die Beklagten zu 1) und 2), gegenüber der DENIC e.G. eine Erklärung abzugeben, wonach auf die Domain "joop.de" verzichtet wird, ergibt sich aus § 12 BGB sowie auch aus § 15 MarkenG. Er ist von dem namens- und kennzeichenrechtlichen Beseitigungsanspruch mit umfasst (siehe Ingerl/Rohnke, MarkenG (1998), Rdz. 57 Vor §§ 14 - 19).Abs. 43
IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 2 ZPO.Abs. 44
V. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 S. 1 ZPO.Abs. 45
VI. Streitwert: DM 500.000,--.
JurPC Web-Dok.
58/2001, Abs. 46
[online seit: 02.04.2001]
Zitiervorschlag: Gericht, Datum, Aktenzeichen, JurPC Web-Dok., Abs.
Zitiervorschlag: Hamburg, LG, "www.joop.de" - JurPC-Web-Dok. 0058/2001