JurPC Web-Dok. 192/2000 - DOI 10.7328/jurpcb/20001510204

LG Köln
Urteil vom 10.06.1999

31 O 55/99

Bindestrich in der Domain

JurPC Web-Dok. 192/2000, Abs. 1 - 17


MarkenG § 15 Abs. 1 und Abs. 2

Leitsatz (der Redaktion)

Die Verwendung eines Domainnamens, der sich nur durch einen Bindestrich von einem geschützten Kennzeichen unterscheidet, begründet Verwechselungsgefahr; dass ein Bindestrich in einer Domain nicht zur Unterscheidung beiträgt, bedarf keiner Begründung, zumal es sich anbietet, eine Leerzeile innerhalb einer Firmenbezeichnung bei Verwendung als Internet-Domain, die keine Leerzeile aufweisen darf, durch einen Bindestrich zu füllen; angesichts der Branchenidentität und der nahezu identischen Bezeichnungen ist die Verwechselungsgefahr selbst dann gegeben, wenn man der betroffenen Firma nur einen minimalen Schutzumfang zubilligen würde.

Tatbestand

Die Klägerin, die am 25.5.1990 unter ihrer jetzigen Firma in das Handelsregister eingetragen wurde, vertreibt im Groß- und Einzelhandel bundesweit Hardware, insbesondere Computer, Drucker sowie Multimediaprodukte nebst Software. Ihr Jahresumsatz belief sich im Jahre l998 auf ca. 28 Mio. DM. Im Internet benutzt die Klägerin bislang allein die Domain "..." mit der subdomain "...".JurPC Web-Dok.
192/2000, Abs. 1
Der Beklagte ist Inhaber eines Einzelhandelsgewerbes; auch er vertreibt Computerhardware sowie Software. Seit dem Jahre 1994 firmierte der Beklagte unter der Bezeichnung "...", auf Betreiben der Klägerin firmiert er seit dem 1.1.1999 unter der im Passivrubrum angegebenen Bezeichnung. Im Internet bietet der Beklagte seine Waren jetzt unter der Domain "..." an. Die früher von ihm genutzte streitgegenständliche Secondlevel-Domain hält der Beklagte jedoch weiterhin bei der ... reserviert, wenngleich auch nicht mehr konnektiert.Abs. 2
Die Klägerin, die hierin u.a. eine Verletzung ihrer Firmenrechte sieht, beantragt,

wie erkannt.

Abs. 3
Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Abs. 4
Er vertritt die Ansicht, allein die Reservierung der streitgegenständlichen Domain könne die Rechte der Klägerin nicht verletzen. Eine Verwechslungsgefahr bestehe nicht, weil er - der Beklagte - unter der für die Klägerin geschützten Firmenbezeichnung nicht als Wettbewerber auftrete. Soweit Unterlassung der Benutzung der Domain begehrt werde, sei die Klage unschlüssig, da diese unstreitig nicht mehr benutzt werde.Abs. 5
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen verwiesen.Abs. 6

Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet.Abs. 7
Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch folgt aus § 15 Abs. 1 und Abs.2 MarkenG. Daß die Registrierung und/oder Verwendung von Internet-Domains Namens- und Kennzeichenrechte verletzen kann, entspricht der herrschenden Meinung in Rechtsprechung und Literatur (vgl. LG Mannheim GRUR 1997, 377 - Heidelberg; LG München I NJW-CoR 1997, 231; LG Hamburg CR 1997, 157; LG Köln, Urteil vom 3.7.1997 (31 O 351/97) - raab-karcher -; im Grundsatz wohl auch: OLG Frankfurt NJW-CoR 1997, 173; Kur CR 1996, 325 ff., 590 ff.; Omsels GRUR 1997, 328, 334 f.; Hoeren in Anm. zu LG Mannheim CR l996, 355; a.A. ersichtlich nur LG Köln, 3.ZK., GRUR 1997, 377). Abs. 8
Durch das Reservierthalten der Bezeichnung "..." als Secondlevel-Domain einer Internet-Adresse über den 1.1.1999 hinaus hat der Beklagte die Firmenrechte der Klägerin verletzt, da diese Domain mit der Firma der Klägerin verwechslungsfähig ist. Zugleich hat der Beklagte dadurch die ernsthafte Gefahr begründet, daß weitere Verletzungen der Firmenrechte der Klägerin durch Verwendung der registrierten Domain zu besorgen sind. Dementsprechend ist der Beklagte zur Beseitigung bereits bestehender sowie zur Unterlassung künftiger Beeinträchtigungen der Firma der Klägerin in dem zuerkannten Umfang verpflichtet.Abs. 9
Im einzelnen:
Der Firmenname der Klägerin ist auch ohne Verkehrsgeltung schutzfähig im Sinne des § 5 Abs. 2 MarkenG, mag der Schutzumfang wegen des beschreibenden Teils "..." auch überschaubar sein. Hierüber streiten die Parteien auch nicht, wie auch der Umstand belegt, daß der Beklagte seine Firma auf Betreiben der Klägerin geändert hat. Die Firma der Klägerin genießt daher von Ingebrauchnahme an Firmenschutz nach § 15 MarkenG mit der Folge, daß die Klägerin hieraus gegen jüngere Bezeichnungen vorgehen kann, wenn wegen der Branchennähe und der Ähnlichkeit der Bezeichnungen Verwechslungsgefahr besteht. Die Kriterien der Branchennähe und der Ähnlichkeit der Bezeichnungen stehen dabei in einer Wechselbeziehung dergestalt, daß die Branchennähe um so geringer sein kann, je größer die Ähnlichkeit der Bezeichnungen ist. Umgekehrt müssen die Bezeichnungen einen um so weiteren Abstand halten, je näher sich die Branchen kommen. Nach diesen Kriterien ist die Verwechslungsgefahr zwischen der streitgegenständlichen Domain und der Firma der Klägerin evident.
Abs. 10
Hinsichtlich der Branchen besteht Identität. Beide Parteien bieten bundesweit - hinsichtlich des Beklagten ergibt sich dies aus der Werbung im Internet - Computerhardware und Software an. Die Bezeichnungen sind nahezu identisch. Daß der Bindestrich innerhalb der Domain des Beklagten nicht zur Unterscheidung beiträgt, bedarf keiner Begründung, zumal es sich anbietet, eine Leerzeile innerhalb einer Firmenbezeichnung bei Verwendung als Internet-Domain, die keine Leerzeile aufweisen darf, durch einen Bindestrich zu füllen. Angesichts der Branchenidentität und der nahezu identischen Bezeichnungen ist die Verwechslungsgefahr angesichts der Wechselwirkung selbst dann gegeben, wenn man der Firma der Klägerin nur einen minimalen Schutzumfang zubilligen würde.Abs. 11
Eine Verletzung der Firmenrechte der Klägerin kann auch nicht mit dem Argument in Abrede gestellt werden, daß der Beklagte die streitgegenständliche Domain nicht (mehr) benutzt, sondern diese lediglich noch reserviert hält.Abs. 12
Aus der Sicht der angesprochenen Verkehrskreise stellt die Verwendung von "..." als Secondlevel-Domain einen Hinweis auf eine bestimmte Person oder Firma als Träger dieses Namens dar. Die Secondlevel-Domain stellt den einzig frei wählbaren Teil einer Internet-Adresse dar. Dieser kann aus einer beliebigen Buchstabenfolge bestehen, so daß für im Internet aktive Personen und Unternehmen die Möglichkeit besteht, eine zur Kennzeichnung geeignete, auf sie hinweisende Buchstabenzusammenstellung zu wählen. Dementsprechend ist mittlerweile festzustellen, daß vielfach Unternehmen als allein kennzeichnungskräftigen Bestandteil ihrer Internet-Adresse ihren Namen, unterscheidungskräftige Teile ihrer Firma oder Abkürzungen der vollständigen Firmenbezeichnung wählen. Dementsprechend besteht in solchen Fällen aus der Sicht des Verkehrs kein Zweifel daran, daß eine solche Internet-Kennung zugleich einen individualisierenden Hinweis auf die unter dieser Adresse zu erreichende natürliche oder juristische Person gleichen Namens darstellt. In dieser Funktion haben Internet-Adressen auch bereits umfänglich Eingang in den allgemeinen Geschäftsverkehr gefunden. So finden sie sich nicht nur regelmäßig auf Geschäftspapieren, sondern werden umfänglich und hervorgehoben in nahezu sämtlichen Werbemedien als Hinweis auf weitere Informationsmöglichkeiten durch den namentlich genannten Anbieter eingesetzt. Demzufolge hat auch die Klägerin im vorliegenden Fall ein berechtigtes und schutzwürdiges Interesse daran, unter der streitgegenständlichen Domain im Internet vertreten zu sein. Diese Domain beinhaltet - bis auf den firmenrechtlichen Zusatz - die vollständige Firma der Klägerin. Daß die Verwendung eines Bindestriches zur Ausfüllung der bei Domains nicht zulässigen Leerzeile auf der Hand liegt, wurde bereits ausgeführt. Der Verkehr wird daher die streitgegenständliche Domain als Hinweis auf die Klägerin verstehen und diese mit ihr in Verbindung bringen. Durch das Reservierthalten dieser Domain übt der Beklagte eine Sperrfunktion aus, die ihm nicht zukommt, zumal berechtigte Interessen des Beklagten an dieser Domain nicht ersichtlich sind.Abs. 13
Der Beklagte hat daher nicht nur die Benutzung der Domain zu unterlassen. Insoweit besteht - da der Beklagte die Domain früher benutzt und keine strafbewehrte Unterlassungsverpflichtungserklärung abgegeben hat - jedenfalls Wiederholungsgefahr. Darüber hinaus hat der Beklagte die streitgegenständliche Domain auch freizugeben, um es der Klägerin zu ermöglichen, ihre Firma auch als Internet-Domain zu nutzen.Abs. 14
II.
Der Auskunftsanspruch ist aus § 19 MarkenG und der geltend gemachte Anspruch auf Schadensersatzfeststellung aus § 15 Abs. 5 MarkenG begründet. Der Beklagte hat zumindest fahrlässig gehandelt. Er hat in Kenntnis aller Umstände, insbesondere der besseren Firmenrechte der Klägerin, gehandelt und dennoch die Domain nicht freigegeben.
Abs. 15
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 709 ZPO.Abs. 16
Streitwert: 100.000,-- DM
JurPC Web-Dok.
192/2000, Abs. 17
Anmerkung der Redaktion:
Vgl. zur vorliegenden Entscheidung die Anmerkung von Rechtsanwalt Höller unter http://hoeller.bonnanwalt.de/anmerkungen/koeln31o55-99.html.
[online seit: 30.10.2000]
Zitiervorschlag: Gericht, Datum, Aktenzeichen, JurPC Web-Dok., Abs.
Zitiervorschlag: Köln, LG, Bindestrich in der Domain - JurPC-Web-Dok. 0192/2000