JurPC Web-Dok. 97/2010 - DOI 10.7328/jurpcb/201025597

Michael Stefan *

Rezension  –  Degen/Deister, Computer- und Internetrecht

JurPC Web-Dok. 97/2010, Abs. 1 - 8


Degen, Thomas / Deister, Jochen
Computer- und Internetrecht
Vertragsgestaltung, E-Commerce, Datenschutz

2009
298 Seiten
€ 38,00
Richard Boorberg Verlag
GmbH Co. KG, Stuttgart
ISBN 978-3-415-03793-9
Europas Unternehmen haben 2008 mehr als jeden zehnten € über das Internet umgesetzt. 12 Prozent des Umsatzes entfielen auf E-Commerce über Websites und andere Wege, in Deutschland waren es sogar 15 Prozent.(1)42 Prozent der Bundesbürger haben im Jahr 2008 im Internet eingekauft. Europaweit kauften im vergangenen Jahr 24 Prozent der Bevölkerung im Internet ein.(2)Dabei ist der Anteil der Internetnutzer in Deutschland im Jahr 2009 auf 67,1 Prozent (2008: 65,8 Prozent) angestiegen. 43,5 Millionen der bundesdeutschen Erwachsenen sind online - 0,8 Millionen mehr als im Vorjahr.(3)JurPC Web-Dok.
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Ziel des vorliegenden Werks ist, die wesentlichen Aspekte des Vertragsrechts der Informationstechnologien, einschließlich der Gestaltung individueller Verträge und AGB sowie das Recht des E-Commerce, einschließlich der Gestaltung von Provider-Verträgen des Online-/Mobile-Business darzustellen. Darüber hinaus beleuchtet das vorliegende Werk die Problemfelder des Urheberrechts, des Marken-, Domain- und Wettbewerbsrechts, des Datenschutzes und der IT-Sicherheitsfragen. Ein Überblick zum Recht der Kommunikationsnetze und - dienste und zum IT-Strafrecht vervollständigt das Buch. Es richtet sich vornehmlichen an den anwaltlichen Praktiker und an juristisch und technisch Interessierte. Abs. 2
Beide Autoren sind Experten der Rechtsmaterie. Rechtsanwalt Dr. Thomas Degen ist Geschäftsführer der Rechtsanwaltskammer Stuttgart und Mitglied des Fachausschusses IT-Recht und ERV der Bundesrechtsanwaltskammer sowie des EDV-Gerichtstag e.V.. Er schrieb seine Dissertation im Internet-/Medienrecht, ist Dozent für EDV-Recht, IT-Recht, Internetrecht und Medienrecht und Verfasser zahlreicher Beiträge zu diesen Themen. Dr. Jochen Deister ist Rechtsanwalt und Professor für deutsches und internationales Wirtschaftsrecht, Informations- und Kommunikationsrecht an der heilbronn business school. Abs. 3
Einführend stellen die Autoren die Funktionsweise des Internets, insbesondere die technischen Grundlagen, dar. Dem folgt die Vorstellung der Beteiligten am Netz vom Netzbetreiber über die unterschiedlichen Provider bis zum Nutzer. Daran schließen sich die Grundlagen zu E-Commerce, zu E-Government und zu E-Justice an. Die Autoren verweisen in diesem Zusammenhang insbesondere auf die Einrichtung des Zentralen Schutzschriftenregisters(4), welches von der Europäischen EDV-Akademie des Rechts gGmbH (EEAR) betrieben wird(5). Aktuell haben sich die Landgerichte Arnsberg, Baden-Baden, Bielefeld Bochum, Bremen, Cottbus, Darmstadt, Detmold, Dortmund, Duisburg, Düsseldorf, Essen, Frankfurt a.M., Frankfurt / Oder, Freiburg, Fulda, Gießen, Hagen, Hamburg, Hanau, Heidelberg, Kassel, Kleve, Krefeld, Leipzig, Limburg, Mannheim, Marburg, Mönchengladbach, Mosbach, Münster, Nürnberg-Fürth, Paderborn, Ravensburg, Saarbrücken, Siegen, Stuttgart, Tübingen, Ulm, Waldshut-Tiengen, Wiesbaden, Wuppertal verpflichtet, bei Eingang eines einstweiligen Verfügungsantrags Einträge im Register zu prüfen und zu berücksichtigen. Abs. 4
Nachdem die Verfasser einen Überblick zum Domainrecht gegeben haben, wenden sie sich dem Online-Business zu. Dabei werden u.a. der Vertragsschluss im Internet und das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen beleuchtet. Insbesondere werden die rechtlichen Anforderungen im B2C-Bereich zum Verbraucherschutz und zum Online-Marketing herausgearbeitet. Im Zusammenhang zu den rechtlichen Vorgaben zur Preisdarstellung darf noch auf die BGH-Entscheidung zur Grundpreisangabe vom 26.02.2009 verwiesen werden. Der Bundesgerichtshof entschied, dass der Grundpreis dann i.S. des § 2 Abs. 1 Satz 1 PAngV in unmittelbarer Nähe des Endpreises angegeben ist, wenn beide Preise auf einen Blick wahrgenommen werden können.(6)Auch die Entscheidung des EuGH vom 03.09.2009 zu den Bestimmungen des BGB zum Wertersatz bei Ausübung des Widerrufsrechts durch den Verbraucher darf nicht unerwähnt bleiben. Der EuGH stellte fest, dass derjenige Verbraucher, der von seinem Recht Gebrauch macht, einen Vertragsabschluss im Fernabsatz zu widerrufen, nicht generell dazu verpflichtet werden darf, dem Verkäufer Wertersatz für die Nutzung der Ware zu leisten.(7)Abs. 5
Dem Leser wird weiter ein Einblick in die zivilrechtliche Haftung der Handelnden im Internet gegeben. Dabei wird insbesondere auf die Bestimmungen des Telemediengesetzes verwiesen. Zu Recht weisen die Verfasser auf die Rechtsprechung zu der Frage hin, wann sich ein Anbieter von Telemediendiensten Inhalte von Dritten (sog. User generated Content) zu eigen macht und damit auch für diese haftet. Zwischenzeitlich hat hierzu der Bundesgerichtshof am 12.11.2009 entschieden, dass der Betreiber einer Rezeptsammlung im Internet dafür haften kann, wenn Internetnutzer widerrechtlich Fotos von Kochrezepten auf seine Internetseite hochladen.(8)Im zu entscheidenden Fall hat die Betreiberin der Internetseite chefkoch.de nach außen sichtbar die inhaltliche Verantwortung für die auf ihrer Internetseite veröffentlichten Rezepte und Abbildungen übernommen. Diesem Kapitel folgt die Darstellung der strafrechtlichen Haftung im Internet. Abs. 6
Die Autoren führen ebenfalls in den urheber-, marken- und patentrechtlichen Schutz der Tätigkeiten im Internet ein. Dem schließen sich die Ausführungen zu den rechtlichen Problemen im Zusammenhang mit dem Schutz sowie dem Erwerb von Soft- und Hardware an. Vervollständigt wird das Buch durch den Überblick zu den Rechtsproblemen in Zusammenhang mit der Nutzung des Internet am Arbeitsplatz. Abs. 7
Mit ihrer verdienstvollen Zusammenstellung geben die Autoren dem Praktiker einen ausgezeichneten Wegweiser zu den einzelnen rechtlichen Problemfeldern des Computer- und Internetrechts an die Hand. Besonders hervorzuheben ist dabei die Berücksichtigung des Zusammenspiels zwischen der technischen Funktionsweise des Internets und den rechtlichen Folgen. Die Autoren haben richtig erkannt, dass die Kenntnis der technischen Grundlagen unverzichtbar für die rechtliche Bewertung von Vorgängen im Internet ist. Die überblickartige Darstellung in dem vorliegenden Werk ist im Wesentlichen dem enormen Umfang der zu beleuchtenden Rechtsgebiete geschuldet. Die Ausführungen zum Datenschutz kommen leider insgesamt zu kurz. Hilfreich wären in diesem Zusammenhang Verweise auf die Entschließungen des Düsseldorfer Kreises.(9)Nach Auffassung des Düsseldorfer Kreises ist beispielsweise die Analyse des Nutzungsverhaltens unter Verwendung vollständiger IPAdressen (einschließlich einer Geolokalisierung) aufgrund der Personenbeziehbarkeit dieser Daten nur mit bewusster, eindeutiger Einwilligung zulässig.(10)Liegt eine solche Einwilligung nicht vor, sei die IP-Adresse vor jeglicher Auswertung so zu kürzen, dass eine Personenbeziehbarkeit ausgeschlossen ist. In jedem Fall wäre eine jährliche Neuauflage des vorliegenden Buches wünschenswert.
JurPC Web-Dok.
97/2010, Abs. 8

F u ß n o t e n

(1) Eurostat, Pressemitteilung vom 19.01.2010, http://europa.eu/rapid/
(2) BITKOM, Pressemitteilung vom 21.05.2009, http://www.bitkom.org
(3) ARD/ZDF-Onlinestudie 2009, PM vom 27.05.2009, http://www.ard-zdf-onlinestudie.de/
(4) http://www.schutzschriftenregister.de
(5) Die EEAR ist eines der Projekte des EDV-Gerichtstages e.V. in Saarbrücken, http://www.edvgt.de
(6) BGH, Urteil vom 26.02.2009, Az. I ZR 163/06, http://www.bundesgerichtshof.de
(7) EuGH, Urteil vom 03.09.2009, Az. C-489/07, http://curia.europa.eu
(8) BGH, Urteil vom 12.11.2009, Az. I ZR 166/07, http://www.bundesgerichtshof.de
(9) http://www.bfdi.bund.de /cln_134/DE/Entschliessungen/DuesseldorferKreis/DKreis_node.html Seit 1977 treffen sich die obersten Aufsichtsbehörden für den Datenschutz in der Privatwirtschaft im so genannten "Düsseldorfer Kreis". Zweimal im Jahr beraten die Aufsichtsbehörden über aktuelle datenschutzrechtliche Entwicklungen in der Privatwirtschaft und formulieren gemeinsame Standpunkte, die für die Aufsichtsbehörden jedoch nicht bindend sind.
(10)Beschluss des Düsseldorfer Kreises vom 27.11.2009: Datenschutzkonforme Ausgestaltung von Analyseverfahren zur Reichweitenmessung bei Internet-Angeboten
* Rechtsanwalt Michael Stefan ist seit 2006 zugelassener Rechtsanwalt in Reutlingen. Schon früh spezialisierte er sich auf das Recht der Neuen Medien. Seit 1998 ist er Redaktions­mitglied des Juristischen Internetprojektes Saarbrücken (www.jura.uni-sb.de) und Mitarbeiter am Institut für Rechtsinformatik in Saarbrücken (rechtsinformatik.de). Rechtsanwalt Michael Stefan ist langjähriges Mitglied des Deutschen EDV-Gerichtstages e.V. und seit 2008 Dozent für Medienrecht an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (www.dhbw.de).
   Rechtsanwalt Michael Stefan      Alber Buchmann Stefan, Rechtsanwälte
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[ online seit: 11.05.2010 ]
Zitiervorschlag: Autor, Titel, JurPC Web-Dok., Abs.
Zitiervorschlag: Stefan, Michael, Rezension  –  Degen/Deister, Computer- und Internetrecht - JurPC-Web-Dok. 0097/2010